TE Vfgh Beschluss 2013/6/26 A4/2013

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Veröffentlicht am 26.06.2013
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)

Norm

B-VG Art137 / ord Rechtsweg
EO §359 Abs2

Leitsatz

Unzulässigkeit einer Klage auf Rückzahlung zu Unrecht verhängter Geldstrafen nach der Exekutionsordnung; Entscheidung über den geltend gemachten Anspruch im ordentlichen Rechtsweg

Spruch

I.              Hinsichtlich der erstklagenden Partei wird die Klage zurückgewiesen.

II.              Hinsichtlich der zweitklagenden Partei wird das Verfahren eingestellt.

Begründung

Begründung

I. Sachverhalt und Klagebegehren

1. Mit der auf Art137 B-VG gestützten und gegen den Bund gerichteten Klage begehren die klagenden Parteien ursprünglich € 40.000,– zuzüglich 4 % Zinsen seit Einbringung der Klage.

2. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Döbling vom 15. November 2010 (berichtigt mit Beschluss vom 17. Dezember 2010) wurde der Mediengruppe Österreich GmbH wider die klagenden Parteien als verpflichtete Parteien zur Erwirkung der Unterlassung "im periodischen Druckwerk (Tageszeitung) 'Kronen Zeitung' redaktionelle Artikel zu veröffentlichen, wenn dabei der unrichtige Eindruck erweckt wird, der Artikel wäre 'exklusiv'", die Exekution bewilligt und über die verpflichteten Parteien eine Geldstrafe in der Höhe von jeweils € 10.000,– gemäß §355 Exekutionsordnung verhängt.

3. Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien hat als Rekursgericht mit Beschluss vom 29. Juli 2011 den Beschluss des Bezirksgerichtes Döbling dahingehend abgeändert, dass Geldstrafen in Höhe von jeweils € 20.000,– über die klagenden Parteien als verpflichtete Parteien verhängt wurden.

4. Die klagenden Parteien leisteten die über sie verhängten Geldstrafen.

5. Die klagenden Parteien begehrten mit Impugnationsklage vom 9. Dezember 2010, die Exekutionsbewilligung samt Strafvollzugsbeschluss gemäß §36 Exekutionsordnung für unzulässig zu erklären. Das Erstgericht wies das Klagsbegehren ab. Das Berufungsgericht gab der von den klagenden Parteien erhobenen Berufung nicht Folge, bewertete den Entscheidungsgegenstand mit € 30.000,– übersteigend und erklärte die ordentliche Revision mangels zu lösender erheblicher Rechtsfrage für nicht zulässig. Dagegen richtete sich die außerordentliche Revision der klagenden Parteien mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Unzulässigerklärung der Exekution, hilfsweise auf Aufhebung. Der Oberste Gerichtshof erkannte mit Urteil vom 14. Juni 2012, dass der Impugnationsklage stattzugeben war und die Entscheidungen der Vorinstanzen mit der Maßgabe abzuändern waren, dass die bewilligte Exekution einschließlich des Ausspruches der Geldstrafe unzulässig war.

6. In der Folge stellte das Bezirksgericht Döbling mit Beschluss vom 31. Juli 2012 die Exekution gemäß §36 Abs3 Exekutionsordnung ein. Unter Punkt 4. wies das Bezirksgericht Döbling die Buchhaltungsagentur des Bundes an, aus Amtsgeldern auf Grund des Urteils des Obersten Gerichtshofes vom 14. Juni 2012 und auf Grund des Punktes 1. des gegenständlichen Beschlusses den Betrag von insgesamt € 40.000,– auf das Fremdgeldkonto der Vertreter der klagenden Parteien zu überweisen und über den Vollzug zu berichten.

7. Zur Klagslegitimation führen die klagenden Parteien aus, dass der Anspruch der klagenden Parteien auf Rückzahlung der gezahlten Geldstrafen im öffentlichen Recht wurzle. Ein Verwaltungsweg zu seiner Durchsetzung sei nicht vorgesehen, weshalb der Verfassungsgerichtshof gemäß Art137 B-VG zur Entscheidung über das Begehren zuständig sei.

8. In der Sache führen die klagenden Parteien aus, dass zu Unrecht verhängte Geldstrafen gemäß §359 Exekutionsordnung dem Verpflichteten zurückzuzahlen seien. Über die Rückzahlungspflicht habe auf Antrag des Verpflichteten das Exekutionsgericht durch Beschluss zu entscheiden. Die klagenden Parteien hätten beim Bezirksgericht Döbling einen solchen Beschluss iSd §359 Abs2 Exekutionsordnung erwirkt, weshalb die beklagte Partei zur Rückzahlung der von den klagenden Parteien gezahlten Geldstrafen verpflichtet sei.

