TE Vfgh Beschluss 2013/9/18 WIII4/2013

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Veröffentlicht am 18.09.2013
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Index

10/06 Direkte Demokratie

Norm

B-VG Art117 Abs2, Abs8
B-VG Art141 Abs3 / Volksbefragung
VolksbefragungsG 1989 §16
Wr VolksbefragungsG §2 Abs3, §18a Abs5
Wr Stadtverfassung §112a
Wr GemeindewahlO 1996 §16 Abs1 Z1
AEUV Art18, Art22
Kommunalwahlrichtlinie des Rates 94/80/EG betr das Kommunalwahlrecht von Unionsbürgern Art3
EU-Grundrechte-Charta Art40

Leitsatz

Zurückweisung einer Anfechtung der Wiener Volksbefragung im März 2013 mangels Legitimation einer - in einer Bezirksvertretung vertretenen - politischen Partei bzw einer Einzelperson sowie einer nicht stimmberechtigten Unionsbürgerin; kein Verstoß der Beschränkung der Stimmberechtigung bei der Volksbefragung auf österreichische Staatsbürger gegen Unionsrecht

Spruch

Die Anfechtung wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

I. Sachverhalt, Anfechtungsvorbringen und Vorverfahren

1. Am 14. Dezember 2012 beschloss der Gemeinderat der Stadt Wien die Durchführung einer Volksbefragung in Wien im März 2013 mit folgenden Fragestellungen:

"1. Wie soll die Parkplatzsituation und Lebensqualität für Bezirksbewohner/innen verbessert werden?

A) Es sollen für jeden Wiener Bezirk Parkraumregelungen eingeführt werden.

B) Es soll Lösungen für einzelne Bezirke geben (mit Berücksichtigung der Interessen der Nachbarbezirke)

A                                                               B

2. Soll sich die Stadt um die Austragung der Olympischen Sommerspiele 2028 bemühen?

JA                                                            NEIN

3. Die kommunalen Betriebe bieten der Wiener Bevölkerung wichtige Dienstleistungen. Zum Beispiel Wasser, Kanal, Müllabfuhr, Energie, Spitäler, Gemeindewohnbauten und öffentliche Verkehrsmittel. Sind Sie dafür, dass diese Betriebe vor einer Privatisierung geschützt werden?

JA                                                            NEIN

4. Soll die Stadt nach dem Beispiel der Bürger/innen-Solarkraftwerke weitere erneuerbare Energieprojekte entwickeln, die mit finanzieller Beteiligung der BürgerInnen realisiert werden?

JA                                                            NEIN"

2. Unter Hinweis auf diesen Beschluss des Gemeinderates wurde die Volksbefragung vom Bürgermeister der Stadt Wien mit Kundmachung vom 10. Jänner 2013 im Amtsblatt der Stadt Wien ausgeschrieben und der Zeitraum vom 7. bis 9. März 2013 für die Durchführung der Volksbefragung festgelegt. Nach Durchführung der Volksbefragung in diesem Zeitraum wurde das Gesamtergebnis von der Stadtwahlbehörde der Stadt Wien (in der Folge: Stadtwahlbehörde) am 21. März 2013 festgestellt und am 28. März 2013 gemäß §19 Abs2 Wiener Volksbefragungsgesetz – WVBefrG im Amtsblatt der Stadt Wien kundgemacht.

3. Mit ihrem am 19. April 2013 beim Verfassungsgerichtshof eingelangten, auf Art141 Abs3 B-VG gestützten Antrag fechten die erstanfechtungswerbende Partei – eine mit zwei Mandaten in der Bezirksvertretung für den ersten Wiener Gemeindebezirk vertretene Partei – sowie der Zweitanfechtungswerber – ein bei der Volksbefragung stimmberechtigtes Gemeindemitglied und Mitglied der Bezirksvertretung für den ersten Wiener Gemeindebezirk – und die Drittanfechtungswerberin – eine französische Staatsangehörige, die seit mehr als fünf Jahren ihren Hauptwohnsitz in Wien hat und ebenfalls Mitglied der Bezirksvertretung für den ersten Wiener Gemeindebezirk ist – das Verfahren und das Ergebnis der Volksbefragung wegen Rechtswidrigkeit der Fragestellungen und "Unionsrechtswidrigkeit des Ausschlusses von zum Gemeinderat wahlberechtigten Unionsbürgern von der Volksbefragung" an und beantragen, das Verfahren zur Volksbefragung zur Gänze als rechtswidrig aufzuheben.

4. Die Stadtwahlbehörde legte die Wahlakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die Zurückweisung, in eventu die Abweisung der Anfechtung beantragt wird.

II. Rechtslage

1. §112a Wiener Stadtverfassung – WStV, LGBl 28/1968 idF LGBl 12/1978, lautet:

"Volksbefragung
§112a

(1) Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde, die in die Zuständigkeit des Gemeinderates fallen, ausgenommen die im Abs2 angeführten, können Gegenstand einer Befragung der wahlberechtigten Gemeindemitglieder sein (Volksbefragung).

