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L82000 Bauordnung;Norm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch und die Hofrätin Dr. Bayjones sowie den Hofrat Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zöchling, über die Beschwerde 1. des FF und 2. der MF, beide in I, beide vertreten durch Dr. Karl Hepperger, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Müllerstraße 27/II, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Innsbruck vom 7. Februar 2013, Zl. MagIbk/2997/RA-RM-BA/1, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Partei: LB in I; weitere Partei:
Tiroler Landesregierung), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben der Landeshauptstadt Innsbruck Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit beim Stadtmagistrat Innsbruck am 16. August 2012 eingelangter Eingabe stellte der Mitbeteiligte ein Bauansuchen für den Umbau der Rezeption im Gebäude M.-Straße 15 und eines Konferenzzimmers im Gebäude M.-Straße 17. Diese Liegenschaften grenzen in ihrem hinteren Bereich an die Liegenschaft A.-Straße 1 an, an der nach dem im Akt befindlichen Grundbuchsauszug Wohnungseigentum begründet und zu jeweils bestimmten Anteilen auch Wohnungseigentum der Beschwerdeführer einverleibt ist.
Mit Bescheid des Stadtmagistrates Innsbruck vom 14. November 2012 wurde die beantragte Baubewilligung unter Vorschreibung mehrerer Auflagen erteilt.
Dagegen erhoben u.a. die Beschwerdeführer Berufungen, die mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen wurden.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, das Gesetz sehe bei Neu- und Zubauten lediglich den Nachweis des Eigentums bzw. Baurechtes am Bauplatz bzw. die Zustimmungserklärung des betreffenden Grundeigentümers oder Bauberechtigten vor, jedoch keine Zustimmung der anderen Miteigentümer, wenn an einer Bauliegenschaft Wohnungseigentum bestehe. Die Beschwerdeführer seien Nachbarn im Sinne des § 26 Abs. 2 und 3 der Tiroler Bauordnung 2011 (TBO 2011). Die Monierung betreffend die Eigentumsverhältnisse am Bauplatz finde keine Deckung in den Nachbarrechten gemäß § 26 Abs. 3 TBO 2011. Zum Vorbringen, wonach die planliche Darstellung vom bewilligten Bestand abweiche, sei festzuhalten, dass das Baubewilligungsverfahren ein Planverfahren darstelle, dessen Verfahrensgegenstand ausschließlich durch die Baubeschreibung und die betreffenden Planunterlagen definiert sei. Allfällige geringe Mängel in den Planunterlagen begründeten keinen Umstand, auf Grund dessen sich die Beschwerdeführer nicht ausreichend über die Art und den Umfang des Bauvorhabens sowie die allfällige Einflussnahme auf ihre Rechte hätten informieren können. Gemäß § 25 Abs. 1 TBO 2011 könne die Baubehörde eine Bauverhandlung durchführen, müsse dies aber nicht. Wenn die Baubehörde erster Instanz von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung im gegenständlichen Verfahren Abstand genommen habe, habe sie rechtmäßig von dem ihr durch das Gesetz eingeräumten Ermessen Gebrauch gemacht. Den Beschwerdeführern sei der erstinstanzliche Bescheid vom 14. November 2012 nachweislich zugestellt worden, und sie hätten auch das Rechtsmittel der Berufung ergriffen. Weiters sei ihnen jederzeit die Möglichkeit der Akteneinsicht in die Planunterlagen und Unterlagen des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens offen gestanden. Ein allfälliger Mangel des Parteiengehörs im Verfahren erster Instanz sei jedenfalls durch das Berufungsverfahren saniert.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die Beschwerdeführer sehen sich darin beschwert, dass eine Baubewilligung nicht erteilt werden dürfe, wenn die Grundstücksverhältnisse nicht geklärt seien. Das Bauvorhaben werde auf einem Grundstück ausgeführt, das im Miteigentum sämtlicher Eigentümer des Hauses A.-Straße 1 stehe. Es wären somit alle Eigentümer dieses Hauses zu laden gewesen. Das Bauvorhaben hätte, nachdem es auf einem Grundstück, das zumindest zur Hälfte im Eigentum aller Miteigentümer (Wohnungseigentümer des Hauses und der Liegenschaft A.-Straße 1) stehe, niemals bewilligt werden dürfen. Zumindest ein Teil des Bauvorhabens werde auf fremdem Grund, somit auch auf dem Grundstück der Beschwerdeführer ausgeführt. Eine Baubewilligung dürfe nicht erteilt werden, ohne dass die Grundstücks- bzw. Eigentumsverhältnisse zuvor geklärt sind. Die Anrainer und Liegenschaftseigentümer seien auch zu keiner Bauverhandlung geladen worden. Dies bewirke
Mangelhaftigkeit und Nichtigkeit des Verfahrens. Eine Mangelhaftigkeit und Nichtigkeit des Verfahrens liege auch darin, dass den Anrainern und den Grundstücksmiteigentümern keinerlei Planunterlagen zur Verfügung gestellt worden seien. Ohne konkrete Verständigung und Möglichkeit der Einsichtnahme in die Pläne sei offensichtlich das erstinstanzliche Verfahren durchgeführt worden, was rechtswidrig sei.
