Index
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AVG §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Riedinger, den Hofrat Mag. Dr. Köller und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des J S in K, Deutschland, vertreten durch Mag. Robert Peisser, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Templstraße 5b, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 6. März 2013, Zl. uvs- 2013/30/0274-2, betreffend Übertretung des KFG (weitere Partei: Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde, dem mit ihr vorgelegten erstinstanzlichen Straferkenntnis und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich Folgendes:
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid erkannte die belangte Behörde nach Durchführung einer Berufungsverhandlung den Beschwerdeführer, einen deutschen Staatsangehörigen, einer Verwaltungsübertretung gemäß § 103 Abs. 2 Kraftfahrgesetz 1976 (KFG) schuldig, weil er als Zulassungsbesitzer eines näher bezeichneten PKW der Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 9. Juli 2012, binnen zwei Wochen ab Zustellung bekannt zu geben, wer diesen PKW am 21. Juni 2012 um 20.09 Uhr in Wörgl auf der A 12 Inntalautobahn bei km 17,500 in Richtung Westen gelenkt habe, nicht nachgekommen sei und auch keine weitere Person benannt habe, die die Auskunft hätte erteilen können. Dafür wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 134 Abs. 1 KFG eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 365,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 96 Stunden) verhängt.
Zur Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Lenker des angeführten PKW habe zur angegebenen Zeit am angegebenen Ort im Gemeindegebiet von Wörgl nach einer Radarmessung die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 56 km/h (bereits abzüglich einer in Betracht kommenden Messtoleranz) überschritten. Der Beschwerdeführer sei daher mit Schreiben der Erstbehörde vom 9. Juli 2012 unter Strafandrohung für eine Unterlassung der Auskunft oder einer unrichtigen, unvollständigen oder nicht fristgerechten Auskunftserteilung in seiner Eigenschaft als Zulassungsbesitzer des PKW aufgefordert worden, gemäß § 103 Abs. 2 KFG binnen zwei Wochen darüber Auskunft zu erteilen, wer das Fahrzeug zur angegebenen Zeit am angegebenen Ort gelenkt habe. Dieses Schreiben sei dem Beschwerdeführer nachweislich am 16. Juli 2012 zugestellt worden, dennoch habe er dem Auftrag keine Folge geleistet. Daraufhin habe die Erstbehörde mit Datum 22. August 2012 wegen der unterlassenen Lenkerbekanntgabe eine Strafverfügung erlassen. Nach Einspruch gegen diese Strafverfügung sei das erstinstanzliche Straferkenntnis vom 10. Dezember 2012 ergangen, gegen das der Beschwerdeführer Berufung erhoben habe.
Nach Darstellung der Rechtslage führte die belangte Behörde weiter aus, dass der Beschwerdeführer nachgewiesener Maßen seiner Auskunftspflicht nach § 103 Abs. 2 KFG nicht ausreichend nachgekommen sei. Weder habe er Namen und genaue Adresse des Lenkers bekanntgegeben, noch eine Person benannt, die diese Auskunft erteilen könne und die demnach die Auskunftspflicht treffe. Auskunftsverweigerungsrechte träten gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, zurück. Auch Entschlagungsrechte nach etwaigen deutschen Vorschriften kämen nicht zum Tragen, weil Tatort für die Übertretung nach § 103 Abs. 2 KFG jener Ort sei, von dem aus die Auskunft verlangt worden sei, nämlich der Sitz der Behörde - im konkreten Fall der Sitz der Erstbehörde, der Stadtgemeinde Kufstein. Die angelastete Verwaltungsübertretung - Unterlassung der geforderten Auskunft - sei aber nicht nur objektiv erfolgt, sondern dem Beschwerdeführer auch subjektiv vorwerfbar, weil es ihm nicht gelungen sei, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe, und er damit die fahrlässige Tatbegehung nach § 5 Abs. 1 2. Satz VStG zu verantworten habe.
