TE Vwgh Erkenntnis 2000/11/14 98/18/0058

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.11.2000
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
FrG 1993 §26;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Bayjones und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde der A, (geboren am 30. Mai 1977), in Brno/Tschechische Republik, vertreten durch Dr. Gerhard O. Mory und Dr. Heinrich Schellhorn, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Wolf-Dietrich-Straße 19, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom 22. Dezember 1997, Zl. Fr-5466/4/97, betreffend Aufhebung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg (der belangten Behörde) vom 12. Mai 1997 war gegen die Beschwerdeführerin, eine tschechische Staatsangehörige, gemäß § 18 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein bis zum 13. August 2006 befristetes Aufenthaltsverbot erlassen worden.

Schon nach Erlassung des erstinstanzlichen Aufenthaltsverbotsbescheides vom 13. August 1996 hatte die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 13. März 1997 (bei der Bundespolizeidirektion Salzburg (der erstinstanzlichen Behörde) am 14. März 1997 eingelangt) den Antrag gestellt, das gegen sie verhängte Aufenthaltsverbot aufzuheben. Diesen Antrag begründete sie (u.a.) damit, dass sie am 19. Dezember 1996 geheiratet habe, ihr Ehegatte Unternehmer sei und über ein ausreichendes Einkommen verfüge und sie beabsichtige, mit ihrem Ehegatten in Österreich zusammen zu leben. Im weiteren Verfahren brachte sie ergänzend vor, dass ihr Ehemann österreichischer Staatsbürger sei und bereits aus wirtschaftlich-beruflichen Gründen darauf angewiesen sei, weiterhin in Österreich aufhältig zu bleiben.

Die erstinstanzliche Behörde wies mit Bescheid vom 15. Juli 1997 den Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes gemäß § 26 FrG ab.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 22. Dezember 1997 wurde die von der Beschwerdeführerin dagegen erhobene Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

2. Gegen diesen Bescheid der belangten Behörde richtet sich die vorliegende, inhaltliche Rechtswidrigkeit, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 26 FrG ist das Aufenthaltsverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, weggefallen sind. Nach dieser Bestimmung, die ihren Inhalt nur aus dem Zusammenhalt mit den §§ 18 bis 20 FrG gewinnt, hat sich die Behörde mit der Frage auseinander zu setzen, ob ein relevanter Eingriff i.S. des § 19 FrG vorliegt und - gegebenenfalls - die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes dringend geboten ist und - bejahendenfalls - ferner, ob sich seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes jene Umstände, die zur Beurteilung der öffentlichen Interessen einerseits und der privaten und familiären Interessen andererseits maßgebend sind, zu Gunsten des Fremden geändert haben, und daran anschließend diese Interessen gegeneinander abzuwägen. Entscheidend ist demnach, dass sich seit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes die dafür maßgebenden Umstände zu Gunsten des Fremden geändert haben. (Vgl. zum Ganzen etwa das hg. Erkenntnis vom 31. Mai 2000, Zl. 97/18/0220, mwN.)

2. Aus dem Vorgesagten folgt, dass ein Aufhebungsantrag iS des § 26 FrG nur dann gestellt werden kann, wenn im Zeitpunkt der Antragstellung ein rechtskräftiger Aufenthaltsverbotsbescheid vorliegt, können doch nach Erlassung eines noch nicht in Rechtskraft erwachsenen erstinstanzlichen Aufenthaltsverbotsbescheides eingetretene Umstände vom Fremden mit Berufung geltend gemacht werden und kann dem Fremdengesetzgeber nicht unterstellt werden, dass er mit der Bestimmung des § 26 FrG einen mit dem Rechtsmittel der Berufung konkurrierenden Rechtsbehelf schaffen wollte.

3. Im vorliegenden Fall langte der Schriftsatz vom 13. März 1997, mit dem die Beschwerdeführerin den Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes stellte, am 14. März  1997 bei der erstinstanzlichen Behörde ein. Zu diesem Zeitpunkt war bei der belangten Behörde das Verfahren über die von der Beschwerdeführerin gegen den erstinstanzlichen Aufenthaltsverbotsbescheid erhobene Berufung noch offen und lag demnach noch kein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot vor, das allein einer Aufhebung nach § 26 leg.cit. zugänglich gewesen wäre. Demzufolge wäre der Aufhebungsantrag von der erstinstanzlichen Behörde nicht meritorisch in Behandlung zu ziehen gewesen; ihre Zuständigkeit reichte nicht weiter, als diesen Antrag als unzulässig zurückzuweisen.

4. Die Unzulässigkeit dieser Antragstellung hätte die belangte Behörde von Amts wegen wahrnehmen und den bei ihr bekämpften, den Aufhebungsantrag abweisenden Bescheid nach § 66 Abs. 4 AVG ersatzlos aufheben müssen.

5. Da die belangte Behörde somit die Rechtslage verkannte, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

6. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 14. November 2000

Schlagworte

Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG) Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1998180058.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten