TE Vwgh Erkenntnis 2013/8/29 2013/16/0126

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Veröffentlicht am 29.08.2013
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
32/07 Stempelgebühren Rechtsgebühren Stempelmarken;

Norm

ABGB §936;
GebG 1957 §33 TP5 Abs3;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Mairinger und Mag. Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde der M GmbH in W, vertreten durch Dr. Markus Andreewitch, Dr. A. Nicholas Simon und Mag. Gerald Steiner, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Stallburggasse 4, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 2. Mai 2013, Zl. RV/0402-W/12, betreffend Rechtsgebühr, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerde und dem dieser in Ablichtung angeschlossenen angefochtenen Bescheid ist Folgendes zu entnehmen:

Die beschwerdeführende Gesellschaft m.b.H.

(Beschwerdeführerin) schloss am 9. Juni 2011 einen Mietvertrag,

dessen Punkt 3 "Mietdauer" wie folgt lautet :

"3) Mietdauer

A) Dieser Mietvertrag beginnt am 01.02.2012 und endet vorbehaltlich nachstehender Ziffer 3B am 31.01.2017, ohne dass es einer gesonderten Aufkündigung bedarf.

B) Die Mieterin hat das Recht, die Mietdauer zu den Bedingungen dieses Vertrages dreimal um je fünf Jahre zu verlängern (Optionen). Diese Optionen treten jeweils stillschweigend in Kraft, wenn der Mieter spätestens sechs Monate vor Ablauf der Mietdauer keine gegenteilige schriftliche Erklärung abgibt.

C) Für die Dauer der nachstehend vereinbarten Vertragslaufzeiten einschließlich der Optionen ist ein ordentliches Kündigungsrecht der Vertragsparteien ausgeschlossen.

D) Die Vermieterin kann ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist

und Kündigungstermin, jedoch nach vorhergehender eingeschriebener

schriftlicher Abmahnung der Mieterin, ... den Mietvertrag mit

sofortiger Wirkung auflösen, wenn

     a) die Mieterin mit mindestens einer Monatsmiete ... in

Zahlungsverzug ist,

     b) trotz Abmahnung und Setzen einer Nachfrist ... einen

erheblich nachteiligen Gebrauch macht, ...

c) über das Vermögen der Mieterin ein Insolvenzverfahren eröffnet wird oder dessen Eröffnung mangels kostendeckenden Vermögens abgewiesen wurde.

E) ..."

Mit dem angefochtenen Bescheid setzte die belangte Behörde im Instanzenzug für diesen Mietvertrag eine Rechtsgebühr nach § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG fest und legte als Bemessungsgrundlage das 18-fache des Jahresentgeltes zugrunde.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher sich die Beschwerdeführerin im Recht verletzt erachtet, dass nur eine Rechtsgeschäftsgebühr unter Zugrundelegung des 8-fachen Jahresentgeltes festgesetzt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:

Gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 des Gebührengesetzes 1957 (GebG) unterliegen Bestandverträge einer Rechtsgebühr in Höhe von 1 vH nach dem Wert.

Bei unbestimmter Vertragsdauer sind die wiederkehrenden Leistungen gemäß § 33 TP 5 Abs. 3 leg. cit. mit dem 3-fachen des Jahreswertes zu bewerten, bei bestimmter Vertragsdauer mit dem dieser Vertragsdauer entsprechend vervielfachten Jahreswert, höchstens jedoch dem 18-fachen des Jahreswertes. Ist die Vertragsdauer bestimmt, aber der Vorbehalt des Rechtes einer früheren Aufkündigung gemacht, so bleibt dieser Vorbehalt für die Gebührenermittlung außer Betracht.

Gemäß § 26 GebG gelten für die Bewertung der gebührenpflichtigen Gegenstände, insoweit nicht in den Tarifbestimmungen abweichende Bestimmungen betroffen sind, die Vorschriften des Bewertungsgesetzes mit der Maßgabe, dass bedingte Leistungen und Lasten als unbedingte, betagte Leistungen und Lasten als sofort fällige zu behandeln sind und dass bei wiederkehrenden Leistungen die Anwendung der Bestimmung des § 15 Abs. 1 über den Abzug der Zwischenzinsen unter Berücksichtigung von Zinseszinsen und des § 16 Abs. 3 des Bewertungsgesetzes ausgeschlossen ist.

