Index
L6650 FlurverfassungNorm
B-VG Art140 Abs1 / PrüfungsumfangLeitsatz
Zurückweisung eines Drittelantrags von Mitgliedern des Tiroler Landtages auf Aufhebung einer Bestimmung des Flurverfassungslandesgesetzes 1996 über die Zuordnung von Erträgen aus einem Teilwald zwischen Teilwaldberechtigten und Grundeigentümer als zu eng im Hinblick auf das bestehende Regelungssystem über TeilwaldrechteSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Antragsvorbringen und Vorverfahren
1. Zwölf Mitglieder des Tiroler Landtages beantragen, "den zweiten Satz des §40 Abs6 des geltenden Tiroler Flurverfassungslandesgesetzes, LGBl Nr 74/1996 (Wiederverlautbarung), zuletzt geändert mit LGBl 7/2010 gemäß Art140 Abs1 B-VG iVm Art42 der Tiroler Landesordnung als verfassungswidrig aufzuheben".
2. Die antragstellenden Mitglieder des Tiroler Landtages stützen ihre Bedenken auf eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes und des Eigentumsrechts der Gemeinde.
Im Einzelnen wird vorgebracht, dass Teilwaldrechte eine Sonderform von Gemeindegutsnutzungsrechten seien. Den Teilwaldberechtigten stehe die über das Holzbezugsrecht hinausgehende Substanz der vom Teilwaldrecht belasteten Grundstücke nicht zu. Das ergebe sich zum einen aus der historischen Entwicklung der Teilwaldrechte. Bei der Übergabe eines Großteils der landesfürstlichen Wälder an die Gemeinden im Jahre 1847 seien die Holzbezugsrechte von einem mit der Untertanseigenschaft verknüpften Recht am Staatswald in ein Gemeindegutsnutzungsrecht verwandelt worden. Das ergebe sich daraus, dass bei der Waldübergabe die Teilwaldrechte aufrechterhalten worden seien. Bei den Teilwaldrechten handle es sich um Gemeindegutsnutzungsrechte, die sich von den anderen Gemeindegutsnutzungsrechten nur durch die Besonderheit unterscheiden, dass die Teilwaldberechtigten grundsätzlich das gesamte auf ihrer Teilwaldfläche wachsende Holz – unabhängig vom konkreten Bedarf – nutzen durften. Insofern liege eine Ausnahme von der allgemeinen Einschränkung auf den Haus- und Gutsbedarf vor.
Zur Untermauerung der Aussage, dass die Teilwaldrechte keinen über das Holzbezugsrecht hinausgehenden Anspruch auf die Substanz der vom Teilwaldrecht belasteten Grundflächen vermitteln, berufen sich die Antragsteller auf verschiedene historische Rechtsquellen (Hofresolution 1785 sowie §§24, 25 und 27 der Forstdirektiven vom 17. August 1822) und auf einzelne, in Geltung stehende Bestimmungen des Tiroler Flurverfassungslandesgesetzes 1996 (§§33 Abs3, 40 Abs5 und 64 Z5), aus denen diese Rechtsnatur der Teilwälder hervorgehe. Unterstützt werde dies von der einschlägigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg 9336/1982, 17.503/2005, 18.933/2009) und des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 30.6.2011, 2010/07/0230).
Auszugsweise heißt es im Antrag wörtlich:
"Entscheidend ist, dass Teilwaldrechte (nur) Holz- und Streunutzungsrechte sind, was ja nicht strittig sein kann, weil es sich ja aus dem Gesetz selbst ergibt (§33 Abs3 TFLG 1996 idgF und gleichlautende Vorläuferbestimmungen). Da überdies Teilwaldrechte immer oder zumindest typischerweise auf Grundstücken im Eigentum einer Gemeinde oder auf Grundstücken bestehen, die zumindest im Eigentum einer Gemeinde gestanden sind und (aus den in VfSlg 18.446/2008 genannten Gründen) offenkundig verfassungswidrig ins Eigentum von Agrargemeinschaften übertragen wurden, muss für Teilwaldrechte (und zwar unabhängig davon, ob sie nun genau als Gemeindegutsnutzungsrechte oder nur als ähnliche Rechte beurteilt werden) auch die vom Verfassungsgerichtshof in VfSlg 9336/1982 formulierte Grundaussage gelten, nämlich, dass es sachlich nicht gerechtfertigt und daher eine gleichheitswidrige Benachteiligung der durch die Gemeinde repräsentierten übrigen Gemeindebürger darstellen würde, wenn diese Rechte zulasten der Gemeinde erweitert und zu einer Substanzbeteiligung aufgewertet würden.
Genau dies ordnet die angefochtene Bestimmung des §40 Abs6 TFLG 1996 idgF an, wonach dem Teilwaldberechtigten nicht nur die Holzerträge seiner Teilwaldfläche, sondern auch noch 50 % jener Erträge zustehen sollten, die jedenfalls der Grundeigentümerin zustünden.
[…]
Der angefochtene zweite Satz der Bestimmung des §40 Abs6 verschiebt daher Erträge, die ganz eindeutig über den Inhalt eines Holz- und Streunutzungsrechtes (Teilwaldrechtes) hinausgehen, von der Gemeinde an die Nutzungsberechtigten und verletzt daher sowohl den Gleichheitsgrundsatz als auch das Eigentumsrecht der Gemeinde."
