TE AsylGH Erkenntnis 2013/07/12 D3 419571-1/2011

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Veröffentlicht am 12.07.2013
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Spruch

D3 419571-1/2011/11E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. KUZMINSKI als Vorsitzenden und die Richterin MMag. Dr. SCHNEIDER als Beisitzerin über die Beschwerde des XXXX, StA. Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 26.05.2011, Zl. 11 04.642-EAST-Ost, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 28.05.2013 zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8 Abs. 1 und 10 Abs. 1 Z 1 Asylgesetz 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

Text

Entscheidungsgründe:

 

Der Beschwerdeführer, ein Staatsbürger von Nigeria und Angehöriger der Volksgruppe der Ibo und christlichen Glaubens gelangte am 13.06.2010 unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich und stellte am nächsten Tag einen ersten Antrag auf internationalen Schutz, welcher zur Zahl XXXX beim Bundesasylamt protokolliert wurde.

 

Bei seiner Ersteinvernahme durch das Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle Ost, am 14.06.2010 gab er zunächst an, im September 2009 illegal mit einem Containerschiff nach Griechenland gereist zu sein, wo er einen Asylantrag gestellt habe. Danach habe er sich zirka einen Monat in einem Flüchtlingslager aufgehalten. Die nächsten fünf Monate hielt er sich bei einem Besitzer eines Internetcallshop auf, für den er auch gearbeitet habe. Vor vier Tagen habe er Griechenland verlassen und sei in einem LKW versteckt ins Bundegebiet gelangt.

 

Zu seinen Fluchtgründen führte er aus, Mitglied einer militanten Gruppe namens "XXXX" gewesen zu sein, die in Nigeria gegen Bezahlung Personen entführe. Im September 2009 habe die Gruppe die Frau eines Politikers entführt und für ihre Freilassung 50 Mio. Neira verlangt bzw. im Falle der Nichterfüllung ihrer Forderung mit ihrer Ermordung gedroht. Er sei damit nicht einverstanden gewesen und habe daher die Freilassung der Frau innerhalb der Gruppe erzwingen wollen. Seine Anführer seien aber anderer Meinung gewesen und hätten ihn aus Angst, dass er sie verraten könnte, zum Verlassen der Gruppe aufgefordert. Da sich die Frau weiterhin in ihrer Gewalt befunden habe, sei er dieser Aufforderung jedoch nicht nachgekommen. Stattdessen sei er zu einem Freund nach Lagos geflohen, um sich in Sicherheit zu begeben. Es seien Angehörige der Gruppe dorthin gekommen, um ihn zu töten, er sei zu diesem Zeitpunkt aber nicht anwesend gewesen. Daraufhin habe er sich zur Ausreise entschlossen. Im Falle einer Rückkehr fürchte er, von der Gruppe XXXX getötet zu werden.

 

In der Folge führte das Bundesasylamt Dublin-Konsultationen mit Griechenland.

 

Nach erfolgloser Ladung des Asylwerbers an seiner im Zentralen Melderegister ausgewiesenen Meldeadresse und Einlangen des Ergebnisses eines Erhebungsersuchens an Organe der BPD Wien, demzufolge der Antragsteller an dieser Wohnadresse unbekannt sei und auch die als seine Unterkunftsgeberin bezeichnete Person dort nicht bekannt sei, wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 17.08.2010, Zl. XXXX, der Antrag auf internationalen Schutz vom 14.06.2010 in Spruchpunkt I. ohne in die Sache einzugehen gem. § 5 Abs. 1 AsylG 2005 idgF als unzulässig zurückgewiesen und für die Prüfung des Antrages gem. Art. 10.1 iVm Art. 18.7 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates Griechenland zuständig erklärt. Gem. § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 wurde in Spruchpunkt II. der Asylwerber aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Griechenland ausgewiesen und ausgesprochen, dass demgemäß die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Griechenland gem. § 10 Abs. 4 AsylG 2005 zulässig sei. Diese Entscheidung erwuchs nach Zustellung gem. § 8 Abs. 2 iVm § 23 ZustellG bei der Behörde am 17.08.2010 mangels Erhebung einer Beschwerde in Rechtskraft.

 

Der Beschwerdeführer wurde in der Folge am 07.05.2011 wegen des Verdachtes einer Übertretung nach dem Suchtmittelgesetz (SMG) nach den Bestimmungen des § 34 FPG und

 

§ 35 Abs. 1 Z 2 lit. a SPG einer Personenkontrolle unterzogen. Aufgrund einer gegen ihn bestehenden rechtskräftigen und durchsetzbaren asylrechtlichen Ausweisung wurde über ihn mit Bescheid der BPD Wien vom selben Tag, Zl XXXX über ihn gem. § 76 Abs. 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft angeordnet. Der Asylwerber stellte sodann am 12.05.2011 während dieser behördlichen Anhaltung den gegenständlichen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz.

 

In der am selben Tag stattgefundenen Erstbefragung durch Organe des LPK für Wien, Abteilung für Fremdenpolizeiliche Maßnahmen und Anhaltevollzug begründete er die neuerliche Asylantragstellung damit, dass er im April 2011 von einem gewissen XXXX, einem Ibo aus der Stadt XXXX erfahren habe, dass von Angehörigen der Gruppe XXXX immer noch nach ihm gesucht werde. Diesen Mann habe er Anfang März 2011 in einem Callshop zufällig kennengelernt und dann dort wiedergetroffen. Er habe davon erfahren, als XXXX ihn gefragt habe, ob er derjenige sei, der weiterhin gesucht werde, nachdem er sich bei ihm vorgestellt und seine Geschichte erzählt habe. Er habe daraufhin noch gesagt, dass er deswegen von hier nicht weggehen solle. Seit seiner Einreise habe er sich ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten und seinen Lebensunterhalt durch den Kauf und Verkauf von Autos nach Nigeria verdient.

 

Der Antragsteller wurde in der Folge am 19.05.2011 vor der Erstaufnahmestell Ost niederschriftlich einvernommen. Nach Bestätigung der Richtigkeit seiner bisherigen Angaben führte er zunächst aus, sich im Bundesgebiet seit seiner Einreise bei Freunden aufgehalten zu haben, die genaue Adresse könne er nicht nennen. In Nigeria würden weiterhin seine Eltern und Geschwister leben, zuletzt habe er Anfang des Jahres Kontakt zum Heimatland gehabt. Er habe vor seiner Ausreise nie Probleme mit der Polizei gehabt bzw. sich in Haft befunden. Nigeria habe er verlassen, weil Mitglieder der Gruppe XXXX hinter ihm her seien, nachdem er sich gegen eine Ende 2008 geplante Tötung einer entführten Person gestellt habe. Der Plan dieser Gruppe sei nämlich nur gewesen, Personen zu entführen und Lösegeld zu verlangen, diese jedoch nicht zu töten. Nun würden sie ihn umbringen wollen, sie würden ihn überall in Nigeria finden. Befragt gab der Antragsteller nach einer Nachdenkpause an, dass diese Gruppe glaublich mehr als dreißig Mitglieder habe, das Lösegeld sei unter ihren Mitgliedern aufgeteilt worden und habe sich an der finanziellen Situation der Entführten bemessen.

