TE Vwgh Erkenntnis 2013/6/26 2011/01/0159

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Veröffentlicht am 26.06.2013
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Index

L40014 Anstandsverletzung Ehrenkränkung Lärmerregung
Polizeistrafen Oberösterreich;
L40054 Prostitution Sittlichkeitspolizei Oberösterreich;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §38;
AVG §68 Abs1;
PolStG OÖ 1979 §2 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Pitsch, über die Beschwerde der I Ges.m.b.H. in O, vertreten durch Wagner Rechtsanwälte GmbH in 4780 Schärding/Inn, Wieninger Straße 3, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 13. Jänner 2011, Zl. IKD(Pol)-010326/1-2010-Wa/Ga, betreffend Untersagung der Verwendung eines Gebäudes für Prostitutionszwecke gemäß § 2 Abs. 1 Oö Polizeistrafgesetz (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Reichersberg in 4981 Reichersberg 35), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 2. Dezember 2009 zeigte die Beschwerdeführerin die Verwendung des Objektes X in Reichersberg für Prostitutionszwecke (als "Erotikstudio") an.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Reichersberg vom 1. Februar 2010 wurde die Verwendung dieses Objektes für Prostitutionszwecke gemäß § 2 Abs. 1 Oberösterreichisches Polizeistrafgesetz (Oö PolStG) untersagt. Begründend ging die Erstbehörde - gestützt auf eine Stellungnahme der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 1. Februar 2010 - im Wesentlichen davon aus, dass bei einer Kontrolle am 20. Jänner 2010 im genannten Objekt sechs Prostituierte angetroffen worden seien. Diese hätten angegeben, dass sie über Vermittlung von Frau G. in das genannte Objekt gekommen und dort seit 18. Jänner 2010 als Prostituierte tätig seien. Sie müssten jeweils wöchentlich EUR 500,-- an Miete bezahlen und könnten jeweils einen Raum für Prostitutionszwecke nutzen. Es seien in mehreren Medien Inserate geschaltet und ihnen Mobiltelefone überlassen worden, für die sie Miete bezahlen müssten. Bei der Kontrolle habe sich herausgestellt, dass sämtliche Prostituierte keine gültigen Gesundheitsbücher besäßen. Es seien Anzeigen wegen Übertretungen des Geschlechtskrankheitengesetzes und des AIDS-Gesetzes sowie des Polizeistrafgesetzes erstattet worden. Die Prostituierten hätten weiters angegeben, dass das Etablissement seit 4. Jänner 2010 offen sei und dass sie dort jeweils nur eine Woche tätig seien. Prostituierte hätten wiederholt bei der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis um Ausstellung von Gesundheitsbüchern ersucht, diesen sei mitgeteilt worden, dass - entgegen der Aussage von Frau G. - die Prostitution gemäß § 2 Oö PolStG derzeit nicht ausgeübt werden dürfe. Der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin habe am 25. Jänner 2010 angegeben, dass mit dem Umbau des genannten Objektes für Zwecke eines "Laufhauses" am 1. Jänner 2010 begonnen und der Betrieb vermutlich in der zweiten Jännerwoche aufgenommen worden sei. Die Prostituierten müssten eine Wochenmiete von EUR 500,-- pro Zimmer bezahlen, die Werbung erfolge durch die Prostituierten selbst. Von Seiten der Beschwerdeführerin sei für die organisatorische Abwicklung und die Reinigung Frau G. zuständig. Eine Internetrecherche habe ergeben, dass das Objekt u.a. als "Neueröffnung am 4. Jänner 2010" beworben werde. Es seien bisher insgesamt 18 Anzeigen wegen Übertretungen des Geschlechtskrankheitengesetzes und des AIDS-Gesetzes sowie des Oö PolStG erstattet und ein weiteres Verwaltungsstrafverfahren gegen den Geschäftsführer der Beschwerdeführerin eingeleitet worden. Darüber hinaus bestehe der Verdacht zahlreicher weiterer Verwaltungsübertretungen im Zusammenhang mit der unerlaubten Prostitutionsausübung sowie Übertretungen nach dem Meldegesetz. Es stehe somit fest, dass der Betrieb des Objekts für Prostitutionszwecke vor Ablauf der Untersagungsfrist und somit unerlaubt aufgenommen worden sei und dass es dabei in rund drei Wochen zu einer großen Zahl von Verwaltungsübertretungen gekommen sei (19 anhängige Verfahren und zahlreiche weitere Übertretungen). Die für den Betrieb verantwortlichen Personen seien nicht gewillt, die gesetzlichen Bestimmungen über die Prostitutionsausübung einzuhalten und hätten eine größere Zahl von Prostituierten zur illegalen Ausübung der Prostitution animiert. Es sei daher aufgrund der Verletzung des öffentlichen Interesses an der Einhaltung der Rechtsordnung die Verwendung des genannten Objektes für Prostitutionszwecken zu untersagen gewesen.

