TE Vwgh Erkenntnis 2000/11/15 2000/01/0105

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Veröffentlicht am 15.11.2000
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1968 §8;
AsylG 1997 §7;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
FrG 1997 §57;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Pelant als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des BT in W, geboren am 21. März 1973, vertreten durch Dr. Gerald Göbel, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Weihburggasse 9, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 16. Dezember 1999, Zl. 206.570/0-XII/36/98, betreffend Asylgewährung und Feststellung gemäß § 8 Asylgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, nach seinem Vorbringen ein Staatsangehöriger des Sudan, der am 6. Oktober 1998 in das Bundesgebiet eingereist ist, beantragte am 7. Oktober 1998 die Gewährung von Asyl. Er wurde am 12. Oktober 1998 niederschriftlich einvernommen.

Die Behörde erster Instanz gab sein damaliges Vorbringen in ihrem den Asylantrag abweisenden Bescheid vom 16. November 1998 folgendermaßen wieder.

"Ich habe am 03.09.1998 mein Heimatdorf 'Awu' verlassen. Dieses Dorf liegt im Süd-Sudan, in der Nähe von Uganda. Die nächstgrößte Stadt ist Juba. Da die Straßen sehr schlecht sind, dauert es drei bis vier Stunden bis man mit dem Auto nach Juba kommt. Awu liegt südöstlich von Juba.

Nachdem ich also Awu verlassen hatte, wurde ich von Regierungstruppen in Khartum ins Gefängnis 'gesteckt'. Die Fahrt von Awu nach Khartum hat lange Zeit gedauert. Wir haben Awu um 13.00 Uhr verlassen und sind am nächsten Tag zwischen 16.00 und 17.00 Uhr in Khartum angekommen. Ich musste anschließend drei Tage im Gefängnis verbringen, bis ich dort zufällig einen Bekannten aus meinem Heimatdorf traf. Dieser Mann, ich nenne ihn 'Ab', hat im Gefängnis gearbeitet. Man hat mir vier Tage lang nichts zu Essen gegeben. 'Ab' hat gemeint, ich solle mich tot stellen und würde auf diese Weise aus dem Gefängnis geschafft werden. 'Ab' musste zusätzlich die Wachen bestechen. Das Geld hatte er von einem Priester, der im Gefängnis gearbeitet hat. Ich war in Lebensgefahr, da man mir angedroht hat, mich zu ermorden, wenn ich nicht binnen sieben Tagen zum Islam konvertieren würde.

Ein Freund von 'Ab' hat vor dem Gefängnis auf mich gewartet und mich mit einem Auto zum Hafen Port Sudan gebracht. Wir sind um 01.00 Uhr von Khartum losgefahren und um 12.00 Uhr beim Hafen angekommen. Zwischendurch haben wir eine Pause von ein bis zwei Stunden eingelegt. Ich wurde dann auf einem Frachtschiff versteckt. Wie lange ich unterwegs gewesen bin, kann ich nicht angeben. Ich weiß nur, dass ich vier Tage im Gefängnis gewesen bin und einen Tag vor meiner Ankunft in Österreich das Schiff verlassen habe. Beim Verlassen des Schiffes hatte ich keinerlei Probleme. Ich bin in der Nacht in einen LKW eingestiegen und um 15.00 Uhr in Wien angekommen. Mehr kann ich zu meinem Fluchtweg nicht angeben.

Auf die Frage, wo sich mein Reisepass oder andere Dokumente befinden, anhand derer ich meine Identität nachweisen kann, gebe ich an, dass ich noch nie ein Dokument besessen habe und auch kein sudanesisches Dokument beschreiben kann.

Befragt, ob ich den LKW oder den letzten Schlepper beschreiben kann, gebe ich an, dass ich mich an den LKW nicht erinnern kann. Der Schlepper ist ein weißer Mann, namens 'Mullah', gewesen. Beschreiben kann ich ihn nicht.

Entsprechend befragt, gebe ich an, dass ich für meine Flucht nichts bezahlt habe. Weil mir so kalt war, hat mir der LKW-Fahrer eine Lederjacke geschenkt.

Nach meinem Zielland befragt, gebe ich an, dass ich keines hatte.

Auf die Frage, weshalb ich nicht in einem der Durchreisestaaten, z.B. im Hafen, in dem ich angekommen bin, um Asyl angesucht habe, gebe ich an, dass ich gedacht habe, dass mich der LKW-Fahrer sowieso nur in die nächste Stadt bringt. Dort wollte ich um Asyl ansuchen. Ich habe ja nicht gewusst, dass er mich gleich nach Österreich bringt.

Befragt, ob ich angeben kann, durch welche Länder ich gereist bin, gebe ich an, dass ich nicht weiß, durch welche Länder ich gefahren bin.

Mir wird vorgehalten, dass sämtliche Angaben zu meinem Fluchtweg völlig unglaubwürdig sind. Vom Süd-Sudan (Juba) muss man

1.700 km zurücklegen um nach Khartum zu gelangen. Bei dem schlechten Zustand der Straßen im Sudan ist es unmöglich, diese Strecke in 27 Stunden zu bewältigen. Weiters beträgt die Entfernung von Khartum bis Port-Sudan über 780 km. Es ist aus den zuvor genannten Gründen unmöglich, diese Strecke in neun bis zehn Stunden zurückzulegen. Dazu gebe ich an, dass es sein kann, dass ich vergessen habe zu erwähnen, dass die Soldaten auf der Fahrt von Awu nach Khartum einige Pausen eingelegt haben.

