TE AsylGH Erkenntnis 2013/07/10 S21 436187-1/2013

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Veröffentlicht am 10.07.2013
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Spruch

S21 436.187-1/2013-4E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Steininger, als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Algerien alias Marokko, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 25.06.2013, Zl. 13 06.113-EAST Ost, zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gem. §§ 5, 10 des Asylgesetzes 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG 2005) idgF als unbegründet abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I.1.1. Die beschwerdeführend Partei ("bP") reiste am 10.5.2013 über Ungarn in das österreichische Bundesgebiet ein und brachte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 2 Abs. 1 Ziffer 13 AsylG ein.

 

I.1.2. Im Wesentlichen brachten die bP vor, im Dezember 2008 legal mit dem Flugzeug in die Türkei und nach einigen Tagen nach Griechenland gereist zu sein. Im Februar 2013 sei er selbständig von Athen nach Mazedonien, Serbien nach Ungarn gereist. Vor etwa 19 Tagen sei er von ungarischen Polizeiorganen aufgegriffen und erkennungsdienstlich behandelt worden. Nach Einbringung eines Antrages auf internationalen Schutz sei er ins Flüchtlingslager Debrecen überstellt worden, welches er am 9.5.2013 verlassen habe und mittels Zug nach Wien weiterreiste. Der Bruder des BF sei bereits im Dezember 2012 von Kreta nach Ungarn gereist.

 

Dieses Vorbringen wird durch den in der Akte ersichtlichen Eurodac-Treffer HU1XXXX gestützt (AS 5).

 

Ein mit Ungarn geführtes Konsultationsverfahren erbrachte die ausdrückliche Zustimmung des Mitgliedsstaates auf der Rechtsgrundlage des Art. 16(2)c der Dublin II VO (AS 79).

 

Mit diesem Ergebnis am 11.6.2013 konfrontiert, führte der BF an, nicht nach Ungarn zurück zu wollen, da das Lager ein offenes Gefängnis sei, zumal die Fenster nicht in normaler Höhe und die Polizeiorgane bewaffnet seien. Darüber hinaus habe er ein Interview gehabt, wobei der Dolmetsch nur unzureichend die Arabische Sprache konnte.

 

I.2.1. Der Antrag der bP wurde mit im Spruch des gegenständlichen Erkenntnisses bezeichneten Bescheid des Bundesasylamtes (in weiterer Folge als "angefochtener Bescheid" bezeichnet) gem. § 5 Abs. 1 AsylG 2005 zurückgewiesen. Für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz ist gemäß Artikel 16(1)c Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates Ungarn zuständig (Spruchpunkt I). Weiters wurde die beschwerdeführende Partei gem. § 10 (1) 1 AsylG nach Ungarn ausgewiesen; demzufolge ist die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der beschwerdeführenden Partei gem. § 10 (4) AsylG nach Ungarn zulässig (Spruchpunkt II).

 

I.2.2. Das Bundesasylamt traf im angefochtenen Bescheid Feststellungen zum in Punkt I.2.1 genannten Artikel der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates zur Prüfung des gegenständlichen Asylverfahrens zuständigen Staat zu führenden Asylverfahren, zur Praxis des Non-Refoulement-Schutzes, der Ausweisung und zur Versorgung von Asylwerbern.

 

I.2.3. Das Bundesasylamt führte weiters aus, dass die bP keine glaubhaften Bedenken hinsichtlich einer allfälligen Gefährdung im Fall einer Rückkehr in den unter 1.2.2 bezeichneten Staat geltend gemacht hätte.

 

I.2.4. Zum Vorbringen der bP führte das BAA aus, dass sich weder aus den Angaben im Verfahren noch aufgrund der allgemeinen Lage in Ungarn Hinweise ergaben, dass dem BF in Ungarn in rechtswidriger Weise eine Schubhaft oder Haft drohen würde. Die in der Stellungnahme vom 13.6.2013 zitierten Quellen vermögen keinen konkreten Bezug zur Person des BF herstellen noch ergab sich daraus ein objektives Gesamtbild, weshalb den Feststellungen des BAA zur Bewertung der Lage von Asylwerbern in Ungarn ein größeres Gewicht beigemessen wurde. Auch aus der herrschenden Judikatur des AsylGH lässt sich keine generell menschenrechtswidrige Lage von Asylwerbern in Ungarn festmachen.

 

I.3. Gegen die angefochtenen Bescheide wurde mit Schriftsatz vom 1.7.2013 Beschwerde eingebracht, in welchen im Wesentlichen vorgebracht wurde, dass sich in den Länderberichten der Behörde keine Informationen, ob und in wie weit die Bestimmungen in der Praxis angewandt werden. So halte das VG Hannover fest, dass die von Ungarn in diesem Bereich angekündigten Rechtsänderungen noch nicht in die Praxis umgesetzt seien.

 

Ebenso sei im Hinblick auf den Bericht des Helsinki Komitees eine 6 monatige Inhaftierung für alle Asylwerber bzw. eine 12 monatige Inhaftierung für Asylwerber gegen die bereits eine Ausweisung erlassen wurde, vorgesehen. Darüber hinaus haben Flüchtlinge ab Anerkennung nur 6 Monate Zugang zu einer staatlichen Versorgung und einem Obdach im Pre-Integrationscamp Biscke. Der BF verwies auf die 2009 des UNHCR geführte Studie.

 

Ebenso habe die belangte Behörde Ermittlungen des konkreten Verfahrensstandes unterlassen. Da es Praxis in Ungarn sei, die Verfahren durchzuführen - auch in Abwesenheit der Asylwerber - ist aus Sicht des BF von einem Folgeantrag auszugehen.

 

Der BF war in Ungarn nicht in Haft, hat jedoch von ehemaligen Mitbewohnern im Flüchtlingsheim Bad Kreuzen erfahren, dass diese seit der Abschiebung nach Ungarn in Haft seien.

 

I.4. Am 8.7.2013 erfolgte durch den zuständigen Richter eine Sichtung der Akte. Hierbei wurde festgestellt, dass der Beschwerde die aufschiebende Wirkung nicht zuzuerkennen ist.

 

I.5. Das erkennende Gericht geht von folgendem erwiesenen Sachverhalt aus:

 

I.5.1 Der bP ist StA von Algerien. Aufgrund der Zustimmungserklärung der ungarischen Asylbehörde, des Ergebnisses des Fingerabdruckabgleiches, welches einen Eurodac-Treffer in Ungarn ergeben hat sowie der diesbezüglichen widerspruchsfreien Angaben des BF, steht die Asylantragstellung am 25.4.2013 in Ungarn fest. Ebenso ist der belangten Behörde nicht entgegenzutreten, dass die angesichts der erstmaligen Einreise in Griechenland in das Gebiet der EU zunächst zu bejahende Zuständigkeit dieses Mitgliedsstaates durch die Ausreise aus dem Gebiet der EU und neuerliche Einreise in Ungarn offensichtlich erloschen ist. Dieser Rechtsmeinung schließt sich auch Ungarn an, andernfalls eine ausdrückliche Zustimmung nicht erfolgt wäre.

