TE Vwgh Erkenntnis 2013/8/29 2011/16/0167

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Veröffentlicht am 29.08.2013
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Index

32/06 Verkehrsteuern;

Norm

ErbStG §15 Abs1 Z17;
ErbStG §2 Abs1 Z1;
ErbStG §2 Abs1 Z3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Mairinger, Mag. Dr. Köller, Dr. Thoma sowie die Hofrätin Mag. Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde der T in L, vertreten durch Dr. Alfred Jaeger, Mag. Alexander Loidl und Mag. Johannes Welzl, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Hauptplatz 30, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom 29. April 2011, Zl. RV/0165- L/07, betreffend Erbschaftssteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 57,40 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist Erbin nach ihrem am 14. Februar 2006 verstorbenen Ehemann.

Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Traun vom 17. Juli 2006 wurde der Beschwerdeführerin die Verlassenschaft zur Gänze eingeantwortet. Der Verlassenschaftsabhandlung wurde das eidesstättige Vermögensbekenntnis vom 10. Juli 2006 zugrunde gelegt, woraus sich ein reiner Nachlass von 244.058,16 EUR (Aktiva 254.390,63 EUR und Passiva von 10.332,17 EUR) ergab und welches unter den Aktiva zwei Wertpapierdepots, ein Girokonto, eine Spareinlage und einen Bausparvertrag im Gesamtbetrag von 213.080,11 EUR auswies. Weiters wurde in der Verlassenschaftsabhandlung das Pflichtteilsübereinkommen zwischen der Beschwerdeführerin und ihren beiden erblichen Söhnen vom 10. Juli 2006 zur Kenntnis genommen, worin sich die Beschwerdeführerin verpflichtet hatte, jedem der beiden Söhne als Pflichtteilsabfindungsbetrag 60.000 EUR zuzüglich Zinsen zu bezahlen.

Mit Bescheid vom 23. August 2006 setzte das Finanzamt Freistadt Rohrbach Urfahr gegenüber der Beschwerdeführerin Erbschaftssteuer in Höhe von 12.267,44 EUR fest. Bei der Bemessung rechnete das Finanzamt eine "bezugsberechtigte Versicherung" von 157.103,31 EUR den sich aus dem Nachlass ergebenden Beträgen hinzu. Als "Freibetrag gemäß § 15 Abs. 1 Z. 17 ErbStG" wurden 116.462,73 EUR abgezogen. In der Begründung hielt das Finanzamt fest, dass von den Pflichtteilen die von der Beschwerdeführerin "nicht ausgeschöpfte Steuerbefreiung gemäß § 15 Abs. 1 Z 17 ErbStG in Höhe von EUR 96.617,38 in Abzug gebracht" worden sei.

In der mit Schriftsatz vom 15. September 2006 dagegen erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, in den Nachlassaktiven sei ein endbesteuertes Vermögen in Höhe von 213.018,11 EUR enthalten gewesen. Die von der Beschwerdeführerin laut Pflichtteilsübereinkommen zu leistenden Pflichtteilsansprüche in Höhe von insgesamt 120.000 EUR seien zu Unrecht um die "nicht ausgeschöpfte Steuerbefreiung" in Höhe von 96.617,38 EUR gekürzt und sohin lediglich mit 23.382,62 EUR in Abzug gebracht worden. Der sogenannte "Überschuss an endbesteuertem Vermögen" sei mit 96.617,38 EUR richtig berechnet und bei den pflichtteilsberechtigten Söhnen je zur Hälfte richtig in Abzug gebracht worden. Dieser Betrag könne aber nicht den Abzugsposten der zu leistenden Pflichtteilszahlungen mindern, weil die Beschwerdeführerin dadurch der ihr jedenfalls zustehenden Steuerbefreiung wieder verlustig würde. Unter Berücksichtigung der bezugsberechtigten Versicherungen mit richtig 154.163,73 EUR einerseits und der Pflichtteile mit insgesamt 120.000 EUR andererseits hätte der steuerpflichtige Erwerb mit 53.786,35 EUR ermittelt werden müssen.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 2. Oktober 2006 wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab. Im Vermögensbekenntnis seien bezugsberechtigte Versicherungen zwar in der Höhe von 154.163,73 EUR ausgewiesen. Laut Mitteilung der Versicherung sei die Beschwerdeführerin darüber hinaus noch bezugsberechtigte Person einer jährlichen Rentenzahlung bis 2012 in Höhe von 2.939,58 EUR, weshalb der Gesamtwert der bezugsberechtigten Versicherungserlöse 157.103,31 EUR betrage. Den im Vermögensbekenntnis enthaltenen Nachlasspassiva von 10.332,17 EUR seien nach dem Todestag angefallene Nachlasskosten von 7.595,73 EUR hinzuzurechnen. Abzüglich der Pflichtteile von 120.000 EUR ergebe sich für die Beschwerdeführerin ein "Erbanteil" von 116.462,73 EUR. Ziehe man vom im Nachlass enthaltenen endbesteuerten Vermögen von 213.080,11 EUR diesen Erbanteil von 116.462,73 EUR ab, ergebe sich ein "überschießender Steuervorteil" von 96.617,38 EUR. Die Steuerbefreiung gemäß § 15 Abs. 1 Z 17 ErbStG stehe der Beschwerdeführerin als Erbin im Ausmaß von 116.462,73 EUR und den Pflichtteilberechtigten im Ausmaß von 96.617,38 EUR zu.

