E2 435.111-1/2011/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. HUBER-HUBER als Vorsitzenden und die Richterin Dr. FAHRNER als Beisitzerin über die Beschwerde der XXXX, geb. XXXX, StA. Iran, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 07.05.2013, Zl. 13 02.454-BAT, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 14.08.2013 zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 34 AsylG 2005 idgF der Status der Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Entscheidungsgründe:
I. VERFAHRENSGANG UND SACHVERHALT.
1. Die Eltern der minderjährigen Beschwerdeführerin reisten am 20.04.2011 gemeinsam mit ihrem minderjährigen Bruder (ho. Zl. XXXX [Mutter], XXXX [Vater] und XXXX [Bruder]) illegal in das Bundesgebiet von Österreich ein. Ihre Eltern stellten bereits unmittelbar nach der Einreise jeweils für sich und den Bruder - als gesetzliche Vertreter - einen Antrag auf internationalen Schutz.
Nach einer Erstbefragung am 20.04.2011 wurden die Eltern im erstinstanzlichen Asylverfahren beim Bundesasylamt zwei Mal - am 07.07.2011 und am 14.10.2011 - niederschriftlich einvernommen.
Zur Begründung der Antragstellung machten die Eltern der Beschwerdeführerin im Wesentlichen geltend, dass der Vater in XXXX als Buslenker tätig gewesen sei und er während einer Demonstration der "Grünen Bewegung" Demonstrationsteilnehmer, die verletzt waren, mitgenommen habe. Dabei sei er von der Polizei angehalten worden und diese hätte ihm die Mitnahme von Verletzten zum Vorwurf gemacht sowie auf die Businsassen eingeschlagen. Der Vater der Beschwerdeführerin sei dabei aus Angst vor Repressalien durch Sicherheitsorgane geflüchtet. Er sei daraufhin nicht nach Hause, sondern zu einem Freund nach XXXX gefahren. Über Telefon habe er seine Frau verständigt, die auch sogleich mit dem Sohn nach XXXX gekommen wäre. Dort hätten sie sich ca. 20 bis 22 Tage lang aufgehalten bevor sie von Schleppern unterstützt aus dem Iran ausgereist seien. Zur Ausreise hätten sie sich entschlossen, da dem Vater der Beschwerdeführerin von dessen Bruder, während sie sich in XXXX aufhielten, mitgeteilt worden sei, Beamte hätten eine Hausdurchsuchung durchgeführt und nach dem Vater der Beschwerdeführerin gesucht.
Bei der zweiten niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt ergänzten die Eltern der Beschwerdeführerin ihr Vorbringen und sie gaben an, sie hätten sich vom Islam abgewandt und würden nun wegen ihres Glaubens in eine XXXX Kirche gehen.
2. Die Beschwerdeführerin ist am XXXX geboren und wurde am XXXX in der XXXX nach XXXX getauft. Der Vater stellte für die Beschwerdeführerin als gesetzlicher Vertreter am 25.02.2013 den gegenständlichen "Antrag auf Durchführung eines Familienverfahrens gemäß § 34 AsylG idgF" (gemeint: Antrag auf internationalen Schutz).
3. Für die Beschwerdeführerin wurden keine eigenen Fluchtgründe geltend gemacht.
2. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 07.05.2013, FZ. 13 02.454-BAT, wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status einer Asylberechtigten gem. § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), in Spruchpunkt II. gem. § 8 Abs. 1 AsylG 2005 die Zuerkennung des Status einer subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran abgewiesen und in Spruchpunkt III. gem. § 10 Abs 1 AsylG 2005 die Beschwerdeführerin aus dem österreichischen Bundesgebiet in den Iran ausgewiesen.
Das Bundesasylamt ging im Familienverfahren davon aus, dass für die Beschwerdeführerin keine eigenen Fluchtgründe geltend gemacht wurden und erachtete das Vorbringen der Eltern der Beschwerdeführerin konstruiert und als nicht glaubhaft. Die spätere Behauptung der Eltern der Beschwerdeführerin, sie seien nun aus innerer Überzeugung zum Christentum konvertiert, beurteilte das Bundesasylamt als gesteigertes Vorbringen und erblickte weder eine Gefährdung noch Verfolgung der Beschwerdeführerin im Herkunftsland Iran.