 

Angeführt wird, dass Gegenteiliges auch seitens des BF nicht behauptet bzw. dargelegt wurde.

 

I.5.2. In Bezug auf Ungarn ist die Verordnung 2003/343/EG zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen gestellten Asylantrags in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist, ABl. L 50 vom 25.2.2003, S. 1 anwendbar.

 

I.5.3. Ebenso sind in Bezug auf Ungarn anwendbar:

 

-

die Richtlinie 2004/83/EG über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, ABl. L 304 vom 30.9.2004, S. 12 (Statusrichtlinie)

 

-

Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft, ABl. L 326, S 13 (Verfahrensrichtlinie)

 

-

Richtlinie 2003/9/EG zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylwerbern in den Mitgliedstaaten, ABl. 2003 L 31, S 18 (Aufnahmerichtlinie)

 

I.5.3.1. Das Ziel der Statusrichtlinie ist die Festlegung von Mindestnormen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz (gem. Art. 2 lit a leg. cit ist als "internationaler Schutz" die Flüchtlingseigenschaft und der subsidiäre Schutzstatus zu verstehen) benötigen, sowie des Inhalts des zu gewährenden Schutzes (Art. 1) und enthält hierfür die entsprechenden rechtlichen Garantien.

 

I.5.3.2. Die Verfahrensrichtlinie stellt ua. sicher, dass die Asylbehörde ihre Entscheidung über einen Asylantrag nach angemessener Prüfung trifft. Zu diesem Zweck stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die Anträge einzeln, objektiv und unparteiisch geprüft und entschieden werden (Art. 8 (2) a) und die Entscheidungen über Asylanträge schriftlich ergehen, dass bei der Ablehnung eines Antrags die sachlichen und rechtlichen Gründe dafür in der Entscheidung dargelegt werden und Asylwerber schriftlich darüber informiert werden, wie eine ablehnende Entscheidung angefochten werden kann (Art. 9 (1) u. (2)). Die Verfahrensrichtlinie stellt weiter sicher, dass Asylbewerber das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf vor einem Gericht oder Tribunal gegen eine Entscheidung über ihren Asylantrag ...haben (Art. 39 (1)).

 

I.5.3.3. Gem. den Artikeln 15 und 20 der Aufnahmerichtlinie ist der hier zuständige Partnerstaat verpflichtet, für eine ausreichende medizinische Versorgung von kranken Asylwerbern zu sorgen, sowie bei Opfern von Folter und Gewalt im Bedarfsfall eine Behandlung bereitzustellen, die für Schäden, die durch Folter, Vergewaltigung oder andere schwere Gewalttaten erlitten wurden, erforderlich ist.

 

Ebenso ist der hier zuständige Partnerstaat nach der Aufnahmerichtlinie verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass Asylsuchende ab Antragstellung materielle Leistungen erhalten, die einem Lebensstandard entsprechen, welcher Gesundheit und Lebensunterhalt der Asylsuchenden gewährleistet (Artikel 13).

 

Nach dieser Richtlinie soll die Unterbringung das Familienleben schützen, sowie Kommunikation mit oder Zugang zu Rechtsberatern, UNHCR und NGOs ermöglichen. Die Mitgliedstaaten sind kraft der Richtlinie verpflichtet, Gewalt in Sammelunterkünften zu verhüten. Das in Einrichtungen eingesetzte Personal muss angemessen geschult sein, und die Asylsuchenden können an der Verwaltung der Unterbringungszentren beteiligt werden. Minderjährige sollten zusammen mit ihren Eltern oder Familienangehörigen untergebracht werden.

 

Gem. Art. 16 (3) und (4) der Aufnahmerichtlinie können die Mitgliedstaaten Sanktionen für grobe Verstöße gegen die Vorschriften der Unterbringungszentren und grob gewalttätiges Verhalten festlegen. Die Mitgliedstaaten gewährleisten in jedem Fall Zugang zur medizinischen Notversorgung.

 

I.5.4. Gegen Ungarn hat die die Europäische Kommission kein Vertragsverletzungsverfahren gemäß Art.260 AEUV wegen Verletzung der Status-, Verfahrens-, oder Aufnahmerichtlinie eingeleitet.

 

I.5.5. Zusammengefasst ist festzustellen, dass in Ungarn von einer unbedenklichen asylrechtlichen Praxis, der Beachtung des Non-Refoulements-Schutzes, der Existenz einer Grund- und Gesundheitsversorgung, sowie einer unbedenklichen Sicherheitslage ausgegangen werden kann. Ebenso vertritt Ungarn in Bezug auf die Auslegung der GFK, der Status-, Verfahrens- und Aufnahmerichtlinie, sowie der Beurteilung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat der bP keine relevanten Sonderpositionen innerhalb der Europäischen Union.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

II. 1. Beweiswürdigung

 

Der festgestellte Sachverhalt wird aufgrund der Einsichtnahme in den Verwaltungsakt als erwiesen angenommen. Die bP trat den Feststellungen der belangten Behörde, welche zusammengefasst ebenfalls zu den unter 1.5.5. getroffenen Feststellungen nicht im Widerspruch stehen, sondern dort ihre Bestätigung finden, nicht ausreichend konkret und substantiiert entgegen, um die Überzeugung des erkennenden Gerichts von deren Richtigkeit zu erschüttern. Die bP trat diesen Feststellungen weder auf gleichem fachlichem Niveau entgegen, noch zeigte er Unschlüssigkeiten oder Widersprüche in den Feststellungen des Bundesasylamtes auf.

 

Insoweit der Beschwerdeführer mit Hinweis auf den Beschluss des VG Hannover vom 18.3.2013 sein Vorbringen, dass die belangte Behörde keine Informationen, ob und in wie weit die Bestimmungen in Ungarn in der Praxis angewandt werden, stützt, war festzustellen, dass sich aus des Länderfeststellungen eine Nichtumsetzung der Rechtsänderung in die Praxis nicht ergibt und diesbezüglich auch Beschwerdeverfahren weder amtsbekannt sind noch seitens des BF vorgetragen wurden, weshalb von der Umsetzung der Rechtsänderung auszugehen war. Auch der Hinweis auf den oben bezeichneten Beschluss des VG Hannover vermag die seitens des BF lediglich in den Raum gestellte Behauptung, Ungarn habe die Rechtsänderung nicht in die Praxis umgesetzt, nicht zu tragen, nimmt doch diese Entscheidung auf die nunmehr nicht mehr aktuellen Berichte des UNHCR vom April 2012 und Pro Asyl vom März 2012 Bezug. Zudem erachtete das erkennende Gericht die Rechtslage als offen, ob der BF in Zusammenhang mit der weiteren Behandlung seines Asylantrages Haft bzw. Haftbedingungen ausgesetzt wäre, die mit seinem Status als Asylbewerber unionsrechtlich unvereinbar wären, sich die Erstbehörde jedoch nicht mit den Berichten auseinandergesetzt habe.