Mir wird nochmals vorgehalten, dass ich bei meinen Angaben zum Fluchtweg eine zu kurze Zeitspanne genannt habe und dass es unglaubwürdig ist, nichts für meine Flucht bezahlt zu haben und dass mir der Schlepper nicht nur Geld, sondern auch eine neuwertige Lederjacke geschenkt haben soll. Dies widerspricht allen Erfahrungen der erkennenden Behörde. Hiezu gebe ich an, dass vielleicht der Mann auf dem Schiff etwas für mich bezahlt hat.

Auf die Frage, weshalb ich die zuletzt gestellte Frage der Einvernahmeleiterin verstanden habe, bevor sie mir übersetzt worden ist bzw. ob ich Deutsch spreche, gebe ich an, dass ich nicht Deutsch spreche.

Auf Vorhalt, dass es unglaubwürdig ist, dass ich weder Durchreisestaaten nennen noch Schlepper oder Fluchtauto beschreiben kann, und sich dem Bundesasylamt der Eindruck aufdrängt, dass ich meinen Fluchtweg bewusst verschleiern möchte, gebe ich an, dass ich Angst gehabt und deswegen nicht auf solche Dinge geachtet habe.

Befragt, ob ich vor der Einvernahmeleiterin oder der Dolmetscherin Angst habe, gebe ich an, dass ich keine Angst habe.

Auf die Frage, ob ich die Fahne des Sudan beschreiben kann, gebe ich an, dass sie von oben nach unten rot, weiß, schwarz quer gestreift ist und an der linken Seite ein grünes Dreieck ist.

Befragt, wann der Nationalfeiertag im Sudan ist, gebe ich an, am 01.01.1956.

Gefragt, weshalb mein Vater den typisch moslemischen Namen 'Yusufu' hat, gebe ich an, dass mein Großvater ein Moslem gewesen und mein Vater schon sehr alt ist.

Entsprechend befragt, gebe ich an, dass die Währungseinheiten des Sudan Pfund, Dinar, Quirsh und Piaster sind.

Befragt, ob es in der Währungseinheit Piaster Banknoten und Münzen gibt, gebe ich an, dass es keine Banknoten gibt, sondern nur Münzen.

Mir wird vorgehalten, dass diese Antwort falsch ist, da es auch Piaster Banknoten gibt. Entsprechend befragt, gebe ich an, dass ich das nicht gewusst habe, weil ich nicht viel mit Geld zu tun habe.

Auf die Frage, ob ich die Piaster Münzen beschreiben kann, gebe ich an, dass es 1, 5, 10 und 20 Piaster gibt.

Vorgehalten, dass diese Antwort ebenfalls falsch ist, da es keine 1 und 10 Piaster Münzen gibt, ich ferner vergessen habe, die 2 und 3 Piaster Münzen zu erwähnen, gebe ich an, dass ich mich schon einmal irren kann, da ich die meiste Zeit auf dem Feld gearbeitet habe.

Befragt, ob es Pfund Banknoten und Münzen gibt, gebe ich an, dass es keine Pfund-Münzen gibt. Außerdem gibt es nur Pfund 100,-- Banknoten, andere gibt es nicht.

Auf den Vorhalt, dass auch diese Antwort falsch ist, da es sowohl Münzen als auch Banknoten mit anderem Wert gibt, gebe ich an, dass ich selten eingekauft habe.

Entsprechend befragt, gebe ich an, dass auf der 100 Pfund Banknote eine Frau abgebildet ist.

Mir wird vorgehalten, dass auf der 100 Pfund Banknote keine Frau abgebildet ist. Hiezu gebe ich an, dass es sein kann, dass doch keine Frau, sondern andere Personen darauf abgebildet sind.

Mir wird vorgehalten, dass dies ebenfalls unrichtig ist, da keine Personen darauf abgebildet sind.

Befragt, ob es auf der 100 Pfund Note auch Schriftzeichen gibt und in welcher Schrift diese abgebildet sind, gebe ich an, dass es arabische Schriftzeichen sind.

Vorgehalten, dass diese Antwort nicht richtig ist, gebe ich an, dass ich mir aber sicher bin, dass ich Recht habe.

Gefragt, ob ich die Nachbarstaaten des Sudan aufzählen kann, gebe ich an, Uganda, Kenya, Ägypten, Äthiopien, Zaire und Kongo.

Mir wird vorgehalten, dass ich nicht alle Nachbarstaaten aufgezählt habe. Dazu gebe ich an, dass ich nicht lange in die Schule gegangen bin.

Auf die Frage, ob ich mir jemals im Sudan Brot gekauft habe, gebe ich an, dass ich mir Brot gekauft habe.

Befragt, wie viel ein kleiner bzw. ein großer Laib Brot kostet, gebe ich an, dass ein kleiner Laib Dinar 10,-- bis 20,--, ein großer Laib Dinar 25,-- kostet.

Entsprechend befragt, gebe ich an, dass Dinar 100,-- einem Pfund entsprechen.

Vorgehalten, dass diese Preisangaben völlig falsch sind und dass ein kleiner Laib Brot im 2. Halbjahr 1997 zwischen Pfund 70,--

und 300,-- gekostet hat, wobei man bedenken muss, dass es im ersten Halbjahr 1998 eine Inflation von ca. 25 % gegeben hat, gebe ich an, dass ich Ihnen ja einen Preis vom Vorjahr genannt habe.

Auf den Vorhalt, dass, selbst wenn man bedenkt, dass im Jahr 1996 die Inflation 160 % und im Jahr 1997 50 % betragen hat, dies noch lange nicht diesen eklatanten Widerspruch von Dinar 20,--

zu Pfund 70,-- erklärt, gebe ich an, dass ich nicht gesagt, habe, dass ich heuer, sondern dass ich vor längerer Zeit Brot gekauft habe.

