TE AsylGH Beschluss 2013/07/11 E12 315556-3/2013

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Veröffentlicht am 11.07.2013
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Spruch

E12 315.556-3/2013/5Z

 

BESCHLUSS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Isabella ZOPF über die Beschwerde der XXXX, geb. XXXX, StA. Armenien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 18.06.2013, Zl. 13 03.605-BAL, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht beschlossen:

 

Der Beschwerde wird, soweit sie sich gegen Spruchpunkt IV des angefochtenen Bescheides richtet, stattgegeben und Spruchpunkt IV des Bescheides vom 18.6.2013 gemäß § 66 Abs. 4 AVG ersatzlos behoben.

 

Es wird festgestellt, dass der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid somit gemäß § 38 Abs.2 Asylgesetz 2005 die aufschiebende Wirkung zukommt.

Text

BEGRÜNDUNG:

 

Der Asylgerichtshof nimmt den nachfolgenden Sachverhalt als erwiesen an:

 

Bisheriger Verfahrenshergang

 

Die Beschwerdeführerin (im Folgenden auch: BF) stellte am 20.3.2013 beim Bundesasylamt (BAA) den 2. Antrag auf internationalen Schutz. Dazu wurde sie erstbefragt und zu den im Akt ersichtlichen Daten von einem Organwalter des BAA niederschriftlich einvernommen. Der Verlauf dieser Einvernahmen ist im angefochtenen Bescheid im Wesentlichen wieder gegeben, weshalb an dieser Stelle hierauf verwiesen wird.

 

Als Begründung für das Verlassen des Herkunftsstaates brachte die BF im Wesentlichen vor, dass sie im Mai 2012 von Österreich nach Armenien abgeschoben worden sei. Am 23. oder 24.9.2012 seien 3 ihr fremde Männer in die Wohnung gekommen und hätten nach ihrem Mann gefragt. Die Männer hätten sie geschlagen, die Wohnung durchsucht und ihren Reisepass mitgenommen. Weiter hätten die Männer einen Grundbuchauszug verlangt, um die Wohnung umschreiben zu lassen. Nachdem ihr dafür eine Frist von 10 Tagen gewährt worden sei, sei sie zu einer Bekannten gezogen, die ihre Ausreise organisiert habe.

 

Der Antrag auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid des BAA vom 18.6.2013 gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005 abgewiesen und der Status einer Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG wurde der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien abgewiesen (Spruchpunkt II.) und gemäß § 10 Abs. 1 wurde die BF aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Islamische Republik Pakistan ausgewiesen (Spruchpunkt III). In Spruchpunkt IV wurde einer Beschwerde gegen den Bescheid gemäß § 38 Abs. 1 AsylG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

Begründend wird ausgeführt, dass der von der BF vorgebrachte Fluchtgrund mangels Glaubhaftmachung nicht als entscheidungsrelevanter Sachverhalt für eine Subsumierung unter § 3 AsylG festgestellt werden könne.

 

Zu Spruchpunkt II. führte das Bundesasylamt aus, dass sich für die BF gegenwärtig kein Abschiebungshindernis nach Armenien ergäbe, weil eine landesweite allgemeine extreme Gefährdungslage, in der jeder Antragsteller im Fall seiner Abschiebung dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert werden würde, nicht gegeben sei.

 

Spruchpunkt III. wurde seitens des Bundesasylamtes damit begründet dass nach erfolgter Abwägung der öffentlichen Interessen mit den Interessen der BF die Ausweisung keinen unzulässigen Eingriff in ihre verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte nach Art. 8 EMRK darstelle.

 

Zu Spruchpunkt IV. wurde begründend ausgeführt, dass die BF über eine rechtskräftige Ausweisung aus dem Vorverfahren zu AZ. 06 03.290 verfüge und am 6.6.2012 aus Österreich nach Armenien abgeschoben wurde, weswegen Z. 3 zur Anwendung komme.

 

Gegen diesen Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 27.6.2013 innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben. Hinsichtlich des Inhaltes der Beschwerde wird auf den Akteninhalt (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) verwiesen. Zu Spruchpunkt IV. wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass eine Ausweisung für die BF eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK darstellen würde. Die BF habe in ihrem letzten Asylverfahren eine falsche Identität bzw. einen falschen Namen angegeben. Feststellungen aus dem alten Verfahren seien hie nicht massgeblich.