 

Auch die in der Beschwerde und in der Stellungnahme zitierte Studie von UNHCR aus dem Jahr 2009 betreffend der Obdachlosigkeit von Flüchtlingen in Ungarn von vornherein nicht geeignet, die wesentlich aktuelleren Feststellungen des BAA zu Ungarn in Zweifel zu ziehen (zur den Anforderungen an die Aktualität einer Quelle vgl. etwa Erk. d. VwGH v. 4.4.2001, Gz. 2000/01/0348). Insbesondere wird durch diese Studie bzw. in der Beschwerde in keiner Weise substantiiert dargetan, inwieweit sich daraus eine menschenunwürdige Behandlung konkret für sie selbst ergeben soll.

 

Zum Einwand in der in der Beschwerde, dass der Beschwerdeführer als Dublin-Rückkehrer in Ungarn zu den besonders gefährdeten Personen gehören würde, da er als Folgeantragsteller behandelt würde und keinen Abschiebeschutz hätte bzw. die Erstbehörde den Verfahrensstand nicht ermittelt hat, ist folgenden zu sagen:

 

Aus dem Schreiben der ungarischen Behörden kommt offensichtlich hervor, dass das Verfahren des Beschwerdeführers aufgrund des

Untertauchens nach wie vor anhängig ist (vgl. AS 79: "... for

determination oft he asylum application.").

 

Zudem kam es ab Mitte Juni 2012 seitens der ungarischen Behörden zu einer einschneidenden Änderung. So wird sichergestellt, "dass jedem Folgeantragsteller, dessen Vorverfahren im Erstantrag nicht mit einer Entscheidung in der Sache endgültig abgeschlossen wurde, das Recht auf Aufenthalt in Ungarn so lange garantiert wird, bis über den Folgeantrag bestands- bzw. rechtskräftig eine Sachentscheidung getroffen wurde. Umgesetzt wird diese Regelung dadurch, dass bei diesem Personenkreis vom Erlass einer notwendigen erneuten Ausweisungsverfügung nach Dublin-Überstellung abgesehen wird, wenn ein Folgeantrag gestellt wird. In der Konsequenz folgt daraus auch, dass Abschiebehaft nicht verhängt werden kann, solange nicht bestands- bzw. rechtskräftig endgültig eine Sachentscheidung getroffen wurde. Stattdessen werden die Folgeantragsteller in der offenen Aufnahmeeinrichtung Balassagyarmat untergebracht."

 

Zwischenzeitig (mit Jahresbeginn 2013) sind Gesetzesänderungen in Ungarn eingetreten, die nach bisherigem Kenntnisstand zu einer Verbesserung der Situation beigetragen haben.

 

In diesem Zusammenhang hat UNHCR ein mit "Note on Dublin Transfers to Hungary of People who transited through Serbia - Update" übertiteltes Dokument von UNHCR im Dezember 2012 verfasst. Darin wird ausgeführt, dass UNHCR bisher Bedenken bezüglich der Behandlung von Asylanträgen der meisten Dublin-II-Rückkehrer (als Folgeantragsteller ohne garantierten Schutz vor Zurückweisung in Drittstaaten vor einer inhaltlichen Prüfung der Asylanträge) geäußert hätte.

 

UNHCR hätte nun aber positive Entwicklungen festgestellt.

 

Im November 2012 hätte das ungarische Parlament ein umfassendes Paket von rechtlichen Änderungen angenommen. UNHCR begrüße diese Initiativen.

 

UNHCR beobachte, dass Ungarn nicht länger die inhaltliche Überprüfung eines Asylantrages verneine, wenn die Asylbewerber vor ihrer Ankunft in Ungarn über Serbien oder die Ukraine gereist seien. Solche Asylbewerber würden nicht länger nach Serbien oder in die Ukraine zurückgestellt. Zusätzlich hätte der Zugang zum Asylverfahren für jene Asylbewerber, die nach dem Dublin-II-System nach Ungarn zurückkämen, Verbesserungen erfahren, wenn die entsprechenden Asylverfahren noch keine endgültige inhaltliche Entscheidung erfahren hätten.

 

Solche Asylwerber hätten Zugang zu einer inhaltlichen Überprüfung ihrer Anträge nach ihrer Rückkehr, wenn sie einen formalen Antrag stellten, die Überprüfung des früheren Asylantrages wiederaufzunehmen. Sie würden dann nicht inhaftiert werden und könnten den Ausgang ihrer Verfahren in Ungarn abwarten.

 

Im Übrigen wären Verbesserungen bezüglich der Inhaftierung von Asylwerbern zu konstatieren. Die Zahl von Inhaftierungen sei stark zurückgegangen. Asylwerber, die sofort nach ihrer Ankunft um Asyl ansuchten, würden nicht länger inhaftiert.

 

Das Monitoring der Haftbedingungen sei besser geworden. Nichtsdestotrotz bleibe eine umfassende und strukturierte Überprüfung notwendig, um grundsätzliche Verbesserungen der strengen Haftbedingungen zu erzielen. UNHCR und seine Partner würden die entsprechenden Entwicklungen genau beobachten.

 

Daraus wird ersichtlich, dass im Fall des Beschwerdeführers, jedenfalls das Risiko einer Inhaftierung bei einer Rückkehr nach Ungarn gering ist. Hierzu ist ja auch individuell zu ergänzen, dass der Genannte laut eigenem Vorbringen bisher in Ungarn nicht in Haft war und auch anlässlich seiner Überstellung in das konkret zugewiesene Betreuungszentrum DEBRECEN keinerlei Einschränkung seiner Bewegungsfreiheit veranlasst wurde. Folglich liegen also keine Informationen dahingehend vor, dass der Asylwerber Gefahr liefe bei einer Rückkehr nach Ungarn, keinen Zugang zum ungarischen Asylwesen zu erhalten. Auch die Gefahr einer Zurückschiebung nach Serbien statt der inhaltlichen Behandlung des Asylantrages in Ungarn besteht nach der nunmehrigen Erkenntnislage eindeutig nicht mehr.

 

Das erkennende Gericht sieht aufgrund der oa. Ausführungen die unter

1.5.5. getroffenen zusammengefassten Ausführungen als erwiesen an.

 

II.2. Rechtlich ergibt sich Folgendes:

 

II.2.1. Zuständigkeit des Einzelrichters

 

Gemäß § 61 (3) AsylG 2005 BGBl I Nr. 100/2005 idgF entscheidet der Asylgerichtshof über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5 leg. cit. der Einzelrichter.

 

II.2.2. Anzuwendendes Verfahrensrecht

 

Gem. § 23 (1) des Bundesgesetzes über den Asylgerichtshof, BGBl. I, Nr. 4/2008 (Asylgerichtshofgesetz - AsylGHG) idgF sind, soweit sich aus dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100 idgF, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51 idgF, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die erkennende Gericht, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, im Spruch und in der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

II.2.3.1. § 5 AsylG lautet:

 

"(1) Ein nicht gemäß § 4 erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin - Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit dem Zurückweisungsbescheid hat die Behörde auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist.

 

(2) Gemäß Abs. 1 ist auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin - Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

 

(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder bei der Behörde offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet."