Die Antragsteller bringen außerdem vor, dass die Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Bestimmung schon im Zeitpunkt ihres Inkrafttretens offensichtlich gewesen sei. Die Bestimmung sei erst mit der Novelle LGBl 18/1984 und sohin in Reaktion auf das Erkenntnis VfSlg 9336/1982 eingeführt worden, obwohl im genannten Erkenntnis ausdrücklich klargestellt worden war, dass "den am Gemeindegut Berechtigten nur die widmungsmäßige und das heißt: nur eine bestimmte beschränkte, nicht alle möglichen Verwendungsweisen der Sache umfassende Nutzung (im vorliegenden Fall etwa der Bezug von Holz) zugewiesen" ist. Erschwerend komme hinzu, dass das Erkenntnis gerade ein Teilwaldgebiet betroffen habe, sodass kein Zweifel daran bestehen habe können, dass die Grundsätze des Erkenntnisses VfSlg 9336/1982 auch allgemein auf Teilwaldgrundstücke anzuwenden seien.
3. Die Tiroler Landesregierung verteidigt die Verfassungsmäßigkeit der angefochtenen Bestimmung in ihrer Äußerung, indem sie zusammengefasst vorbringt, die Teilwaldrechte würden historisch betrachtet eine Mittelstellung zwischen Eigentum und bloßen Nutzungsrechten einnehmen. Das habe der Gesetzgeber des Tiroler Flurverfassungslandesgesetzes in einer Mehrzahl von Regelungen –darunter in der von den Antragstellern bekämpften Regelung – berücksichtigt. Diese rechtliche Eigenart sei außerdem von der höchstgerichtlichen Rechtsprechung anerkannt.
Der geschichtliche Ansatz im Drittelantrag sei verfehlt, weil manche der Waldteilungen in den landesfürstlichen Waldungen im 16., 17. und 18. Jahrhundert die Wälder den Höfen ins wahre Eigentum übertragen hätten. Das Obereigentum der zur Verteilung kommenden Wälder könne also nicht generell dem Landesfürsten zugeordnet werden, sondern es müsse jedes Waldteilungsprotokoll dahingehend überprüft werden, ob es für bestimmte Ortsteile, Fraktionen oder bestimmte Höfe einen Eigentumserwerbstitel dargestellt habe und dann erst auf dem übertragenen Eigentum Waldaufteilungen vorgenommen worden seien. Die im Drittelantrag erhobene Behauptung, dass mit der Forsteigentumspurifikation des Jahres 1847 Wälder – auch solche, die mit Teilwaldrechten belastet waren – den Gemeinden übergeben wurden und es sich dabei um Gemeindegutsnutzungsrechte handle, sei stark vereinfacht, weil dies nur teilweise zutreffe und zudem auf regional bzw. örtlich stark unterschiedliche tatsächliche Verhältnisse Bedacht genommen werden müsse. An jenen Orten, in denen die Teilwaldrechte auf Grund der konkreten historischen Entwicklung Privateigentum repräsentieren würden, stehe der Begriff "Gemeinde" nämlich für die Summe der nutzungsberechtigten Eigentümer.
§40 Abs4 bis 7 TFLG 1996 sei insgesamt Ausdruck der gesetzlichen Berücksichtigung der besonderen rechtlichen Natur der Teilwaldrechte. Das gelte zum Beispiel für die Zuordnung der Hälfte des Bodenverkehrswerts zum Teilwaldberechtigten bei Erlöschen von Teilwaldrechten in §40 Abs5 TFLG 1996. §40 Abs6 leg.cit. statuiere den Grundsatz der wechselseitigen Rücksichtnahme in der Bewirtschaftung von Teilwaldflächen auch im Hinblick auf die außerforstwirtschaftliche Bewirtschaftung. Schließlich würden in §40 Abs6 letzter Satz TFLG 1996 die Teilwaldberechtigten bei der Umlage zur teilweisen Deckung des Personalaufwandes für die Forstaufsichtsorgane nach der Tiroler Waldordnung 2005 Waldeigentümern gleichgehalten. Aus diesen Regelungen komme zum Ausdruck, dass der Gesetzgeber die eigentümerähnliche Stellung der Teilwaldberechtigten berücksichtigen wollte.
Der Gesetzgeber sei wegen des verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgebotes dazu gehalten, Nutzungsrechte, die auf einer bestimmten Waldfläche bestehen und die deren forstwirtschaftlichen Nutzen auf Dauer und unter Ausschluss Dritter einem Anteilsberechtigten zuweisen, rechtlich anders zu behandeln als sonstige Anteile an Gemeindegutsagrargemeinschaften. Der sachliche Unterschied bestehe darin, dass bei einer außerforstlichen Nutzung von unverteiltem Wald der Holzbedarf des Berechtigten noch durch die Nutzung eines anderes Grundstückteiles gedeckt werden könne, im Fall des Teilwaldes jedoch nicht. Die angefochtene Bestimmung stelle auch eine pauschalierte Entschädigung für den Entgang der forstlichen Nutzung dar.
Abschließend beantragt die Tiroler Landesregierung, den Antrag auf Aufhebung des zweiten Satzes in §40 Abs6 TFLG 1996 zur Gänze abzuweisen.
