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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
GSpG 1989 §52 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, Hofrätin Mag. Nussbaumer-Hinterauer und Hofrat Dr. Pürgy als Richter, unter Beiziehung der Schriftführerin Mag. Fries, über die Beschwerde der Bundesministerin für Finanzen in 1010 Wien, Johannesgasse 5, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 15. April 2013, Zl. VwSen-360058/13/MB/ER, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (mitbeteiligte Partei: D P in G, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 23. Oktober 2012 wurde der Mitbeteiligte als gemäß § 9 VStG verantwortliches, zur Vertretung nach außen berufenes Organ einer näher bezeichneten Gesellschaft der Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 2 und 4 sowie § 4 Glücksspielgesetz (GSpG) für schuldig erkannt und über ihn eine Geldstrafe von EUR 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 46 Stunden) wegen des Betriebes von zwei Glücksspielgeräten in einem Lokal in Gmunden verhängt.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 15. April 2013 gab die belangte Behörde der Berufung des Mitbeteiligten gegen das Straferkenntnis Folge, hob dieses auf und stellte das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG ein.
In der Begründung führte die belangte Behörde unter anderem aus, die Kontrolle der Organe der Abgabenbehörde habe ergeben, dass an den beiden Glücksspielgeräten Einsätze von EUR 10,80 bzw. EUR 10,50 geleistet werden konnten. Zudem seien beide Geräte mit Automatik-Start-Tasten versehen, wodurch erwerbsmäßig Serienspiele ermöglicht würden. Somit liege zumindest der strafbare Versuch einer gemäß § 168 StGB in Verbindung mit § 15 StGB mit gerichtlicher Strafe bedrohten Glücksspielveranstaltung vor.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Amtsbeschwerde der Bundesministerin für Finanzen mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben, weil eine Subsidiarität der verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit gegenüber dem gerichtlichen Straftatbestand nur vorliege, wenn tatsächlich Einsätze von mehr als EUR 10,-- geleistet worden seien oder wenn durch technische Vorrichtungen ein Spiel unter diesem Geringfügigkeitsbetrag praktisch verunmöglicht worden sei.
Die belangte Behörde legte den Verwaltungsakt vor und beantragte - ebenso wie die mitbeteiligte Partei in ihrer Gegenschrift -, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis B 422/2013 vom 13. Juni 2013 ausgesprochen, dass bei einer verfassungskonformen, das Verbot der Doppelbestrafung gemäß Art. 4 Abs. 1 7. ZPEMRK berücksichtigende Auslegung des § 52 Abs. 2 GSpG darauf abzustellen sei, ob derjenige, der eine Ausspielung etwa mit einem Glücksspielapparat oder Glücksspielautomaten bzw. mit einem darauf installierten Spielprogramm veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht, dabei Einsätze von höchstens EUR 10,-- oder mehr als EUR 10,-- ermögliche. Es komme also nicht darauf an, ob der jeweilige Spieler solche Einsätze tatsächlich leiste, sondern ob eine Glückspielveranstaltung mit einem Einsatz von über EUR 10,-- pro Spiel ermöglicht werde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich dieser Auffassung im Erkenntnis vom 23. Juli 2013, Zl. 2012/17/0249, angeschlossen. Er ist insoweit auch von der im hg. Erkenntnis vom 15. März 2013, Zlen. 2012/17/0365 und 0366, in Fortführung seiner Rechtsprechung zur Subsidiarität der Straftatbestände des § 52 Abs. 1 GSpG gegenüber der Strafbarkeit nach § 168 StGB geäußerten Rechtsauffassung abgegangen, wonach der Fortsetzung des verwaltungsbehördlichen Strafverfahrens hinsichtlich jener Spiele, bei denen mit einem Einsatz von bis zu EUR 10,-- gespielt worden sei, Art. 4 7. ZPEMRK nicht entgegen stehe.
Ausgehend von der unbestritten gebliebenen Feststellung, wonach auf beiden Glücksspielgeräten Spiele mit Einsätzen von über EUR 10,-- möglich gewesen seien, ist daher im Sinne der oben wiedergegebenen Rechtsprechung zur Subsidiarität des Verwaltungsstraftatbestandes nach § 52 Abs. 1 GSpG für den vorliegenden Beschwerdefall davon auszugehen, dass keine verfolgbare Verwaltungsübertretung vorliegt. Für die Verwaltungsstrafbehörde bleibt kein Raum für eine weitere Verfolgung wegen des Verdachts einer Verwaltungsübertretung nach § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG.
Die belangte Behörde hat auf Grund des vorliegenden Sachverhalts somit zu Recht der Berufung der mitbeteiligten Partei Folge gegeben und die Einstellung des gegen sie geführten Verwaltungsstrafverfahrens verfügt - vgl. die hg. Erkenntnisse jeweils vom 9. September 2013, Zl. 2012/17/0578 und Zlen. 2012/17/0579 bis 0580, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 20. September 2013
Schlagworte
Auslegung Gesetzeskonforme Auslegung von Verordnungen Verfassungskonforme Auslegung von Gesetzen VwRallg3/3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2013:2013170349.X00Im RIS seit
10.10.2013Zuletzt aktualisiert am
04.02.2014