(2) Die Wahlen der Organe der Gemeinde, Gemeindeabgaben, Entgelte (Tarife), Personal- und behördliche Angelegenheiten sowie Maßnahmen, durch die in verfassungsgesetzlich geschützte Grund- und Freiheitsrechte eingegriffen würde, können nicht Gegenstand einer Volksbefragung sein.

(3) Eine Volksbefragung ist durchzuführen, wenn dies der Gemeinderat beschließt oder von der erforderlichen Mindestanzahl wahlberechtigter Gemeindemitglieder verlangt wird. Die Mindestanzahl beträgt 5 v. H. der bei der letzten Gemeinderatswahl wahlberechtigt gewesenen Gemeindemitglieder.

(4) – (5) […]"

2. Die §§1, 2 und 18a bis 19 WVBefrG, LGBl 5/1980 idF LGBl 31/2010, lauten auszugsweise:

"Ausführung zur Wiener Stadtverfassung

§1. Volksbefragungen auf Grund der Verfassung der Bundeshauptstadt Wien sind nach den Vorschriften der §§112a bis 112c der Verfassung der Bundeshauptstadt Wien (Wiener Stadtverfassung – WStV), LGBl für Wien Nr 28/1968, in der jeweils geltenden Fassung, und den folgenden ergänzenden Bestimmungen durchzuführen.

[…]

Ausschreibung einer Volksbefragung über Beschluss des Gemeinderates

§2. (1) – (2) […]

(3) Stimmberechtigt sind alle Frauen und Männer, die die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen, im Gemeindegebiet von Wien ihren Hauptwohnsitz haben, vom Wahlrecht nicht ausgeschlossen sind und am letzten Tag des Zeitraums der Volksbefragung das 16. Lebensjahr vollendet haben.

(4) Ob die Voraussetzungen nach Absatz 3 zutreffen, ist mit Ausnahme des Alters nach dem Stichtag der Volksbefragung zu beurteilen.

[…]

§18a. (1) – (4) […]

(5) Bis zum zehnten Tag nach dem Volksbefragungszeitraum können die im Gemeinderat oder in den Bezirksvertretungen vertretenen Parteien, die Mitglieder der Bezirkswahlbehörden, die Vertrauenspersonen und die Vertreter des Antrages bei der Bezirkswahlbehörde aus folgenden Gründen schriftlich Einspruch erheben:

a) gegen die ziffernmäßige Ermittlung einer Annahmestelle oder einer Bezirkswahlbehörde oder

b) gegen die gesetzwidrige Beurteilung oder Zurechnung von Stimmzetteln durch eine Annahmestelle oder eine Bezirkswahlbehörde.

Die behauptete Gesetzwidrigkeit ist hinreichend glaubhaft zu machen.

(6) […]

Berichtigungen der Stimmergebnisse der Stimmbezirke
durch die Stadtwahlbehörde

§18b. (1) Die Stadtwahlbehörde überprüft sämtliche Stimmergebnisse und berichtigt etwaige Irrtümer in den ermittelten ziffernmäßigen Ergebnissen und verlautbart die vorgenommenen Berichtigungen.

(2) Wird ein hinlänglich begründeter Einspruch (§18a Abs5) erhoben, so ist das Ergebnis auf Grund der Volksbefragungsakten und der vorliegenden Schriftstücke zu überprüfen. Werden die behaupteten Mängel erwiesen, hat die Stadtwahlbehörde die erforderlichen Richtigstellungen zu beschließen.

(3) Gibt die Überprüfung keinen Anlass zu einer Richtigstellung, ist der Einspruch durch die Stadtwahlbehörde abzuweisen, wovon der Einspruchswerber durch den Magistrat in Kenntnis zu setzen ist. Die Entscheidung oder Verfügung der Stadtwahlbehörde ist im Verwaltungsweg nicht anfechtbar.

(4) Das Ergebnis der Überprüfung der Einsprüche ist von der Stadtwahlbehörde in einer Niederschrift unter Anführung von Ort und Zeit der Amtshandlung sowie der Namen der an- und abwesenden Mitglieder der Stadtwahlbehörde festzuhalten.

Kundmachung des Gesamtergebnisses der Befragung

§19. (1) Nach Ablauf der Einspruchsfrist oder nach Entscheidung über einen Einspruch (§18b Abs2 und 3) hat die Stadtwahlbehörde auf Grund der Bezirksergebnisse das Gesamtergebnis der Volksbefragung festzustellen. Das Gesamtergebnis der Volksbefragung ist von der Stadtwahlbehörde in einer Niederschrift unter Anführung von Ort und Zeit der Amtshandlung sowie der Namen der an- und abwesenden Mitglieder der Stadtwahlbehörde festzuhalten.

(2) Das Gesamtergebnis der Volksbefragung ist vom Magistrat im Amtsblatt der Stadt Wien unverzüglich kundzumachen. Die Kundmachung hat die Feststellung gemäß §112c Abs2 WStV zu enthalten."

3. §16 Wiener Gemeindewahlordnung 1996 – GWO 1996, LGBl 16 idF LGBl 39/2005, lautet:

"Wahlrecht, Stichtag

§16. (1) Wahlberechtigt sind alle Männer und Frauen, die am Wahltag (§3 Abs2) das 16. Lebensjahr vollendet haben und am Stichtag (§3 Abs4)

1. die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen,

2. vom Wahlrecht nicht ausgeschlossen sind und

3. im Gemeindegebiet von Wien ihren Hauptwohnsitz haben.

(2) Wahlberechtigt zu den Bezirksvertretungswahlen sind auch Unionsbürger, die abgesehen von der österreichischen Staatsbürgerschaft die Bedingungen des Abs1 erfüllen."

4. §16 Volksbefragungsgesetz 1989, BGBl 356 idF BGBl 339/1993 (in der Folge: VolksbefragungsG 1989), lautet:

"§16. (1) Innerhalb von vier Wochen vom Tag dieser Verlautbarung an kann die Feststellung der Bundeswahlbehörde wegen Rechtswidrigkeit des Verfahrens beim Verfassungsgerichtshof angefochten werden. Eine solche Anfechtung muß in den Landeswahlkreisen Burgenland und Vorarlberg von je 100, in den Landeswahlkreisen Kärnten, Salzburg und Tirol von je 200, in den Landeswahlkreisen Oberösterreich und Steiermark von je 400 und in den Landeswahlkreisen Niederösterreich und Wien von je 500 Personen, die in der Stimmliste einer Gemeinde des Landeswahlkreises eingetragen waren, unterstützt sein. Der Anfechtung, in der auch ein bevollmächtigter Vertreter namhaft zu machen ist, sind eigenhändig unterfertigte Unterstützungserklärungen anzuschließen, für die die im §42 Abs2 bis 4 NRWO enthaltenen Bestimmungen sinngemäß anzuwenden sind.

(2) Auf das Verfahren über solche Anfechtungen sind die Bestimmungen der §§68 Abs2, 69 Abs1 sowie 70 Abs1 und 4 des Verfassungsgerichtshofgesetzes 1953 sinngemäß anzuwenden. Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis gegebenenfalls auch die ziffernmäßige Ermittlung der Bundeswahlbehörde richtigzustellen."

III. Erwägungen

Der Verfassungsgerichtshof hat über die Zulässigkeit der Anfechtung erwogen:

1. Gemäß Art141 Abs3 B-VG entscheidet der Verfassungsgerichtshof über Anfechtungen des Ergebnisses von Volksbegehren, Volksabstimmungen, Volks-befragungen und Europäischen Bürgerinitiativen. Ihrem Wortlaut nach ist diese Bestimmung nicht auf direktdemokratische Vorgänge auf Bundesebene beschränkt, jedoch wird allein der Bundesgesetzgeber zur näheren Regelung der Voraussetzungen für ein Anfechtungsverfahren berufen. Dieser hat für Volksbefragungen jedoch – und zwar mit §16 VolksbefragungsG 1989 – bloß eine Regelung für die Anfechtung von Volksbefragungen nach Art49b B-VG, also für solche über Angelegenheiten "von grundsätzlicher und gesamtösterreichischer Bedeutung, zu deren Regelung die Bundesgesetzgebung zuständig ist", vorgesehen. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits in VfSlg 15.816/2000 ausgesprochen hat, darf daraus aber nicht geschlossen werden, dass Volksbefragungen über Angelegenheiten, zu deren Regelung die Landesgesetzgebung zuständig ist, verfassungsrechtlich unzulässig sind bzw. dass eine Anfechtung der Ergebnisse von Volksbefragungen auf Landes- und Gemeindeebene nicht möglich ist. Einerseits widerspräche ein solches Ergebnis den Anforderungen des Rechtsstaatsprinzips, andererseits ist zu bedenken, dass Art141 Abs3 B-VG den Bundesgesetzgeber nicht nur ermächtigt, sondern verpflichtet, nähere Regelungen über die Zulässigkeit von Anfechtungen des Ergebnisses von Volksbegehren, Volksabstimmungen, Volksbefragungen und Europäischen Bürgerinitiativen zu erlassen (s. VfSlg 19.648/2012; vgl. auch VfSlg 9234/1981 und 13.839/1994).