Befragt, ob ich Städte in der Umgebung meines Dorfes nennen kann, gebe ich an, dass ich Juba kenne. Die Stadt Wau liegt nordöstlich von Juba. Außerdem kenn ich Nyala und Jonglei.

Mir wird vorgehalten, dass die Stadt Wau nordwestlich von Juba liegt. Die anderen beiden Orte, sowie mein Heimatdorf, scheinen auf keiner Planskizze des Bundesasylamtes auf. Befragt, was ich hiezu sage, gebe ich an, dass ich aus dem Sudan komme und zwar aus dem Dort Awu.

Entsprechend befragt, gebe ich an, dass ich nicht weiß, in welchem Bezirk bzw. welcher Gegend Awu liegt.

Gefragt, ob ich irgendeinen Fluss im Sudan nennen kann, gebe ich an, dass ich es nicht kann. Ich war nie an einem Fluss.

Auf den Vorhalt, dass das Bundesasylamt bezweifelt, dass ich aus dem Sudan stamme, da meine diesbezüglichen Angaben nicht mit den Informationen der erkennenden Behörde übereinstimmen, gebe ich an: 'Warum sollte ich lügen?'"

Zu seinem Fluchtgrund befragt, gab der Beschwerdeführer - gemäß dem Bescheid des Bundesasylamtes - Folgendes an:

"Ich bin aus meinem Heimatland geflüchtet, weil mich die Moslems bekehren wollten. Am 03.09.1998 hat in Awu eine Prozession stattgefunden. Auf einmal sind viele Moslems gekommen. Es waren Soldaten. Sie haben sofort das Feuer eröffnet und einen meiner Freunde erschossen. Es hat mehrere Tote gegeben. Die Soldaten haben mich gefangen genommen und nach Khartum ins Gefängnis gebracht. Zuvor haben Sie alles in Brand gesteckt. Im Gefängnis hat man mir gesagt, dass ich sieben Tage Zeit habe, Moslem zu werden. Ansonsten würde man mich töten.

Entsprechend befragt, gebe ich an, dass ich sonst keinen konkreten Verfolgungen aus politischen, rassischen oder anderen Gründen ausgesetzt gewesen bin und auch nie Probleme mit den Behörden meines Landes gehabt habe.

Befragt, ob ich jemals in Haft gewesen oder festgenommen worden bin, gebe ich an, dass ich außer der dreitätigen Haft nie derartige Probleme gehabt.

Auf die Frage, was mir im Falle meiner Rückkehr in meine Heimat bzw. des Landes meines vorangegangenen Aufenthaltes passieren würde, gebe ich an, dass mich die Militärpolizei töten wird, weil ich kein Moslem werden wollte.

Mir wird vorgehalten, dass selbst für den Fall, dass ich tatsächlich aus dem Süd-Sudan stammen sollte, was die erkennende Behörde jedoch bezweifelt, ich mich außerhalb der großen Städte aufhalten könnte. In diesen Gebieten besteht die Mehrheit der Bevölkerung aus Christen. Somit wäre ein Christ dort vor Verfolgung durch die Moslems sicher. Hiezu gebe ich an, dass ich nicht sicher wäre, da ich glaube, dass die Moslems überall sind."

Die Behörde erster Instanz versagte den Angaben des Beschwerdeführers die Glaubwürdigkeit betreffend seine Herkunft aus dem Sudan mit folgender Begründung:

"Außerdem wird festgestellt, dass Sie im Zuge Ihrer Einvernahme beim Bundesasylamt, außer der Fahne und dem Nationalfeiertag, keine konkreten Angaben zum Sudan haben machen können.

...

Obwohl Sie in der Lage gewesen sind, die Fahne des Sudan zu beschreiben und auch den Nationalfeiertag zu nennen, zweifelt die erkennende Behörde dennoch an den Angaben bezüglich Ihrer Herkunft. So haben Sie bei Ihrer niederschriftlichen Einvernahme fälschlicherweise behauptet, dass es ein und zehn Piaster-Münzen gibt, nicht gewusst, dass es 2 und 3 Piaster-Münzen gibt, und auch unrichtig angebeben, dass es keine Pfund Münzen gibt. Sie haben nur gewusst, dass auch 100 Pfund Banknoten existieren, diese jedoch falsch beschrieben. Sie können nicht einmal angeben, in welcher Gegend bzw. in welchem Bezirk Ihr angebliches Heimatdorf liegt, und haben unrichtig angegeben, dass die Stadt Wau nordöstlich von Juba liegt. Weiters haben Sie, nach Flüssen im Sudan gefragt, angegeben, dass Sie noch nie an einem Fluss gewesen sind. Letzteres widerspricht jeder Lebenserfahrung und wird vom Bundesasylamt als unglaubwürdige Ausrede gewertet. Sie haben unrichtigerweise behauptet, dass ein Laib Brot Dinar 20,-- kostet. Dies ist insoweit sehr bedenklich, als dieser über Pfund 70,-- kostet, wobei 100 Dinar einem Pfund entsprechen. Dieses Wissen wäre Ihnen, wenn Sie tatsächlich Sudanese sein sollten, unabhängig von Ihrem Bildungsgrad sowie Ihrer sozialen Herkunft, zumutbar.

Aus vorangeführten Gründen hegt daher das Bundesasylamt berechtigte Zweifel an der Glaubwürdigkeit Ihres Vorbringens. In Ihrem Fall drängt sich der erkennenden Behörde der Verdacht auf, dass Sie Ihre 'Fluchtgeschichte' aus allgemein bekanntem Wissen über den Sudan konstruiert haben könnten, da auf Grund Ihrer mangelnden Kenntnisse über den Sudan berechtigte Zweifel bezüglich Ihrer angegebenen Staatsangehörigkeit aufgekommen sind.