 

§ 10 AsylG idgF lautet:

 

" (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn

 

1. der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird;

 

2. - 4 ...

 

und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

 

(2) Ausweisungen nach Abs. 1 sind unzulässig, wenn

 

1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder

 

2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden. Dabei sind insbesondere zu berücksichtigen:

 

a) - i) ...

 

(3) - (6) ...

 

(7) Wird eine Ausweisung durchsetzbar, gilt sie als durchsetzbare Rückkehrentscheidung nach dem Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100, und hat der Fremde binnen einer Frist von 14 Tagen freiwillig auszureisen. Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht, wenn gegen den Fremden ein Rückkehrverbot erlassen wurde und für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 5 AsylG 2005 oder § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 38 durchführbar wird; in diesen Fällen hat der Fremde unverzüglich auszureisen.

 

(8)..."

 

Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG ist somit ein nicht gemäß § 4 AsylG erledigter Asylantrag als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder aufgrund der Verordnung Nr. 343/2003 (EG) des Rates vom 18.2.2003 zur Prüfung des Asylantrages zuständig ist. Mit dem Zurückweisungsbescheid hat die Asylbehörde auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist.

 

Aufgrund des aus dem Akteninhalt ersichtlichen Datums der Asylantragstellung bezieht sich in casu § 5 AsylG auf die Verordnung Nr. 343/2003 (EG) des Rates vom 18.2.2003 (Dublin II), da gemäß Artikel 29 leg. cit. diese Verordnung auf Asylanträge anwendbar ist, die ab dem ersten Tag des sechsten Monats nach ihrem Inkrafttreten - dies ist der 1.9.2003 - gestellt werden.

 

Weiters ist gemäß § 10 Abs 1 Z1 AsylG die Zurückweisung eines Antrages nach Maßgabe der § 10 Abs 3 und Abs 4 AsylG mit einer Ausweisung zu verbinden.

 

Im gegenständlichen Fall ergeben sich keine Hinweise, dass durch das Bundesasylamt nicht gem. den Bestimmungen der §§ 28 und 29 AsylG vorgegangen wäre.

 

II.2.4.3. Die Dublin II VO ist eine Verordnung des Unionsrechts (vgl Art. 78 AEUV), die Regelungen über die Zuständigkeit zur Prüfung von Asylanträgen von Drittstaatsangehörigen trifft. Sie gilt also nicht für mögliche Asylanträge von EU-Bürgern, ebensowenig ist sie auf Personen anwendbar, denen bereits der Flüchtlingsstatus zuerkannt wurde. Das wesentliche Grundprinzip ist jenes, dass den Drittstaatsangehörigen in einem der Mitgliedstaaten das Recht auf ein faires, rechtsstaatliches Asylverfahren zukommt, jedoch nur ein Recht auf ein Verfahren in einem Mitgliedstaat, dessen Zuständigkeit sich primär nicht aufgrund des Wunsches des Asylwerbers, sondern aufgrund der in der Verordnung festgesetzten hierarchisch geordneten Zuständigkeitskriterien ergibt.

 

Es ist daher zunächst zu überprüfen, ob ein anderer Mitgliedstaat nach den hierarchisch aufgebauten (Art. 5 Abs 1 Dublin II VO) Kriterien der Art. 6-12 bzw 14 und Art. 15 Dublin II VO zuständig ist oder die Zuständigkeit bei ihm selbst nach dem Auffangtatbestand des Art. 13 Dublin II VO (erste Asylantragstellung) liegt und sich so eine Verpflichtung zur Aufnahme bzw. Wiederaufnahme der bP gem. Art. 16 ff Dublin II VO eines Partnerstaates ergibt.

 

Im vorliegenden Fall ist dem Bundesasylamt zuzustimmen, dass eine Zuständigkeit Ungarn gemäß Art. 16(1)c der Dublin II VO vorliegt. Eine solche Zuständigkeit wurde von Ungarn auch ausdrücklich anerkannt.

 

Es sind auch aus der Aktenlage keine Hinweise ersichtlich, wonach die Führung der Konsultationen im gegenständlichen Fall derart fehlerhaft erfolgt wäre, sodass von Willkür im Rechtssinn zu sprechen wäre und die Zuständigkeitserklärung des zuständigen Mitgliedstaates wegen Verletzung der unionsrechtlichen Verfahrensgrundsätze aus diesem Grund ausnahmsweise keinen Bestand haben könnte (Filzwieser, Subjektiver Rechtsschutz und Vollziehung der Dublin II VO - Gemeinschaftsrecht und Menschenrechte, migraLex, 1/2007, 22ff; vgl auch das Gebot der Transparenz im "Dublin-Verfahren", VwGH 23.11.2006, Zl. 2005/20/0444). Das Konsultationsverfahren erfolgte mängelfrei. Das Bundesasylamt hat auch in der Begründung dieses Ersuchens nichts Wesentliches verschwiegen. Das Bundesasylamt hat auch dargelegt, warum es von der Zuständigkeit des hier zu prüfenden Partnerstaates ausgeht.

 

Im Lichte des Art. 7 VO 1560/2003 ergibt sich auch keine Verpflichtung seitens der beteiligten Mitgliedstaaten oder seitens der Regelungen der Dublin II VO, dass die Überstellung in einer Weise durchgeführt wird, die potentiell belastenden Zwangscharakter aufweist.

 

Hinweise auf weitere, die Zuständigkeit Ungarn ausschließende Rechtsgrundlagen und Sachverhalte konnten bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen nicht erkannt werden, wobei hier vom entscheidenden Mitglied bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit des erstinstanzlichen Bescheides auch Art. 15 Dublin II VO mitberücksichtigt wurde.

 

Das Bundesasylamt hat ferner von der Möglichkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 3 Abs 2 Dublin II VO keinen Gebrauch gemacht. Es war daher - entsprechend den Ausführungen in der Beschwerde - noch zu prüfen, ob von diesem Selbsteintrittsrecht im gegenständlichen Verfahren ausnahmsweise zur Vermeidung einer Verletzung der EMRK zwingend Gebrauch zu machen gewesen wäre. Dazu vertrat der Verfassungsgerichtshof die Auffassung, dass Österreich, um Verletzungen der Art. 3 und 8 MRK zu vermeiden, von seinem Selbsteintrittsrecht Gebrauch machen müsse (VfSlg. 16.122/2001; vgl. weiters VfSlg. 16.160/2001 sowie VfGH 11.6.2001, B 308/00;

11.6.2001, B 1247/00; 11.6.2001, B 1351/00; 11.6.2001, B 1749/00;

26.11.2001, B 901/01). Dieser Rechtsansicht schloss sich der Verwaltungsgerichtshof an (VwGH 23.1.2003, 2000/01/0498 - verst. Sen. und die folgende stRsp., zuletzt VwGH 31.3.2005, 2002/20/0582;

30.6.2005, 2002/20/0276; 24.11.2005, 2002/20/0377). Nach Ansicht beider Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts gilt nichts anderes für das Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin-V (VfGH 15.10.2004, G 237/03 ua.; 17.6.2005, B 336/05; VwGH 31.5.2005, 2005/20/0095), sodass sich die Rechtsprechung zur alten auf die neue Rechtslage übertragen lässt (VwGH 31.5.2005, 2005/20/0095).