3. Dagegen brachte die Beschwerdeführerin durch den von ihren Eltern bevollmächtigten Rechtsanwalt fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde ein und bekämpfte damit den Bescheid im gesamten Umfang. Zu den Beschwerdeausführungen wird auf den Akteninhalt verwiesen.
4. Der Asylgerichtshof hat für den 14.08.2013 eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt und dazu den Eltern der Beschwerdeführerin, deren Bruder, die beiden beantragten Zeugen, einen Vertreter des Bundesasylamtes und einen Dolmetscher für die Sprache Farsi geladen. Der mit OZ 2 beantragte Zeuge hat sich mit schriftlicher Eingabe vom 08.08.2013 unter Anschluss eines ärztlichen Befundes von der Teilnahme an der Beschwerdeverhandlung entschuldigt. Das Bundesasylamt verzichtete auf die Teilnahme eines Vertreters an der Beschwerdeverhandlung und beantragte schriftlich die Abweisung der Beschwerde.
II. DER ASYLGERICHTSHOF HAT ERWOGEN.
1. Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den gegenständlichen Verfahrensakt unter besonderer Berücksichtigung der Angaben der Eltern der Beschwerdeführerin im erstinstanzlichen Verfahren sowie der von diesen vorgelegten Beweis- und Bescheinigungsmittel. In der mündlichen Beschwerdeverhandlung wurden die Eltern der Beschwerdeführerin und der Bruder, sowie die mit OZ 5 beantragte Zeugin persönlich angehört.
2. Festgestellter Sachverhalt:
2.1. Die Beschwerdeführerin trägt den im Spruch angeführten Namen und ist an dem angegebenen Datum geboren. Sie ist iranische Staatsangehörige. Die Beschwerdeführerin ist minderjährige eheliche Tochter des ebenfalls im Asyl-Beschwerdeverfahren stehenden XXXX (Zl. XXXX) und der XXXX (Zl. XXXX), sowie Schwester des minderjährigen XXXX (Zl. XXXX). Den angeführten Familienmitgliedern wurde mit Erkenntnis vom heutigen Tag der Status eines Asylberechtigten zuerkannt und deren Flüchtlingseigenschaft festgestellt.
2.2. Die Beschwerdeführerin wurde am XXXX in der XXXX Kirche in XXXX getauft. Die Eltern der Beschwerdeführerin wurden bereits am XXXX bei der XXXX Gemeinde in XXXX getauft.
2.3. Zum Herkunftsland Islamische Republik Iran ist verfahrensgegenständlich folgendes festzustellen:
Konversion:
Die Gefährdung durch eine Konversion im Iran oder im Ausland, vom
Islam zum Christentum, hängt von mehreren Faktoren ab: - religiöse Aktivitäten im Iran und / oder im Ausland (leitende Funktion, Missionierungstätigkeit unter Moslems) - Geheimhaltung der Konversion vor den iranischen Behörden und dem sozialen Umfeld,- Einstellung der Familienangehörigen (Denunzierungsgefahr oder Akzeptanz) - Zugehörigkeit zu einer missionierenden Kirche, Verdacht der oppositionellen Betätigung. Besonders wichtig ist die Geheimhaltung der Konversion vor den Behörden, damit auch die Vermeidung jeder Handlung, welche zu einer Denunzierung führen könnte.
Die Abwendung vom Islam ist nach dem islamischen Gesetz verboten, sofern die Rekonvertierung zum Islam verweigert wird, kann die Todesstrafe verhängt werden, wie der frühere Ayatollah Khomeini in einer Fatwah festgehalten hat. Es gibt jedoch keine spezifische Regelung im iranischen Strafgesetzbuch. Allerdings ist Apostasie im iranischen Pressegesetz als strafbare Handlung erwähnt (Artikel 26). Konvertiten sind der Gefahr von Inhaftierung und behördlichen Übergriffen ausgesetzt. Zwar sieht die Scharia für den Glaubenswechsel, den sogenannten Abfall vom Islam, die Todesstrafe vor; allerdings ist der damit gemeinte Glaubenswechsel nicht eine religiöse Gewissensentscheidung, sondern gleichbedeutend mit politischem Hochverrat.