9. Nachdem die beklagte Partei die Kapitalsforderung der klagenden Parteien am 29. April 2013 erfüllt hat, schränkt die erstklagende Partei mit Schriftsatz vom 14. Mai 2013 ihr Klagsbegehren auf 4 % Zinsen aus € 20.000,– seit Einbringung der Klage bis 28. April 2013 und Kosten ein. Die zweitklagende Partei zog mit demselben Schriftsatz ihren Antrag zurück.

II. Rechtslage

Die maßgebliche Bestimmung der Exekutionsordnung, RGBl. 79/1896 idF BGBl I 50/2012, lautet wie folgt:

"Geldstrafen.

§359. (1) Die Geldstrafe darf je Antrag 100 000 Euro nicht übersteigen.

(2) Ist die Geldstrafe zu Unrecht verhängt worden oder wird der Antrag vor Rechtskraft des Strafbeschlusses zurückgezogen, so ist der erhaltene Betrag dem Verpflichteten zurückzuzahlen. Über die Rückzahlungspflicht hat auf Antrag des Verpflichteten das Exekutionsgericht durch Beschluß zu entscheiden.

(3) (Anm.: aufgehoben durch BGBl I Nr 59/2000)"

III. Erwägungen

Der Verfassungsgerichtshof hat zur Frage seiner Zuständigkeit erwogen:

1. Gemäß Art137 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über vermögensrechtliche Ansprüche gegen den Bund, die Länder, die Gemeinden und die Gemeindeverbände, die weder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen sind. Grundsätzlich kann auch ein Begehren auf Zahlung von Zinsen die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes nach Art137 B-VG begründen, da Zinsen Annex eines mit Klage nach Art137 B-VG geltend gemachten vermögensrechtlichen Anspruches sein können (vgl. zu Verzugszinsen VfSlg 7571/1975, 10.496/1985, 10.795/1986, 12.693/1991, 16.600/2002).

2. Mit der vorliegenden Klage wird ein vermögensrechtlicher Anspruch gegen den Bund geltend gemacht. Er ist jedoch auf dem ordentlichen Rechtsweg auszutragen.

Die erstklagende Partei ist im Recht, wenn sie behauptet, dass zu Unrecht verhängte Geldstrafen gemäß §359 Abs2 Exekutionsordnung dem Verpflichteten zurückzuzahlen sind. §359 Abs2 zweiter Satz Exekutionsordnung verlangt, dass über die Rückzahlungspflicht ein Exekutionsgericht auf Antrag des Verpflichteten mit Beschluss zu entscheiden hat. Es kann dahingestellt bleiben, ob mit dem Beschluss des Bezirksgerichtes Döbling vom 31. Juli 2012, mit dem die Buchhaltungsagentur des Bundes angewiesen wurde, aus Amtsgeldern aufgrund des Urteils des Obersten Gerichtshofes vom 14. Juni 2012 und aufgrund des Punktes 1. des Beschlusses den Betrag von insgesamt € 40.000,– auf das Fremdgeldkonto der Vertreter der klagenden Parteien zu überweisen und über den Vollzug zu berichten, ein solcher Beschluss bereits vorliegt oder aber ein solcher von der klagenden Partei noch beantragt werden kann. Da die Zinsen als Annex in dieser Hinsicht der Hauptsache folgen, gilt auch für diese das oben Gesagte.

In jedem Fall hat über den von der klagenden Partei geltend gemachten Anspruch ein Gericht im ordentlichen Rechtsweg zu entscheiden, weshalb die Prozessvoraussetzungen des Art137 B-VG nicht gegeben sind.

3. Da die zweitklagende Partei mit Schriftsatz vom 14. Mai 2013 ihren Antrag zurückgezogen hat, war das Verfahren hinsichtlich der zweitklagenden Partei einzustellen.

IV. Ergebnis und damit zusammenhängende Ausführungen

1. Die Klage der erstklagenden Partei ist sohin mangels Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes zurückzuweisen.

2. Das Verfahren hinsichtlich der Klage der zweitklagenden Partei ist einzustellen.

3. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lita VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

VfGH / Klagen, VfGH / Zuständigkeit, Exekutionsrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2013:A4.2013

Zuletzt aktualisiert am

26.07.2013
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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