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L6650 FlurverfassungNorm
B-VG Art140 Abs1 / PrüfungsumfangLeitsatz
Zurückweisung eines Drittelantrags von Mitgliedern des Tiroler Landtages auf Aufhebung einer Bestimmung des Flurverfassungslandesgesetzes 1996 über die Zuordnung von Erträgen aus einem Teilwald zwischen Teilwaldberechtigten und Grundeigentümer als zu eng im Hinblick auf das bestehende Regelungssystem über TeilwaldrechteRechtssatz
Antragsvoraussetzung des Art140 Abs1 dritter Satz B-VG gegeben.
Die einschreitenden 12 Mitglieder des Tiroler Landtages verkörpern ein Drittel der insgesamt 36 Mitglieder des Landtages (Art16 Abs1 Tir LandesO 1989).
Der Umstand, dass ein Antragsteller verstorben und eine Antragstellerin aus dem Landtag ausgeschieden ist, ist für die Zulässigkeit des Drittelantrages ebenso wenig von Bedeutung wie die am 28.04.2013 durchgeführte Wahl zum Tiroler Landtag sowie die Konstituierung des neu gewählten Landtages. Bei einem Gesetzesprüfungsverfahren, das auf Antrag eines Drittels der Mitglieder eines Landtages durchgeführt wird, handelt es sich um ein Verfahren sui generis, in dem sich die Prüfung der Legitimation - in Abweichung von der grundsätzlichen verfahrensrechtlichen Regel, wonach es bei der Beurteilung der Prozessvoraussetzungen auf den Zeitpunkt der Entscheidung ankommt - auf den Zeitpunkt der Antragstellung zu beziehen hat. Das zur Antragstellung legitimierte Drittel der Mitglieder des Tiroler Landtages ist ab dem Zeitpunkt der wirksamen und zulässigen Antragstellung einer einheitlichen Verfahrenspartei gleichzuhalten, die als solche unabhängig davon fortbesteht, ob einzelne ihrer Mitglieder aus dem Landtag ausscheiden (vgl VfSlg 18116/2007). Aus demselben Grund ist die Erklärung der Antragsteller über den Beitritt zweier Abgeordneter zum Tiroler Landtag zum vorliegenden Drittelantrag unbeachtlich.
Zurückweisung des Antrags auf Aufhebung (bloß) des zweiten Satzes des §40 Abs6 Tir FlVLG 1996 (im Folgenden: TFLG 1996).
§40 Abs6 TFLG 1996 steht in einem systematischen Zusammenhang mit den sonstigen Bestimmungen des §40 TFLG 1996, die sich auf Teilwälder bzw Teilwaldrechte beziehen.
Teilwälder zählen gemäß §33 TFLG 1996 zu den agrargemeinschaftlichen Grundstücken (vgl §33 Abs2 litd TFLG 1996).
Gegenüber den sonstigen agrargemeinschaftlichen Anteilsrechten weisen die Teilwaldrechte zwei Besonderheiten auf: Sie sind jeweils nur mit einer Liegenschaft bzw Person verbunden, sodass dritte Personen von der Nutzung des territorial abgegrenzten Teilwaldes ausgeschlossen sind. Weiters sind sie nicht auf den Haus- und Gutsbedarf des Nutzungsberechtigten beschränkt. Im Gegensatz zu den übrigen agrargemeinschaftlichen Anteilsrechten, die nur im Innenverhältnis zur Agrargemeinschaft bestehen und nach außen von der Agrargemeinschaft "mediatisiert" werden, entfalten die Teilwaldrechte selbst Außenwirkung. Die übrigen agrargemeinschaftlichen Anteilsrechte werden durch die Agrargemeinschaft repräsentiert.
Der Gesetzgeber geht in §40 Abs6 TFLG (arg "Grundsatz der wechselseitigen Rücksichtnahme") davon aus, dass es bestimmte, sogenannte Parallelnutzungen bei Teilwäldern gibt, bei denen der Teilwald zwar nicht seiner spezifischen Nutzung entzogen wird, aber doch Beschränkungen sowohl für den Teilwaldberechtigten als auch für den Grundeigentümer durch die Nutzung der Fläche durch den jeweils anderen Berechtigten unvermeidlich sind.
Die in §40 Abs6 zweiter Satz TFLG 1996 vorgesehene Teilung der Erträge aus dem Teilwald (mit Ausnahme aus der Holz- und Streunutzung, welche ausschließlich dem Teilwaldberechtigten gehören) zwischen Grundeigentümer und Teilwaldberechtigtem ist vor dem Hintergrund der (Entschädigungs-)Bestimmungen des §40 Abs5 TFLG 1996 und des Zustimmungsrechts des Teilwaldberechtigten bei sachenrechtlichen Verfügungen des Grundeigentümers gemäß §40 Abs1 TFLG 1996 zu sehen.
Die (für die Wirksamkeit einer Veräußerung erforderliche) Genehmigung der Agrarbehörde darf gemäß §40 Abs2 litd TFLG 1996 bei der Veräußerung von Grundstücken iSd §33 Abs2 litd TFLG 1996 nur erteilt werden, wenn der Teilwaldberechtigte zustimmt.
Das Fehlen der Genehmigung hat nicht die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäftes zur Folge. In einem solchen Fall gilt das Teilwaldrecht künftighin als Nutzungsrecht iSd Tir Wald- und WeideservitutenG, mit der Maßgabe, dass dafür ein Ablösebetrag zu zahlen ist. Für die Ermittlung des Ablösebetrages sind die Bestimmungen des §40 Abs5 TFLG 1996 anzuwenden.
Alle diese auf Teilwälder bzw Teilwaldrechte bezughabenden Bestimmungen des §40 TFLG 1996 zeigen, dass der angefochtene zweite Satz in §40 Abs6 TFLG in ein Gesamtsystem eingebettet ist, das die Stellung des Teilwaldberechtigten gegenüber dem Grundeigentümer umfassend gestaltet. Aus diesem Grund scheidet die bloße Anfechtung des zweiten Satzes in §40 Abs6 TFLG 1996 aus. Durch eine allfällige Aufhebung nur des zweiten Satzes des §40 Abs6 TFLG 1996 würde dem "verbleibenden Rest" des in §40 TFLG 1996 normierten Regelungssystems über Teilwälder bzw Teilwaldrechte ein veränderter, dem Gesetzgeber nicht mehr zusinnbarer Inhalt gegeben.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Bodenreform, Flurverfassung, VfGH / Prüfungsumfang, VfGH / LegitimationEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2013:G27.2012Zuletzt aktualisiert am
29.12.2014