Ein Konvertit welcher im Ausland zum Christentum übergetreten ist, kann nur solange wirklich ungefährdet wieder zurückreisen, wie die iranischen Behörden keine Kenntnis von der Konversion erhalten. Gemäß der Angaben von Experten ist nicht auszuschließen, dass die Behörden davon ausgehen, der Übertritt sei nicht aus religiösen Gründen erfolgt, sondern viel mehr aus politischen, was wiederum Verfolgungen durch die Sicherheitskräfte nach sich ziehen kann. Solange Konvertiten ihren Glauben unbemerkt von den iranischen Behörden, aber auch beispielsweise unbemerkt von Familienangehörigen, Nachbarn, Bekannten, etc.- ausüben, droht ihnen keine Gefahr durch den iranischen Staat. Sie gelten und präsentieren sich offiziell weiter als Muslime. Nach Angaben der christlichen Kirchen im Iran bestehen etwa hundert christliche Hausgemeinschaften, an denen Apostaten teilnehmen. Sollten sie sich in der Öffentlichkeit allerdings auffällig verhalten oder missionieren, müssen sie mit einschneidenden Maßnahmen der Regierung rechnen.
Diese Feststellungen gründen sich vor allem auf den Bericht des Auswärtigen Amtes in Deutschland über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran vom 08.10.2012, wo es zur Religionsfreiheit heißt:
Die Bevölkerung besteht zu 98 % aus Muslimen, darunter ca. 90 % (sog. 12er-) Schiiten und ca. 8 % Sunniten (v.a. Araber, Turkmenen, Belutschen, Kurden, vgl. Anlage 2). Es gibt keine offiziellen Zahlen zur Anzahl der Sufis, sie wird auf zwei bis fünf Millionen geschätzt. Die restlichen zwei Prozent verteilen sich auf Christen (ca. 118.000, davon 80.000 Armenisch-Apostolisch, 11.000 Assyrer, 10.000 Lateiner, 7.000 Chaldäer und mehrere Tausend Protestanten), Baha'i (ca. 300.000), Zoroastrier (ca. 22.000), Juden (ca. 25.000) und Mandäer (ca. 5.000).
Christen, Juden und Zoroastrier werden durch Art. 13 der Verfassung ausdrücklich als religiöse Minderheiten anerkannt, die im gesetzlichen Rahmen ihre Religion frei ausüben sowie die religiöse Erziehung und das Personenstandsrecht selbständig regeln können. Art. 64 der Verfassung garantiert ihnen derzeit fu¿nf der insgesamt 290 Sitze im Parlament. Andere Religionsgemeinschaften, v.a. die Baha'i, sind in Iran nicht offiziell anerkannt und werden in der Ausübung ihres Glaubens stark beeinträchtigt und zum Teil auch im Alltagsleben diskriminiert und verfolgt.
Religionsfreiheit besteht in Iran nur in eingeschränktem Maße. Die wirtschaftliche, berufliche und soziale Diskriminierung religiöser Minderheiten zusammen mit der von einem Großteil der Betroffenen empfundenen wirtschaftlichen Perspektivlosigkeit führen zu einem unverändert starken Auswanderungsdruck dieser Gruppen. Diskriminierungen von Nichtmuslimen äußern sich u.a. darin, dass diese weder höhere Positionen in den Streitkräften (Art. 144 der Verfassung) einnehmen noch Richter werden können (Art. 163 der Verfassung i.V.m. dem Gesetz über die Wahl der Richter von 1983). Seit der Islamischen Revolution waren sämtliche Kabinettsmitglieder, Generalgouverneure, Botschafter und hochrangige Militärs sowie Polizeikommandeure ausschließlich schiitische Muslime. Art. 14 der Verfassung statuiert, dass Nichtmuslime "nach bester Sitte, mit Anstand und unter Wahrung islamischer Gerechtigkeit zu behandeln und ihre Menschenrechte zu achten sind". Dies gilt aber "nicht gegenüber jenen, die sich gegen den Islam und die