Gemäß § 2 Abs. 7 TBO 2011 ist ein Neubau die Errichtung eines neuen Gebäudes, auch wenn nach dem Abbruch oder Zerstörung eines Gebäudes Teile davon wie Fundamente oder Mauern, weiterverwendet werden.
Zubau ist gemäß § 2 Abs. 8 TBO 2011 die Vergrößerung eines Gebäudes durch die Herstellung neuer oder die Erweiterung bestehender Räume.
Umbau ist gemäß § 2 Abs. 9 TBO 2011 die bauliche Änderung eines Gebäudes, durch die dessen Außenmaße nicht geändert werden und die geeignet ist, die mechanische Festigkeit und Standsicherheit, die Brandsicherheit oder das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes wesentlich zu berühren.
§ 22 Abs. 2 lit. a TBO 2011 in der Stammfassung LGBl. Nr. 57 lautet:
"(2) Dem Bauansuchen sind die Planunterlagen (§ 24) in dreifacher Ausfertigung sowie die sonstigen zur Beurteilung der Zulässigkeit des Bauvorhabens nach den bau- und raumordnungsrechtlichen Vorschriften erforderlichen Unterlagen anzuschließen. Diese haben jedenfalls zu enthalten:
a) bei Neu- und Zubauten den Nachweis des Eigentums oder des Baurechtes am Bauplatz oder, wenn der Bauwerber nicht Grundeigentümer oder Bauberechtigter ist, die Zustimmungserklärung des Grundeigentümers bzw. des Bauberechtigten; für Neu- und Zubauten an Liegenschaften, an denen Wohnungseigentum besteht, bedarf es des Nachweises des Miteigentums an der Liegenschaft bzw. der Zustimmungserklärung des betreffenden Miteigentümers, nicht jedoch des Nachweises der Zustimmung der übrigen Miteigentümer;"
§ 26 Abs. 3 TBO 2011 lautet:
"(3) Nachbarn, deren Grundstücke unmittelbar an den Bauplatz angrenzen oder deren Grenzen zumindest in einem Punkt innerhalb eines horizontalen Abstandes von 5 m zu einem Punkt der Bauplatzgrenze liegen, sind berechtigt, die Nichteinhaltung folgender bau- und raumordnungsrechtlicher Vorschriften geltend zu machen, soweit diese auch ihrem Schutz dienen:
a) der Festlegungen des Flächenwidmungsplanes, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist,
b)
der Bestimmungen über den Brandschutz,
c)
der Festlegungen des Bebauungsplanes hinsichtlich der Baufluchtlinien, der Baugrenzlinien, der Bauweise und der Bauhöhe,
d) der Festlegungen des örtlichen Raumordnungskonzeptes nach § 31 Abs. 6 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2011 hinsichtlich der Mindestabstände baulicher Anlagen von den Straßen und der Bauhöhen,
e)
der Abstandsbestimmungen des § 6,
f)
das Fehlen eines Bebauungsplanes bei Grundstücken, für die nach den raumordnungsrechtlichen Vorschriften ein Bebauungsplan zu erlassen ist, im Fall der Festlegung einer besonderen Bauweise auch das Fehlen eines ergänzenden Bebauungsplanes."
Es kann dahingestellt bleiben, ob die Beschwerdeführer Nachbarn oder Miteigentümer der von der Bauführung betroffenen Liegenschaft sind. Ein Nachbarrecht hinsichtlich der Frage der Zustimmung von Grundeigentümern und der Grundstücksverhältnisse und Eigentumsrechte am Bauplatz besteht nämlich nicht. Und für Baumaßnahmen wie hier, die sich lediglich im Inneren von Gebäuden abspielen, ist auch die Zustimmung der Grundeigentümer nicht erforderlich (die im Baubewilligungsverfahren, abgesehen von der Frage des Vorliegens ihrer Zustimmung im Falle deren baurechtlicher Notwendigkeit, auch keine weitergehenden Rechte auf Klärung der Grundstücks- und Eigentumsverhältnisse am Bauplatz haben). Das Fehlen des Zustimmungserfordernisses der Grundeigentümer im Baubewilligungsverfahren ist im Übrigen auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 6. März 1997, Slg.Nr. 14.783).
Soweit die Beschwerdeführer Verfahrensmängel betreffend die Unterlassung einer Bauverhandlung und die mangelnde Einsicht in Planunterlagen geltend machen, legen sie die Relevanz dieser vorgebrachten Verfahrensmängel nicht dar.
Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 27. August 2013
Schlagworte
Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Vorschriften, die keine subjektiv-öffentliche Rechte begründen BauRallg5/1/9Baurecht NachbarEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2013:2013060061.X00Im RIS seit
27.09.2013Zuletzt aktualisiert am
30.10.2013