 

Befragt nach der Identität der letzten entführten Person gab er an, dass es sich um eine Frau gehandelt habe, nähere Angaben könne er zu ihr nicht machen. Er wisse auch nicht, was mit ihr schlussendlich geschehen sei, da er flüchten habe müssen. Aufgefordert diese Verfolgung genau zu schildern gab er an, dass sie gesagt hätten, dass sie ihn töten würden, würde er sie verraten. Danach sei er weggerannt, zunächst habe er sich bei einer Person in Lagos aufgehalten, die er "Bruder" genannt habe. Als Mitglieder der Gruppe ihn dort gesucht hätten, habe diese Person ihn nach XXXX gebracht.

 

Befragt erklärte er, zirka ein oder zwei Jahre dieser Gruppe angehört zu haben. Die Namen der Gruppenmitglieder würden sie nicht gekannt haben, lediglich den Namen der Gruppe. Auf die Frage, wie die Gruppenangehörigen ihn in Lagos finden hätten können, bedenkt man, dass sie seinen Namen nicht gekannt hätten, Lagos 10 Millionen Einwohner und Nigeria kein aufrechtes Meldesystem habe, erwiderte der Antragsteller, dass diese Leute sehr populär seien und auch für die Regierung arbeiten würden. Egal wo man sich verstecke, diese Leute würden einen finden, sie würden dazu afrikanische Zauberei anwenden. Neuerlich befragt erklärte er, gesucht zu werden, weil er ihnen gesagt habe, sie auffliegen zu lassen, sollten sie die Frau töten. An die Behörden habe er sich mit seinem Problem nicht wenden können, da die Gruppe für diese gearbeitet hätte. Auf Vorhalt, dass es wenig nachvollziehbar sei, dass sich nigerianische Behörden an Entführungen beteiligen und noch dazu Zauberei betreiben würden, erwiderte der Asylwerber, dass er nicht wisse, wie er dies erklären solle, doch geschehe dies in Afrika üblicher Weise. Der Vorfall habe sich glaublich Ende 2008 zugetragen, ausgereist sei er Ende 2009. Bei seinem "Bruder" in Lagos habe er sich weniger als ein Jahr aufgehalten. Nach Kenntnisnahme der Feststellungen zur innerstaatlichen Fluchtalternative in Nigeria erklärte er widerholt, nicht zu wissen, wozu er dies brauche. Angesichts der Absicht der Behörde, seinen Asylantrag abzuweisen gab er an, im März einen Mann aus Nigeria getroffen zu haben, der ihm geraten habe, nicht zurückzukehren, da er nach wie vor gesucht werde. Dies habe er deshalb gewusst, weil er aus seiner Gegend stamme. Auf die Frage, wie er dies wissen sollte, zumal persönliche Namen der Gruppe nicht bekannt gewesen seien, erklärte er, dass der Mann in der Nähe seines Hauses gewohnt habe. Diese Leute seien gekommen, um ihn zu suchen. Das sei dann so, dass entweder sein Vater oder seine Mutter zuhause gewesen sei. Wenn solche Dinge geschehen würden, beginne jemand zu schreien. Das sei einfach so, wenn jemand zu einer Gruppe gehöre und auf der Flucht sei, wisse man einfach, dass man von diesen Leuten gesucht werde. Beweise für sein Vorbringen könne er nicht vorlegen.

 

Nach Aushändigung einer Mitteilung gem. § 29 Abs. 3 AsylG grinste der Beschwerdeführer vor sich hin und erklärte, dass es besser sei, ihn hier umzubringen als nach Nigeria zurückzuschicken. Er liebe sein Land und wäre dort geblieben, wenn es irgendeine Möglichkeit dazu gegeben hätte, er sei aber bedroht worden.

 

In der am 25.05.2011 erfolgten neuerlichen Einvernahme durch einen Organwalter der Erstaufnahmestelle Ost erklärte der Beschwerdeführer in Anwesenheit seines Rechtsberaters auf Befragen, keine Beweismittel zu besitzen und eine Rechtsberatung in Anspruch genommen zu haben. Hier in Österreich würde er nur einen Priester kennen. Zur Identität der zuletzt entführten Frau nochmals befragt, gab er an, dass ihr Gatte wohlhabend gewesen und sie deshalb entführt worden sei. Ihren Namen kenne er nicht, aber jenen des Mannes. Die Gruppe habe von ihm 50.000 Neira erpressen wollen. Ob die Frau schließlich umgebracht worden sei, wisse er nicht, da er geflohen sei. Er werde weiterhin von dieser Gruppe gesucht.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes, Erstaufnahmestelle Ost, vom 26.05.2011, Zl. XXXX, wurde unter Spruchteil I. der Antrag auf internationalen Schutz vom 12.05.2011 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gem. § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen, unter Spruchteil II. gem. § 8 Abs. 1 dieser Antrag auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria abgewiesen und unter Spruchteil III. der Antragsteller gem. § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen.

 

In der Begründung des Bescheides wurden zunächst die oben bereits im wesentlichen Inhalt wiedergegebenen Einvernahmen dargestellt und anschließend Feststellungen zum Herkunftsland getroffen. Sodann wurde beweiswürdigend ausgeführt, dass die Identität des Asylwerbers mangels Vorlage von entsprechenden Bescheinigungsmitteln nicht feststehe, seine Nationalität jedoch aufgrund der niederschriftlichen Einvernahmen erwiesen sei. Das Vorbringen zu den Fluchtgründen des Antragstellers sei zusammengefasst wegen näher ausgeführter Widersprüche und Unplausibilitäten nicht glaubhaft gewesen und hätten sich unter Zugrundelegung des gesamten verfahrensgegenständlichen Vorbringens keine Hinweis für das Vorliegen von Asylgründen oder subsidiären Schutzgründen ergeben. Abgesehen davon habe er durch Wohnsitzwechsel jederzeit die Möglichkeit, einer allfälligen Bedrohung zu entgehen, zumal es in Nigeria kein aufrechtes Meldesystem gebe und es angesichts der Einwohnerzahl seines Herkunftslandes von mehr als 152 Mio. mehr als unglaubwürdig erscheine, dass er gefunden werde.

 

In der rechtlichen Beurteilung zu Spruchteil I. wurde festgehalten, dass der Antragsteller mit seinen Gründen Verfolgung oder drohende Verfolgung aus Gründen, wie in der Genfer Flüchtlingskonvention taxativ aufgezählt, ebenso wenig glaubhaft zu machen vermochte, wie wohlbegründete Furcht vor Verfolgung im Sinne der Grundaussage dieser internationalen Norm. Auch aus dem sonstigen Ergebnis des Ermittlungsverfahrens hätten sich bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise auf das Vorliegen eines Sachverhaltes ergeben, welcher gemäß Artikel 1 Abschnitt A Ziffer 2 der Genfer Flüchtlingskonvention zur Gewährung von Asyl führen würde.

 

Zu Spruchteil II. wurde - nach Darlegung der bezughabenden Rechtslage und Judikatur - ausgeführt, dass das Bestehen einer Gefährdungssituation im Sinne des § 50 FPG bereits unter Spruchpunkt I. geprüft und verneint worden sei und dass aufgrund der getroffenen Feststellungen keineswegs davon gesprochen werden könne, dass in Nigeria praktisch jedem, der nach Nigeria abgeschoben wird, Gefahr für Leib und Leben in einem Maße drohe, dass die Abschiebung im Lichte des Art. 3 EMRK unzulässig erschiene. Es sei auch nicht ersichtlich, dass der Antragsteller aufgrund der persönlichen Umstände im Falle einer Rückkehr in Nigeria in eine extreme Notlage geraten würde.