Ihren Angaben zum Fluchtweg muss ebenfalls die Glaubwürdigkeit versagt werden. So haben Sie behauptet, von Juba nach Khartum - es handelt sich um eine Strecke von 1.700 Kilometer und die Straßen im Sudan sind in sehr schlechtem Zustand - in nur 27 Stunden gefahren zu sein. Außerdem wollen Sie die 780 Kilometer Luftlinie von Khartum bis Port Sudan in nur neun bis zehn Stunden zurückgelegt haben, wobei Sie noch einige Pausen eingelegt haben wollen. Dies entspricht nicht der allgemeinen Lebenserfahrung und ist daher unglaubwürdig."

Da bloße Vermutungen, also subjektiv empfundene Furcht, die, wie in diesem Fall, durch keinerlei gewichtige Anhaltspunkte für konkret gegen den Beschwerdeführer gerichtete oder geplante Verfolgungshandlungen hätten glaubhaft untermauert werden können, nicht ausreichten, und der Beschwerdeführer selbst nicht in der Lage gewesen sei, dem Bundesasylamt glaubhaft darzulegen, einer relevanten Verfolgungsgefahr im Sudan im Sinne des Art. 1 Abschn. A Z. 2 GFK tatsächlich ausgesetzt gewesen bzw. hinkünftig ausgesetzt zu sein, könne ihm in Österreich kein Asyl gewährt werden. Außerdem sei der Beschwerdeführer hinsichtlich der Glaubhaftmachung des Vorliegens einer drohenden Gefahr im Sinne des § 57 Abs. 1 FrG nicht in der Lage gewesen, die ihm drohende Behandlung oder Verfolgung konkret und in sich stimmig zu schildern, weshalb davon auszugehen sei, dass ihm die Rückkehr in den Sudan, jedenfalls aber in den Süden des Sudan, oder den Staat seines vorherigen Aufenthaltes, zumutbar sei.

In der dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, die Behörde erster Instanz habe in ihrem Bescheid festgestellt, er habe den Sudan verlassen, weil die Moslems ihn, für den Fall, dass er nicht zu deren Glauben übertrete, töten wollen. Deshalb sei er geflohen und wolle auch nicht mehr in den Sudan zurückkehren. Dies stelle eine Verfolgung aus religiösen Gründen dar und es hätte die Behörde erster Instanz rechtlich zu dem Schluss gelangen müssen, dass dem Berufungswerber Flüchtlingseigenschaft im Sinne des AsylG zukommt. Der Frage nach einer innerstaatlichen Fluchtalternative komme im gegenständlichen Fall keine Bedeutung zu, da deren Vorliegen bei einer vom Staat ausgehenden Verfolgung rechtlich irrelevant sei. Es könne einem vom Staat Verfolgten nicht zugemutet werden, an einem anderen Ort innerhalb dieses Staatsgebietes Schutz bei Behörden genau jenes Staates zu suchen, der ihn verfolge. Im Hinblick auf § 8 AsylG i. V.m. § 1 Z. 4 AsylG sei die Bezeichnung des Sudan als Herkunftsstaat des Berufungswerbers rechtlich unzutreffend, da die erstinstanzliche Behörde keinerlei Feststellungen dahingehend getroffen habe, dass der Beschwerdeführer Staatsangehöriger des Sudan sei. Auch habe die erstinstanzliche Behörde nicht festgestellt, dass er staatenlos sei oder dass es sich beim Sudan um den Staat seines früheren gewöhnlichen Aufenthaltes handle. Weiters vertrete das UNHCR die Auffassung, dass von Abschiebungen in den Sudan Abstand zu nehmen sei, da der dort herrschende Bürgerkrieg mit krassen Menschenrechtsverletzungen einhergehe, welche von Amnesty International als "ethnische Säuberungen" bezeichnet würden. Da der Beschwerdeführer Angehöriger der katholischen Minderheit sei, bestehe auch für ihn persönlich die Gefahr, Opfer dieser ethnischen Säuberungen zu werden. Die Regierung, welche unter starkem Druck der Moslems stehe, sei nicht in der Lage, ihn zu schützen, und es sei auf Grund seiner Flucht damit zu rechnen, dass er unmittelbar nach seiner Ankunft im Sudan inhaftiert werde. Die Gefahr unmenschlicher Behandlung sei gegeben.

Mit Bescheid vom 16. Dezember 1999 wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 7 AsylG ab und stellte fest, dass gemäß § 8 AsylG i.V.m. § 57 FrG 1997 die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in den Sudan zulässig sei.

Es sei eine ergänzende Beweisaufnahme im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung durchgeführt worden. Der Asylwerber sei ergänzend einvernommen und die beigeschafften Anfragebeantwortungen des Deutschen Orient-Institutes vom 11. Juni 1998 hinsichtlich der Völker sowie der Reisewege im Sudan dargelegt und erörtert worden.

Auf Grund der Ersteinvernahme und des ergänzenden Ermittlungsverfahrens werde folgender Sachverhalt festgestellt und der Entscheidung zu Grunde gelegt:

Es sei nicht feststellbar, dass der Beschwerdeführer Staatsangehöriger des Sudan sei oder im Sudan seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt gehabt habe. Auch könne die Existenz der Muttersprache "Waba" nicht festgestellt werden. Mangels Glaubwürdigkeit würden die Angaben des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen sowie zu seinem Fluchtweg der Entscheidung nicht zu Grunde gelegt.