 

II.2.4.4. Mögliche Verletzung des Art. 8 EMRK

 

Familiäre Bezüge in Österreich sind im Verfahren nicht hervorgekommen, ebenso wenig - schon aufgrund der relativ kurzen Aufenthaltsdauer - schützenswerte Aspekte des Privatlebens wie beispielsweise eine bereits erfolgte außergewöhnliche Integration in Österreich etwa aufgrund sehr langer Verfahrensdauer (vgl. VfGH 26.02.2007, ZI 1802, 1803/06-11; VfGH 10.03.2011, B1565/10). Derartige Umstände sind auch von den Beschwerdeführern zu keinem Zeitpunkt behauptet worden. Eine Überstellung der fünf Beschwerdeführer kommt im Lichte des Art. 8 EMRK nur gemeinsam in Betracht.

 

II.2.4.5. Prüfung der Sicherheit von Ungarn, mögliche Verletzung von Art. 3 EMRK

 

Der VfGH hat mit Erkenntnis vom 17.06.2005, Zl. B 336/05-11 festgehalten, die Mitgliedstaaten hätten kraft Unionsrecht nicht nachzuprüfen, ob ein anderer Mitgliedstaat generell sicher sei, da eine entsprechende normative Vergewisserung durch die Verabschiedung der Dublin II VO erfolgt sei, dabei aber gleichzeitig ebenso ausgeführt, dass eine Nachprüfung der grundrechtlichen Auswirkungen einer Überstellung im Einzelfall unionsrechtlich zulässig und bejahendenfalls das Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II VO zwingend geboten sei (vgl. hierzu auch Erk. d. VwGH vom 23.1.2007, 2006/01/0949).

 

Die Judikatur des VwGH zu den Determinanten dieser Nachprüfung lehnt sich richtigerweise an die Rechtsprechung des EGMR an und lässt sich wie folgt zusammenfassen: Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben werden soll, genügt nicht, um die Abschiebung des Fremden in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen. Wenn keine Gruppenverfolgung oder sonstige amtswegig zu berücksichtigende notorische Umstände grober Menschenrechtsverletzungen in Mitgliedstaaten der EU in Bezug auf Art. 3 EMRK vorliegen (VwGH 27.09.2005, Zl. 2005/01/0313), bedarf es zur Glaubhaftmachung der genannten Bedrohung oder Gefährdung konkreter auf den betreffenden Fremden bezogener Umstände, die gerade in seinem Fall eine solche Bedrohung oder Gefährdung im Fall seiner Abschiebung als wahrscheinlich erscheinen lassen (VwGH 26.11.1999, Zl 96/21/0499, VwGH 09.05.2003, Zl. 98/18/0317; vgl. auch VwGH 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059). Maßgeblich ist, ob aufgrund eines solchen Vorbringens eine individuelle Gefahrenprognose zu treffen ist, wonach der Asylwerber in dem nach der Dublin II VO zuständigen Mitgliedstaat im Fall der Berechtigung seines Schutzbegehrens, also der Glaubhaftmachung des von ihm behaupteten Bedrohungsbildes der realen Gefahr einer unzulässigen Kettenabschiebung in den Herkunftsstaat ausgesetzt wäre.

 

Die Vorlage allgemeiner Berichte ersetzt dieses Erfordernis in der Regel nicht (vgl VwGH 17.02.1998, Zl. 96/18/0379; EGMR Mamatkulov & Askarov v Türkei, Rs 46827, 46951/99, 71-77), eine geringe Anerkennungsquote, eine mögliche Festnahme im Falle einer Überstellung ebenso eine allfällige Unterschreitung des verfahrensrechtlichen Standards des Art. 13 EMRK sind für sich genommen nicht ausreichend, die Wahrscheinlichkeit einer hier relevanten Menschenrechtsverletzung darzutun. Relevant wäre dagegen etwa das Vertreten von mit der GFK unvertretbaren rechtlichen Sonderpositionen in einem Mitgliedstaat oder das Vorliegen einer massiv rechtswidrigen Verfahrensgestaltung im individuellen Fall, wenn der Asylantrag im zuständigen Mitgliedstaat bereits abgewiesen wurde (Art. 16 Abs 1 lit. e Dublin II VO). Eine ausdrückliche Übernahmeerklärung des anderen Mitgliedstaates hat in die Abwägung einzufließen (VwGH 31.03.2005, Zl. 2002/20/0582, VwGH 31.05.2005, Zl. 2005/20/0025).

 

Weiterhin hatte das erkennende Gericht folgende Umstände zu berücksichtigen:

 

Bei entsprechender Häufung von Fällen, in denen in Folge Ausübung des Selbsteintrittsrechts die unionsrechtliche Zuständigkeit nicht effektuiert werden kann, kann eine Gefährdung des "effet utile" Grundsatzes des Unionsrechts entstehen.

 

Zur effektiven Umsetzung des Unionsrechts sind alle staatlichen Organe kraft Unionsrechts verpflichtet.

 

Der Verordnungsgeber der Dublin II VO, offenbar im Glauben, dass sich alle Mitgliedstaaten untereinander als "sicher" ansehen können, wodurch auch eine Überstellung vom einen in den anderen Mitgliedstaat keine realen Risken von Menschenrechtsverletzungen bewirken könnte (vgl insbesondere den 2. Erwägungsgrund der Präambel der Dublin II VO), hat keine eindeutigen verfahrens- oder materiellrechtlichen Vorgaben für solche Fälle getroffen.

 

Die allfällige Rechtswidrigkeit von Unionsrecht kann nur von den zuständigen unionsrechtlichen Organen, nicht aber von Organen der Mitgliedstaaten rechtsgültig festgestellt werden. Der EGMR hat festgestellt, dass der Rechtsschutz des Unionsrechts regelmäßig den Anforderungen der EMRK entspricht (Bosphorus Airlines v Irland, Rs 45036/98).

 

Es bedarf sohin europarechtlich eines im besonderen Maße substantiierten Vorbringens und des Vorliegens besonderer vom Antragsteller bescheinigter außergewöhnlicher Umstände, um die grundsätzliche europarechtlich gebotene Annahme der "Sicherheit" der Partnerstaaten der Europäischen Union als einer Gemeinschaft des Rechts im individuellen Fall erschüttern zu können. Diesem Grundsatz entspricht auch die durch das AsylG 2005 eingeführte gesetzliche Klarstellung des § 5 Abs 3 AsylG, die Elemente einer Beweislastumkehr enthält. Eine Rechtsprechung, die in Bezug auf Mitgliedstaaten der EU faktisch höhere Anforderungen entwickelte, als jene des EGMR in bezug auf Drittstaaten wäre jedenfalls rechtswidrig.