 

Zu Spruchteil III. wurde - nach Darlegung der bezughabenden Rechtslage und Judikatur -ausgeführt, dass der Asylwerber kein schützenwertes Familienleben iSd Art. 8 EMRK in Österreich aufweise und den größten Teil seines Lebens in Nigeria verbracht habe. Es hätten sich auch sonst keine Anhaltspunkte im Privatleben des Antragstellers ergeben, die einer Ausweisung im Lichte des Art 8 Abs. 2 EMRK entgegenstünden.

 

Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller im Wege seines Rechtsvertreters in vollem Umfang fristgerecht Beschwerde an den Asylgerichtshof. Darin wurde ausgeführt, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht so unlogisch sei, wie vom Bundesasylamt gesehen, zumal es unter Verweis auf einen auf der Internetseite www.ecoi.net veröffentlichten Bericht vom 02.05.2011 im Südosten Nigerias eine größere Anzahl von Banden arbeitsloser Jugendlicher gebe, die u.a. mit Entführungen bzw. Lösegeld oder auch Schutzgelderpressungen Geld einnehmen wollen. Es sei auch glaubhaft, dass der Asylwerber als Christ nicht an Tötungen teilnehmen wolle und dass zahlreiche Süd-Nigerianer an Übersinnliches glauben würden. Entgegen der Annahme der belangten Behörde stehe dem Beschwerdeführer keine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung, da er sich außerhalb seines Heimatortes nur in Gegenden niederlassen könne, wo Angehörige oder Mitglieder seiner erweiterten Dorfgemeinschaft leben würden, er also über ein soziales Netz verfüge, da er sonst mit Problemen in der Lebensführung zu rechnen habe. Zumal aber auch seine Häscher dort auf ein soziales Netz zurückgreifen könnten, würde er unweigerlich gefunden. In Bezug auf die abweichenden zeitlichen Angaben im Vorbringen des Beschwerdeführers wurde zu Bedenken gegeben, dass genaue Daten im täglichen Leben in Nigeria unwesentlich seien, sodass er nicht genau sagen könne, wann sich die letzte Entführung tatsächlich zugetragen habe; er wisse nur, dass dies relativ kurz vor seiner Flucht gewesen sei. Er sei auch nur kurz zur Schule gegangen, sodass es ihm schwer falle, hohe Zahlen zu merken. Das Bundesasylamt als Spezialbehörde müsse auch wissen, dass in Nigeria die Polizei die Aufgabe habe, die Wohlhabenden zu schützen und für die Vorgesetzten Geld zu erwirtschaften. Dies ergebe sich auch aus dem auszugweise wiedergegebenen Bericht von Human Rights Watch vom 17.08.2010, weshalb der Beschwerdeführer bei der Polizei keinen Schutz finden würde, zumal seine Häscher diese mit den eingenommenen Lösegeldern bestechen könnten. Schließlich wurde angesichts der Lage im "failed state" Nigeria eingewandt, dass das Bundesasylamt im Sinne des § 18 Abs. 1 AsylG 2005 verpflichtet gewesen wäre, sich amtswegig Klarheit über das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers zu verschaffen und dazu zumindest eine Prüfung via Vertrauensanwälte der ÖB Abuja Ermittlungen vorzunehmen. Diesfalls wäre hervorgekommen, dass er zu Recht Furcht vor einer Rückkehr habe und die Voraussetzungen für die Gewährung von subsidiärem Schutz vorliegen würden. Es wurden daher ergänzende Ermittlungen vor Ort und die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung durch den Asylgerichtshof beantragt.

 

Der Asylwerber wurde mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 20.08.2012, Zl. XXXX, wegen § 27 Abs. 1 Z 1 (8.Fall) und Abs. 3 SMG zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 12 Monaten (unbedingter Strafteil 4 Monate) rechtskräftig verurteilt. Aufgrund dieser strafgerichtlichen Verurteilung wurde gegen ihn mit Bescheid der BPD Wien, Zl. XXXX, gem. § 54 Abs. 1 und 2 iVm § 53 Abs. 3 Z 1 und § 54 Abs. 3 FPG ein auf 10 Jahre befristetes Rückkehrverbot erlassen. Eine sich dagegen richtende Berufung wurde mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für das Bundesland Wien als unbegründet abgewiesen. Das Rückkehrverbot ist seit 31.05.2013 rechtkräftig.

 

Das gegenständliche Beschwerdeverfahren gelangte gem. § 17 Geschäftsverteilung 2013 mit Wirksamkeit vom 02.01.2013 in den Zuständigkeitsbereich dieser Gerichtsabteilung.

 

Der Asylgerichtshof beraumte in der Folge für den 28.05.2013 eine mündliche Verhandlung an, in der der Beschwerdeführer zunächst angab, sein bisheriges Vorbringen aufrecht erhalten zu wollen und nichts zu korrigieren oder zu ergänzen zu haben. Er legte zudem eine Bestätigung vom 26.04.2013 über die Absolvierung eines Deutschkurses auf Niveau A1 vor.

 

Zu seiner Person führte der Beschwerdeführer in der Folge aus, am 14.05.1991 in XXXX im Edo-State geboren, der Volksgruppe der Ibo anzugehören und christlichen Glaubens zu sein. Er habe in XXXX gelebt, habe aber vor seiner Ausreise knapp ein Jahr in Lagos im Stadtteil XXXX in einer Straße namens XXXX (phonetisch) gewohnt. Er habe sechs Jahre lang die Grundschule und dann drei Jahre eine Mittelschule besucht, Studium habe er keines abgeschlossen. Seinen Lebensunterhalt habe er zunächst durch die Unterstützung der Eltern gesichert, er selbst habe bis zur Ausreise keine richtige Arbeit gehabt, er habe eine Lehre als Schweißer begonnen. Auf Vorhalt seiner Angaben gegenüber dem Bundesasylamt (AS 57) erklärte er, nach der Schule von 2005 bis 2007 seinem Vater beim Verkauf von Reisetaschen geholfen zu habe, da er nicht für ihn sorgen habe können. Mit Lederwaren habe er nicht selbstständig gehandelt. Er habe sich in Nigeria nie politisch betätigt, seit 2007 sei er Mitglied einer Gruppe namens XXXX, die Leute entführe und dann Lösegeld erpresse. Auf die Frage, wie er mit dieser Gruppe in Kontakt gekommen sei, erzählte der Beschwerdeführer, dass er in der Zeit, als er bei seinem Vater als Hilfsarbeiter gearbeitet habe, seine Freizeit dazu benutzt habe, das Schweißen zu erlernen. Dabei habe er einen Freund bzw. jemanden, der dorthin sein Auto zur Reparatur gebracht habe und der stets sehr viel Geld zu haben schien, kennengelernt. Mit der Zeit seien sie Freunde geworden und er habe ihn dann nach dem Ursprung des Geldes gefragt. Er habe ihn dann in diese Gruppe eingeführt.