Zur allgemeinen Situation stellte die belangte Behörde fest:

Im Sudan herrsche ein seit 1983 andauernder Bürgerkrieg zwischen der Staatsregierung und den hauptsächlich der SPLM (Sudan People Liberation Movement) bzw. der SPLA (Sudan People Liberation Army) angehörigen Rebellen. Von der Staatsregierung würden die nördlichen zwei Drittel des Landes sowie mehrere Garnisonsstädte einschließlich der Stadt "Juba" im Südsudan kontrolliert, während sich die sonstigen im Süden des Landes befindlichen Gebiete unter der Kontrolle der SPLM/SPLA befänden. Beiden Bürgerkriegsparteien würden Menschenrechtsverletzungen (Tötung von Zivilisten, Vergewaltigung von Frauen) angelastet und die staatliche Luftwaffe bombardiere zivile Ziele im von Aufständischen kontrollierten Süden des Landes. Die Währung werde in sudanesischen Dinar, Pfund und Piastern angegeben, wobei ein sudanesischer Dinar 10 Pfund und ein sudanesisches Pfund 100 Piastern entspreche. Banknoten existierten im Werte von 25 und 50 Piaster, 1, 5 und 10 sudanesischen Pfund, sowie 1, 5 und 10 sudanesischen Dinar. Auf Grund der Bürgerkriegssituation sei eine Ausreise aus dem Südsudan derzeit nur per LKW möglich, wobei der LKW-Verkehr zwischen dem Nordsudan und dem Südsudan von der jeweiligen militärischen Lage abhänge. In jedem Fall betrage die Reisezeit infolge der hohen Entfernungen 1 bis 2 Wochen und sei nur selten durchgängig. In Khartum angelangt sei die Weiterreise nach Port Sudan sowohl per LKW/Bus als auch per Eisenbahn möglich, wobei die Fahrtdauer per LKW oder Bus 1 bis 2 Tage betrage. In der Regenzeit (April bis September) seien die Verbindungen vom Südsudan in den Norden häufig unpassierbar.

Diese Feststellungen beruhten auf folgender Beweiswürdigung:

Der Beschwerdeführer habe Fragen zur Währung des Sudan nicht ausreichend beantworten können, obwohl es sich dabei um Angelegenheiten handle, die jedem erwachsenen Staatsbürger des Sudan bekannt sein müssten. Der Beschwerdeführer habe auch Fragen, die sich auf seinen angeblichen Heimatort "Awu" bezögen, nicht "zufriedenstellend" beantworten können, weil die von ihm angegebenen, angeblich in der Nähe dieses Ortes befindlichen Städte "Wau", "Juba" und "Kapoeta" ihrerseits ca. 400 bis 500 km Luftlinie voneinander entfernt seien und es völlig unklar geblieben sei, wo sich der angebliche Heimatort des Beschwerdeführers befinde. Die angebliche Muttersprache "Waba" habe im "umfangreichen Verzeichnis Anlage 17 der Beilage I nicht aufgefunden werden" können. Die angegebenen Reisezeiten vom Südsudan in die Hauptstadt Khartum und von Khartum nach Port Sudan entsprächen nicht den Tatsachen. Der Beschwerdeführer habe offenbar gar keine Kenntnis von den betreffenden Gegebenheiten im Sudan. Da er im Übrigen keine wie immer gearteten Urkunden oder sonstigen Identitätsnachweise vorlegen könne, sei davon auszugehen, dass er nicht aus dem Südsudan stamme und nicht sudanesischer Staatsbürger sei, weshalb sich auch die behaupteten Verfolgungshandlungen tatsächlich nicht ereignet hätten. Dies sei auch daraus erkennbar, dass der Beschwerdeführer die Verfolgungshandlungen realitätsfern geschildert habe (Inhaftierung in der Hauptstadt Khartum, die vom Heimatort des Beschwerdeführers mindestens 800 km entfernt ist und Befreiung durch einen zufällig bekannten Gefängnisaufseher). Da die in der ersten Instanz getroffenen Sachverhaltsfeststellungen unbestimmt formuliert seien, habe die belangte Behörde das Ermittlungsverfahren ergänzt, und es läge auch auf Basis der nunmehrigen Sachverhaltsfeststellungen kein Hinweis vor, der Beschwerdeführer sei Flüchtling im Sinne des § 7 AsylG i.V.m. Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK.

Zum Ausspruch gemäß § 8 AsylG sei auf die Frage einzugehen, wie vorzugehen sei, wenn die Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers nicht festgestellt werden könne. Diese sei dahingehend zu beantworten, dass unter Hinweis u.a. auf das hg. Erkenntnis vom 21. Oktober 1999, Zlen. 98/20/0512, 99/20/0250, die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den vom Asylwerber genannten "Verfolgerstaat", also den Sudan, geprüft werden müsse.

Da im vorliegenden Fall mangels Glaubhaftmachung der Herkunft des Beschwerdeführers aus dem Sudan eine individuell-konkrete, vom Staat geduldete Bedrohung des Beschwerdeführers nicht gegeben sei und sich aus den Feststellungen zur allgemeinen Situation im "Heimatland" des Beschwerdeführers nicht ergebe, dass infolge Zusammenbruchs der Staatsgewalt jeder dorthin abgeschobene Fremde einer Gefahr im Sinne des § 57 Abs. 1 oder 2 FrG ausgesetzt sei, sowie die Staatsgewalt grundsätzlich funktionsfähig sei und die Kontrolle über 2/3 des Territoriums ausübe, sei auch der Berufung hinsichtlich der Entscheidung über die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nicht Folge zu geben gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Der Beschwerdeführer wiederholt im Wesentlichen den bereits im Verwaltungsverfahren von ihm vorgebrachten Sachverhalt.