In der dagegen von der Beschwerdeführerin erhobenen Berufung wurde im Wesentlichen vorgebracht, das gegenständliche Objekt liege im Gewerbegebiet von Reichersberg, es seien deshalb durch den Betrieb eines "Laufhauses" weder Interessen des Jugendschutzes beeinträchtigt noch würde die Nachbarschaft dadurch in unzumutbarer Weise belästigt. Soweit die Erstbehörde davon ausgehe, es würden sonstige öffentliche Interessen, insbesondere solche der Ruhe, Ordnung und Sicherheit, verletzt, sei dem entgegenzuhalten, dass das bloße Vorliegen einer oder mehrerer Anzeigen noch nicht die Annahme rechtfertige, dass gegen die Rechtsordnung verstoßen worden sei; davon sei erst auszugehen, wenn rechtskräftige Straferkenntnisse vorlägen.

Mit Bescheid vom 5. Juli 2010 gab der Gemeinderat der Marktgemeinde Reichersberg dieser Berufung keine Folge und bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung.

Zur Begründung führte die Berufungsbehörde aus, es sei eine weitere Stellungnahme der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 6. Mai 2010 eingeholt worden. Danach seien die Verwaltungsstrafverfahren gegen die bei der Kontrolle am 20. Jänner 2010 angetroffenen Prostituierten rechtskräftig abgeschlossen, es seien insgesamt sechs Verwaltungsstrafen wegen Übertretung des § 2 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 3 lit. d Oö PolStG, sechs Verwaltungsstrafen wegen Ausübung der Prostitution ohne gültiges Gesundheitsbuch und vier Strafen wegen Ausübung der Prostitution ohne vorherige Untersuchung auf das Vorliegen einer HIV-Infektion nach dem AIDS-Gesetz verhängt worden. Es sei daher erwiesen, dass es im Zuge der Prostitutionsausübung zu massiven Gesetzesübertretungen gekommen sei. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin gleiche der vorliegende Fall demjenigen des hg. Erkenntnisses vom 26. Jänner 1998, Zl. 97/10/0075, in dem der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt habe, dass die Annahme, dass der Betrieb (eines Bordells) eine Quelle ständiger Rechtsverletzungen sei und auch in Zukunft sein werde und daher durch diesen Betrieb öffentliche Interessen im Sinne des § 2 Abs. 1 Oö PolStG verletzt würden, allein die Untersagung der Prostitutionsausübung rechtfertige, ohne dass es auf eine Störung der Nachbarschaft und des örtlichen Gemeinwesens ankomme. Es sei im vorliegenden Fall mit laufenden Gesetzesverletzungen zu rechnen, weil die für die Beschwerdeführerin handelnden Personen trotz mehrmaliger Hinweise auf die Rechtswidrigkeit ihres Handelns den Prostituierten wiederholt mitgeteilt hätten, dass die Prostitution im gegenständlichen Objekt erlaubterweise ausgeübt werden könne. Aufgrund der Vielzahl der bisherigen Gesetzesübertretungen müsse auch für den Fall der neuerlichen Verwendung des Objekts für Prostitutionszwecke mit weiteren Gesetzesverstößen gerechnet werden. Im Übrigen habe bereits die erstinstanzliche Behörde dargelegt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Untersagung vorliegen würden.

In der dagegen von der Beschwerdeführerin erhobenen Vorstellung wurde im Wesentlichen das Berufungsvorbringen wiederholt und vorgebracht, entgegen der Ansicht der Berufungsbehörde sei der vorliegende Fall nicht mit demjenigen des hg. Erkenntnisses vom 26. Jänner 1998, Zl. 97/10/0075, vergleichbar. Die Berufungsbehörde übersehe zudem, dass die von ihr festgestellten Übertretungen nach dem Oö PolStG bzw. dem AIDS-Gesetz nicht vom Geschäftsführer der Beschwerdeführerin begangen worden seien. Auch für eine allfällige Fehlinformation, die Frau G. an weibliche Personen weitergegeben habe, könne die Geschäftsführung nicht zur Verantwortung gezogen werden, weil diesen Personen klar sein habe müssen, dass Frau G. nicht befugt gewesen sei, für die Beschwerdeführerin zu handeln. Darüber hinaus habe die Berufungsbehörde den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 8. April 2010 unberücksichtigt gelassen, mit dem ein gegen den Geschäftsführer der Beschwerdeführerin eingeleitetes Verwaltungsstrafverfahren eingestellt worden sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 13. Jänner 2011 gab die belangte Behörde dieser Vorstellung keine Folge und stellte fest, dass die Beschwerdeführerin durch den Berufungsbescheid in ihren Rechten nicht verletzt wurde.