 

Auf Vorhalt, dass es sich bei der Gruppe XXXX um einen Studentenkult handle, bei dem nur Studenten Mitglieder sind, er jedoch gar kein Student an einer Universität gewesen sei, erwiderte der Beschwerdeführer, dass sich innerhalb dieses Kults mehrere Gruppen abgespalten und eigene Gruppen gebildet hätten, um Geld zu machen. Den Leiter der Gruppe hätten sie einfach Boss oder Oga genannt, den Namen des obersten Chef von XXXX kenne er nicht. Befragt was er sonst über diese Gruppierung kenne, außer, dass diese durch Entführungen Geld erpresst habe, gab er an, nur sein Problem schildern zu können. Diese Leute hätten Menschen entführt und dann eine Person umbringen wollen. Er habe aber "nein" gesagt und sei dann zur Bedrohung für diese Leute geworden; sie hätten dann auch ihn umbringen wollen. Er habe gemeinsam mit dieser Gruppe Leute entführt, genaue Zahlen könne er nicht nennen. Neuerlich von der beisitzenden Richterin befragt, erwiderte er, dass es unmöglich sei, zu sagen, wie oft er dabei gewesen sei, dies passiere einfach, indem man hinzugerufen werde, es werde darüber auch nicht Protokoll geführt. Er könne auch keine Namen von anderen Gruppenmitgliedern nennen, sie seien nur zu Treffen zusammengekommen. Diese hätten manchmal in der Schule, manchmal in einem aufgelassenen Gebäude stattgefunden.

 

Der Beschwerdeführer bestätigte die Existenz einer Einführungszeremonie und führte in der Folge nach Aufforderung diese zu beschreiben aus, dass der Freund mit dem Auto ihn auf seinen Wunsch hin zur Einführungszeremonie in den Busch mitgenommen habe. Danach hätten sie ihm seine Augen verbunden und ihn aufgefordert, auf den Knien zu kriechen. Dann komme man vor jemanden der sage:

"Wenn du uns verkaufst oder verrätst, dann wirst du getötet." Da müsse man dann ja sagen. Danach würden sie einen Daumen aufritzen und man müsse eine Art Blutschwur leisten. Nach Leistung des Blutschwurs würden sie einem dann sagen, dass man ab jetzt Mitglied bei XXXX sei. Formulare auf denen er Namen oder Adresse angegeben hätte, habe er nicht ausgefüllt. Er habe Mitte 2007 seine Adresse in XXXX angegeben, aber sie haben ihn nie nach seinem Namen gefragt. Aus dieser Gruppe könne man nur austreten, indem man das Land verlasse. Auf die Frage, warum er dann im ersten Verfahren angegeben habe, dass die Mitglieder der Gruppe von ihm verlangt hätten, die Gruppe zu verlassen bzw. auszutreten, erklärte er, dass dies nicht so gewesen sei, er habe das Land verlassen müssen, als er gesucht worden sei.

 

Aufgefordert Näheres über die letzte Entführung, an der er mitgewirkt habe, anzugeben, berichtete der Beschwerdeführer, dass sich diese glaublich im September 2009 zugetragen habe. Es sei eine Frau entführt worden, sie habe aus Versehen das Gesicht eines der Entführer erkannt, weshalb die Tötung der Frau geplant gewesen sei. Er habe sich aber dagegen ausgesprochen und klar zum Ausdruck gebracht, daran nicht mitzuwirken. Darauf habe man ihm zum Mitmachen aufgefordert, andernfalls er gemeinsam mit der Frau umgebracht werde. Aufgrund des folgenden Streites sei er geflohen. Aufgefordert die Entführung dieser Frau genau zu schildern, führte der Beschwerdeführer aus, dass man dieser Frau auf dem Weg von ihrem Geschäft nach Hause gegen Abend gefolgt sei. Vor dem Einfahrtstor zu ihrem Haus hätten sie ihr mit Waffengewalt den Weg verstellt. Dann hätten sie ihr etwas übers Gesicht gezogen und sie in den Bus, einen XXXX Kleinbus, verbracht. Sie seien eigentlich mit zwei Bussen gekommen, da sie insgesamt 15 Personen gewesen wären. Sie hätten dabei Jeans, T-Shirt, Sportschuhen und Masken getragen. Die Masken seien ein Stück Stoff gewesen, wo man die Augen und den Mundbereich herausgeschnitten habe. Wer diese Frau gewesen sei, wisse er nicht wirklich, es gebe aber Kontaktleute, die die Information geben würden, dass beispielsweise der Mann viel Geld habe. Sie hätten den Auftrag bzw. den Befehl, loszufahren, ohne die Person genau zu kennen. Ihr Boss hätte alle Details, sie hätten weder gewusst, wer diese Frau sei noch aus welchem Geschäft sie nach Hause zurückgekehrt sei. Er habe für diese Frau Partei ergriffen, da er keinen Mord begehen habe wollen. Es seien dann 50 Mio. Naira Lösegeld verlangt worden. Auf seine diesbezüglich abweichenden Angaben in der Einvernahme vom 25.05.2011 (AS 89) hingewiesen, bestätigte der Beschwerdeführer, dass es 50. Mio Naira gewesen seien; er sei bei dieser Einvernahme in der Schubhaft durcheinander gewesen.

 

Auf Vorhalt, dass er in der Einvernahme am 19.05.2011 (AS 67) den Zeitpunkt der Entführung mit Ende 2008 festgesetzt habe, erklärte er, dass sich diese tatsächlich wie heute und im Erstverfahren angegeben im September 2009 zugetragen habe.

 

Abermals zu seinen abweichenden Angaben im Erstverfahren (AS 89) befragt, erklärte er, dass ein Bursche im Bus gemeint habe, dass diese Frau die Ehefrau möglicherweise eines Politikers sei. Er habe nur gewusst, dass sie einen reichen Ehemann haben soll, es sei ihr Boss, der die genauen Details kenne. Den Namen des Ehemannes der Entführten kenne er nicht. Auf Vorhalt, wonach er diesen jedoch beim Bundesasylamt (AS 89) gekannt habe, wiederholte er, dass es der Boss sei, der die Details habe. Wenn man dann aber zusammensitze, dann sage jemand, dass die Frau von diesem oder jenem oder die Frau eines Ministers sei, aber er wisse tatsächlich nicht, woher diese Frau stamme. Er wisse auch nichts Näheres über sie. Er könne auch keinen genauen Betrag nennen, den der durch die Entführungen zwischen 2007 und 2009 verdient habe, sie hätten nach einem solchen Vorfall den Beteiligten etwas gegeben.

 

Aufgefordert den weiteren Ablauf der Entführung zu schildern, nachdem er sich an der Mitwirkung des Mordes geweigert habe, gab der Beschwerdeführer an, dass danach die Versammlung geschlossen worden sei und sie angewiesen worden seien, sich am nächsten Tag wieder einzufinden. Es sei zwar die Entscheidung, die Frau zu töten bei dieser Versammlung gefallen, doch hätte das Meeting am nächsten Tag stattfinden sollen, da man von ihrem Mann noch kein Lösegeld erhalten habe. Wahrscheinlich hätte der Mann die Stimme seiner Frau hören wollen, bevor er Lösegeld bezahlt hätte. Beim Auseinandergehen von der Versammlung sei ihm von einem anderen Mitglied geraten worden, sich am nächsten Tage keinesfalls gegen die Tötung der Frau zu stellen, da er sonst selbst umgebracht werde. Deswegen sei er dann aus dem Edo-State geflohen.

