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L0010 LandtagsgeschäftsordnungNorm
B-VG Art35, Art141 Abs1 litaLeitsatz
Keine Stattgabe der - vom Grünen Klub im niederösterreichischen Landtag sowie von zwei Wahlwerbern eingebrachten - Anfechtung der Wahl der niederösterreichischen Mitglieder und Ersatzmitglieder des Bundesrates; Aufteilung der Bundesratsmandate nach dem Verhältnis der den Parteien im Landtag zukommenden AbgeordnetensitzeRechtssatz
Zulässigkeit der Wahlanfechtung.
§67 Abs2 zweiter Satz VfGG kann sich auf die Wahlen der Mitglieder und Ersatzmitglieder des Bundesrates nicht beziehen, sodass sich die Anfechtungslegitimation unmittelbar aus Art141 B-VG ergibt. Jedenfalls sind die nach der konkreten Interessenlage in Betracht kommenden im Landtag vertretenen Parteien (Landtagsfraktionen) zur Wahlanfechtung berechtigt (vgl VfSlg 9044/1981).
Die Landtagsfraktion Grüner Klub im niederösterreichischen Landtag hat einen Wahlvorschlag eingebracht, auf dem die beiden weiteren Anfechtungswerber als Kandidaten für die Wahl der Mitglieder und Ersatzmitglieder des Bundesrates aufscheinen. Durch die Zurückweisung des Wahlvorschlages wurde den beiden Wahlwerbern ihre Wählbarkeit aberkannt. Die Landtagsfraktion Grüner Klub im NÖ Landtag sowie die beiden Wahlwerber sind daher zur Anfechtung der Wahl der Mitglieder und Ersatzmitglieder des Bundesrates legitimiert.
Allerdings Unbegründetheit der Wahlanfechtung.
Aus VfSlg 14999/1932 ergibt sich hinsichtlich der Auslegung des Grundsatzes der Verhältniswahl iSd Art35 B-VG, dass grundsätzlich auf die den Parteien zukommenden Abgeordnetensitze abzustellen ist. Erst wenn die Zuteilung eines Bundesratsmandates zwischen zwei oder mehreren Parteien fraglich ist, gibt das Verhältnis der Stimmen, die die Parteien bei der Landtagswahl auf sich vereinigt haben, den Ausschlag.
Auch aus dem Homogenitätsprinzip ist für den vorliegenden Fall nichts zu gewinnen: Das "Homogenitätsprinzip" oder auch der "Grundsatz der Einheitlichkeit der Wahlrechtsgrundsätze" wird aus Art95 und Art117 B-VG iVm Art26 B-VG abgeleitet, wonach die (Landtags-)Wahlordnungen die Bedingungen des Wahlrechtes nicht enger ziehen dürfen als die Bundesverfassung für Wahlen zum Nationalrat. Kraft dieser verfassungsrechtlichen Anordnung gilt das Homogenitätsprinzip nur für die Wahlen zu den Landtagen und den Gemeinderäten und -weil die für die Wahl der Mitglieder des Bundesrates maßgebende Bestimmung des Art35 B-VG einen entsprechenden Verweis nicht enthält - nicht auch für die Wahl der Mitglieder des Bundesrates, der überdies nicht direkt vom Volk gewählt wird.
Soweit die Anfechtungswerber auf §21 iVm §67 Abs6 Nö Landtags-GeschäftsO 2001 (Nö LGO 2001) verweisen und daraus die Anwendung des d'Hondt'schen Wahlsystems in der in §97 Nö LandtagswahlO 1992 (Nö LWO) enthaltenen Form ableiten, ist dem entgegenzuhalten, dass der Nö LGO 2001 hinsichtlich des Wahlverfahrens für die Mitglieder des Bundesrates bei sonstiger Verfassungswidrigkeit kein anderer Inhalt zukommen kann als Art35 Abs1 B-VG. §21 leg cit ist eine einfachgesetzliche Wiederholung des Art35 Abs1 B-VG und verweist hinsichtlich der Verhältniswahl auf die allgemeine Bestimmung des §67 Abs6 leg cit über die Durchführung sämtlicher vom Landtag durchgeführter Wahlen (zB auch der Ausschüsse und der Wahl der Landesregierung). Diese Bestimmung verweist wiederum hinsichtlich der "Ausmittlung der Ergebnisse von Verhältniswahlen" auf die Nö LWO, "sofern nicht anderes bestimmt ist". Gerade für die Wahl der Mitglieder des Bundesrates ist durch die verfassungsrechtlichen Vorgaben anderes bestimmt, sodass die Anwendung des Wahlsystems im Sinne der Nö LWO nicht in Betracht kommt.
Schlagworte
Wahlen, Bundesrat, Verhältniswahl, Homogenitätsprinzip, Landtag, VfGH / WahlanfechtungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2013:WI4.2013Zuletzt aktualisiert am
29.12.2014