4. Zur Äußerung der Tiroler Landesregierung erstatteten die Antragsteller eine Replik, in der sie erneut vorbringen, dass Teilwaldrechte lediglich Nutzungsrechte seien, die keinen Anspruch auf eine darüber hinausgehende Substanzbeteiligung enthalten. Das würden auch §40 Abs4 und §64 Z5 TFLG 1996 beweisen, die unter bestimmten Umständen die Verwandlung von Teilwaldrechten in Einforstungsrechte im Sinne des Wald- und Weideservitutengesetzes und in normale agrargemeinschaftliche Anteilsrechte vorsehen. Weder Einforstungsrechte noch agrargemeinschaftliche Anteilsrechte würden eine Substanzberechtigung vermitteln (für Einforstungsrechte vgl. VfSlg 17.503/2005). Die Berufung der Tiroler Landesregierung auf Sachverhalte vor der Forsteigentumspurifikation 1847 sei wegen deren rechtsbereinigender Wirkung nicht aussagekräftig. Ansonsten berufen sich die Antragsteller erneut auf die im Antrag vorgebrachten historischen Rechtsquellen und führen zusätzlich die alttirolischen Waldordnungen und die Tiroler Landesordnung 1573 ins Treffen, die ebenfalls belegen sollen, dass das Holzbezugsrecht seit jeher ein bloßes Nutzungsrecht gewesen sei. Das Vorbringen der Tiroler Landesregierung, wonach es auch Teilwälder gegeben habe, die mit landesfürstlicher Verleihungsurkunde in das Eigentum einer Gemeinschaft von Nutzungsberechtigten übertragen wurden, sei für die Verfassungsmäßigkeit der angefochtenen Bestimmung irrelevant, weil die Gemeinde gemäß §33 Abs2 litc Z1 und 2 TFLG 1996 nur hinsichtlich solcher Grundstücke substanzberechtigt sei, die vormals oder gegenwärtig in ihrem Eigentum stehen. Bei Grundflächen, die schon vor der Regulierung im Eigentum einer Gemeinschaft von Nutzungsberechtigten standen, würde sich die Substanzberechtigung ohnehin aus dem agrargemeinschaftlichen Anteilsrecht ergeben. Die Antragsteller versuchen, die Behauptung der Tiroler Landesregierung, der historische Begriff "Gemeinde" bezeichne die Gemeinschaft der Nutzungsberechtigten, umfangreich unter Heranziehung historischer Quellen zu widerlegen. Die Aussage der Tiroler Landesregierung, der Landesgesetzgeber habe bei Erlassung der angefochtenen Regelung nicht durchgängig davon ausgehen können, dass die Gemeinde Eigentümerin der Teilwaldflächen gewesen sei, führe zum gleichheitswidrigen Ergebnis, dass die Regelung für beide Fälle zu gelten habe. Es stehe auch im Widerspruch zum Eigentumsfeststellungsverfahren nach §73 litc iVm §33 Abs2 litd TFLG 1996. Hinzu komme, dass Teilwaldrechte bis zur TFLG-Novelle 1969 als Eigentum der Gemeinde definiert worden seien. Erst wegen der zahlreichen rechtswidrigen Eigentumsübertragungen in agrarbehördlichen Regulierungsbescheiden sei es notwendig geworden, auch Agrargemeinschaften als Eigentümer in diese Begriffsbestimmung aufzunehmen. Dass Teilwaldrechte ihrem Wesen nach Gemeindegutsnutzungsrechte seien, ergebe sich auch aus den Gesetzgebungsmaterialien zur TFLG-Novelle LGBl 7/2010 und aus dem Gebot der verfassungskonformen Interpretation. Aus §40 Abs5 TFLG 1996 könnten keine Rückschlüsse auf die Verfassungsmäßigkeit der angefochtenen Bestimmung gezogen werden, weil jene Bestimmung aus dem Gesichtspunkt der Verfahrensökonomie gerechtfertigt sei. Das Vorbringen der Tiroler Landesregierung, wonach die angefochtene Bestimmung eine angemessene Abgeltung für den entgangenen Holznutzen bei einer allfälligen außerforstlichen Nutzung vorsehe, sei verfehlt, weil darin weder auf die Beeinträchtigung des Holz- und Streunutzungsrechts noch auf dessen Wert abgestellt werde.
5. In dem am 27. Februar 2013 beim Verfassungsgerichtshof eingelangten Schriftsatz erläutern die Antragsteller die in der bekämpften Bestimmung verwendeten Begriffe der Holz- und Streunutzung und der sonstigen Erträge aus dem Teilwald. Teilwaldrechte seien land- und forstwirtschaftliche Nutzungsrechte im Sinne von §33 Abs5 TFLG 1996. Die Erträge aus dem Teilwald mit Ausnahme der Holz- und Streunutzung würden jedenfalls einen Teil des Substanzwertes eines agrargemeinschaftlichen Grundstückes im Sinne von §33 Abs5 TFLG 1996 bilden.
Am 28. Februar 2013 fand eine öffentliche mündliche Verhandlung über den vorliegenden Antrag vor dem Verfassungsgerichtshof statt. Behandelt wurden vor allem das Vorbringen der Tiroler Landesregierung, wonach der Teilwaldberechtigte, ähnlich einem Eigentümer, vielfältige Belastungen und Verpflichtungen zu dulden und zu erfüllen hat, ob die bekämpfte Norm auch zur Anwendung kommt, wenn der Teilwald als Gemeindegut zu qualifizieren ist, sowie schließlich die Voraussetzungen für eine Ablösung von Teilwaldrechten nach §40 Abs5 TFLG 1996.
II. Rechtslage
1. Das im vorliegenden Fall maßgebliche Tiroler Flurverfassungslandesgesetz 1996 (TFLG 1996), LGBl 74/1996, in der Fassung LGBl 7/2010, lautet auszugsweise (die zur Aufhebung beantragte Gesetzesbestimmung ist hervorgehoben):
§33
Agrargemeinschaftliche Grundstücke
(1) Agrargemeinschaftliche Grundstücke im Sinne dieses Gesetzes sind Grundstücke, die von allen oder mehreren Mitgliedern einer Gemeinde oder von den Mitgliedern einer Nachbarschaft, einer Interessentschaft, einer Fraktion oder einer ähnlichen Mehrheit von Berechtigten kraft einer mit einer Liegenschaft (Stammsitzliegenschaft) verbundenen oder einer persönlichen (walzenden) Mitgliedschaft gemeinschaftlich und unmittelbar für land- und forstwirtschaftliche Zwecke auf Grund alter Übung genutzt werden. Als gemeinschaftliche Nutzung gilt auch eine wechselweise sowie eine nach Raum, Zeit und Art verschiedene Nutzung.