Zur Strafhöhe hielt die belangte Behörde fest, dass diese angemessen erscheine: Der Unrechtsgehalt der angelasteten Verwaltungsübertretung sei insofern nicht unerheblich, als bei Missachtung der Auskunftspflicht nach § 103 Abs. 2 KFG die von KFZ-Lenkern, die nicht persönlich betreten worden seien, begangenen Verwaltungsübertretungen nicht verfolgt werden könnten, und das Verschulden des Beschwerdeführers nicht geringfügig sei. Mangels konkreter Angaben zu Einkommens- und Vermögensverhältnissen im Verfahren sei von einem zumindest durchschnittlichen Einkommen ausgegangen und die bisherige Unbescholtenheit des Beschwerdeführers berücksichtigt worden; bei einem Strafrahmen bis zu EUR 5.000,-- würden mit der festgesetzten Geldstrafe lediglich 7,3% der Höchststrafe ausgeschöpft.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde, welche sich ausschließlich gegen die Zuständigkeit der belangten Behörde wendet, erwogen:
§ 103 Abs. 2 KFG lautet:
"(2) Die Behörde kann Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück."
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, eine Verwaltungsübertretung gemäß § 103 Abs. 2 KFG begangen zu haben, indem er die Aufforderung zur Lenkerbekanntgabe nach dieser Bestimmung nicht befolgt hat, vermeint jedoch, dass die belangte Behörde nicht zur Entscheidung über sein Rechtsmittel zuständig gewesen wäre, weil im vorliegenden Fall ein Administrativverfahren vorliege und daher über Berufungen gegen erstinstanzliche Entscheidungen der Bezirksverwaltungsbehörde der Landeshauptmann zu entscheiden hätte.
Diese Ansicht erweist sich als verfehlt.
Die Strafbestimmung des § 134 Abs. 1 KFG normiert, dass ein Zuwiderhandeln gegen die Bestimmungen des KFG eine Verwaltungsübertretung darstellt und mit einer Geldstrafe bis zu EUR 5.000,-- (bzw. einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen) zu bestrafen ist. Entgegen der Beschwerdemeinung handelt es sich bei einem Verfahren wegen einer Übertretung des § 103 Abs. 2 KFG durch Verletzung der dort vorgeschriebenen Auskunftspflicht durch den Zulassungsbesitzer daher nicht um ein Administrativverfahren, sondern ein Verwaltungsstrafverfahren.
Zur Frage der Zuständigkeit zur Entscheidung über Rechtsmittel im Verwaltungsstrafverfahren lauten die maßgeblichen Bestimmungen wie folgt:
Art. 129a Abs. 1 Z 1 B-VG:
" Art. 129 a (1) Die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern erkennen nach Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges, sofern ein solcher in Betracht kommt,
1. in Verfahren wegen Verwaltungsübertretungen, ausgenommen Finanzstrafsachen des Bundes,
…"
"5. Abschnitt:
Rechtsschutz durch unabhängige Verwaltungssenate Berufung
§ 51. (1) Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. "
Aus diesen Bestimmungen geht eindeutig hervor, dass die belangte Behörde - der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol - zur Entscheidung über die Berufung gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 10. Dezember 2012 zuständig war.
Insoweit der Beschwerdeführer auf das hg. Erkenntnis vom 22. Juli 2010, Zl. 2010/11/0061, verweist, welches seiner Ansicht nach belege, dass das gegenständliche Verfahren ein Administrativverfahren darstelle, ist darauf hinzuweisen, dass im dort zitierten Fall eine Wiedereinsetzung in die Frist zur Auskunftserteilung Gegenstand des Verfahrens war (und daher ein Administrativverfahren vorlag) - nicht aber eine Bestrafung wegen einer Übertretung des KFG - weshalb diese Beschwerdeausführungen ins Leere gehen.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 21. Juni 2013
Schlagworte
sachliche Zuständigkeit in einzelnen AngelegenheitenInstanzenzugEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2013:2013020097.X00Im RIS seit
17.07.2013Zuletzt aktualisiert am
19.08.2013