In dem mit Schriftsatz vom 3. November 2006 eingebrachten Vorlageantrag wandte sich die Beschwerdeführerin dagegen, dass die bezugsberechtigten Versicherungserlöse nicht in die Aktiva einbezogen worden seien.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Die Beschwerdeführerin sei Erbin nach ihrem verstorbenen Ehemann und habe zum gesamten Nachlass die unbedingte Erbantrittserklärung abgegeben. Die Söhne hätten jeweils einen Pflichtteil erhalten. Im Nachlass habe sich unter anderem sogenanntes endbesteuertes Vermögen (Wertpapiere, Bankguthaben) befunden. Außerdem sei die Beschwerdeführerin aus mehreren von ihrem Ehemann abgeschlossenen Lebensversicherungen bezugsberechtigt gewesen. Die Erbschaftssteuerbescheide der Pflichtteilsberechtigten seien rechtskräftig, bei den Pflichtteilsberechtigten sei ein Teil (überschießender Steuervorteil) unversteuert geblieben. Das endbesteuerte Vermögen des Erblassers sei, insoweit es im Erbteil (ohne Berücksichtigung der Lebensversicherungserlöse) der Beschwerdeführerin Deckung gefunden habe, unversteuert geblieben, ebenso sei es bei den Pflichtteilsberechtigten zu einem Teil (überschießender Steuervorteil) unversteuert geblieben.

Dem Erfordernis, dass endbesteuertes Vermögen zur Gänze steuerfrei bleiben müsse, sei im Beschwerdefall entsprochen worden. Zur Berechnung verwies die belangte Behörde auf die Berufungsvorentscheidung.

Der Verfassungsgerichtshof hat die vor ihm dagegen erhobene Beschwerde mit Beschluss vom 29. Juni 2011, B 749/11-3, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof nach Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung abgetreten. Eine Aufteilung der Befreiung für das im Nachlass befindliche endbesteuerte Vermögen zwischen der Erbin und den Pflichtteilsberechtigten sei verfassungsrechtlich unbedenklich, solange die Endbesteuerungswirkung in Summe nicht verloren gehe.

In dem die Beschwerde ergänzenden Schriftsatz vom 19. August 2011 erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf "Nichtvorschreibung der Erbschaftssteuer aus endbesteuertem Vermögen" verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes 1955 (ErbStG) in der im Beschwerdefall noch anzuwendenden Fassung vor der Aufhebung durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 7. März 2007, G 54/06 u.a., unterlag der Erbschaftssteuer der Erwerb von Todes wegen.

Als Erwerb von Todes wegen gilt nach § 2 Abs. 1 Z 1 ErbStG der Erwerb durch Erbanfall, durch Vermächtnis oder auf Grund eines geltend gemachten Pflichtteilsanspruches und nach § 2 Abs. 1 Z 3 leg. cit. der Erwerb von Vermögensvorteilen, der auf Grund eines vom Erblasser geschlossenen Vertrages unter Lebenden von einem Dritten mit dem Tode des Erblassers unmittelbar gemacht wird.