(2) Agrargemeinschaftliche Grundstücke sind, unbeschadet der Rechte aus einer bereits vollendeten Ersitzung, insbesondere:
a) Grundstücke, die im Zuge von Verfahren nach der Kaiserlichen Entschließung vom 6. Februar 1847, Provinzialgesetzsammlung von Tirol und Vorarlberg für das Jahr 1847, S. 253, einer Mehrheit von Berechtigten ins Eigentum übertragen wurden;
b) Grundstücke, die im Zuge von Verfahren nach dem Kaiserlichen Patent vom 5. Juli 1853, RGBl. Nr 130, einer Mehrheit von Berechtigten ins Eigentum übertragen wurden;
c) Grundstücke, die
1. im Eigentum einer Gemeinde stehen und zur Deckung des Haus- und Gutsbedarfes von Stammsitzliegenschaften dienen oder
2. vormals im Eigentum einer Gemeinde gestanden sind, durch Regulierungsplan ins Eigentum einer Agrargemeinschaft übertragen wurden, vor dieser Übertragung der Deckung des Haus- und Gutsbedarfes von Stammsitzliegenschaften gedient haben und nicht Gegenstand einer Hauptteilung waren (Gemeindegut);
d) Berechtigten (Agrargemeinschaft) stehen und auf denen Teilwaldrechte (Abs3) bestehen (Teilwälder).
(3) Teilwaldrechte sind Holz- und Streunutzungsrechte, die auf Grund öffentlicher Urkunden oder auf Grund örtlicher Übung zugunsten bestimmter Liegenschaften oder bestimmter Personen auf nach Größe, Form und Lage bestimmten oder bestimmbaren Teilflächen von Waldgrundstücken bestehen. Teilwaldrechte gelten als Anteilsrechte im Sinne dieses Gesetzes.
(4) Keine agrargemeinschaftlichen Grundstücke sind insbesondere die nach den Vorschriften des Gemeinderechtes zum Gemeindevermögen zählenden Grundstücke, insbesondere solche, die nicht im Sinne des Abs1 genutzt, sondern durch Verpachtung oder auf ähnliche Art zugunsten des Gemeindevermögens verwertet werden.
(5) Der Substanzwert eines agrargemeinschaftlichen Grundstückes ist jener Wert, der nach Abzug der Belastung durch die land- und forstwirtschaftlichen Nutzungsrechte verbleibt. Der Substanzwert steht der Gemeinde zu. Die Substanz eines agrargemeinschaftlichen Grundstückes wird insbesondere auch dann genutzt, wenn dieses veräußert, wenn dieses als Schottergrube, Steinbruch und dergleichen verwendet, wenn es verpachtet oder wenn darauf eine Dienstbarkeit oder ein Baurecht begründet wird. Die Agrarbehörde hat auf Antrag der betroffenen Gemeinde oder Agrargemeinschaft nach Abs2 litc Z2 festzustellen, ob eine bestimmte Tätigkeit die Nutzung der Substanz oder die land- und forstwirtschaftliche Nutzung eines agrargemeinschaftlichen Grundstückes betrifft oder in welchem Verhältnis die beiden Nutzungsarten von dieser Tätigkeit betroffen sind.
(6) Ob ein Grundstück ein agrargemeinschaftliches Grundstück ist, hat im Zweifel die Agrarbehörde zu entscheiden. Die gemeinderechtlichen Bestimmungen bleiben unberührt.
(7) Ein Grundstück kann auf Antrag des bücherlichen Eigentümers von der Agrarbehörde neu als agrargemeinschaftliches Grundstück gewidmet werden. Teilwaldrechte können nicht neu begründet werden.
§34
Agrargemeinschaften
(1) Die Gesamtheit der jeweiligen Eigentümer der Liegenschaften, an deren Eigentum ein Anteilsrecht an agrargemeinschaftlichen Grundstücken gebunden ist (Stammsitzliegenschaften), bildet einschließlich jener Personen, denen persönliche (walzende) Anteilsrechte zustehen, sowie bei Agrargemeinschaften nach §33 Abs2 litc einschließlich der substanzberechtigten Gemeinde, eine Agrargemeinschaft.
(2) Die Einrichtung und die Tätigkeit von Agrargemeinschaften ist bei Agrargemeinschaften, die aus mehr als fünf Mitgliedern bestehen, von Amts wegen, bei Agrargemeinschaften mit bis zu fünf Mitgliedern auf Antrag mit Bescheid (Satzungen) zu regeln.
(3) Agrargemeinschaften sind Körperschaften des öffentlichen Rechtes.
(4) Bei Agrargemeinschaften, denen keine Satzungen verliehen sind, entscheidet mangels einer anderen Vereinbarung die Mehrheit der Stimmen, die nach dem Verhältnis der Anteile der Mitglieder zu zählen sind. Die gemeinschaftlichen Nutzungen und Lasten sind nach dem Verhältnis der Anteile auszumessen. Sind keine Anteile festgelegt, so ist jeder Anteil als gleich groß anzusehen.
[…]
§36
Satzungen
(1) Die Satzungen der Agrargemeinschaften (§34 Abs2) haben insbesondere Bestimmungen zu enthalten über:
a) Name, Sitz und Zweck der Agrargemeinschaft, bei Agrargemeinschaften, die im Sinn des §33 Abs2 litc Z2 auf Gemeindegut bestehen, einschließlich der Bezeichnung 'Gemeindegutsagrargemeinschaft';
b) Rechte und Pflichten der Mitglieder;
c) den Aufgabenbereich der Organe;
d) die Art und Form der Einladung und die Führung des Protokollbuches;
e) Angelegenheiten, deren Beschlußfassung einer agrarbehördlichen Genehmigung bedarf (§37 Abs4);
f) die Verwendung allfälliger Ertragsüberschüsse;
g) die Abwicklung des Geldverkehrs, die Verrechnung, die Führung von Aufzeichnungen, aus denen die Gebarung ersichtlich ist, die Bildung eines Betriebsfonds zur Bestreitung laufender Ausgaben, die Erstellung des Jahresvoranschlages und des Rechnungsabschlusses, die Prüfung der Gebarung und des Rechnungsabschlusses durch die Rechnungsprüfer.