 

Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage betreffend das Fremdenrechtspaket 2005 führen zu § 5 Abs. 3 AsylG 2005 Folgendes aus (952 BlgNR, XXII. GP):

 

"Es ist davon auszugehen, dass diese Staaten Asylwerbern ein faires, den rechtsstaatlichen und völkerrechtlichen Vorschriften entsprechendes Asylverfahren einräumen. Im zweiten Erwägungsgrund der Präambel zur Dublin-Verordnung ist ausdrücklich festgehalten, dass sich die Mitgliedstaaten als "sichere Staaten" - insbesondere die Grundsätze des Non-Refoulements beachtend - für Drittstaatsangehörige ansehen. Daher normiert Abs. 3 eine Beweisregel, nach der der Asylwerber besondere Gründe vorbringen muss, die für die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes sprechen. Unter realer Gefahr ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl. etwa VwGH 19.2.2004, 99/20/0573, mwN auf die Judikatur des EGMR). Im Erkenntnis des VwGH vom 31.3.2005, 2002/20/0582, führt dieser - noch zum AsylG 1997 - aus, dass es für die Frage der Zulässigkeit einer Abschiebung in einen anderen Mitgliedstaat aufgrund des Dublin-Übereinkommens nicht darauf ankommt, dass dieser Mitgliedstaat dem Asylwerber alle Verfahrensrechte nach Art. 13 EMRK einräumt. Verlangt sei statt einer detaillierten Bewertung der diesbezüglichen Rechtslage des anderen Mitgliedstaats lediglich eine ganzheitliche Bewertung der möglichen Gefahr einer Verletzung des Art. 3 EMRK durch Österreich durch die Überstellung. Dabei ist auf die "real risk" - Judikatur des EGMR abzustellen. Die Gefahrenprognose hat sich auf die persönliche Situation des Betroffenen zu beziehen. Dies wird durch die neue Beweisregel des Abs. 3 für Verfahren nach § 5 hervorgehoben, wobei der Gesetzgeber davon ausgeht, dass die Behörde entweder notorisch von solchen Umständen - die nur nach einer entscheidenden Änderung zum jetzigen Zustand im jeweiligen Staat vorliegen können - weiß oder diese vom Asylwerber glaubhaft gemacht werden müssen."

 

Im Erk. vom 23.1.2007, 2006/01/0949 führte der VwGH, auf welches dieser auch im Erk. vom 12.12.2007, Zl 2006/19/1022 verweist, konkret aus:

 

"...Zum anderen ging es dem Gesetzgeber darum, mit § 5 Abs. 3 AsylG 2005 eine "Beweisregel" zu schaffen, die es - im Hinblick auf die vom Rat der Europäischen Union vorgenommene normativeVergewisserung - grundsätzlich nicht notwendig macht, die Sicherheit des Asylwerbers vor "Verfolgung" in dem nach der Dublin- Verordnung zuständigen Mitgliedstaat (insbesondere gemeint im Sinne der Achtung der Grundsätze des Non-Refoulements durch diesen Staat) von Amts wegen in Zweifel zu ziehen. Die damit aufgestellte Sicherheitsvermutung ist jedoch widerlegt, wenn besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder bei der Behörde offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in diesem Mitgliedstaat sprechen.

 

Die Wendung "in der Person des Asylwerbers gelegene besondere Gründe" gleicht schon ihrem Wortlaut nach dem § 4 Abs. 2 AsylG ("Sofern nicht besondere, in der Person des Asylwerbers gelegene Umstände ausnahmsweise für eine gegenteilige Annahme sprechen, ist Drittstaatssicherheit in Liechtenstein und der Schweiz jedenfalls gegeben."). Zu dieser letztgenannten Bestimmung hat der Verfassungsgerichtshof in dem Erkenntnis vom 15. Oktober 2004, G 237/03 u.a. (Punkt III.1.6.1 der Entscheidungsgründe), ausgeführt, die Regelung dürfe nicht eng ausgelegt werden und erfasse alle Umstände, die sich auf die besondere Situation des einzelnen Asylwerbers auswirken, daher auch solche, die durch die Änderung der Rechtslage oder der Behördenpraxis bewirkt werden.

 

Der Verwaltungsgerichtshof geht - mangels gegenteiliger Anhaltspunkte in den Materialien zum AsylG 2005 - davon aus, dass diese Auslegung auch für § 5 Abs. 3 AsylG 2005 maßgeblich ist.

 

Was die Frage der "Beweislast" anbelangt, so ist vorweg klarzustellen, dass bei Vorliegen "offenkundiger" Gründe (zum Begriff der "Offenkundigkeit" vgl. § 45 Abs. 1 AVG und die dazu ergangene Judikatur, beispielsweise zitiert in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), E 27 zu § 45 AVG) eine Mitwirkung des Asylwerbers zur Widerlegung der in § 5 Abs. 3 AsylG 2005 implizit aufgestellten Vermutung nicht erforderlich ist.

 

Davon abgesehen liegt es aber beim Asylwerber, besondere Gründe, die für die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, vorzubringen und glaubhaft zu machen. Dazu wird es erforderlich sein, dass der Asylwerber ein ausreichend konkretes Vorbringen erstattet, warum die Verbringung in den zuständigen Mitgliedstaat gerade für ihn die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes, insbesondere einer Verletzung von Art. 3 EMRK, nach sich ziehen könnte, und er die Asylbehörden davon überzeugt, dass der behauptete Sachverhalt (zumindest) wahrscheinlich ist. Es versteht sich von selbst, dass bei der Beurteilung, ob die geforderte "Glaubhaftmachung" gelungen ist, der besonderen Situation von Asylwerbern, die häufig keine Möglichkeit der Beischaffung von entsprechenden Beweisen haben (vgl. dazu auch Punkt III.2.4. der Entscheidungsgründe im bereits zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 15. Oktober 2004), Rechnung getragen werden muss (in diesem Sinne auch Feßl/Holzschuster, Asylgesetz 2005, 226).

 

Hat der Asylwerber die oben angesprochenen besonderen Gründe glaubhaft gemacht, ist die dem § 5 Abs. 3 AsylG 2005 immanente Vermutung der im zuständigen Mitgliedstaat gegebenen Sicherheit vor Verfolgung widerlegt. In diesem Fall sind die Asylbehörden gehalten, allenfalls erforderliche weitere Erhebungen (auch) von Amts wegen durchzuführen, um die (nach der Rechtsprechung des EGMR und der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes erforderliche) Prognose, der Asylwerber werde bei Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat der realen Gefahr ("real risk") einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt sein, erstellen zu können. Diese Ermittlungspflicht ergibt sich aus § 18 AsylG 2005, die insoweit von § 5 Abs 3 AsylG 2005 unberührt bleibt."