 

Auf Nachfragen erklärte er, dass sich die Frau während der Versammlung nicht am Versammlungsort, sondern an einem speziellen Ort befunden hätte, wo sie die Entführten verwahrt hätten. Die Frau hätte getötet werden sollen, da sie das Gesicht eines der Mitglieder gesehen habe. Dies habe er gegenüber dem Bundesasylamt nicht angegeben, da man ihn danach nicht gefragt habe.

 

Der Beschwerdeführer sei dann nach Lagos geflohen und habe sich für fast ein Jahr bei jemandem aufgehalten, den er als "Boss" bezeichnet habe. Es habe niemand über seinen Aufenthaltsort Bescheid gewusst, doch sei eines Tages jemand gekommen und habe nach ihm gefragt; dies sei der Zeitpunkt gewesen, das Land zu verlassen. Bei seinem Bekannten aus Lagos würde es sich um einen Mann handeln, der zuvor im Edo-State gelebt und ihm helfen habe wollen. Sie hätten beobachten wollen, ob sich die ganze Angelegenheit beruhigen würde. In Lagos hätten drei Burschen seiner ehemaligen Gruppe nach ihm gefragt. Auf die Frage, wie diese ihn in der Millionenstadt Lagos finden sollte, zumal der Gruppe nicht einmal sein Name bekannt gewesen sei, gab er an, dass er sich auch gedacht habe, dass sie ihn in Lagos nicht finden würden. Auf Vorhalt gegenüber dem Bundesasylamt angegeben zu haben (AS 71), dass sich diese Leute dabei der Zauberei bedient hätten und mit den Behörden zusammenarbeiten würden, bestätigte der Beschwerdeführer dies, um weiter auszuführen, dass sie lebende Schildkröten tragen würden, von denen sie ihre Zauberkraft erhielten. Er habe aber nicht gesagt, dass sie mit der Polizei zusammenarbeiten, vielmehr gehe man erst dann zur Polizei, wenn Häuser niedergebrannt oder Familienangehörige getötet würden. Befragt sei er konkret glaublich im Jahre 2010 in Lagos gesucht worden, das genaue Datum wisse ich nicht mehr. Im selben Jahr, es sei Anfang des Jahres gewesen, sei er knapp einen Monat, nachdem er gesucht worden sei, ausgereist. Sein "Boss" habe ihm gesagt, dass er nun das Land verlassen müsse und ihn an einen Mann in XXXX vermittelt, von wo er mit dem Schiff ausgereist sei. Abermals auf Vorhalt seiner anderslautenden Angaben in seinem ersten Asylantrag, wonach die Reise vom September 2009 bis zum 14.06.2010 gedauert habe, erklärte der Beschwerdeführer, dass sie die Jahre immer nach dem Weihnachtsfest bezeichnen würden, nach dem Weihnachtsfest sei die Zeit danach jeweils ein Jahr.

 

In Nigeria würden noch seine Eltern, sowie ein Bruder und eine Schwester leben. Manchmal telefoniere er mit der Mutter. Seine Eltern würden nach wie vor im Edo-State, sein Bruder im Delta-State und seine Schwester in Lagos leben. Diese hätten keine Probleme, außer dass diese Leute nach wie vor nach ihm suchen würden, wie ihm seine Mutter mitgeteilt habe. Er sei gesund und habe in Österreich bislang noch nie gearbeitet. Es stimme, dass er mit Autos oder Autoteilen gehandelt habe, dabei habe er im Prinzip nichts anderes getan, als Karten in Gebrauchtwägen gesteckt und Telefonnummern hinterlassen. Im Bundesgebiet würde er mit seiner Freundin XXXX zusammenleben, sie sei Österreicherin. Er habe einen Deutschkurs besucht. Er sei aktives Mitglied seiner Kirche und würde ihn diese auch finanziell unterstützen. Er sei eine Art Einweiser und er reinige auch die Kirche, ordne die Sessel und putze die Fenster. Der Pfarrer heiße XXXX und stamme aus Nigeria. Außer seine Freundin habe er keinen österreichischen Freundeskreis.

 

Befragt zu seinen Rückkehrbefürchtungen gab er schließlich an, dass man ihn umbringen würde und er den Rest seines Lebens nicht in Angst verbringen wolle.

 

Zu weiteren Vorbringen befragt wiederholte der Beschwerdeführer, in Nigeria umgebracht zu werden. Jeder, dem er dort begegnen würde, wäre für ihn verdächtig, weil ein jeder Mitglied dieser Gruppe sein könnte. Er hätte ständig Angst und wolle nicht sein ganzes Leben in Angst verbringen. Er möchte gar nicht mehr an Nigeria denken.

 

Am Ende der mündlichen Verhandlung wurde den Verfahrensparteien gem. § 45 Abs. 3 AVG Länderberichte zur allgemeinen Situation in Nigeria und zur Gruppe namens XXXX zur Kenntnis gebracht und ihnen eine Frist für eine Stellungnahme von drei Wochen eingeräumt.

 

Dazu brachte der Beschwerdeführer im Wege seines rechtsfreundlichen Vertreters mit Schriftsatz vom 18.06.2013 vor, dass aus den übergebenen Länderberichten ersichtlich sei, dass eine Gruppierung namens XXXX tatsächlich als Kult organisiert sei und im Bereich "hostage taking" aktiv sei und größere Teile des Ogonilandes kontrolliere. Der Beschwerdeführer sei geflohen, weil er sich aus Gewissensgründen von dieser Gruppe, deren Mitglied er durch Blutsschwur geworden sei, habe lossagen wollen und ein Ausstieg nicht toleriert worden wäre. Angesichts des in Nigeria nicht funktionierenden Sicherheitsapparates könne der nigerianische Staat die private Bedrohung nicht verhindern. Eine Fluchtalternative in Nigeria stehe ihm jedoch aus näher dargestellten Gründen nicht zur Verfügung. Zudem könne er angesichts der drückenden Armut und Arbeitslosigkeit bei einer Rückkehr kaum eine eigenstände Lebensgestaltung erreichen.

 

Der Asylgerichtshof hat wie folgt festgestellt und erwogen:

 

Zur Person des Beschwerdeführers wird Folgendes festgestellt:

 

Er ist Staatsbürger von Nigeria und Angehöriger der Volksgruppe der Ibo sowie christlichen Glaubens und wurde seinen Angaben zufolge am 14.05.1991 in XXXX geboren. Er wuchs in seinem Heimatdorf mit seinen Eltern auf und absolvierte sechs Jahre Grundschule sowie drei Jahre Mittelschule. Nach seinem Schulbesuch half er von 2005 bis 2007 seinem Vater beim Verkauf von Reisetaschen und begann eine Lehre als Schweißer. Er war kein Mitglied einer Partei und wurde auch nicht wegen seiner politischen Gesinnung verfolgt und hatte vor seiner Ausreise in Nigeria auch keine Probleme mit der Polizei bzw. den Behörden.