Der angefochtene Bescheid sei infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rechtswidrig: Die von der belangten sowie der Behörde erster Instanz im Ermittlungsverfahren herangezogenen Unterlagen zur Prüfung seiner Glaubwürdigkeit seien völlig untauglich und beide Behörden hätten es unterlassen, ihm die Möglichkeit einer Stellungnahme zu den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens einzuräumen. Er lege nunmehr eine Originalkarte des Sudan aus dem "großen Iro Weltatlas" des Iro-Verlages München vor und habe auf der angehefteten Kopie selbiger Landkarte die entscheidungswesentlichen Ortschaften gelb markiert. Weitere nur in Kopie vorgelegte Landkarten stammten aus dem "Bertelsmann Weltatlas 2000", Seite 136 (mit Khartum) und Seite 143 (mit dem Südteil des Sudan) würden deshalb vorgelegt, weil sie auch Straßenkarten seien, die Straßenqualitäten ausweisen sowie die Entfernungen in Straßenkilometern angeben. Entgegen den Behauptungen der belangten Behörde sei der Heimatort des Beschwerdeführers auf der "Iro-Karte" sehr wohl zu finden, nämlich in der Schreibweise "Awoi", wobei zu bedenken sei, dass Ortschaften in diesen geographischen Bereichen immer verschiedene Schreibweisen aufweisen, weil sie praktisch nur phonethisch wiedergegeben würden. Beispielhaft werde auch auf die Ortschaft "Jonglei" verwiesen, welche im "Iro-Atlas" aufscheine, nicht jedoch im Bertelsmann-Atlas. Im Bertelsmann Atlas sei jedoch der "Jonglei Canal" eingezeichnet, ausdrücklich auch in seiner parallelen Schreibweise "Jungoley Canal" (südlich der Stadt Malakal). Die Ortschaft "Awu" oder "Awoi" befinde sich genau in dem Bereich, den der Beschwerdeführer bei seinen Befragungen angeführt habe. Es seien sohin die Vorhaltungen der Behörde erster Instanz betreffend die Nichtauffindbarkeit der Orte "Wau", "Nyala" und "Jonglei" unrichtig und es habe sich die Behörde erster Instanz nicht die Mühe gemacht, ordentliches Kartenmaterial für die Ermittlungen heranzuziehen. Auch die Annahmen betreffend die Reisedauer seien völlig unrichtig und würden sich wohl auf eine Reise per Kamel beziehen, keinesfalls aber per Auto oder LKW. Gemäß den beigelegten Karten betrage die Entfernung von Awu nach Malakal ca. 250 km auf überwiegend schlechten Straßen. Die Entfernung von Malakal nach Kusti betrage auf einer guten Durchzugsstraße 523 km und von Kusti nach Khartum (303 km) sei die Straße durchgehend asphaltiert und breit ausgebaut. Daraus resultiere eine Gesamtentfernung von Awu nach Khartum von 1076 km und nicht - wie von der belangten Behörde angenommen - 1780 km. Selbst von Juba als südlichstem Punkt nach Khartum betrage die Entfernung lediglich 1413 km. Auch hier habe sich die belangte Behörde untauglicher Hilfsmittel bedient, und es stelle die Nichtbenützung von tauglichem Kartenmaterial einen erheblichen Verfahrensmangel dar. Selbstverständlich könnten rund 1000 km auch auf teilweise sehr schlechten Straßen in 1 1/2 Tagen bewältigt werden, ebenso wie die Strecke Khartum bis Port Sudan in 10 bis 12 Stunden zu bewältigen sei, zumal es sich dabei um eine voll ausgebaute Asphaltstraße und überhaupt um die wichtigste Straßenverbindung im Sudan handle. Die belangte Behörde habe für die Begründung ihres Bescheides und die Erschütterung der Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers nur jene "Prüfungsergebnisse" herangezogen, bei denen sie vermeint habe, Widersprüche zur Realität zu erkennen. Sie habe es unterlassen, auf die für den Beschwerdeführer positiven Prüfungsergebnisse einzugehen, wie z.B. die Kenntnisse der Fahne des Sudan, des Nationalfeiertages, der Währungseinheiten, ganz gute Kenntnisse der Nachbarstaaten des Sudan sowie Kenntnisse über den Oppositionsführer.

In der Berufungsverhandlung vom 3. November 1999 habe sich der Beschwerdeführer auf einen Brief berufen, welcher von einem Missionar an die Caritas Forchtenstein gerichtet worden sei. Dieser Beweisantrag sei ohne Begründung übergangen worden, und er lege diesen Brief nunmehr vor. Es handle sich um den Brief eines geistlichen Bruders, in welchem dieser sowohl die Lage im Sudan als auch die Aussichten im Falle einer Abschiebung des Beschwerdeführers dorthin beschreibe. Auf Grund dieses Briefes hätte die belangte Behörde ihre Feststellungen zur allgemeinen Situation im Sudan wesentlich ergänzen können und müssen, insbesondere im Hinblick darauf, dass die Religionsangehörigkeit im herrschenden Bürgerkrieg eine wesentliche Rolle spiele und dass die Verfolgung von Christen durch die im Nordteil des Sudan herrschenden Moslems gegeben sei.