 

In Bezug auf Griechenland wurde seitens des erkennenden Gerichtshofes bereits seit längerem in zahlreichen Entscheidungen faktisch nicht mehr von einer generellen Annahme der Sicherheit ausgegangen und eine umso genauere Einzelfallprüfung durchgeführt. Der EGMR hat in diesem Kontext mit Urteil vom 21.01.2011 in der Rechtssache M.S.S. vs Belgien/Griechenland (30696/09) klargelegt, dass fehlende Unterkunft in Verbindung mit einem langwierigen Asylverfahren (welches selbst schwerwiegende Mängel aufweist) unter dem Aspekt des Art. 3 EMRK relevant sein kann (vgl insb. Rz 263 des zitierten Urteils). Ein entsprechend weiter Prüfungsumfang in Bezug auf relevante Bestimmungen der EMRK (Art. 3, 8 und 13) ist daher unter dem Hintergrund einer Berichtslage wie zu Griechenland angebracht (wodurch auch die "effet utile"-Argumentation einzelfallbezogen relativiert wird) - was der herrschenden Praxis des AsylGH entspricht (anders wie die in Rz 351 und 352 des zitierten Urteils beschriebene Situation im belgischen Verfahren). Eine solche Berichtslage liegt zum hier zu Prüfenden Dublinstaat nun in einer Gesamtschau nicht vor, ebenso wenig eine vergleichbare Empfehlung von UNHCR (wie jene zu Griechenland), von Überstellungen abzusehen. Nichtsdestotrotz hat der AsylGH - unter Berücksichtigung dieser Unterschiede - auch im gegenständlichen Fall im Lichte der oa. Überlegungen untersucht, ob die Anwendung des Selbsteintrittsrechts aus Gründen der EMRK angezeigt ist.

 

Im Lichte der eben getroffenen Ausführungen zur Auslegung des Art. 3 EMRK ist nicht erkennbar und wurde auch nicht behauptet, dass die Grundrechtscharta der EU für den konkreten Fall relevante subjektive Rechte verliehe, welche über jene durch die EMRK gewährleisteten, hinausgingen.

 

Im konkreten Fall wurde nun ein im Lichte der oa. Ausführungen entsprechend substantiiertes Vorbringen im Sinne des Erk. vom 23.1.2007, 2006/01/0949 in Bezug auf eine mögliche Verletzung der Art. 3 oder Art. 8 EMRK durch die Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat weder im Verfahren vor der belangten Behörde (mit der Unterstützungsmöglichkeit durch einen Rechtsberater im Zulassungsverfahren) noch in der Beschwerde bescheinigt.

 

Das Vorbringen der bP entspricht jedenfalls nicht einem entsprechend substantiierten Vorbringen.

 

Aufgrund der erfolgten normativen Vergewisserung der Sicherheit von Ungarn ist davon auszugehen, dass die Behörden von Ungarn grundsätzlich generell willens und fähig sind, Personen, welche sich auf dem dortgigen Hoheitsgebiet aufhalten, vor Übergriffen seitens Dritter wirksam und nachhaltig zu schützen. Die bP brachte keinen qualifizierten Sachverhalt vor, welcher den Schluss zuließe, dass die ungarischen Behörden trotz dieses grundsätzlich generell vorhandenen Willens und der Fähigkeit, Schutz zu gewähren, gerade im gegenständlichen Fall über die die bloße Möglichkeit hinausgehend mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) nicht willens und/oder fähig wären, der bP vor den von ihr befürchteten Übergriffen zu schützen.

 

Weder liegen schließlich dem erkennenden Gericht Hinweise auf eine allgemein menschenrechtswidrige Behandlung von Asylwerbern im zuständigen Mitgliedstaat vor, noch Hinweise darauf, dass das Asylverfahren in Ungarn mit der GFK bzw. der Status-, Verfahrens- oder Aufnahmerichtlinie der EU allgemein oder in der Rechtspraxis in Widerspruch stünden. Es liegen auch keine Informationen über Erkenntnisse von Gerichten anderer Mitgliedstaaten vor, wonach Überstellungen in den zuständigen Mitgliedstaat der EMRK widersprächen. Im Lichte der oben dargestellten rechtlichen Determinanten der Prüfung im gegenständlichen Zusammenhang ist daher von einem entscheidungsreifen Sachverhalt auszugehen und war festzustellen, dass die erstinstanzliche Entscheidung zu Recht ergangen ist.

 

Im Falle der nicht vorhandenen Sicherheit Ungarns bzw. der gemeinschafsrechtswidrigen Auslegung und Anwendung der GFK bzw. der Status-, Verfahrens- oder Aufnahmerichtlinie wären die hierzu berechtigten Organe bzw. die Mitgliedstaaten der Europäischen Union -also auch Österreich- angehalten, gegen Ungarn ein Vertragsverletzungsverfahren gem. Art. 226 des EGV anzustrengen (vgl. hierzu etwa auch Urteil des EuGH vom 30.4.2009 - Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland, Rechtssache C-256/08; Urteil des EuGH vom 14.5..2009 - Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Königreich Schweden [beide Urteile wegen nicht fristgerechter Umsetzung der Statusrichtlinie]). Hinweise hierzu liegen jedoch nicht vor, weshalb die Organ der Europäischen Union und deren Mitgliedstaaten -also auch Österreich- offenkundig davon ausgehen, dass Ungarn einen grundsätzlich für die bP sicheren Staat darstellt. Es besteht für das entscheidende Senatsmitglied kein Anlass, eine den oa. Überlegungen widersprechende Ansicht zu vertreten.

 

Das Vorliegen einer massiv rechtswidrigen Verfahrensgestaltung im individuellen Fall konnte ebenfalls nicht festgestellt werden.

 

Im gegenständlichen Fall wird auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich Ungarn aufgrund der Dublin II Verordnung zur Übernahme der bP bereiterklärte und somit europarechtlich zur Prüfung des Asylantrages verpflichtet ist. Ebenso hat Ungarn die Statusrichtlinie, die Verfahrensrichtlinie und die Aufnahmerichtlinie anzuwenden, ein den dort genannten Anforderungen entsprechendes Asylverfahren zu führen, beim Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen Schutz zu gewähren und für die Dauer des Verfahrens eine entsprechende Grundversorgung zu bieten. Die beschwerdeführende Partei konnte nicht konkret und substantiiert vorbringen, warum Ungarn in seinem Fall ihren Asylantrag nicht unter Einhaltung der innerstaatlichen, völker- und europarechtlichen Bestimmungen prüfen und eine entsprechende Entscheidung treffen sollte, weshalb die grundsätzliche europarechtlich gebotene Annahme der "Sicherheit" der Partnerstaaten der Europäischen Union als einer Gemeinschaft des Rechts im individuellen Fall nicht erschüttert werden konnte.

 

Soweit durch die bP die Lage von Asylwerber in Ungarn im Allgemeinen thematisiert wird, sei an dieser Stelle auf die ständige Judikatur des AsylGH verwiesen, wonach dieser bereits in dessen Erk. vom 16.9.2008, GZ S11 319.137-2/2008 von der Unbedenklichkeit Ungarns aus der Sicht der Dublin II VO ausging und bis dato von dieser Rechtsprechung nicht mehr abging (vgl. weiters Erk. S2 435.950-1/2013; Erk. S5 435.855-1/2013; Erk. S4 435.368-1/2013; uva). Der erkennende Richter sieht keinen Anlass, von der zitierten Rechtsprechung im gegenständlichen Fall abzurücken

 

Zusammenfassend kommt der Asylgerichtshof also zum Schluss, dass sich aus der durch das Bundesasylamt beigeschafften Berichtslage, die insgesamt wesentlich aktueller ist als die in der Beschwerde angeführten Dokumente, mit im gegenständlichen Zusammenhang hinreichender Wahrscheinlichkeit ergibt, dass in einem Fall wie dem vorliegenden, nach einer "Dublin-Überstellung" ein grundsätzlich ordnungsgemäßes Asylverfahren durchgeführt wird und dass auch keine Gefahr einer existenziellen Bedrohung besteht - dies umso mehr als beim Beschwerdeführer keinerlei individuelle Vulnerabilitätsaspekte (z.B. schwere Krankheit oder sonstige Beeinträchtigungen) hinzutreten.