(2) Agrargemeinschaften, die im Sinn des §33 Abs2 litc Z2 auf Gemeindegut bestehen, haben zwei voneinander getrennte Rechnungskreise für die Einnahmen und Ausgaben aus der land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit der Agrargemeinschaft (Rechnungskreis I) und die Einnahmen und Ausgaben aus dem Substanzwert der agrargemeinschaftlichen Grundstücke (Rechnungskreis II) zu führen. In die die Rechnungskreise I und II betreffenden Aufzeichnungen und Belege ist den Organen der Gemeinde auf Verlangen jederzeit Einsicht zu gewähren. Die aus dem Rechnungskreis II erfließenden Erträge stehen der substanzberechtigten Gemeinde zu und können von dieser jederzeit entnommen werden.
(3) Die Mitglieder haben ihre Stimmen persönlich oder durch schriftlich Bevollmächtigte abzugeben. Von der Beibringung einer schriftlichen Vollmacht kann abgesehen werden, wenn ein Mitglied durch ein dem Obmann bekanntes Familienmitglied vertreten wird und Zweifel über Bestand und Umfang der Vertretungsbefugnis nicht bestehen. Ein Bevollmächtigter darf höchstens zwei Mitglieder vertreten.
[…]
§40
Veräußerung und Belastung von Grundstücken,
Ausübung und Erlöschen von Teilwaldrechten
(1) Die Veräußerung und die dauernde Belastung agrargemeinschaftlicher Grundstücke und anderer im Eigentum einer Agrargemeinschaft stehender Grundstücke sowie der Verzicht auf dingliche Rechte, die zugunsten von agrargemeinschaftlichen Grundstücken oder zugunsten einer Agrargemeinschaft bestehen, bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Genehmigung der Agrarbehörde. Einer solchen Genehmigung bedarf es nicht, wenn agrargemeinschaftliche oder andere im Eigentum einer Agrargemeinschaft stehende Grundstücke (Grundstücksteile) mit einer Fläche von höchstens 2.000 m² veräußert werden und es sich dabei nicht um Gemeindegut im Sinn des §32 Abs2 litc Z2 und nicht um Teilwälder handelt.
(2) Die Genehmigung darf nur erteilt werden, wenn
a) ein Beschluss des zuständigen Organs der Agrargemeinschaft vorliegt,
b) eine Gefährdung des Wirtschaftsbetriebes der Agrargemeinschaft oder der Stammsitzliegenschaften nicht eintritt,
c) bei einer Veräußerung oder dauernden Belastung von agrargemeinschaftlichen Grundstücken im Sinn des §33 Abs2 litc Z2 die substanzberechtigte Gemeinde zustimmt und
d) bei einer Veräußerung von Grundstücken im Sinn des §33 Abs2 litd der Teilwaldberechtigte zustimmt.
(3) Bei Agrargemeinschaften, die im Sinn des §33 Abs2 litc Z2 auf Gemeindegut bestehen, sind jene Grundstücke des Regulierungsgebietes, die für die Errichtung von infrastrukturellen Vorhaben oder Anlagen, an deren Errichtung ein öffentliches Interesse besteht, benötigt werden, der Gemeinde gegen Entschädigung der darauf lastenden land- und forstwirtschaftlichen Nutzungen von der Agrargemeinschaft in das bücherliche Eigentum zu übertragen. Die Gemeinde hat der Agrargemeinschaft die geplante Inanspruchnahme nachweislich anzuzeigen. Das zuständige Organ der Agrargemeinschaft hat binnen einem Monat nach dieser Anzeige den für die Übertragung des bücherlichen Eigentums erforderlichen Beschluss zu fassen. Fasst das zuständige Organ der Agrargemeinschaft diesen Beschluss nicht fristgerecht, so hat die Agrarbehörde, wenn es sich um Vorhaben oder Anlagen im Sinn des ersten Satzes handelt, der Gemeinde auf Antrag die beanspruchten Grundstücke durch Bescheid gegen Entschädigung der darauf lastenden land- und forstwirtschaftlichen Nutzungsrechte in das bücherliche Eigentum zu übertragen.
(4) Abweichend von der Bestimmung des Abs1 hat bei der Veräußerung eines Grundstückes nach §33 Abs2 litd das Fehlen der Genehmigung der Agrarbehörde nicht die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäftes zur Folge. In einem solchen Fall gilt das Teilwaldrecht künftighin als Nutzungsrecht im Sinne des Wald- und Weideservitutengesetzes, LGBl Nr 21/1952, mit der Maßgabe, daß für die Ermittlung des Ablösebetrages die Bestimmungen des Abs4 anzuwenden sind.
