Index
32/07 Stempelgebühren Rechtsgebühren Stempelmarken;Norm
AbgÄG 1985 Abschn6 Art1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der O in L, vertreten durch Dr. Ferdinand Rankl, Rechtsanwalt in Micheldorf, Hauptstraße 12, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 28. Juli 2000, GZ. RV 400/1-9/2000, betreffend Stempelgebühr, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Aus der Beschwerdeschrift, der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides und der gemäß § 35 Abs. 2 VwGG eingeholten Stellungnahme der belangten Behörde ergibt sich folgendes:
Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Linz (im folgenden kurz: Finanzamt) hatte der Beschwerdeführerin Stempelgebühr gemäß § 14 TP 2 Abs. 1 Z. 1 GebG vorgeschrieben, weil mit Bescheid des Magistrates Linz vom 8. März 1999 die Standortverlegung des Gewerbes der Beschwerdeführerin gemäß § 49 Abs. 1 GewO zur Kenntnis genommen worden war.
Daraufhin begehrte die Beschwerdeführerin die Rückzahlung der Stempelgebühr im Ausmaß von S 1.050,--, welcher Antrag vom Finanzamt abgewiesen wurde.
Dagegen berief die Beschwerdeführerin mit der Begründung, für die Standortverlegung sei keine Gebühr zu entrichten.
Gegen die daraufhin ergangene abweisliche Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes stellte die Beschwerdeführerin fristgerecht den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
Die belangte Behörde gab der Berufung keine Folge und vertrat die Auffassung, der Streitfall sei unter den durch das AbgabenänderungsG 1985 BGBl. 557 geschaffenen Tatbestand der "Anerkennung einer sonstigen gesetzlichen Voraussetzung" zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit in § 14 TP 2 Abs. 1 Z. 1 GebG zu subsumieren und daher gebührenpflichtig.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht darauf verletzt, dass die Standortverlegung keine Stempelgebühr auslöst.
Die belangte Behörde vertritt in der Beantwortung einer gemäß § 35 Abs. 2 VwGG an sie gerichteten Anfrage die Auffassung, der oben genannte Tatbestand sei erfüllt und beziehe sich die in der Anfrage zitierte Belegstelle bei Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, 2. Teil Stempel- und Rechtsgebühren Ergänzung B 3B vorletzter Absatz zu § 14 TP 2 GebG lediglich auf die Rechtslage vor dem Inkrafttreten des AbgabenänderungsG 1985.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 14 TP 2 Abs. 1 Z. 1 GebG idF BGBl. 1985/577 unterliegt u. a. die Anerkennung einer sonstigen gesetzlichen Voraussetzung zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit sofern nicht besonders angeführt einer festen Gebühr von S 1.050,-- vom ersten Bogen.
Gemäß § 49 Abs. 1 GewO wird das Recht zur Ausübung des Gewerbes bei Verlegung in einen anderen Standort durch die bei der Behörde erstattete Anzeige des Gewerbeinhabers über die Verlegung des Betriebs begründet.
Nach § 345 Abs. 6 leg. cit. sind die Anzeigen gemäß § 49 Abs. 1 (Verlegung des Betriebs eines Gewerbes) und gemäß § 49 Abs. 2 (Verlegung des Betriebs einer weiteren Betriebsstätte für ein Gewerbe) bei der für den neuen Standort zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde zu erstatten.
Nach Abs. 8 Z. 3 der letztzitierten Gesetzesstelle sind die Anzeigen gemäß § 49 Abs. 1 mit Bescheid zur Kenntnis zu nehmen und die für den letzten Standort zuständige Bezirksverwaltungsbehörde zu verständigen.
Der durch das AbgabenänderungsG 1985 in § 14 TP 2 Abs. 1 Z. 1 GebG neu geschaffene dritte Tatbestand ("Anerkennung einer sonstigen Voraussetzung für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit") hat mit den beiden schon früher bestandenen Tatbeständen ("Erteilung einer Befugnis" und "Anerkennung einer Befähigung") gemeinsam, dass damit eine neue Berechtigung verliehen werden muss. Wird hingegen nur die behördliche Kenntnisnahme gesetzlich vorgeschrieben, so besteht Gebührenfreiheit (vgl. dazu Fellner a. a.O. welche Literaturstelle sich - anders als dies die belangte Behörde gesehen hat - ausdrücklich auf die durch das AbgabenänderungsG 1985 neu geschaffene Rechtslage bezieht).
Da § 345 Abs. 8 Z. 3 GewO ausdrücklich anordnet, dass die Gewerbebehörde den Antrag gemäß § 49 Abs. 1 GewO lediglich zur Kenntnis zu nehmen und keineswegs eine neue Berechtigung zu erteilen hat, ergibt sich bereits aus dem angefochtenen Bescheid, dass die von der Beschwerde behauptete Rechtswidrigkeit seines Inhaltes vorliegt.
Der angefochtene Bescheid war daher ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. 416/1994.
Wien, am 9. November 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:2000160616.X00Im RIS seit
26.02.2001