Islamische Republik Iran verschwören und hiergegen handeln". Im Bereich des Strafrechts variieren die Strafen je nach Religionszugehörigkeit von Täter bzw. Opfer. Im Bereich des Zivilrechts besagt z.B. § 881a des islamischen Zivilgesetzbuches, dass Nichtmuslime nicht von Muslimen erben können. Ist dagegen der Erblasser ein Nichtmuslim und befindet sich an irgendeiner Stelle in der Erbfolge ein Muslim, so werden alle nichtmuslimischen Erben von der Erbfolge ausgeschlossen und der muslimische Erbe wird Alleinerbe. Diese Regelung kann jedoch durch Errichtung eines Testaments zum Teil umgangen werden. Stark eingeschränkt ist sowohl die freie Wahl als auch die freie Verbreitung des Glaubens. Konvertiten droht Verfolgung und Bestrafung. In Einzelfällen werden Gerichtsverfahren eingeleitet, Verurteilungen erfolgen allerdings oft nicht wegen Apostasie, sondern wegen Sicherheitsdelikten. Es gibt nach Erkenntnissen des Auswärtigen Amts allerdings auch Konvertiten, die unbehelligt eine der anerkannten Religionen ausüben. Die Konvertiten und die Gemeinden, denen sie angehören, stehen jedoch insofern unter Druck, als den Konvertiten hohe Strafen drohen und auch die Gemeinden mit Konsequenzen rechnen müssen (z.B. Schließung), wenn die Existenz von Konvertiten in der Gemeinde öffentlich bekannt wird. Zum anderen wird die "Ausübung" der Religion restriktiv ausgelegt und schließt jede missionierende Tätigkeit aus. Missionierende Angehörige auch von Buchreligionen werden verfolgt und hart bestraft, ihnen kann als "Mohareb" (vgl. Ziffer II. 1.1.) sogar eine Verurteilung zum Tode drohen.
Christen, die Angehörige der ethnischen Minderheiten sind (Armenier, Assyrer, Chaldäer), sind weitgehend in die Gesellschaft integriert. Soweit sie ihre Arbeit ausschließlich auf die Angehörigen der eigenen Gemeinden beschränken, werden sie nicht behindert oder verfolgt. Repressionen betreffen missionierende Christen, unabhängig davon, ob diese zuvor konvertiert sind. Nach Erkenntnissen des Auswärtigen Amts findet Missionierungsarbeit hauptsächlich durch evangelikale Freikirchen (z.B. die "Assembly of God"), sowie in weitaus geringerem Umfang durch die Assyrische und Armenisch-evangelische Kirche statt. Staatliche Maßnahmen (v.a. Verhaftungen, Einschüchterung) richteten sich hier bisher ganz überwiegend gezielt gegen die Kirchenführer und in der Öffentlichkeit besonders aktive Personen. Staatliche Repressionen gegen registrierte Kirchen haben in letzter Zeit zugenommen. Insbesondere Kirchen, die in persischer Sprache predigen stehen unter verstärkter Beobachtung. Der Gottesdienst der "Assembly-Gemeinde Teheran wurde Weihnachten 2011 von Sicherheitskräften aufgelöst, der Pastor festgenommen. Die offiziell registrierte Emmanuelgemeinde wird seit Februar 2012 verstärkt unter Druck gesetzt und mit dem Vorwurf konfrontiert, Muslime bekehrt zu haben. Der Gottesdienst musste von Freitag auf Sonntag verlegt werden und einzelne Mitglieder der Gemeinde wurden vorgeladen.
Am 22.02.2012 wurden in Isfahan Mitglieder der anglikanischen St. Paul Gemeinde verhaftet und ohne offizielle Anklage einige Zeit festgehalten. Unter besonderer Beobachtung stehen insbesondere auch hauskirchliche Vereinigungen. Regelmäßig werden Berichte über Auflösungen von häuslichen christlichen Versammlungen und gelegentlichen Festnahmen von Angehörigen einer Hauskirchengemeinde bekannt.