2. Da der Bundesgesetzgeber eine solche Regelung im Hinblick auf vom Gemeinderat angeordnete Volksbefragungen nicht getroffen hat, sind in derartigen Konstellationen die Legitimationsvoraussetzungen aus Art141 Abs3 B-VG selbst abzuleiten (s. VfSlg 19.648/2012 mwH; vgl. auch VfSlg 15.816/2000 unter Bezugnahme auf VfSlg 9044/1981 betreffend die Anfechtung von Wahlen zum Bundesrat). Da die Anfechtungslegitimation in solchen Angelegenheiten aus kompetenzrechtlicher Sicht nicht in landesgesetzlichen Vorschriften geregelt werden kann (vgl. VfSlg 9912/1984, 19.648/2012), ist sie aus den einschlägigen (verfassungs-)gesetzlichen Regelungen betreffend das Verfahren bei direktdemokratischen Instrumenten, insbesondere bei Volksbefragungen, abzuleiten. Im Hinblick auf die Frage, wer zur Anfechtung legitimiert ist, ist nach Sinn und Zweck der Regelung des Art141 Abs3 B-VG insbesondere auf die konkreten Interessenlagen von Anfechtungswerbern in diesen Verfahren Bedacht zu nehmen; zur Anfechtung des Ergebnisses einer Volksbefragung ist nach dieser Bestimmung jedenfalls legitimiert, wem auf Grund seiner besonderen Rechtsstellung im Verfahren ein besonderes Interesse zukommt (vgl. VfSlg 9044/1981; vgl. auch VfSlg 15.816/2000).

 

2.1.1. Aus Art141 Abs3 B-VG und den dazu ergangenen bundesgesetzlichen Ausführungsbestimmungen für die Anfechtung direktdemokratischer Verfahren – insbesondere §16 Abs1 VolksbefragungsG 1989 für Anfechtungen des Ergebnisses von Bundesvolksbefragungen gemäß Art49b B-VG, aber auch §14 Abs2 Volksabstimmungsgesetz 1972 für Volksabstimmungen – ist abzuleiten, dass eine Anfechtungsbefugnis lediglich für eine Anzahl von mehreren (stimmberechtigten) Personen besteht.

2.1.2. In diesem Sinne hat der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg 15.816/2000 ausgesprochen, dass eine Legitimation jedenfalls für jene Antragsteller – im damaligen Fall 20 bei der Volksbefragung stimmberechtigte Gemeindebürger – gegeben ist, die in einem landesgesetzlich vorgesehenen Einspruchsverfahren betreffend die Ermittlung des Ergebnisses und die Rechtswidrigkeit des Verfahrens zur Volksbefragung einspruchsberechtigt gewesen waren und insoweit Parteistellung gehabt hatten.

 

Auch in seinem Erkenntnis VfSlg 19.648/2012 hat der Verfassungsgerichtshof schließlich – die Niederösterreichische Gemeindeordnung 1973 sah ein Einspruchsverfahren nicht vor – die Anfechtungslegitimation zweier bei der Volksbefragung stimmberechtigter Gemeindemitglieder mit der Begründung bejaht, dass selbst die Heranziehung eines Durchschnittswertes aus den in §16 VolksbefragungsG 1989 (für Anfechtungen des Ergebnisses von Bundesvolksbefragungen gemäß Art49b B-VG) absolut festgelegten Zahlen an notwendigen Anfechtungswerbern im Verhältnis zur Anzahl der im jeweiligen Wahlkreis Stimmberechtigten im vorliegenden Fall auf Grund der geringen Anzahl der Stimmberechtigten in der dort betroffenen Gemeinde ins Leere gehe.

Nach dem Erkenntnis VfGH 28.6.2013, WIII2/2013&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True">W III2/2013, sieht Art141 Abs3 B-VG zwar vor, dass der (Bundes-)Gesetzgeber das Recht auf Anfechtung des Ergebnisses von Volksbefragungen derart zu gestalten hat, dass eine solche (Rechts-)Ausübung tatsächlich ermöglicht wird (vgl. VfSlg 9234/1981, 13.839/1994), nicht jedoch, dass die Anfechtungsbefugnis jeder an der Teilnahme berechtigten Person schlechthin zukommen muss (vgl. VfSlg 13.828/1994). Ein aus der bloßen Teilnahme an direktdemokratischen Instrumenten ohne Erfüllung bestimmter Formalerfordernisse erfließendes subjektives Recht einzelner Personen auf Überprüfung von Abstimmungsergebnissen ist weder in den die direktdemokratischen Instrumente regelnden Bestimmungen des B-VG (Art41 Abs2 und 3, Art43 und 44 Abs3 und Art49b B-VG) noch in Art141 Abs3 B-VG vorgesehen, sondern kann ihnen allenfalls durch ihre besondere Rechtsstellung in diesen Verfahren zukommen (vgl. VfSlg 15.816/2000).

3. Die erstanfechtungswerbende Partei – „eine in der Bezirksvertretung für den ersten Wiener Gemeindebezirk vertretene politische Partei“ – ist zur Anfechtung des Ergebnisses der Volksbefragung nicht legitimiert:

3.1. In der Anfechtung wird zur Anfechtungslegitimation der erstanfechtungswerbenden Partei ausgeführt, dass diese nach §18a Abs5 WVBefrG gegen die ziffernmäßige Ermittlung der Befragungsergebnisse durch eine Annahmestelle oder Bezirkswahlbehörde und die gesetzwidrige Beurteilung oder Zurechnung von Stimmzetteln durch eine Annahmestelle oder eine Bezirkswahlbehörde einspruchsberechtigt gewesen sei, weshalb ihr nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg 15.816/2000, 19.648/2012) Anfechtungslegitimation zukomme. Der Umstand, dass kein Einspruchsverfahren durchgeführt worden sei, stehe dem nicht entgegen, weil mit der vorliegenden Anfechtung allein die Rechtswidrigkeit der Fragestellung der Volksbefragung bzw. die Gestaltung des verwendeten amtlichen Stimmzettels geltend gemacht werden solle, diese Themen jedoch nicht Gegenstand eines zulässigen Einspruches nach §18a Abs5 WVBefrG sein könnten.