Im Hinblick auf die behauptete inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides führt der Beschwerdeführer aus, dass beide Rechtsfragen, nämlich sowohl jene nach § 7 AsylG als auch jene nach § 8 AsylG, selbst auf Grund jener Tatsachen, welche die belangte Behörde als erwiesen erachtet habe, unrichtig gelöst worden seien. Da festgestellt worden sei, dass der Beschwerdeführer nicht aus dem Sudan stamme und die sudanesische Staatsbürgerschaft nicht besitze, sei es rechtlich unzulässig, diesen in den Sudan zurückzuweisen. Auch sei die belangte Behörde in ihrer rechtlichen Begründung ausführlich auf die Verfolgungssituation im Sudan eingegangen, habe daraus jedoch unrichtige rechtliche Schlüsse gezogen, da unbestrittenermaßen im Sudan seit Jahren ein Bürgerkrieg zwischen der Staatsregierung und Rebellen herrsche. Es sei evident, dass die im Südsudan lebenden Menschen, zumindest soweit sie sich zum christlichen Glauben bekennen, einer ständigen Verfolgung im Sinne des AsylG ausgesetzt seien. Da keine innerstaatliche Fluchtalternative bestehe, welche im Übrigen rechtlich irrelevant wäre, sei insbesondere auch die Zurückweisung oder Abschiebung in den Sudan gemäß § 37 (gemeint: 57) FrG unzulässig.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der vom Rechtsvertreter des Beschwerdeführers aufgestellten Behauptung, am 24. März 2000 eine Akteneinsicht durchgeführt zu haben, ist entgegenzuhalten, dass der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers bei der belangten Behörde offenbar nicht Akteneinsicht genommen hat. Die behauptete Akteneinsicht erfolgte nach Ersuchen des Vertreters des Beschwerdeführers an das "Bundesasylamt" um Zusendung "einer vollständigen Kopie des bei Ihnen befindlichen Aktes, beginnend mit dem Asylantrag bis zu Ihrem Bescheid und zur Berufung" und nachfolgender Übersendung des erstinstanzlichen Aktes an die Außenstelle Eisenstadt des Bundesasylamtes bei letzterer Stelle am 10. März 2000 antragsgemäß lediglich in den Akt der Behörde erster Instanz. Deshalb ist dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers auch entgangen, dass dem Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde vom 3. November 1999 im Berufungsverfahren neu eingeholte Beweismittel vorgehalten wurden und er deren Richtigkeit nicht bestritten hat. Zudem hat er erklärt, keine weiteren Urkunden vorlegen zu können und kein ergänzendes Vorbringen erstatten zu wollen. Auch ist der Beschwerdeführer vom Verhandlungsleiter nach einer nochmaligen Schilderung seiner Flucht aus dem Sudan dahingehend befragt worden, woher genau aus dem Sudan er komme. Dazu erklärte der Beschwerdeführer, dass sein Heimatdorf "Awu" heiße und die nächsten größeren Städte "Juba", "Kapoata" und "Wau" seien, von welchen "Juba" als nächstgelegene Stadt etwa 4 bis 5 Autostunden oder auch mehr entfernt sei und "Wau" noch etwas weiter weg liege. Zu seiner Unkenntnis betreffend Münzen und Geldscheine, welche im Sudan gebräuchlich sind, befragt, gab der Beschwerdeführer an, dass er nie mit Geld zu tun gehabt habe, da sein Vater und sein älterer Bruder die Produkte ihrer Landwirtschaft verkauft hätten, nicht jedoch er. Er sei auch niemals zur Schule, nur zur Kirche, gegangen, wo Bibelstudien betrieben worden seien, in welchem Zusammenhang er Englisch gelernt habe. Auch habe er nie einen Ausweis oder eine Geburtsurkunde besessen, da dies bei ihnen im Dorf nicht wichtig gewesen sei. Seine Muttersprache sei "Waba", zu welcher - auf Vorhalt des Verhandlungsleiters, dass diese Sprache in der Liste des deutschen Orient-Institutes, Beilage I, nicht genannt werde - zu bemerken sei, dass diese nur von einer kleinen Bevölkerungsgruppe in der Umgebung seines Dorfes gesprochen werde. Zur Reise nach Khartum befragt, führte der Beschwerdeführer aus, dass diese ca. 2 bis 3 Tage - auf schlechten Straßen - gedauert habe.

Da der Beschwerdeführer somit sein erstinstanzliches Vorbringen vor der belangten Behörde vollinhaltlich aufrecht erhalten und sich nicht gegen die Verwendung des von der belangten Behörde herangezogenen Karten- und Informationsmaterials ausgesprochen hat, erweist sich sein Vorbringen vor dem Verwaltungsgerichtshof, die von den Behörden im bisherigen Verwaltungsverfahren herangezogenen Unterlagen zur Prüfung seiner Glaubwürdigkeit seien völlig untauglich und die Behörden hätten es unterlassen, ordentliches Kartenmaterial für ihre Ermittlungen heranzuziehen, als Neuerung. Zudem erweisen sich die von der belangten Behörde in ihrer Beweiswürdigung gezogenen Schlussfolgerungen aus folgenden Gründen als zutreffend:

Insoweit der Beschwerdeführer vorbringt, es handle sich bei seinem Heimatort um den auf der IRO-Karte auffindbaren Ort "Awoi", welcher sich nach dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Kartenmaterial nord-nordwestlich von Juba befindet, lässt sich dieses Vorbringen nicht mit seinem Vorbringen vor der ersten Instanz, nämlich dass "Awu" südöstlich von Juba liege, in Einklang bringen. Nach seinen zweitinstanzlichen Angaben liege sein Heimatort "Awu" in der Nähe der Städte "Juba", "Kapoata" (auch: "Kapoeta") und "Wau", von welchen Städten "Juba" in einer Entfernung von etwa vier bis fünf Autostunden die nächstgelegene sei. Eine Überprüfung dieser Aussagen anhand des vorgelegten Kartenmaterials ergibt jedoch, dass das vom Beschwerdeführer nunmehr in letzter Instanz herangezogene "Awoi" nicht nur nicht südöstlich von "Juba" liegt, sondern auch die von diesen drei Städten nächstgelegene nicht "Juba" ist. Die Stadt "Wau" liegt dem behaupteten Heimatort "Awoi" wesentlich näher als die Stadt "Juba". Die "Awoi" nächstgelegene Stadt ist nach dem vorgelegten Kartenmaterial die Stadt "Jonglei".