Verfolgung von Konvertiten und Missionaren erfolgt nicht strikt systematisch, sondern stichprobenartig, wenn z.B.von der Bevölkerung hauskirchliche Tätigkeiten oder private Versammlungen von Nachbarn gemeldet werden. Im Oktober 2010 soll der Pastor Yousef Nadarkhani der "Jesus Only" Bewegung wegen "Abfall vom Islam" (Apostasie) zum Tode verurteilt worden sein. Das gerichtliche Verfahren hat bereits mehrere Instanzen durchlaufen, ein endgültiges Urteil gibt es allerdings noch nicht. Nach heftigem, internationalem Protest wurde offiziell bekannt gegeben, dass der Pastor nicht wegen seines Übertritts zum Christentum vor Gericht stehe. Der Stand seines Verfahrens ist unklar. Hinrichtungen wegen Apostasie wurden allerdings seit 1990 nicht mehr vollstreckt."
Das Recherche-Ergebnis des Refugee Documentation Center von Irland hat in Bezug auf religiöse Verfolgung im Iran im Wesentlichen folgenden Inhalt:
"Während das Gesetz nicht ausdrücklich die Todesstrafe für den
Straftatbestand der Apostasie ("Abfall vom Glauben") vorsieht, haben
die Gerichte solche Strafen aufgrund ihrer Auslegung der religiösen
Fatwas (Islamisches Gutachten) verabreicht. Die Apostasie ist nicht
im vorherrschenden Strafgesetzbuch geregelt, sondern wird in Bezug
auf das traditionelle islamische Recht (Sharia) und der Auslegungen
durch religiöse Behörden geprüft. [.......]
Die Bestrafung für Konversion für einen männlichen Muslim ist -
sofern alle Kriterien erfüllt sind - die Todesstrafe. Wenn alle
Kriterien erfüllt sind, gibt es keine anderen Alternativen, das
heißt, dass der Richter die Todesstrafe nicht in eine
Freiheitsstrafe (für einen männlichen Konvertiten) umwandeln kann.
[.......]
Konvertiten der Apostasie anzuklagen scheint in letzter Zeit
häufiger vorzukommen. [.........]
Christen - vor allem von evangelikalen Denominationen und
Konvertiten (vom Islam zum Christentum), die mit der Todesstrafe
wegen Apostasie belegt werden können, obwohl diese keinen
Straftatbestand im kodifizierten iranischen Recht darstellt - sehen
sich mit einer zunehmenden (staatlichen) Verfolgung seit den letzten
Jahren konfrontiert, vor allem seit den kritisierten
Präsidentenwahlen 2009. [...........]
Trotz der relativ seltenen Hinrichtungen aufgrund des "Verbrechens
der Apostasie", sollte beachtet werden, dass Konvertiten - vom Islam
zu einer anderen Religion oder zum Atheismus - oft auf andere Weise
als Konsequenz des "Aufgebens des Islam" verfolgt werden, da sie
z. B. mit anderen Straftatbeständen (oft mit dem vagen Konzept der
"Störung der sittlichen Ordnung") angeklagt werden, wodurch das
Regime versucht, Minderheiten zu "terrorisieren" und ihre
Aktivitäten zu stören. [..........]"
Die Berichte über die Lage der Konvertiten und Christen im Iran decken sich im Ergebnis mit den vom Bundesasylamt im angefochtenen Bescheid angeführten Länderberichten. Es kann daher auch auf die Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid verwiesen werden.
3. Beweiswürdigung:
3.1. Die Identität der Beschwerdeführerin ist durch die Vorlage von unbedenklichen iranischen Personaldokumenten (Geburtsurkunden, Heiratsurkunde der Eltern) geklärt. Die zur Herkunft, familiären und persönlichen Verhältnissen getätigten Angaben der Eltern der Beschwerdeführerin sind gleichbleibend, plausibel und nachvollziehbar.
3.2. Die Eltern der Beschwerdeführerin haben im Beschwerdeverfahren ein glaubhaftes Asylvorbringen erstattet. Vor allem sind das dargelegte Interesse der Eltern für das Christentum, die Beteiligung an christlichen Veranstaltungen, die stattgefundene Taufvorbereitung, ein beachtliches Wissen über das Christentum und das Engagement in christlichen Gemeinschaften nicht zu widerlegen. Die Eltern der Beschwerdeführerin halten regelmäßigen persönlichen Kontakt zu anderen Mitgliedern der Kirchengemeinde. Sie hinterließen in der Beschwerdeverhandlung einen glaubwürdigen und überzeugenden Eindruck, der durch die zeugenschaftliche Aussage der Pfarrerin der XXXX Gemeinde in XXXX gestützt wird. Die bereits erfolgte Taufe ergibt sich aus der vorgelegten Taufbestätigung.