 

Hinsichtlich des Verfahrensherganges im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

 

Rechtliche Beurteilung

 

Entscheidung als Einzelrichter:

 

Gemäß § 61 (1) AsylG, 2005 BGBl I Nr. 100/2005 idgF entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über

 

1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und

 

2. [.....]

 

(2) [.....]

 

(3) Der Asylgerichtshof entscheidet durch Einzelrichter über Beschwerden gegen

 

1. zurückweisende Bescheide

 

[......]

 

(4) Über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde entscheidet der für die Behandlung der Beschwerde zuständige Einzelrichter oder Senatsvorsitzende.

 

Aufgrund der oben zitierten Bestimmung war über die gegenständliche Beschwerde als Einzelrichter zu entscheiden.

 

Anzuwendendes Verfahrensrecht:

 

Gem. § 23 (1) des Bundesgesetzes über den Asylgerichtshof, BGBl. I. Nr. 4/2008 (Asylgerichtshofgesetz - AsylGHG) idgF sind, soweit sich aus dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) idgF. nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Gemäß Abs. 2 leg.cit. sind die Erkenntnisse im Namen der Republik zu verkünden und auszufertigen.

 

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die erkennende Gericht, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, im Spruch und in der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

Verweise, Wiederholungen

 

Das erkennende ist Gericht berechtigt, auf die außer Zweifel stehende Aktenlage (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) zu verweisen, weshalb auch hierauf im gegenständlichen Umfang verwiesen wird.

 

Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt IV)

 

Die hier relevante Bestimmung des § 38 Abs. 1 AsylG lautet:

 

§ 38. (1) Einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz und der damit verbundenen Ausweisung kann das Bundesasylamt die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn

 

1. ....

 

2. ....

 

3. .....der Asylwerber die Asylbehörde über seine wahre Identität, seine Staatsangehörigkeit oder die Echtheit seiner Dokumente trotz Belehrung über die Folgen zu täuschen versucht hat;

 

4. ....

 

5. ......

 

6. ......

 

Die Voraussetzungen dafür, einen Ausspruch über die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 38 Abs. 1 AsylG auf Grund der Beschwerde gegen diese Aberkennung - somit gemäß § 66 Abs. 4 AVG - aufzuheben, liegen dann vor, wenn die Voraussetzungen für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach Ansicht des Asylgerichtshofes nicht vorgelegen sind. Dies ist dann der Fall, wenn keiner der in § 38 Abs. 1 AsylG aufgezählten Tatbestände erfüllt ist oder wenn er das Ermessen, das § 38 Abs. 1 AsylG dem

Bundesasylamt einräumt (verbo: "kann ... aberkennen"), anders geübt

hätte. Bei der Entscheidung über die Beschwerde kommt dem Asylgerichtshof das Ermessen zu, das zunächst dem Bundesasylamt zugekommen ist (vgl. die bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage [2004] 923, E 186a zu § 66 AVG wiedergegebene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes).

 

Das Bundesasylamt hat die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung auf Z. 3 gestützt.

 

§ 38 Abs. 1 Z. 3 AsylG 2005 idgF setzt voraus, dass der Asylwerber die Asylbehörde über seine wahre Identität, seine Staatsangehörigkeit oder die Echtheit seiner Dokumente trotz Belehrung über die Folgen zu täuschen versucht hat.

 

Im konkreten Fall Begründet das BAA seine Entscheidung damit, dass die BF aus dem Vorverfahren AZ. 06 03.290 über eine rechtskräftige Ausweisung verfügt und am 6.6.2012 aus Österreich nach Armenien abgeschoben wurde. Inwieweit eines der Tatbestandsmerkmale des § 38 Abs. 1 Z. 3 Asylgesetz 2005 erfüllt sein soll, wurde nicht erläutert, sodass die diesbezügliche Entscheidung nicht nachvollziehbar ist. Es war auch nicht feststellbar, dass die BF in diesem Verfahren versucht hätte, die Asylbehörde über ihre Identität zu täuschen.

 

Da überdies kein anderer Tatbestand des § 38 Abs. 1 AsylG 2005 erfüllt war, war Spruchteil IV. des angefochtenen Bescheides in Anwendung des § 66 Abs. 4 AVG, BGBl. Nr. 51/1991, ersatzlos zu beheben. Die Voraussetzungen für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde des BF lagen nicht vor.

Schlagworte
Asylantragstellung, aufschiebende Wirkung
Zuletzt aktualisiert am
19.07.2013
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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