Steuerfrei bleiben gemäß § 15 Abs. 1 Z 17 erster Anstrich ErbStG Erwerbe von Todes wegen von Kapitalvermögen, soweit dessen Erträge im Zeitpunkt des Todes des Erblassers der Steuerabgeltung gemäß § 97 Abs. 1 erster Satz sowie § 97 Abs. 2 erster bis dritter Satz des Einkommensteuergesetzes 1988 in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl. Nr. 12/1993, unterliegen, sowie von vergleichbarem Kapitalvermögen, soweit dessen Erträge im Zeitpunkt des Todes des Erblassers der besonderen Einkommensteuer gemäß § 37 Abs. 8 des Einkommensteuergesetzes 1988 unterliegen; dies gilt für Forderungswertpapiere nur dann, wenn sie bei der Begebung sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht einem unbestimmten Personenkreis angeboten werden.

Übersteigt das im Nachlass enthaltene endbesteuerte Vermögen den Wert dessen, was dem Erben (gemeinsam mit anderen Empfängern derartigen Vermögens) verbleibt, dann steht es der Steuerbefreiung nicht entgegen, wenn der Erbschaftssteuerpflichtige zwar nicht selbst endbesteuertes Vermögen erwirbt, sein Erwerb sich aber von endbesteuertem Vermögen ableitet, an seine Stelle tritt und die Leistung endbesteuerten Vermögens ersetzt; denn im Ergebnis muss der Nachlass in jenem Umfang steuerfrei bleiben, in dem er aus endbesteuertem Vermögen besteht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. September 2006, 2006/16/0047, mwN). Pflichtteilsberechtigte (und Vermächtnisnehmer) können den überschießenden Steuervorteil für sich in Anspruch nehmen, und zwar gleichgültig, ob und in welchem Maße der Erbe zur Erfüllung des Pflichtteils (oder zur Entrichtung des Legats) endbesteuertes Vermögen "realisiert" oder auf andere Nachlassgegenstände oder nicht aus dem Nachlas stammendes Vermögen greift (vgl. etwa die Erkenntnisse des VfGH vom 23. Juni 1999, B 36/98, VfSlg 15.474, und vom 10. Juni 2002, B 1171/99, VfSlg 16.497).

Die belangte Behörde hat im Instanzenzug - dieser Rechtsprechung folgend - den Betrag des endbesteuerten Vermögens, welcher den der Beschwerdeführerin nach Abzug der Pflichtteilsbeträge verbleibenden Anteil des reinen Nachlasses überstieg, den Pflichtteilsberechtigten zugerechnet, welche die Zahlungen sohin mittelbar aus dem endbesteuerten Vermögen des Erblassers herleiten können.

Die Beschwerdeführerin trägt vor, der Pflichtteilsanspruch gehe auf eine bloße Geldleistung und dessen Erfüllung verschaffe dem Pflichtteilsberechtigten kein endbesteuertes Vermögen. Ein "überschießender Steuervorteil" komme nur dann zum Tragen, wenn die Steuerfreiheit hinsichtlich eines Teiles des endbesteuerten Vermögens verloren ginge. Sie vertritt offenbar die Ansicht, wenn das in den Nachlassaktiva enthaltene endbesteuerte Vermögen ihren "Erbanteil" übersteige, sei zunächst der Erwerb nach sonstigen Tatbeständen eines Erwerbs von Todes wegen (im Beschwerdefall:

Versicherungsleistungen aus Lebensversicherungen (§ 2 Abs. 1 Z 3 ErbStG)) heranzuziehen und von dieser aus mehreren zur Erbschaftssteuerpflicht führenden Tatbeständen gebildeten Bemessungsgrundlage das endbesteuerte Vermögen abzuziehen, wodurch für die Pflichtteilsberechtigten kein "Anteil" an der Steuerfreiheit nach § 15 Abs. 1 Z 17 ErbStG verbliebe.

Diese Ansicht teilt der Verwaltungsgerichtshof nicht. Der Erwerb der ihrerseits wieder erbschaftssteuerpflichtigen Pflichtteilsberechtigten stellt einen Erwerb von Todes wegen (§ 2 Abs. 1 Z 1 dritter Fall ErbStG) dar und findet seine rechtliche Wurzel im endbesteuerten Vermögen des Erblassers. Dass die Pflichtteilsberechtigten nicht unmittelbar endbesteuerte Vermögensgegenstände (etwa durch eine Depotübertragung) erhalten haben, ändert daran nichts. Die rechtliche Wurzel des Erwerbs der Beschwerdeführerin auf Grund der Versicherungsleistungen (§ 2 Abs. 1 Z 3 ErbStG) liegt demgegenüber nicht im endbesteuertem Vermögen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 29. August 2013

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2013:2011160167.X00

Im RIS seit

24.09.2013

Zuletzt aktualisiert am

19.12.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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