(5) Die Agrarbehörde hat, sofern eine Gefährdung des Wirtschaftsbetriebes der Stammsitzliegenschaft nicht eintritt, auf Antrag des Grundeigentümers oder von Amts wegen ein Teilwaldrecht zur Gänze oder insoweit als erloschen zu erklären, als das mit dem Teilwaldrecht belastete Grundstück für Maßnahmen im allgemeinen öffentlichen Interesse, z. B. für die Schaffung von Bauland, den Bau von Straßen und Wegen, für die Errichtung von Fremdenverkehrsanlagen und dergleichen, benötigt wird. Kommt über die Art und die Höhe der Gegenleistung kein Übereinkommen zustande, so gebührt dem Teilwaldberechtigten als Gegenleistung der Holzvorrat auf der Teilwaldfläche, eine Entschädigung für eine allfällige vorzeitige Nutzung der hiebsunreifen Holzbestände und für allfällige wirtschaftliche Erschwernisse sowie die Hälfte des Bodenverkehrswertes. Der Bodenverkehrswert ist dabei nicht nach der Widmung auf Grund der Bestimmungen des Tiroler Raumordnungsgesetzes zu bemessen, sondern nach dem Verkehrswert eines in derselben Gemeinde gelegenen Waldgrundstückes gleicher Bonität.
(6) Grundstücke, auf denen Teilwaldrechte bestehen, sind vom Grundeigentümer und vom Teilwaldberechtigten nach dem Grundsatz der wechselseitigen Rücksichtnahme zu bewirtschaften. Die für den Teilwald zu leistenden Abgaben sind vom Grundeigentümer und vom Teilwaldberechtigten je zur Hälfte zu tragen, die Erträge aus dem Teilwald mit Ausnahme der Holz- und Streunutzung fallen ihnen zu gleichen Teilen zu. Die Bestimmungen des §10 der Tiroler Waldordnung 2005, LGBl Nr 55, über die Umlage zur teilweisen Deckung des Personalaufwandes für die Forstaufsichtsorgane bleiben unberührt.
(7) Der Teilwaldberechtigte hat im Rahmen seines Holz- und Streunutzungsrechtes für das Aufkommen und die Nutzung des Bewuchses im Teilwald zu sorgen."
2. §54 Tiroler Jagdgesetz 2004, LGBl 41/2004, in der Fassung LGBl 8/2010, lautet samt Überschriften:
"Wild- und Jagdschaden
§54
Begriff
(1) Soweit nicht besondere Vereinbarungen getroffen werden, hat der Jagdausübungsberechtigte dem Eigentümer sowie den Teilwald- und den Einforstungsberechtigten allen entstandenen Wild- und Jagdschaden zu ersetzen.
(2) Der Wildschaden umfasst den innerhalb des Jagdgebietes von jagdbaren Tieren, die nicht der ganzjährigen Schonung unterliegen, auf Grund und Boden und an den noch nicht eingebrachten Früchten sowie den an Haustieren verursachten Schaden. Der Schaden an Haustieren ist jedoch nur dann zu ersetzen, wenn der Eigentümer die ihm üblicherweise zumutbaren Vorkehrungen gegen Wildschäden getroffen hat.
(3) Der Jagdschaden umfasst allen Schaden, den der Jagdausübungsberechtigte, seine Jagdgäste, sein Jagdschutzpersonal oder die Jagdhunde der genannten Personen auf Grund und Boden und an den noch nicht eingebrachten Früchten sowie an Haustieren verursachen.
(4) Schäden, die durch eingewechseltes Wild verursacht wurden, sind vom Jagdausübungsberechtigten des Gebietes zu ersetzen, in dem der Schaden verursacht wurde.
(5) Eine Mehrheit von Jagdausübungsberechtigten haftet für Wild- und Jagdschäden zur ungeteilten Hand."
III. Erwägungen
1. Gemäß Art140 Abs1 dritter Satz B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen auch auf Antrag eines Drittels der Mitglieder des Landtages, sofern dies durch Landesverfassungsgesetz bestimmt ist. Art42 Tiroler Landesordnung 1989, LGBl 61/1988, sieht ein solches Antragsrecht vor.
Die einschreitenden 12 Mitglieder des Tiroler Landtages verkörpern ein Drittel der insgesamt 36 Mitglieder des Landtages (Art16 Abs1 Tiroler Landesordnung 1989). Aus diesem Grund ist die in Art140 Abs1 dritter Satz B-VG normierte Antragsvoraussetzung gegeben.
Der Umstand, dass ein Antragsteller verstorben und eine Antragstellerin aus dem Landtag ausgeschieden ist, ist für die Zulässigkeit des Drittelantrages ebenso wenig von Bedeutung wie die am 28. April 2013 durchgeführte Wahl zum Tiroler Landtag sowie die am 24. Mai 2013 erfolgte Konstituierung des neu gewählten Landtages. Bei einem Gesetzesprüfungsverfahren, das auf Antrag eines Drittels der Mitglieder eines Landtages durchgeführt wird, handelt es sich um ein Verfahren sui generis, in dem sich die Prüfung der Legitimation – in Abweichung von der grundsätzlichen verfahrensrechtlichen Regel, wonach es bei der Beurteilung der Prozessvoraussetzungen auf den Zeitpunkt der Entscheidung ankommt – auf den Zeitpunkt der Antragstellung zu beziehen hat. Das zur Antragstellung legitimierte Drittel der Mitglieder des Tiroler Landtages ist ab dem Zeitpunkt der wirksamen und zulässigen Antragstellung einer einheitlichen Verfahrenspartei gleichzuhalten, die als solche unabhängig davon fortbesteht, ob einzelne ihrer Mitglieder aus dem Landtag ausscheiden (vgl. VfSlg 18.116/2007). Aus demselben Grund ist die Erklärung der Antragsteller über den Beitritt zweier Abgeordneter zum Tiroler Landtag zum vorliegenden Drittelantrag unbeachtlich.
2. Der Antrag ist aber aus folgenden Gründen unzulässig:
2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren wiederholt dargelegt, dass der Umfang einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit hin zu prüfenden Gesetzesbestimmung derart abzugrenzen ist, dass durch die Aufhebung bloßer Teile einer Gesetzesvorschrift der verbleibende Rest der Gesetzesvorschrift nicht ein veränderter, dem Gesetzgeber nicht mehr zusinnbarer Inhalt gegeben würde (vgl. etwa VfSlg 13.915/1994 und die dort zitierte Vorjudikatur). Dies trifft im vorliegenden Zusammenhang zu.
