TE Vwgh Erkenntnis 2013/8/20 2012/22/0027

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Veröffentlicht am 20.08.2013
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

NAG 2005 §11 Abs2 Z4;
NAG 2005 §11 Abs5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger, die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober und den Hofrat Dr. Mayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde der L, vertreten durch Mag. Christine Dietz, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Sterngasse 13, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 25. Oktober 2011, Zl. 320.078/12- III/4/11, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin, einer serbischen Staatsangehörigen, vom 4. März 2010 auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - beschränkt" gemäß § 11 Abs. 2 Z 4 und Abs. 5 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ab.

Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, dass die Beschwerdeführerin die Familienzusammenführung mit ihrem am 14. Dezember 1931 geborenen und in Österreich aufhältigen Ehemann begehre, der über einen unbefristeten Aufenthaltstitel verfüge und den sie 2007 in Serbien geheiratet habe. Der Antrag der Beschwerdeführerin sei nach Inkrafttreten des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2011 als Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" zu werten.

§ 11 Abs. 2 Z 4 NAG lege fest, dass Aufenthaltstitel einem Fremden nur erteilt werden dürften, wenn sein Aufenthalt zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte. Die Höhe der vom Antragsteller nachzuweisenden Unterhaltsmittel richte sich nach den Richtsätzen des § 293 ASVG und betrage im Jahr 2011 für ein im gemeinsamen Haushalt lebendes Ehepaar EUR 1.189,56. Der Ehemann der Beschwerdeführerin beziehe jedoch lediglich eine Pension inklusive von Sonderzahlungen von EUR 825,79 monatlich.

Mit Schreiben vom 22. September 2011 sei die Beschwerdeführerin aufgefordert worden, einen aktuellen Einkommensnachweis ihres Ehemannes vorzulegen, die monatlichen Mietkosten bekanntzugeben, allenfalls einen arbeitsrechtlichen Vorvertrag vorzulegen und besonders berücksichtigungswürdige Umstände darzustellen. Die Beschwerdeführerin habe lediglich eine Bestätigung der Pensionsversicherungsanstalt über einen Pensionsbezug ihres Ehemannes von netto EUR 715,39 monatlich und den Einzahlungsbeleg für die Miete in Höhe von EUR 220,60 vorgelegt. Der Ehemann der Beschwerdeführerin verfüge über ein monatliches Nettoeinkommen von EUR 834,62 (offensichtlich unter Einrechnung der Sonderzahlungen). Somit sei es sehr wahrscheinlich, dass der Aufenthalt der Beschwerdeführerin in Österreich zur finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen würde.

In Serbien lebe eine minderjährige Tochter der Beschwerdeführerin. Durch den Aufenthalt des Ehemannes der Beschwerdeführerin bestünden familiäre Bindungen in Österreich. Diese Ehe allein könne nicht als gewichtiger Grund angesehen werden, der die Erteilung eines Aufenthaltstitels im Sinne des Art. 8 EMRK geboten erscheinen lasse. Einem geordneten Zuwanderungswesen komme eine hohe Bedeutung zu, weshalb es von besonderer Wichtigkeit sei, dass die diesbezüglichen Rechtsnormen eingehalten würden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Aktenvorlage seitens der belangten Behörde erwogen:

Eingangs ist festzuhalten, dass angesichts der Zustellung des angefochtenen Bescheides im Oktober 2011 die Bestimmungen des NAG in der Fassung BGBl. I Nr. 38/2011 maßgeblich sind.

Gemäß § 11 Abs. 2 Z 4 NAG dürfen Aufenthaltstitel einem Fremden nur erteilt werden, wenn sein Aufenthalt zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte.

§ 11 Abs. 5 NAG lautet:

"Der Aufenthalt eines Fremden führt zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (Abs. 2 Z 4), wenn der Fremde feste und regelmäßige eigene Einkünfte hat, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, entsprechen. Feste und regelmäßige eigene Einkünfte werden durch regelmäßige Aufwendungen geschmälert, insbesondere durch Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen. Dabei bleibt einmalig ein Betrag bis zu der in § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG festgelegten Höhe unberücksichtigt und führt zu keiner Erhöhung der notwendigen Einkünfte im Sinne des ersten Satzes. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche (§ 2 Abs. 4 Z 3) oder durch eine Haftungserklärung oder Patenschaftserklärung (Abs. 2 Z 15 oder 18), ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nur der das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, übersteigende Einkommensteil zu berücksichtigen. In Verfahren bei Erstanträgen sind soziale Leistungen nicht zu berücksichtigen, auf die ein Anspruch erst durch Erteilung des Aufenthaltstitels entstehen würde, insbesondere Sozialhilfeleistungen oder die Ausgleichszulage."

Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut darf im Verfahren über einen Erstantrag, der hier vorliegt, die Ausgleichszulage, die dem Ehemann der Beschwerdeführerin erst dann zustünde, wenn er nach stattgefundenem Familiennachzug mit seiner Ehefrau in einem gemeinsamen Haushalt lebt, bei der Berechnung des verfügbaren Einkommens nicht berücksichtigt werden. Unbestritten liegt das derzeitige Einkommen des Ehemannes der Beschwerdeführerin unter dem Betrag, der dem Richtsatz für ein im gemeinsamen Haushalt lebendes Ehepaar entspricht. Somit ist die allgemeine Erteilungsvoraussetzung eines ausreichenden Unterhalts nicht erfüllt.

Zu Unrecht rügt die Beschwerdeführerin, die belangte Behörde habe es wie auch die erste Instanz unterlassen, die Beschwerdeführerin aufzufordern, entsprechende Angaben über allfälliges Vermögen zu machen. Da der Antrag der Beschwerdeführerin schon in erster Instanz wegen Fehlens des Unterhalts abgewiesen wurde, konnte sie durch die entsprechende Rechtsansicht der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid nicht überrascht werden. Da sich die Anleitungspflicht des § 13a AVG nicht auf inhaltliche Voraussetzungen für eine Antragsstattgebung erstreckt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. September 2010, 2009/22/0039), war die belangte Behörde nicht gehalten, die Beschwerdeführerin zur Bekanntgabe eines allfälligen Vermögens aufzufordern.

Gemäß § 11 Abs. 3 NAG kann ein Aufenthaltstitel trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses gemäß § 11 Abs. 1 Z 3, 5 oder 6 sowie trotz Ermangelung einer Voraussetzung gemäß § 11 Abs. 2 Z 1 bis 6 NAG erteilt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist.

Diesbezüglich verwies die belangte Behörde zu Recht auf das große öffentliche Interesse, das der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung zukommt. Demgegenüber vermag die Beschwerdeführerin ihre im Jahr 2007 geschlossene Ehe mit einem serbischen Staatsbürger ins Treffen zu führen, der über einen unbefristeten Aufenthaltstitel für Österreich verfügt. Dies allein reicht jedoch nicht aus, um das persönliche Interesse der Beschwerdeführerin über das genannte öffentliche Interesse stellen zu können. Zur Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK enthält die Berufung der Beschwerdeführerin vom 31. März 2010 gegen den erstinstanzlichen Bescheid lediglich den allgemeinen und nicht weiter konkretisierten Hinweis, die Niederlassungsbewilligung sei zur Aufrechterhaltung des Privat- oder Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten. Im ergänzenden Schreiben vom 24. August 2010 führte die Beschwerdeführerin lediglich aus, dass ihr Ehemann als österreichischer Pensionist versichert und sie selbst mitversichert sei. Lediglich in einer Erklärung vom 25. Juli 2007 hatte der Ehemann der Beschwerdeführerin ausgeführt, dass ein Visum für seine Ehefrau erforderlich sei, um ihn zu pflegen, weil er herzkrank sei. Ein entsprechendes Vorbringen wurde in der Folge nicht mehr erstattet. Auch die Beschwerde enthält dazu lediglich einen Hinweis auf das "hohe Alter" des Ehemannes der Beschwerdeführerin, demzufolge eine gemeinsame Haushaltsführung von besonderer Wichtigkeit sei. Allein daraus vermag der Gerichtshof keine Bedenken gegen das Ergebnis der von der belangten Behörde vorgenommenen Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK abzuleiten.

Da dem angefochtenen Bescheid somit die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der beantragten Durchführung einer Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG Abstand genommen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 20. August 2013

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2013:2012220027.X00

Im RIS seit

17.09.2013

Zuletzt aktualisiert am

24.10.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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