3.3. Die zum Iran getroffenen Länderfeststellungen beruhen auf verschiedenen Quellen, bei denen es sich zum Teil um staatliche bzw. staatsnahe Institutionen handelt, die zur Objektivität und Unparteilichkeit verpflichtet sind. Angesichts der Seriosität der im Verfahren herangezogenen Quellen und der Plausibilität dieser Aussagen besteht daher kein Grund, an deren Richtigkeit zu zweifeln.
4. Rechtliche Beurteilung
4.1. Gemäß § 61 AsylG 2005 idgF entscheidet der Asylgerichtshof über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes.
4.2. Gemäß § 23 Absatz 1 des Bundesgesetzes über den Asylgerichtshof, BGBl. I, Nr. 4/2008 (Asylgerichtshofgesetz - AsylGHG) idF BGBL. I Nr. 147/2008, sind, soweit sich aus dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt, weshalb im gegenständlichen Fall im hier ersichtlichen Umfang das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr.51 zur Anwendung gelangt.
4.3. Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
4.4. Gem. § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits im Herkunftsstaat bestanden hat.
§ 34 Abs. 1 AsylG lautet:
"Stellt ein Familienangehöriger ( § 2 Z 22) von
1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;
2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder
3. einem Asylwerber
einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes."
Gemäß § 34 Abs 4 AsylG hat die Behörde Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid.
5. Status des Asylberechtigten:
5.1. Flüchtling i.S.d. Asylgesetzes ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
5.2. Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist die "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung".
Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. zB. VwGH E vom 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; VwGH E vom 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; VwGH E vom 25.1.2001, Zl. 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht. (VwGH E vom 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; VwGH E vom 25.1.2001, Zl. 2001/20/0011).
Für eine "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind; sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind (VwGH E vom 26.2.1997, Zl. 95/01/0454, VwGH E vom 09.04.1997, Zl. 95/01/055), denn die Verfolgungsgefahr - Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung - bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse (vgl. VwGH E 18.4.1996, 95/20/0239; VwGH E vom 16.02.2000, Zl. 99/01/0397), sondern erfordert eine Prognose. Verfolgungshandlungen die in der Vergangenheit gesetzt worden sind, können im Rahmen dieser Prognose ein wesentliches Indiz für eine Verfolgungsgefahr sein (vgl. VwGH E vom 09.03.1999, Zl. 98/01/0318).
5.3. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH E vom 09.09.1993, Zl. 93/01/0284; VwGH E vom 15.03.2001, Zl. 99/20/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (VwGH E vom 16.06.1994, Zl. 94/19/0183, VwGH E vom 18.02.1999, Zl. 98/20/0468).
5.4. Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH vom 19.10.2000, Zl. 98/20/0233).
5.5. Eine Verfolgung, d.h. ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen, kann weiters nur dann asylrelevant sein, wenn sie aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen (Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung) erfolgt, und zwar sowohl bei einer unmittelbar von staatlichen Organen ausgehenden Verfolgung als auch bei einer solchen, die von Privatpersonen ausgeht (VwGH 27.01.2000, Zl. 99/20/0519, VwGH 22.03.2000, Zl. 99/01/0256, VwGH 04.05.2000, Zl. 99/20/0177, VwGH 08.06.2000, Zl. 99/20/0203, VwGH 21.09.2000, Zl. 2000/20/0291, VwGH 07.09.2000, Zl. 2000/01/0153, u.a.).
5.6. Wie aus dem festgestellten Sachverhalt und der Beweiswürdigung ersichtlich, ergibt sich aus dem Vorbringen der Eltern der Beschwerdeführerin eine Gefährdung im Sinne der GFK und wurden für die Beschwerdeführerin keine eigenen Asylgründe geltend gemacht.
5.7. Der minderjährigen Beschwerdeführerin ist daher aus dem Titel des Familienzusammenhangs Asyl zu gewähren, da auch ihren Eltern und dem Bruder Asyl zu gewähren war. Der Beschwerde war somit stattzugeben.