2.2. Entgegen der dem Antrag zugrunde gelegten Auffassung steht §40 Abs6 TFLG 1996 in einem systematischen Zusammenhang mit den sonstigen Bestimmungen des §40 TFLG 1996, die sich auf Teilwälder bzw. Teilwaldrechte beziehen. Aus diesem Grund ist die bloße Anfechtung des zweiten Satzes in §40 Abs6 TFLG 1996 unzulässig:
2.3. Die Bedenken der antragstellenden Mitglieder des Tiroler Landtages gehen zusammengefasst von der Prämisse aus, dass die Gemeinde wahre Eigentümerin der mit Teilwaldrechten belasteten Grundstücke bzw. deren frühere Eigentümerin und nunmehr – gemäß den Aussagen in VfSlg 18.446/2008 – substanzberechtigtes Agrargemeinschaftsmitglied ist. Aus diesem Grund seien die in VfSlg 9336/1982 und 18.446/2008 formulierten Grundsätze auf diese Grundstücke anwendbar. Durch die Zuordnung der Hälfte der außerforstlichen Erträgnisse aus dem Teilwald zu den Teilwaldberechtigten würde die bloße öffentlich-rechtliche Nutzungsberechtigung in unsachlicher Weise zu einer Beteiligung an der Substanz des Teilwaldes aufgewertet. Dem Antrag liegt die Annahme zugrunde, dass Teilwaldrechte keine über Holz- und Streunutzungsrechte hinausgehende Berechtigung darstellen, wohingegen die Tiroler Landesregierung davon ausgeht, dass der Teilwaldberechtigte eine eigentümerähnliche Position innehabe und ihm daher ein Anteil an der Substanz zukommen müsse. Dem Antrag liegt daher unter anderem die Frage nach der Rechtsnatur und insbesondere dem Umfang der Teilwaldrechte zugrunde.
2.4. Teilwälder zählen gemäß §33 TFLG 1996 zu den agrargemeinschaftlichen Grundstücken. §33 Abs2 litd TFLG1996 definiert diese als "Waldgrundstücke, die im Eigentum einer Gemeinde oder einer Mehrheit von Berechtigten (Agrargemeinschaft) stehen und auf denen Teilwaldrechte (Abs3) bestehen (Teilwälder)". Teilwaldrechte sind gemäß §33 Abs3 TLFG 1996 Holz- und Streunutzungsrechte, die auf Grund öffentlicher Urkunden oder auf Grund örtlicher Übung zugunsten bestimmter Liegenschaften oder bestimmter Personen auf nach Größe, Form und Lage bestimmten oder bestimmbaren Teilflächen von Waldgrundstücken bestehen. Teilwaldrechte gelten als Anteilsrechte im Sinne des Tiroler Flurverfassungslandesgesetzes 1996.
2.5. Gegenüber den sonstigen agrargemeinschaftlichen Anteilsrechten weisen die Teilwaldrechte zwei Besonderheiten auf: Sie sind jeweils nur mit einer Liegenschaft bzw. Person verbunden, sodass dritte Personen von der Nutzung des territorial abgegrenzten Teilwaldes ausgeschlossen sind. Weiters sind sie nicht auf den Haus- und Gutsbedarf des Nutzungsberechtigten beschränkt. Im Gegensatz zu den übrigen agrargemeinschaftlichen Anteilsrechten, die nur im Innenverhältnis zur Agrargemeinschaft bestehen und nach außen von der Agrargemeinschaft "mediatisiert" werden, entfalten die Teilwaldrechte selbst Außenwirkung. Die übrigen agrargemeinschaftlichen Anteilsrechte werden durch die Agrargemeinschaft repräsentiert (ebenfalls für das Forstgesetz vgl. VwGH 22.2.1999, 97/10/0226; vgl. Lang, Tiroler Agrarrecht II, 1991, 160, 188 ff.).
2.6. Gemäß §40 Abs6 TFLG 1996 sind "Grundstücke, auf denen Teilwaldrechte bestehen, […] vom Grundeigentümer und vom Teilwaldberechtigten nach dem Grundsatz der wechselseitigen Rücksichtnahme zu bewirtschaften". Der normative Gehalt des (zweiten Satzes in) §40 Abs6 TFLG 1996 kann nur aus dem Zusammenspiel von §40 Abs5 und §40 Abs6 TFLG 1996 gewonnen werden.
(Bloß vorübergehende) Beeinträchtigungen des Holz- und Streunutzungsrechts des Teilwaldberechtigten, die sich aus der herkömmlichen Ausübung der Rechte des Grundeigentümers ergeben, werden von §40 Abs6 TFLG erfasst. Beeinträchtigungen durch den Grundeigentümer, welche das Holz- und Streunutzungsrecht des Teilwaldberechtigten substantiell beeinträchtigen (dh. als solches verhindern), sind entweder überhaupt unzulässig oder können – bei Erfüllung der Voraussetzungen des §40 Abs5 TFLG 1996 ("Maßnahmen im allgemeinen öffentlichen Interesse") – auf Antrag des Grundeigentümers oder von Amts wegen zur Erklärung der Agrarbehörde führen, dass ein Teilwaldrecht zur Gänze oder teilweise erlischt. Der Gesetzgeber geht somit in §40 Abs6 TFLG (arg. "Grundsatz der wechselseitigen Rücksichtnahme") offensichtlich davon aus, dass es bestimmte, sogenannte Parallelnutzungen bei Teilwäldern (also bei jenen Flächen eines Grundstückes bzw. eines Grundstücksteiles, auf denen Teilwaldrechte bestehen) gibt, bei denen der Teilwald zwar nicht seiner spezifischen Nutzung entzogen wird, aber doch Beschränkungen sowohl für den Teilwaldberechtigten als auch für den Grundeigentümer durch die Nutzung der Fläche durch den jeweils anderen Berechtigten unvermeidlich sind.