 

Nach Verlassen seiner Heimat gelangte er nach Griechenland, wo er einen Asylantrag stellte. In der Folge reiste er unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet und stellte am 14.06.2010 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz. Dieser wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 17.08.2010, Zl. XXXX, gem. § 5 Abs. 1 AsylG 2005 rechtskräftig zurückgewiesen und der Asylwerber gem. § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG aus dem Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen. Der Beschwerdeführer, dem diese Entscheidung mangels ladungsfähiger Adresse gem. § 8 Abs. 2 iVm § 23 ZustellG ohne vorhergehenden Zustellversuch mittels Hinterlegung bei der Behörde zugestellt wurde, verblieb im Bundesgebiet und wurde am 07.05.2011 wegen Verdachtes der Übertretung nach dem Suchtmittelgesetz einer Polizeikontrolle unterzogen. In der Folge wurde gegen ihn mit Bescheid der BPD Wien vom 07.05.2011 zur Sicherung einer Abschiebung die Schubhaft verhängt, aus der er infolge Haftunfähigkeit am 01.07.2011 entlassen wurde. Er stellte während dieser behördlichen Anhaltung am 12.05.2011 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

 

Über seine behaupteten Ausreisegründe können mangels glaubhafter Angaben keine Feststellungen getroffen werden.

 

Während seines Aufenthaltes in Österreich geht der Beschwerdeführer keiner Beschäftigung nach und wurde zunächst von der Grundversorgung unterstützt bzw. nunmehr durch seine Lebensgefährtin und von einer Glaubenskirche, in der er sich engagiert. Er absolvierte im Bundesgebiet einen Deutschkurs vom Niveau A1. Im Bundesgebiet lebt er im gemeinsamen Haushalt mit seiner Lebensgefährtin, darüber hinaus verfügt er weder über familiäre Anknüpfungspunkte noch über sonstige intensive Bindungen zu im Bundesgebiet aufenthaltsberechtigten Personen. Er gibt weiters an, über diverse Familienangehörige (insbesondere seine Eltern und Geschwister) in Nigeria zu verfügen.

 

Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 20.08.2012, Zl. XXXX, wegen der Begehung einer strafbaren Handlung nach dem Suchtmittelgesetz gem. § 27 Abs. 1 Z 1 (8.Fall) und Abs. 3 leg. cit. zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 12 Monaten, unbedingter Strafteil vier Monate, rechtskräftig verurteilt. Gegen den Beschwerdeführer besteht aufgrund dieser strafgerichtlichen Verurteilungen ein mit Bescheid der BPD Wien vom 16.10.2012, Zl. XXXX, verfügtes und seit 31.05.2013 rechtkräftiges, auf die Dauer von 10 Jahren befristetes rechtskräftiges Rückkehrverbot.

 

Zu Nigeria und einer allfälligen innerstaatlichen Fluchtalternative von Nigerianern in Nigeria sowie zur Gruppe XXXX wird Folgendes festgestellt:

 

Allgemeine Lage

 

Politik und Wahlen

 

Nigeria ist eine föderale Republik, gegliedert in 36 Teilstaaten und das Federal Capital Territory (FTC, Abuja) im geographischen Zentrum des Landes. Staatsoberhaupt und Oberbefehlshaber der Armee ist der Präsident der Republik, welcher für vier Jahre gewählt wird; eine einmalige Wiederwahl ist möglich. Der Staatspräsident führt den Vorsitz der von ihm ernannten Bundesregierung (Federal Executive Council).

 

Jeder der 36 Bundesstaaten verfügt über eine Regierung unter Leitung eines direkt gewählten Gouverneurs mit vierjähriger Amtszeit und der Möglichkeit einer einmaligen Wiederwahl, sowie über ein Landesparlament.

 

Der legislative Apparat ist die National Assembly, welche den 109sitzigen Senat und das Repräsentantenhaus mit 360 Sitzen umfasst. Beide werden jeweils für eine Legislaturperiode von vier Jahren durch Direktwahlen bestimmt. Der Senat setzt sich aus je drei Senatoren pro Bundesstaat sowie einem Senator des Federal Capital Territory (FCT) zusammen.

 

Gouverneurs- und Senatswahlen fanden 2011 in 32 der 36 Provinzen sowie im FCT statt; die Regierungspartei PDP verlor in den überwiegend von Yoruba bewohnten Teilstaaten an den ACN. Von 83 neu gewählten Senatoren entfielen 54 auf PDP, 18 auf ACN, 6 auf CPC, 4 auf ANPP, 2 auf LP und 1 Senator auf APGA.

 

Die Parteienlandschaft wird auch nach den Wahlen vom 2.4.2011 von der People-s Democratic Party (PDP) beherrscht, andere politische Parteien wie Action Congress Nigeria (ACN), All Nigeria People?s Party (ANPP), Labour Party(LP), Congress for Progressive Change (CPC), Alliance for Democracy (AD), All Progressive Grand Alliance (APGA), National Democratic Party (NDP), ACCORD-Party sind nur von regionaler Bedeutung (vor allem ist der ACN traditionell eine Yoruba-Partei, die APGA eine Igbo-Sammelbewegung).

 

Darüber hinaus wurden für die National Assembly-Wahlen 2011 weitere 54 kleine Parteien von der unabhängigen Wahlkommission zugelassen, spielten im Wahlkampf und bei den Wahlergebnissen jedoch eine marginale Rolle. Die hohe Anzahl verschiedener Parteien ist auf die äußerst große Bevölkerungsvielfalt Nigerias zurück zu führen (rd. 400 zum Teil sehr kleine Ethnien, 434 Sprachen und Stammesdialekte).

 

(ÖB Abuja: Asylländerbericht Nigeria, 11.2011)

 

Seit Jahren gibt es eine breite Verfassungsreformdebatte, in Gang gehalten vor allem durch Schwächen des Grundgesetzes in der Praxis wie auch durch Kritik an den starken zentralistischen Elementen. Eine besondere Rolle spielt die Diskussion um die Verteilung der Öleinnahmen (sie bilden den Großteil der Staatseinnahmen); diese Gelder fließen zunächst der Föderation zu und werden dann nach einem festen Schlüssel verteilt. Ebenso wichtig im Vielvölkerstaat Nigeria ist die Frage, wie gewährleistet werden kann, dass die verschiedenen Volksgruppen an der Macht in der Bundesregierung beteiligt werden können. Bisher ist das Projekt einer Verfassungsreform nicht vorangekommen. 2010 gelang zumindest erstmals eine Verfassungsänderung im Rahmen der Wahlreform.

 

Im Bundesparlament sind seit den Wahlen vom April 2011 neun Parteien vertreten. Die People's Democratic Party (PDP) verfügt in beiden Häusern über die absolute Mehrheit. Wichtigste Oppositionsparteien sind der Action Congress of Nigeria (ACN), der Congress for Progressive Change (CPC) und die All Nigeria People's Party (ANPP). Fünf weitere Parteien sind aufgrund des Mehrheitswahlsystems nur mit wenigen Abgeordneten vertreten. Auch nach den letzten Wahlen bleibt die Zahl weiblicher Abgeordneter gering: 7 von 109 Senatoren und 19 von 360 Mitgliedern des Repräsentantenhauses sind Frauen; ihr Anteil ging gegenüber den vorherigen Wahlen sogar leicht zurück.

 

Parteien in Nigeria sind vor allem Wahlplattformen für Politiker (laut Verfassung können nur Parteienvertreter bei Wahlen antreten, Unabhängige sind nicht zugelassen); eine Ausrichtung an bestimmten Interessenvertretungen oder gar Weltanschauungen gibt es bei den großen Parteien nicht, eine Orientierung an ethnischen Gruppen ist ausdrücklich verboten.

