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66/01 Allgemeines SozialversicherungsgesetzNorm
B-VG Art144 Abs1 / AnlassfallLeitsatz
Aufhebung der angefochtenen Bescheide in AnlassfällenSpruch
I. Die beschwerdeführenden Parteien sind durch die angefochtenen Bescheide wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden.
Die Bescheide werden aufgehoben.
II. Der Bund (Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz) ist schuldig, jeder der beschwerdeführenden Parteien zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit jeweils € 2.620,- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe
1. Die zu B607/12, B825/12 und B940/12 protokollierten Beschwerden richten sich jeweils gegen einen zweit- und gleichzeitig letztinstanzlichen Bescheid, mit dem die Landeshauptleute von Wien und Salzburg einen Feststellungsbescheid der Pensionsversicherungsanstalt über die die beschwerdeführenden Parteien treffenden Verpflichtungen zur Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung einer vorzeitigen Alterspension bei langer Versicherungsdauer gemäß §607 Abs12 ASVG zum jeweiligen Stichtag bestätigen. Diese Stichtage liegen am 1. März 2011 (B825/12) bzw. am 1. Mai 2011 (B607/12 und B940/12). Für alle beschwerdeführenden Parteien wird mit den angefochtenen Bescheiden festgestellt, dass sie zur Erfüllung der Voraussetzungen für den Antritt einer vorzeitigen Alterspension bei langer Versicherungsdauer gemäß §607 Abs12 ASVG Beiträge für die Anrechnung von Ersatzmonaten gemäß §107 Abs1 Z1 BSVG (Zeiten einer selbständigen Erwerbstätigkeit oder Beschäftigung vor Wirksamkeit des BSVG) als Beitragsmonate zu entrichten haben.
2. Aus Anlass dieser Beschwerden leitete der Verfassungsgerichtshof gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Wortfolge ", wenn für sie ein Beitrag in der Höhe von 22,8% der dreißigfachen Mindestbeitragsgrundlage nach §76a Abs3 je Ersatzmonat unter sinngemäßer Anwendung des §227 Abs4 entrichtet wird", in §607 Abs12 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl Nr 189/1955 idF des Budgetbegleitgesetzes 2011, BGBl I Nr 111/2010, ein. Mit Erkenntnis vom 25. Juni 2013, G3-9/2013-15, G50/2013-10, stellte der Verfassungsgerichtshof fest, dass die Wortfolge ", wenn für sie ein Beitrag in der Höhe von 22,8% der dreißigfachen Mindestbeitragsgrundlage nach §76a Abs3 je Ersatzmonat unter sinngemäßer Anwendung des §227 Abs4 entrichtet wird", in §607 Abs12 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl Nr 189/1955 idF des Budgetbegleitgesetzes 2011, BGBl I Nr 111/2010, bis einschließlich 1. Juli 2011 verfassungswidrig war.
3. Die Beschwerden sind begründet.
Die belangte Behörde hat eine verfassungswidrige Gesetzesbestimmung angewendet. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, dass ihre Anwendung für die Rechtsstellung der beschwerdeführenden Parteien nachteilig war.
Die beschwerdeführenden Parteien wurden also durch die angefochtenen Bescheide wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in ihren Rechten verletzt .
Die Bescheide sind daher aufzuheben.
4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 400,– sowie eine Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in der Höhe von € 220,– enthalten.
Schlagworte
VfGH / AnlassfallEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2013:B607.2012Zuletzt aktualisiert am
01.08.2013