2.7. Die in §40 Abs6 zweiter Satz TFLG 1996 vorgesehene Teilung der Erträge aus dem Teilwald (mit Ausnahme aus der Holz- und Streunutzung, welche ausschließlich dem Teilwaldberechtigten gehören) zwischen Grundeigentümer und Teilwaldberechtigtem ist aber aus folgenden Gründen vor dem Hintergrund der (Entschädigungs-)Bestimmungen des §40 Abs5 TFLG 1996 und des Zustimmungsrechts des Teilwaldberechtigten bei sachenrechtlichen Verfügungen des Grundeigentümers gemäß §40 Abs1 TFLG 1996 zu sehen.
Gemäß §40 Abs1 TFLG 1996 ist für die Wirksamkeit der Veräußerung und der dauernden Belastung agrargemeinschaftlicher Grundstücke und anderer im Eigentum einer Agrargemeinschaft stehender Grundstücke sowie des Verzichts auf dingliche Rechte, die zugunsten von agrargemeinschaftlichen Grundstücken oder zugunsten einer Agrargemeinschaft bestehen, die Genehmigung der Agrarbehörde erforderlich. Die Genehmigung der Agrarbehörde darf gemäß §40 Abs2 litd TFLG 1996 bei der Veräußerung von Grundstücken im Sinne des §33 Abs2 litd TFLG 1996 nur erteilt werden, wenn der Teilwaldberechtigte zustimmt.
In Abweichung von §40 Abs1 und 2 TFLG 1996 hat allerdings bei der Veräußerung eines Grundstücks nach §33 Abs2 litd TFLG 1996 das Fehlen der Genehmigung der Agrarbehörde nicht die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäftes zur Folge. In einem solchen Fall gilt – anstelle der Rechtsfolge der Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts – das Teilwaldrecht künftighin als Nutzungsrecht im Sinne des Wald- und Weideservitutengesetzes, LGBl 21/1952 (in der jeweils geltenden Fassung), mit der Maßgabe, dass dafür ein Ablösebetrag zu zahlen ist. Für die Ermittlung des Ablösebetrages sind die Bestimmungen des §40 Abs5 (der Verweis in §40 Abs4 TFLG 1996 auf "Abs4" ist als Verweis auf "Abs5" zu lesen) anzuwenden. Das in §40 Abs1 TFLG 1996 verankerte Zustimmungsrecht des Teilwaldberechtigten ist nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes Ausfluss des Systems, das sich aus den sonstigen Bestimmungen des §40 TFLG 1996 über Teilwälder bzw. Teilwaldrechte ergibt.
Die Stellung des Teilwaldberechtigten gegenüber dem Grundeigentümer ergibt sich auch aus der bereits erwähnten Entschädigungs- oder Ablösebestimmung des §40 Abs5 TFLG 1996. Erklärt die Agrarbehörde einen Teilwald zur Gänze oder zum Teil für erloschen, weil dieser für Maßnahmen im allgemeinen öffentlichen Interesse benötigt wird, oder gilt ein Teilwald nach Maßgabe des §40 Abs1, 2 und 4 TFLG 1996 (Fehlen der behördlichen Genehmigung) als Nutzungsrecht im Sinne des Wald- und Weideservitutengesetz, LGBl 21/1952 (in der jeweils geltenden Fassung) weiter, hat der Teilwaldberechtigte ein Recht auf Entschädigung, die nicht bloß die (bestehenden und künftigen) Holz- und Streunutzungsrechte, sondern auch den Verkehrswert des Teilwalds abgelten soll:
Kommt über die Art und die Höhe der Gegenleistung kein Übereinkommen zustande, gebührt dem Teilwaldberechtigten gemäß §40 Abs5 TFLG 1996 als Gegenleistung der Holzvorrat auf der Teilwaldfläche, eine Entschädigung für eine allfällige vorzeitige Nutzung der hiebsunreifen Holzbestände und für allfällige wirtschaftliche Erschwernisse sowie die Hälfte des Bodenverkehrswertes. Der Bodenverkehrswert ist dabei nicht nach der Widmung auf Grund der Bestimmungen des Tiroler Raumordnungsgesetzes zu bemessen, sondern nach dem Verkehrswert eines in derselben Gemeinde gelegenen Waldgrundstückes gleicher Bonität.
2.8. Alle diese auf Teilwälder bzw. Teilwaldrechte bezughabenden Bestimmungen des §40 TFLG 1996 zeigen, dass der angefochtene zweite Satz in §40 Abs6 TFLG in ein Gesamtsystem eingebettet ist, das die Stellung des Teilwaldberechtigten gegenüber dem Grundeigentümer umfassend gestaltet. Aus diesem Grund scheidet die bloße Anfechtung des zweiten Satzes in §40 Abs6 TFLG 1996 aus. Durch eine allfällige Aufhebung nur des zweiten Satzes des §40 Abs6 TFLG 1996 würde dem "verbleibenden Rest" des in §40 TFLG 1996 normierten Regelungssystems über Teilwälder bzw. Teilwaldrechte ein veränderter, dem Gesetzgeber nicht mehr zusinnbarer Inhalt gegeben.
IV. Ergebnis und damit zusammenhängende Ausführungen
Der Antrag erweist sich somit als unzulässig und ist zurückzuweisen.
Schlagworte
Bodenreform, Flurverfassung, VfGH / Prüfungsumfang, VfGH / LegitimationEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2013:G27.2012Zuletzt aktualisiert am
29.12.2014