 

Sieger der Präsidentschaftswahlen vom 16.4.2011 wurde der Kandidat der PDP und bisherige Amtsinhaber Goodluck Jonathan mit 58,8 % der Stimmen vor dem CPC-Kandidaten Muhammadu Buhari mit 32 %. Jonathan hatte als Vizepräsident das Amt von dem im Mai 2010 verstorbenen Präsidenten Umaru Musa Yar'Adua übernommen.

 

In den 36 Bundesstaaten stellt die PDP derzeit 23 Gouverneure, der ACN 6, die ANPP 3, die APGA 2, die LP und der CPC je einen Gouverneur. Wie bisher ist kein Gouverneur eine Frau.

 

Die Wahlen vom April 2011 wurden sowohl in Nigeria als auch von internationalen Wahlbeobachtern trotz festgestellter Mängel als "die besten Wahlen seit 1999" bezeichnet.

 

(Auswärtiges Amt: Nigeria - Innenpolitik, Stand 3.2012, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Innenpolitik_node.html, Zugriff 15.10.2012)

 

Die Situation spitze sich seit 2011 dramatisch zu, als mit Goodluck Jonathan wieder ein Christ aus dem Süden Präsident wurde. Norden und Süden stehen sich misstrauisch und letztlich inkompatibel gegenüber. Im besten Falle verachtet man sich gegenseitig. Das wird so natürlich nicht öffentlich gesagt. Um nicht völlig auseinanderbrechen zu lassen, was nicht zusammenpasst, hat man sich teils inoffiziell, teils offiziell auf ein System der Postenteilung und -rotation verständigt. Der Präsident, so die Übereinkunft innerhalb der herrschenden Partei PDP, sollte abwechselnd alle acht Jahre (also nach zwei Amtszeiten, dem Maximum) aus dem Norden bzw. dem Süden kommen. So soll einer einseitigen, dauerhaften Dominanz mit all ihren Konsequenzen vorgebeugt werden.

 

(Konrad Adenauer Stiftung: Nigeria ein Jahr nach der Wahl - Die Konflikte nehmen zu, 4.2012,

http://www.kas.de/wf/doc/kas_30778-1522-1-30.pdf?120420114559, Zugriff 15.10.2012)

 

Die ersten Monate im Amt, gelang es Präsident Jonathan die angespannte Situation im Nigerdelta etwas zu beruhigen. Darüber hinaus engagierte er sich dafür die Wirtschaft anzukurbeln, in dem er u.a. den Kontakt mit den Regierungen der wirtschaftlich starken Länder Europas intensivierte.

 

Trotz des Engagements der Regierung Jonathans stellten die Konflikte mit der islamischen Bewegung "Boko Haram" sowie die Proteste gegen die Abschaffung der staatlichen Benzinpreissubventionen das Land vor eine innere Zerreißprobe. So übten die Anhänger der "Boko Haram" seit Juni 2011 vermehrt terroristische Anschläge in Nigeria aus, die mehrere hundert Tote und Verletzte hinterließen. Zudem protestierte die Bevölkerung massiv gegen die Abschaffung der Benzinpreissubventionen und legte durch Streiks in vielen Städten das Wirtschaftsleben des Landes lahm.

 

(Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit: Nigeria - Geschichte und Staat, 6.2012,

http://liportal.giz.de/nigeria/geschichte-staat.html, Zugriff 15.10.2012)

 

Allgemeine Sicherheitslage

 

Gewarnt wird: vor Reisen in die nördlichen Bundesstaaten Borno, Yobe, in den südlichen Teil des Bundesstaates Bauchi, in den nördlichen Teil von Plateau State (Jos und Umgebung) sowie nach Kano, Kaduna und Sokoto, insbesondere in die gleichnamigen Hauptstädte, und in die Stadt Zaira angesichts von wiederholten Angriffen und Sprengstoffanschlägen militanter Gruppen auf Sicherheitskräfte, Märkte, Kirchen und Moscheen.

 

Dringend abgeraten wird: von Aufenthalten im Gebiet Suleja im Bundesstaat Niger. Hier wurde wie in Teilen der Bundesstaaten Borno, Yobe und Bauchi vorübergehend ein Ausnahmezustand verhängt.

 

In der Hauptstadt Abuja kam es am 1. Oktober und 31. Dezember 2010, am 16. Juni und 26. August 2011 und am 26. April 2012 zu Bombenanschlägen. Am 25. Dezember 2011 erfolgte ein Anschlag auf eine Kirche in Madalla, einem Vorort der Hauptstadt.

 

In den Ölfördergebieten in der Region des Niger Deltas, das die nigerianischen Bundesstaaten Delta, Bayelsa, Rivers und Akwa Ibom umfasst, kam es über Jahre immer wieder zu Kämpfen zwischen paramilitärisch organisierten Banden und Sicherheitskräften, aber auch von bewaffneten Gruppen untereinander.

 

Darüber hinaus können in Nigeria, meist kaum vorhersehbar, in allen Regionen lokale Konflikte aufbrechen. Ursachen und Anlässe der Konflikte sind meist politischer, wirtschaftlicher, religiöser oder ethnischer Art. Meist sind diese Auseinandersetzungen von kurzer Dauer (wenige Tage) und örtlich begrenzt (meist nur einzelne Orte, in größeren Städten nur einzelne Stadtteile).

 

(Auswärtiges Amt: Nigeria - Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung), Stand 15.10.2012 (unverändert gültig seit: 16.8.2012),

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/NigeriaSicherheit_node.html, Zugriff 15.10.2012)

 

Menschenrechte

 

Allgemein

 

Die Situation hat sich seit Amtsantritt der Zivilregierung 1999 deutlich verbessert - Freilassung politischer Gefangener, Presse- und Meinungsfreiheit, keine Vollstreckung der Todesstrafe, allerdings keine Abschaffung. Auch wenn sich die Regierung ausdrücklich zum Schutz der Menschenrechte, die auch in der Verfassung als einklagbar verankert sind, bekennt, bleiben viele menschenrechtliche Probleme wie Armut, Analphabetentum, Gewaltkriminalität, ethnische Spannungen, die Scharia-Rechtsspraxis, Entführungen und Geiselnahmen und insbesondere das Problem des Frauen- und Kinderhandels ungelöst.

 

Daneben ist der Schutz von Leib und Leben der Bürger vor Willkürhandlungen von Vertretern der Staatsmacht nicht verlässlich gesichert und es besteht weitgehende Straflosigkeit bei Verstößen durch Angehörige der Sicherheitskräfte sowie bei Verhaftungen von Angehörigen militanter Organisationen. Das hohe Maß an Korruption auch im Sicherheitsapparat und der Justiz wirkt sich negativ auf die Wahrung der Menschenrechte aus.

 

Nigeria unterzeichnete und ratifizierte zahlreiche spezifische Abkommen in Bezug auf Menschenrechte innerhalb des Rahmens der ECOWAS, der Afrikanischen Union, sowie der Vereinten Nationen; wobei die Inkorporierung ins innerstaatliche Recht unterschiedlich fortgeschritten ist.