Die belangte Behörde gelangte zum 18-fachen des Jahresentgeltes dadurch, dass sie einer (ursprünglichen) Vertragsdauer von fünf Jahren eine durch dreimal ausübbare Option um je fünf Jahre verlängerte Vertragsdauer, somit eine Gesamtvertragsdauer von 20 Jahren zugrunde legte.

Die Beschwerdeführerin vertritt demgegenüber die Ansicht, es liege nach der ursprünglichen Vertragsdauer von fünf Jahren ein Vertrag auf unbestimmte Dauer vor, weil es sich nicht "um zwei gesonderte Verträge mit gesonderten Willensentschlüssen handle, sondern im Rahmen eines einzigen Vertrages mit zwei unterschiedlichen Komponenten der Vertragsdauer." Davon ausgehend hätte die belangte Behörde als Bemessungsgrundlage den 8- fachen Jahresbetrag (fünf Jahre für den ursprünglichen Vertragszeitraum und drei Jahre für den sich daran anschließenden Vertragszeitraum auf unbestimmte Zeit) der Gebührenbemessung zugrunde legen müssen.

Unter einer Option ist ein vertraglich eingeräumtes Gestaltungsrecht zu verstehen, das einer Partei, dem Optionsberechtigten, das Recht einräumt, durch einseitige Erklärung ein inhaltlich vorausbestimmtes Schuldverhältnis in Geltung zu setzen. Anders als der keiner Rechtsgebühr unterliegende Vorvertrag verleiht die Option nicht bloß ein Recht auf Abschluss des Hauptvertrages, sondern begründet ihre Ausübung schon unmittelbar die vertraglichen Pflichten. Im Optionsvertrag wird bereits Konsens über den Inhalt des künftigen Vertrages erzielt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Juni 2010, 2010/16/0053, mwN).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bedeutet eine Vertragsverlängerungsoption nichts anderes als die Beifügung einer Potestativbedingung, bei deren Eintritt sich die Geltungsdauer eines Vertrages verlängert (vgl. das erwähnte hg. Erkenntnis vom 24. Juni 2010, mwN).

Die Beifügung einer solchen Potestativbedingung bedeutet somit, dass die Gebühr von dem Entgelt zu entrichten ist, das auf die Summe der ursprünglich vereinbarten Zeit und der vom Optionsrecht umfassten Verlängerungszeiten entfällt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Jänner 1994, 93/16/0159, VwSlg 6.858/F).

Damit ist im Beschwerdefall aber die belangte Behörde rechtens von einer Gesamtvertragsdauer von 20 Jahren und nach § 33 TP 5 Abs. 3 GebG von einem 18-fachen des Jahresentgelts ausgegangen.

Die von der Beschwerdeführerin unter Hinweis auf die zitierten hg. Erkenntnisse gesehenen zwei Komponenten einer Vertragsdauer auf bestimmte Zeit und einer anschließenden Vertragsdauer auf unbestimmte Zeit liegen im Beschwerdefall nicht vor. Den zitierten Erkenntnissen lagen anders gestaltete Sachverhalte zugrunde. Beim hg. Erkenntnis vom 19. Jänner 1994 verlängerte sich der Vertrag nach einer durch zweimalige Option vereinbarten Gesamtvertragsdauer nach Ablauf der optierten Mietzeit jeweils um ein Jahr, falls er nicht unter Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt wurde. Diese Vertragsverlängerung nach Ablauf der vereinbarten optierten Vertragszeit sah der Verwaltungsgerichtshof als eine Komponente eines Vertrages auf unbestimmte Zeit. Die Annahme einer durch Option verlängerten Gesamtvetragsdauer (als "eine Komponente") entspricht völlig dem vorliegenden Beschwerdefall.

Da somit der Inhalt der Beschwerde bereits erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.

Damit erübrigt sich ein Abspruch des Berichters (§ 14 VwGG) über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 29. August 2013

Schlagworte

Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7Rechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2013:2013160126.X00

Im RIS seit

24.09.2013

Zuletzt aktualisiert am

11.04.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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