Die Stadtwahlbehörde hält dem in ihrer Gegenschrift entgegen, dass das
WVBefrG eine Einspruchsmöglichkeit hinsichtlich anderer Rechtswidrigkeiten als der in §18a Abs5 WVBefrG genannten nicht vorsehe und daraus zu schließen sei, dass in Bezug auf sie niemandem ein subjektives öffentliches Recht eingeräumt sei, Rechtswidrigkeiten durch ein Rechtsmittel vor den Wahlbehörden geltend zu machen. Das Einspruchsverfahren nach dem WVBefrG sei ausschließlich dazu bestimmt, Rechtswidrigkeiten des Abstimmungsverfahrens geltend zu machen, weshalb die Einspruchslegitimation, die neben den in den allgemeinen Vertretungskörpern vertretenen Parteien und den Vertretern des Antrages auch die Mitglieder der Bezirkswahlbehörden sowie Vertrauenspersonen – die durch ihren Einblick in das Abstimmungsverfahren einen Beitrag zur Sicherung seiner Rechtmäßigkeit leisten könnten – umfasse, vergleichsweise weit gezogen sei; es diesen Personen überdies zu erlauben, auch die dem Abstimmungsverfahren vorausliegenden Schritte des Befragungsverfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof zu bekämpfen, geriete in die Nähe einer sachwidrigen Privilegierung. Aus diesem Grund hätten weder Bund noch Länder eine Regelung getroffen, die Mitgliedern der Wahlbehörden, Vertrauensleuten, in den Vertretungskörpern vertretenen Parteien oder einzelnen Bürgern die Bekämpfung der Rechtswidrigkeit der Fragestellung erlaube.

3.2. Gemäß §18a Abs5 WVBefrG können die im Gemeinderat oder in den Bezirksvertretungen vertretenen Parteien, die Mitglieder der Bezirkswahlbehörden, die Vertrauenspersonen und die Vertreter des Antrages bis zum zehnten Tag nach dem Volksbefragungszeitraum bei der Bezirkswahlbehörde gegen die ziffernmäßige Ermittlung einer Annahmestelle oder einer Bezirkswahlbehörde oder gegen die gesetzwidrige Beurteilung oder Zurechnung von Stimmzetteln durch eine Annahmestelle oder eine Bezirkswahlbehörde schriftlich Einspruch erheben.

3.3. Eine Legitimation von politischen Parteien – mögen sie auch in einer Bezirksvertretung vertreten sein – zur Anfechtung des Ergebnisses einer Volksbefragung beim Verfassungsgerichtshof ist weder aus Art141 Abs3 B-VG – der die Regelung, unter welchen Voraussetzungen der Verfassungsgerichtshof über Anfechtungen des Ergebnisses von Volksbefragungen entscheidet, dem Bundesgesetzgeber überträgt – noch aus einer sonstigen bundesgesetzlichen (vgl. VfSlg 9912/1984) Regelung abzuleiten, zumal Ausführungsbestimmungen zu Art141 Abs3 B-VG für die Anfechtung direktdemokratischer Verfahren auf Bundesebene eine Anfechtungsbefugnis lediglich für eine Mehrzahl von (stimmberechtigten) Personen vorsehen (vgl. Pkt. III.2.1.1.).

Auch aus Art141 Abs1 B-VG sowie aus bundesgesetzlichen wahlrechtlichen Vorschriften, die wahlwerbenden Parteien Anfechtungsrechte in Bezug auf Wahlen einräumen, lässt sich aus systematischer Sicht nichts gewinnen, weil politischen Parteien – anders als beispielsweise Wahlparteien bei Wahlen zu den allgemeinen Vertretungskörpern – im Verfahren zur Volksbefragung keine besondere Rechtsstellung zukommt; die bei einer Volksbefragung Stimmberechtigten sind nämlich in einen politischen Entscheidungsprozess unmittelbar eingebunden und so – anders als bei allgemeinen Wahlen – nicht dazu aufgerufen, eine Wahlpartei zu wählen, sondern über eine im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde gelegene (Art117 Abs8 B-VG) beabsichtigte Maßnahme abzustimmen (vgl. VfGH 28.6.2013, WIII2/2013&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True">W III2/2013; vgl. auch VfSlg 13.839/1994).