 

UN:

 

-

International Covenant on Economic, Social and Cultural Rights (CESCR); Ratified

 

-

International Covenant on Civil and Political Rights (CPPR);

Ratified

 

-

International Convention on the Elimination of All Forms of Racial Discrimination (CERD); Ratified

 

-

Convention on the Elimination of All Forms of Discrimination Against Women (CEDAW); Ratified

 

-Optional Protocol to the Convention on the Elimination of All Forms of Discrimination Against Women (CEDAW-OP); Ratified

 

-

Convention Against Torture and other Cruel, Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (CAT); Ratified

 

-

Optional Protocol to the Convention Against Torture (CAT-OP); signed

 

-

Convention on the Rights of the Child (CRC); Ratified

 

-

Optional Protocol to the Convention on the Rights of the Child on the involvement of children in armed conflict (CRC-OP-AC); Signed

 

-

Optional Protocol to the Convention on the Rights of the Child on the sale of children, child prostitution and child pornography (CRC-OP-SC); Signed

 

-

Rome Statute of the International Criminal Court; Ratified

 

REGIONAL INSTRUMENTS:

 

-

African Charter on Human and People's Rights; Ratified

 

-

Protocol to the African Charter on Human and People's Rights on the Establishment of an African Court on Human and Peoples' Rights;

 

-

Protocol to the African Charter on Human and Peoples' Rights on the Rights of Women in Africa; Ratified

 

-

African Charter on Rights and Welfare of the Child; Ratified

 

(ÖB Abuja: Asylländerbericht Nigeria, 11.2011)

 

Meinungs- und Pressefreiheit

 

Die Meinungsfreiheit ist durch die Verfassung Kapitel IV, Art 39 garantiert, die nigerianische Presse macht davon unbehelligt Gebrauch. Nigeria verfügt über eine große Anzahl an Tageszeitungen, Sonntagszeitungen und wöchentlichen Nachrichtenmagazinen, sowie an TV- und Radiosendern. Beinahe alle befinden sich in privatem Besitz, wohingegen die National Television Authority (NTA) und die Federal Radio Corporation of Nigeria (FRCN) vom Staat betrieben werden.

 

Die politische Berichterstattung in den nigerianischen Medien spielt eine bedeutende Rolle. Ein im Vergleich zu österreichischen Medien großer Teil der Berichterstattung ist der Innenpolitik gewidmet. Die privaten sowie die öffentlichen Medien äußern sich offen und kritisch über Themen, wie Korruption in höheren Politikkreisen, Unterschlagung von öffentlichen Geldern etc.

 

Vereinzelt werden kritische Journalisten jedoch Opfer von - nicht aufgeklärten - Gewalttaten.

 

(ÖB Abuja: Asylländerbericht Nigeria, 11.2011)

 

Die nigerianischen Medien sind die vielfältigsten in Afrika. Zahlreiche private Zeitungen und zunehmend auch private Fernsehsender tragen wesentlich dazu bei, dass alle politischen Fragen des Landes offen und kritisch diskutiert werden können. Das Radio ist das wichtigste Medium in Nigeria. Qualität und Wirkungskreis von Presse und Medien werden allerdings durch schwierige Rahmenbedingungen beeinträchtigt. Zeitungen werden in vielen abgelegenen Gebieten nicht zeitnah vertrieben. Manche Zeitungen kämpfen um das wirtschaftliche Überleben. Viele Radiosender beschränken sich aus Kostengründen darauf, internationale oder regionale Popmusik zu spielen. Auf kontroverse Darstellungen zu Religionsthemen verzichten die Medien weitgehend mit Blick auf die erheblichen Sensibilitäten in der nigerianischen Gesellschaft.

 

(Auswärtiges Amt: Nigeria - Kultur und Bildung, Stand 3.2012, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Kultur-UndBildungspolitik_node.html, Zugriff 18.10.2012)

 

Bestechung und Korruption bleiben in der Medienindustrie ein Problem, vor allem in Form von "braunen Umschlägen" oder kleinen Geldgeschenken an Journalisten. Eine Studie aus dem Jahr 2009 in Lagos hat ergeben, dass 61 Prozent der 184 befragten Journalisten regelmäßig im Dienst "braune Umschläge" erhalten haben. Allerdings gaben 74 Prozent der Befragten an, dass derartige Geschenke nicht zu voreingenommener Berichterstattung führen würden - vielleicht, weil die Praktik derart üblich ist.

 

(Freedom House: Freedom of the Press 2012 - Nigeria, 12.10.2012, http://www.unhcr.org/refworld/docid/507bcae2c.html, Zugriff 18.10.2012)

 

Opposition

 

Vereins- und Versammlungsfreiheit: Dieses Grundrecht ist in der Verfassung in Art 40, Right to peaceful assembly and association, verankert und wird auch praktiziert.

 

(ÖB Abuja: Asylländerbericht Nigeria, 11.2011)

 

Die Verfassung von Nigeria garantiert das Recht, sich zu politischen Parteien sowie Interessensverbänden zusammen zu schließen. In der Praxis wurde dieses Recht im Allgemeinen respektiert. Ende des Jahres 2011 waren bei der "Independent National Electoral Commission" (INEC) 56 politische Parteien registriert.

 

(U.S. Department of State: Country Report on Human Rights Practices for 2011 - Nigeria, 24.5.2012,

http://www.ecoi.net/local_link/217663/338426_de.html, Zugriff 15.10.2012)

 

Die politische Opposition kann sich grundsätzlich frei betätigen. Gelegentlich sind jedoch Eingriffe seitens der Staatsgewalt zu verzeichnen. Dies betrifft vor allem Gruppen mit sezessionistischen Zielen, da die Einheit Nigerias nach dem Trauma der versuchten Unabhängigkeit Biafras und dem folgenden Bürgerkrieg (1967-1970) als ein zentrales Element der Staatsräson gilt.

 

Gegen die "Bewegung für die Verwirklichung des Souveränen Staates Biafra" ("Movement for the Actualisation of the Sovereign State of Biafra", MASSOB), deren Mitglieder der Ethnie der Igbo angehören und die größere Selbständigkeit für den Südosten des Landes reklamiert, gehen die Sicherheitsorgane teilweise massiv vor. MASSOB propagiert keinen bewaffneten Kampf; Zeitungen berichteten allerdings von Waffenfunden bei Razzien der Sicherheitskräfte. Teilnehmer an MASSOB-Veranstaltungen wurden wegen des Verdachts auf landesverräterische Aktivitäten vor ordentlichen Gerichten angeklagt. Laut Medienberichten wurden viele Angeklagte vorzeitig gegen Kaution bzw. Ehrenerklärung freigelassen, in anderen Fällen endeten Verfahren mit Freispruch. Gegen den MASSOB-Führer, Chief Ralph Uwazurike, wurde im November 2005 ein Strafverfahren wegen Hochverrats eingeleitet. Im Oktober 2007 kam Uwazurike gegen Kaution frei, wurde im Januar 2010 unter dem Vorwurf der Entführung aber erneut verhaftet und nach einigen Monaten Haft wieder freigelassen.

 

Im Juni 2008 wurden 78 MASSOB - Anhänger von einem Gericht in Enugu wegen Landesverrats angeklagt. Sie hatten den 37. Jahrestag der Unabhängigkeit der "Republik Biafra" begehen wollen. Neuere Vorfälle sind nicht bekannt.

 

(Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria, Stand: April 2012, 6.5.2012)

 

Haftbedingungen

 

Festzuhalten ist, dass Reformanstrengungen bestehen, wobei die Fortschritte aufgrund unzureichender Budgetmittelausstattung und Fachwissen bislang bescheiden waren. Insbesondere Kapazitätsaufbau wäre notwendig.

 

Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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