 

Medizinische Krankheitszustände; Behandlung in Ungarn

 

Unbestritten ist, dass nach der allgemeinen Rechtsprechung des EGMR zu Art. 3 EMRK und Krankheiten, die auch im vorliegenden Fall maßgeblich ist, eine Überstellung nach Ungarn nicht zulässig wäre, wenn durch die Überstellung eine existenzbedrohende Situation drohte und diesfalls das Selbsteintrittsrecht der Dublin II VO zwingend auszuüben wäre.

 

In diesem Zusammenhang ist vorerst auf das jüngste diesbezügliche Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (VfGH vom 06.03.2008, Zl: B 2400/07-9) zu verweisen, welches die aktuelle Rechtsprechung des EGMR zur Frage der Vereinbarkeit der Abschiebung Kranker in einen anderen Staat mit Art. 3 EMRK festhält (D. v. the United Kingdom, EGMR 02.05.1997, Appl. 30.240/96, newsletter 1997,93; Bensaid, EGMR 06.02.2001, Appl. 44.599/98, newsletter 2001,26; Ndangoya, EGMR 22.06.2004, Appl. 17.868/03; Salkic and others, EGMR 29.06.2004, Appl. 7702/04; Ovdienko, EGMR 31.05.2005, Appl. 1383/04; Hukic, EGMR 29.09.2005, Appl. 17.416/05; EGMR Ayegh, 07.11.2006; Appl. 4701/05; EGMR Goncharova & Alekseytsev, 03.05.2007, Appl. 31.246/06).

 

Zusammenfassend führt der VfGH aus, das sich aus den erwähnten Entscheidungen des EGMR ergibt, dass im Allgemeinen kein Fremder ein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaates gibt. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung in Art. 3 EMRK. Solche liegen etwa vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben (Fall D. v. the United Kingdom).

 

Jüngste Rechtsprechung des EGMR (N vs UK, 27.05.2008) und Literaturmeinungen (Premiszl, Migralex 2/2008, 54ff, Schutz vor Abschiebung von Traumatisierten in "Dublin-Verfahren") bestätigen diese Einschätzung, wobei noch darauf hinzuweisen ist, dass EU-Staaten verpflichtet sind, die Aufnahmerichtlinie umzusetzen und sohin jedenfalls eine begründete Vermutung des Bestehens einer medizinischen Versorgung besteht.

 

Aus diesen Judikaturlinien des EGMR ergibt sich jedenfalls der für das vorliegende Beschwerdeverfahren relevante Prüfungsmaßstab.

 

Nach der geltenden Rechtslage ist eine Überstellung dann unzulässig, wenn die Durchführung eine in den Bereich des Art 3 EMRK reichende Verschlechterung des Krankheitsverlaufs oder der Heilungsmöglichkeiten bewirken würde (siehe Feststellungen des Innenausschusses zu § 30 AsylG); dabei sind die von den Asylbehörden festzustellenden Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat als Hintergrundinformation beachtlich, sodass es sich quasi um eine "erweiterte Prüfung der Transportfähigkeit" handelt.

 

Maßgebliche Kriterien für die Beurteilung der Art. 3 EMRK-Relevanz einer psychischen Erkrankung angesichts einer Abschiebung sind Aufenthalte in geschlossenen Psychiatrien infolge von Einweisungen oder auch Freiwilligkeit, die Häufigkeit, Regelmäßigkeit und Intensität der Inanspruchnahme medizinisch-psychiatrischer Leistungen, die Möglichkeit einer wenn auch gemessen am Aufenthaltsstaat schlechteren medizinischen Versorgung im Zielstaat sowie die vom Abschiebestaat gewährleisteten Garantien in Hinblick auf eine möglichst schonende Verbringung. Rechtfertigen diese Kriterien eine Abschiebung, hat eine denkmögliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes oder ungünstige Entwicklung des Gesundheitszustands zumeist außer Betracht zu bleiben, geschweige denn vermag die Verursachung von überstellungsbedingtem mentalen Stress eine Abschiebung unzulässig machen.

 

Im vorliegenden Fall konnten seitens der beschwerdeführenden Partei keine akut existenzbedrohenden Krankheitszustände oder Hinweise einer unzumutbaren Verschlechterung der Krankheitszustände im Falle einer Überstellung nach Ungarn belegt werden, respektive die Notwendigkeit weitere Erhebungen seitens des Asylgerichtshofes. Aus der Aktenlage sind keine Hinweise auf das Vorliegen (schwerer) Erkrankungen ersichtlich.

 

Letztlich ist anzuführen, dass der Asylgerichtshof im Einklang mit der diesbezüglichen Sichtweise des Bundesasylamtes keinen Anlass sieht, Österreich zwingend zur Anwendung des Art 3 Abs 2 VO 343/2003 infolge drohender Verletzung von Art 3 oder Art 8 EMRK zu verpflichten.

 

Es ergaben sich zusammengefasst keine von Amtswegen aufzugreifende Umstände, die es zwingend erforderlich machten, dass neben dem materiellen Asylverfahren in Ungarn ein weiteres materielles Asylverfahren in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, nämlich in Österreich, durchgeführt werden muss.

 

II.2.4.6. Gem. § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG war gegenständlicher Bescheid mit einer Ausweisung zu Verbinden. Ein Sachverhalt, welcher unter § 10 Abs. 2 oder 3 bzw. Abs. 5 zu subsumieren wäre, kam im Ermittlungsverfahren nicht hervor. Weder kommt der bP ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zu, noch liegt eine Verletzung des Art. 8 EMRK vor. Hier wird auf die bereits getätigten Ausführungen (insb. Punkt II.2.4.4. des gegenständlichen Erkenntnisses) verwiesen. Weiters kam bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Sachverhalt hervor, welcher den Schluss zuließe, dass die Durchführung der Ausweisung nach Ungarn eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen würde oder gem. Abs. 4 leg. cit. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Ungarn unzulässig erscheinen lassen würde. Die bP war daher aus dem Bundesgebiet nach Ungarn auszuweisen.

 

II.2.4.7. Eine Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 37 Abs. 1 AsylG konnte aufgrund der getroffenen Entscheidung in der Hauptsachen entfallen.

 

II.2.4.8. Gemäß § 41 Abs 4 AsylG konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden

Schlagworte
Ausweisung, real risk, unverzügliche Ausreiseverpflichtung
Zuletzt aktualisiert am
17.07.2013
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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