3.4. Auch aus der Tatsache, dass die erstanfechtungswerbende Partei gemäß §18a Abs5 WVBefrG in einem landesgesetzlichen Verfahren in Bezug auf bestimmte Rechtswidrigkeiten des Abstimmungsverfahrens einspruchsberechtigt gewesen wäre, kann keine Legitimation zur Anfechtung der Volksbefragung beim Verfassungsgerichtshof abgeleitet werden, weil sich die Anfechtungslegitimation gemäß Art141 Abs3 B-VG nur aus der Verfassung selbst – in systematischer Zusammenschau mit bundesgesetzlichen Vorschriften (s. Pkt. III.2.) – bzw. aus einer besonderen Rechtsstellung im Verfahren ergeben kann (vgl. VfSlg 9912/1984, 15.816/2000; vgl. auch VfSlg 9044/1981); eine solche besondere Rechtsstellung der erstanfechtungswerbenden Partei ergibt sich jedoch nicht einmal aus landesgesetzlichen Bestimmungen, weil diese auch im in §18a Abs5 WVBefrG geregelten Einspruchsverfahren ausschließlich in Bezug auf die ziffernmäßige Ermittlung und die gesetzwidrige Beurteilung oder Zurechnung von Stimmzetteln einspruchsberechtigt ist, nicht aber in Bezug auf die dem Abstimmungsverfahren vorausliegenden Verfahrensschritte (anders als im Falle VfSlg 15.816/2000, wo eine Anfechtungsberechtigung in Bezug auf "Rechtswidrigkeiten des Verfahrens" bestand). Die Stadtwahlbehörde weist in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hin, dass §18a Abs5 WVBefrG den Kreis der Einspruchsberechtigten in einem solchen Umfang zieht, dass u.a. Personen, die an der Durchführung des Abstimmungsverfahrens beteiligt sind und dadurch gleichermaßen "an der Fehlerquelle sitzen", durch die Einspruchsberechtigung in Bezug auf die ziffernmäßige Ermittlung und die gesetzwidrige Beurteilung von Stimmzetteln einen Beitrag zur Sicherung der Rechtmäßigkeit dieses Teiles des Verfahrens leisten können; daraus ist aber noch nicht abzuleiten, dass dem in dieser Bestimmung genannten Kreis an Einspruchsberechtigten ein besonderes Interesse an der Überprüfung des gesamten Verfahrens zur Volksbefragung zukommt. Der erstanfechtungswerbenden Partei kommt daher im verfassungsgerichtlichen Verfahren zur Überprüfung der Volksbefragung gemäß Art141 Abs3 B-VG keine Anfechtungslegitimation zu.

4. Wie unter Pkt. III.2.1.1. dargelegt, ist zur Anfechtung des Ergebnisses einer Volksbefragung lediglich eine Anzahl von mehreren bei der Volksbefragung stimmberechtigten Personen legitimiert (s. VfSlg  19.648/2012 sowie VfGH 28.6.2013, WIII2/2013&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True">W III2/2013). Ob im vorliegenden Fall aus §16 Abs1 VolksbefragungsG 1989 – der für Bundesvolksbefragungen vorsieht, dass eine Anfechtung im Landeswahlkreis Wien von 500 bei der Volksbefragung stimmberechtigten Personen unterstützt sein muss – abzuleiten ist, dass auch eine in der Stadt Wien durchgeführte Gemeindevolksbefragung von 500 Personen unterstützt sein muss, kann indes im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, weil die Drittanfechtungswerberin bei der Volksbefragung nicht stimmberechtigt war und deshalb von vornherein kein Anknüpfungspunkt für eine Anfechtungslegitimation ihrerseits besteht (vgl. §16 Abs1 VolksbefragungsG 1989) und der Zweitanfechtungswerber als Einzelperson zur Anfechtung nicht legitimiert ist:

4.1. Die Drittanfechtungswerberin – eine französische Staatsangehörige, die seit mehr als fünf Jahren einen Hauptwohnsitz in Wien hat und bei der vom 7. bis 9. März 2013 durchgeführten Volksbefragung nicht stimmberechtigt war – ist zur Anfechtung aus folgendem Grund nicht legitimiert:

4.1.1. In der Anfechtung wird zur Anfechtungslegitimation der Drittanfechtungswerberin vorgebracht, dass diese – entgegen §16 Abs1 Z1 GWO 1996, der die Wahlberechtigung zum Gemeinderat österreichischen Staatsbürgern vorbehält – unmittelbar auf Grund des Art22 AEUV iVm Art3 der Richtlinie 94/80/EG des Rates über die Einzelheiten der Ausübung des aktiven und passiven Wahlrechts bei den Kommunalwahlen für Unionsbürger mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht besitzen (in der Folge: Kommunalwahlrichtlinie) zum Wiener Gemeinderat wahlberechtigt sei, weil diese unionsrechtlichen Normen anordneten, dass Unionsbürger mit Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat als ihrem Herkunftsstaat das aktive und passive Wahlrecht bei Kommunalwahlen besitzen. Die Beschränkung der Stimmberechtigung auf österreichische Staatsbürger in §2 Abs3 WVBefrG verstoße gegen das in Art18 AEUV verankerte Diskriminierungsverbot und sei daher infolge des Anwendungsvorranges des Unionsrechts nicht anzuwenden; die Drittanfechtungswerberin sei daher bei der Volksbefragung stimmberechtigt gewesen und in der Folge nunmehr anfechtungsberechtigt.