Auch hinsichtlich der Lage des von ihm nunmehr behaupteten Heimatortes "Awoi" zur Grenze des dem Sudan nächstgelegenen Nachbarstaat hat der Beschwerdeführer unzutreffend den Staat Uganda genannt, dessen Grenze zum Sudan sich jedoch tatsächlich in einer Entfernung von ca. 450 km von "Awoi" befindet, während die Luftlinie zu Äthiopien lediglich ca. 220 km beträgt.

Es ergibt sich sohin, dass der vom Beschwerdeführer nunmehr als sein Heimatort dargestellte Ort "Awoi" nicht in dem vom Beschwerdeführer sowohl in der ersten als auch in der zweiten Instanz angegebenen Gebiet liegt.

Daraus folgt auch, dass die vom Beschwerdeführer vor dem Verwaltungsgerichtshof dargestellten Entfernungen innerhalb des Sudan sowie seine Reiseroute nicht zutreffen können. Aus der Lage des Ortes "Awoi" ergibt sich, dass die nunmehr vom Beschwerdeführer herangezogenen Entfernungsangaben im Vergleich zu den vor der ersten und zweiten Instanz behaupteten Entfernungen wesentlich kürzer sind. Doch auch die nunmehr behaupteten nicht ganz 1100 km Reiseroute lassen sich nicht in der vom Beschwerdeführer behaupteten Zeitspanne zurücklegen. So ergibt sich nicht nur aus dem vorgelegten Kartenmaterial, sondern auch aus der Sudan-Karte des "Encarta-Weltatlas", dass es sich bei dem Gebiet nördlich der Stadt "Juba" sowie östlich der Stadt "Wau", also bei jenem Gebiet, in welchem der angebliche Heimatort des Beschwerdeführers "Awoi" tatsächlich liegt, um Regenwaldgebiet handelt, in welchem die vom Beschwerdeführer angegebene Reisegeschwindigkeit nicht erzielbar ist. Im Hinblick darauf, dass die belangte Behörde zu Recht festgestellt hat, dass der vom Beschwerdeführer genannte Ort "Awu" in dem von ihm angegebenen Gebiet nicht aufzufinden war, treffen auch die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid angegebenen Entfernungsangaben zu. Um einiges länger würde demnach eine Reise aus diesem Gebiet gedauert haben. Dass der Beschwerdeführer behauptet, derartige Entfernungen während der Regenzeit, nämlich im September, zurückgelegt zu haben, wurde von der belangten Behörde zu Recht auch zum Anlass genommen, ihm seine Glaubwürdigkeit abzusprechen.

Vor diesem Hintergrund erübrigt sich im Grunde bereits ein weiteres Eingehen auf die Unkenntnis des Beschwerdeführers betreffend die im Sudan gebräuchlichen Geldeinheiten, sowie die ebenfalls nicht argumentierbare eklatante Unkenntnis betreffend den dort üblichen Brotpreis.

Auch sei darauf hingewiesen, dass die von der belangten Behörde herangezogene Aufstellung der im Sudan gesprochenen Sprachen und Dialekte die vom Beschwerdeführer angegebene Muttersprache "Waba" nicht beinhaltet, während besagte Aufstellung auf Seite 3 z.B. eine Sprache namens "Baygo" anführt, welche lediglich von 850 Personen gesprochen wird, sowie auf Seite 4 z.B. "Dair" als eine von ca. 1000 Personen gesprochene Sprache aufscheint. Vor diesem Hintergrund ist der Umstand, dass "Waba" in dieser Auflistung nicht genannt wird, durchaus von für den Beschwerdeführer negativer Signifikanz.

Insoweit der Beschwerdeführer auf den nunmehr vorgelegten Brief vom 3. November 1999 verweist, ist nicht zu erkennen, inwieweit dieses allgemein gehaltene Schreiben zur Lage im Sudan ab Oktober 1998, einem Zeitpunkt, zu dem sich der Beschwerdeführer gar nicht mehr im Sudan aufgehalten hat, sein Vorbringen zu stützen geeignet sein soll. Auch zeigt der Beschwerdeführer selbst nicht auf, welche Relevanz besagtes Schreiben für seinen Fall zu entfalten vermögen soll.

Zu seinem Vorbringen, dass das Vorliegen einer angeblich vorhandenen innerstaatlichen Fluchtalternative bei einer vom Staat ausgehenden Verfolgung rechtlich irrelevant sei, ist letztendlich darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer von der belangten Behörde nicht auf eine innerstaatliche Fluchtalternative verwiesen worden ist.

Erachtete die belangte Behörde aber auf Grund schlüssiger Beweiswürdigung die Angaben der beschwerdeführenden Partei über tatsächlich erfolgte oder ihm künftig drohende Verfolgung bzw. über eine Gefahr im Sinne des § 57 FrG als unglaubwürdig, kann die darauf beruhende rechtliche Würdigung, dass die beschwerdeführende Partei nicht glaubhaft habe machen können, sie habe Verfolgung im Sinne des § 7 AsylG 1997 zu erleiden, weshalb ihr kein Asyl zu gewähren sei bzw. es sei eine ihr im Sinne des § 57 FrG drohende Gefahr nicht zu ersehen, nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Insoweit der Beschwerdeführer letztendlich auf einen vermeintlichen Widerspruch in der Bescheidbegründung dahingehend verweist, dass jemand, der offenbar nicht aus dem von ihm genannten Land stamme, nicht in dieses Land zurückgewiesen werden könne, wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die bereits im angefochtenen Bescheid zitierte hg. Rechtsprechung, insbesondere das hg. Erkenntnis vom 22. April 1999, Zl. 98/20/0561, verwiesen.

Da somit dem Beschwerdevorbringen keine Berechtigung zukommt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 15. November 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:2000010105.X00

Im RIS seit

08.02.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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