Die Stadtwahlbehörde führt dazu in ihrer Gegenschrift unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes u.a. aus, dass in der Stadt Wien die Bezirke die unterste Stufe der politischen und administrativen Organisation bildeten, die Bezirksvertretungen die dafür vorgesehenen Repräsentativorgane seien und das aktive und passive Wahlrecht für Unionsbürger ohne österreichische Staatsbürgerschaft schon auf Grund der Kommunalwahlrichtlinie idF der Richtlinie 96/30/EG nur auf die Ebene der Bezirksvertretungswahlen beschränkt sei. Die Teilnahmeberechtigung hinsichtlich Volksbefragungen knüpfe indes gemäß Art112a Abs1 WStV – wie von Art117 Abs8 B-VG vorgesehen – an das Wahlrecht zum Gemeinderat an, das für in Wien wohnhafte Unionsbürger ohne österreichische Staatsbürgerschaft ausgeschlossen sei.

4.1.2. Gemäß Art117 Abs8 B-VG kann die Landesgesetzgebung in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde die unmittelbare Teilnahme und Mitwirkung der zum Gemeinderat Wahlberechtigten vorsehen. Unter den in der Wahlordnung zum Gemeinderat festzulegenden Bedingungen sind gemäß Art117 Abs2 vierter Satz B-VG auch Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten der EU bei den Wahlen zum Gemeinderat wahlberechtigt und wählbar.

Der Wiener Landesgesetzgeber hat von der Ermächtigung des Art117 Abs8 B-VG Gebrauch gemacht und in Art112a WStV festgelegt, dass Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches, die in die Zuständigkeit des Gemeinderates fallen, Gegenstand einer Befragung der wahlberechtigten Gemeindemitglieder sein können (Volksbefragung). Bei einer Volksbefragung nach dem WVBefrG sind gemäß §2 Abs3 WVBefrG alle Frauen und Männer stimmberechtigt, die die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen, im Gemeindegebiet von Wien ihren Hauptwohnsitz haben, vom Wahlrecht nicht ausgeschlossen sind und am letzten Tag des Zeitraumes der Volksbefragung das 16. Lebensjahr vollendet haben.

Art22 Abs1 AEUV, Art1 der Kommunalwahlrichtlinie sowie Art40 GRC sehen vor, dass Unionsbürgern mit Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht besitzen, in diesem Mitgliedstaat das aktive und passive Wahlrecht bei Kommunalwahlen zukommt. Gemäß Art2 Abs1 litb der Kommunalwahlrichtlinie sind unter "Kommunalwahlen" jene allgemeinen, unmittelbaren Wahlen zu verstehen, die darauf abzielen, die Mitglieder der Vertretungsorgane einer lokalen Gebietskörperschaft der Grundstufe zu bestimmen; gemäß dem Anhang zu dieser Richtlinie gelten in Österreich als "lokale Gebietskörperschaften der Grundstufe" die "Gemeinden, Bezirke in der Stadt Wien".

4.1.3.1. Der Drittanfechtungswerberin kommt mangels österreichischer Staatsbürgerschaft gemäß Art2 Abs3 WVBefrG kein Stimmrecht bei der Volksbefragung zu, an das eine Anfechtungslegitimation anknüpfen könnte (vgl. Pkt. III.2.1.1.). Insofern wird die verfassungsgesetzliche Vorgabe des Art117 Abs8 B-VG, demzufolge die Landesgesetzgebung für Volksbefragungen über Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde die unmittelbare Mitwirkung und Teilnahme (nur) der zum Gemeinderat Wahlberechtigten vorsehen kann, erfüllt: Die Wahlberechtigung zum Wiener Gemeinderat setzt nämlich (anders als die Wahlberechtigung zu den Bezirksvertretungswahlen in Wien) gemäß dem – verfassungsrechtlich und unionsrechtlich unbedenklichen (VfSlg 15.063/1997) – §16 Abs1 Z1 GWO 1996 grundsätzlich die österreichische Staatsbürgerschaft voraus; Art117 Abs2 vierter Satz B-VG ermächtigt zwar die Landesgesetzgebung zur Erlassung von Regelungen betreffend das aktive und passive Wahlrecht von Unionsbürgern anderer Mitgliedstaaten bei Wahlen zum Gemeinderat, schafft jedoch keinen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Anspruch dieser Personen, mit dem eine landesgesetzliche Regelung, die ein solches Wahlrecht nicht vorsieht, in Widerspruch stehen könnte (s. VfSlg 15.063/1997). Dies entspricht auch den Anforderungen des demokratischen Grundprinzips, zumal – von unionsrechtlich bedingten Ausnahmen abgesehen – der Begriff des Volkes in Art1 B-VG an die österreichische Staatsbürgerschaft anknüpft (vgl. VfSlg 17.264/2004).

4.1.3.2. Auch das Unionsrecht gebietet im vorliegenden Fall nicht, dass der Drittanfechtungswerberin auf Grund ihrer Unionsbürgerschaft eine Stimmberechtigung bei der Volksbefragung zukommt, weil Art22 AEUV und die Kommunalwahlrichtlinie Unionsbürgern mit Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht besitzen, ausschließlich das aktive und passive Wahlrecht bei Kommunalwahlen – dies sind in Wien nach dem Anhang zur Kommunalwahlrichtlinie die Bezirksvertretungen, nicht aber der Gemeinderat (s. auch VfSlg 15.063/1997) – gewähren. Auch Art40 GRC räumt keine über Art22 AEUV hinausgehenden Rechte ein. Die Mitgliedstaaten sind überdies unionsrechtlich nicht verpflichtet, Unionsbürgern über die Teilnahme an den Kommunalwahlen hinaus auch sonstige, insbesondere direktdemokratische Beteiligungsrechte in der Gemeinde einzuräumen (vgl. Oberndorfer, 8. Teil. Einrichtungen der direkten Demokratie in den Gemeinden, in: Klug/Oberndorfer/Wolny [Hrsg.], Das österreichische Gemeinderecht, 2008, Rz 10; Hattenberger, Zur Beteiligung von (EU-)Ausländern an der Gemeindeverwaltung, ZöR 56/2001, 372 f.; Stolzlechner, Art117 B-VG, in: Kneihs/Lienbacher [Hrsg.], Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht, 2013, Rz 30; Haag, Artikel 19 EG, in: von der Groeben/Schwarze [Hrsg.], Kommentar zum Vertrag über die Europäische Union und zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft6, 2003, Rz 9; Hobe, Artikel 40, in: Tettinger/Stern [Hrsg.], Kölner Gemeinschaftskommentar zur Europäischen Grundrechte-Charta, 2006, Rz 23; Magiera, Artikel 40, in: Meyer [Hrsg.], Charta der Grundrechte der Europäischen Union3, 2011, Rz 7-16; ders., Art22 AEUV, in: Streinz [Hrsg.], EUV/AEUV2, 2012, Rz 18).

Auch aus dem Diskriminierungsverbot des Art18 AEUV ergibt sich für den vorliegenden Fall nichts anderes (vgl. Streinz, Art18 AEUV, in: Streinz [Hrsg.], EUV/AEUV2, 2012, Rz 25).

4.1.3.3. Auch aus der Mitgliedschaft der Drittanfechtungswerberin in einer Bezirksvertretung – aus der sich nicht einmal eine Einspruchsberechtigung gemäß §18a Abs5 WVBefrG ergibt – ist keine Anfechtungslegitimation gemäß Art141 Abs3 B-VG ableitbar. Weitere Anknüpfungspunkte für eine Anfechtungslegitimation der Drittanfechtungswerberin gemäß Art141 Abs3 B-VG wurden nicht vorgebracht und sind auch nicht hervorgekommen. Mangels Stimmberechtigung bei der Volksbefragung ist die Drittanfechtungswerberin daher schon aus diesem Grund nicht zur Anfechtung des Ergebnisses der Volksbefragung legitimiert.

4.2. Auch der Zweitanfechtungswerber ist – als einzelnes, bei der Volksbefragung stimmberechtigtes Gemeindemitglied und Mitglied der Bezirksvertretung im ersten Wiener Gemeindebezirk – zur Anfechtung der Volksbefragung nicht legitimiert, weil Art141 Abs3 B-VG kein aus der bloßen Teilnahme an direktdemokratischen Instrumenten erfließendes subjektives Recht einzelner Personen auf Überprüfung des Ergebnisses einer Volksbefragung einräumt (s. Pkt. III.2.1.2.; s. auch VfGH 28.6.2013, WIII2/2013&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True">W III2/2013).

5. Die erstanfechtungswerbende Partei sowie der Zweitanfechtungswerber und die Drittanfechtungswerberin sind somit zur Anfechtung des Ergebnisses der Volksbefragung nicht legitimiert.

IV. Ergebnis und damit zusammenhängende Ausführungen

1. Die Anfechtung ist daher zurückzuweisen.

2. Dieser Beschluss konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG in nichtöffentlicher Sitzung gefasst werden.

Schlagworte

Volksbefragung, Bundeshauptstadt Wien, VfGH / Legitimation, Rechte subjektive öffentliche, Gemeinderat, Bezirksvertretungen, Partei politische, Wahlen, Wahlrecht aktives, Gemeinderecht, Wirkungsbereich eigener, demokratisches Grundprinzip, EU-Recht Richtlinie

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2013:WIII4.2013

Zuletzt aktualisiert am

29.12.2014
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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