Begründend führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verfahrensganges und der maßgeblichen Rechtsvorschriften im Wesentlichen aus, aufgrund des von der Erst- und von der Berufungsbehörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens stehe zweifelsfrei fest, dass die Beschwerdeführerin das gegenständliche Objekt entgegen § 2 Abs. 1 Oö PolStG vor Ablauf der zweimonatigen Frist (ab Anzeige) für Prostitutionszwecke verwendet habe. Dabei seien - jedenfalls mit Blick auf das Vorliegen von Untersagungsgründen - insbesondere die Handlungen von Frau G. sowie diejenigen der dort tätigen Prostituierten der Beschwerdeführerin zuzurechnen. Für das Vorliegen eines Untersagungsgrundes sei es weder erforderlich, dass Verwaltungsübertretungen durch die für die Beschwerdeführerin nach außen vertretungsbefugten Personen begangen würden noch dass die diesbezüglichen Strafverfahren rechtskräftig abgeschlossen seien. Abgesehen davon, dass das Verhalten von Frau G. der Beschwerdeführerin zuzurechnen sei, sei die Beschwerdeführerin als Eigentümerin des gegenständlichen Objektes jedenfalls in der Lage und verantwortlich gewesen dafür zu sorgen, dass vor Ablauf der Zwei-Monats-Frist keine Prostitution ausgeübt werde. Im Übrigen hätten sowohl die Erst- als auch die Berufungsbehörde (bereits) nachvollziehbar dargelegt, aus welchen Gründen die gegenständliche Untersagung ausgesprochen worden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die hier maßgebliche Bestimmung des Oberösterreichischen Polizeistrafgesetzes, LGBl. Nr. 36/1979 idF LGBl. Nr. 77/2007 (Oö PolStG), lautet auszugsweise:

"§ 2

Prostitution

(1) Wer beabsichtigt, für Zwecke der Anbahnung oder Ausübung von Beziehungen zur sexuellen Befriedigung anderer Personen zu Erwerbszwecken (Prostitution) ein Gebäude, eine Wohnung oder einzelne Räumlichkeiten zu nutzen oder für solche Zwecke zur Verfügung zu stellen, hat dies, soweit es nicht nach Abs. 3 lit. c verboten ist, der Gemeinde mindestens zwei Monate vor Aufnahme der Prostitution anzuzeigen. Die Gemeinde hat die Verwendung zu diesem Zweck innerhalb von zwei Monaten ab Einlangen der Anzeige mit Bescheid zu untersagen, wenn auf Grund der örtlichen oder sachlichen Verhältnisse zu befürchten ist, dass dadurch die Nachbarschaft in unzumutbarer Weise belästigt oder das örtliche Gemeinwesen gestört wird oder sonstige öffentliche Interessen, insbesondere solche der Ruhe, Ordnung und Sicherheit oder des Jugendschutzes verletzt werden.

(2) …"

Die Beschwerde bringt im Wesentlichen vor, die belangte Behörde übersehe, dass der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in seinem Bescheid vom 8. April 2010 in der Begründung ausdrücklich festgehalten habe, dass es an einem stichhaltigen Nachweis dafür fehle, dass im gegenständlichen Objekt nach Einlangen der Anzeige beim Bürgermeister von Reichersberg die Prostitution ausgeübt worden sei. Deshalb sei mit dem genannten Bescheid vom 8. April 2010 auch das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Geschäftsführer der Beschwerdeführerin eingestellt worden. Die Vorstellungsbehörde sei "an den Ausspruch … und insbesondere an die Begründung" des Bescheides des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich gebunden gewesen. Aufgrund der Missachtung der Bindungswirkung sei der angefochtene Bescheid inhaltlich rechtswidrig. Selbst wenn man aber davon ausgehe, dass vor Ablauf der zweimonatigen Frist das gegenständliche Objekt für Prostitutionszwecke verwendet worden sei, rechtfertige dies nicht die Annahme, dass auch in Zukunft die Rechtsordnung nicht eingehalten würde. Der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin sei gerichtlich unbescholten und habe auch keine verwaltungsstrafrechtlichen Vorstrafen wegen Übertretungen des Oö PolStG oder ähnlicher einschlägiger Bestimmungen. Die belangte Behörde hätte daher davon ausgehen müssen, dass der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin auch bei Verwendung des Objekts zu Prostitutionszwecken dafür Sorge tragen werde, dass die Rechtsordnung eingehalten würde.

Mit diesem Vorbringen wird keine zur Aufhebung führende Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt.

Die Bestimmung des § 2 Abs. 1 Oö PolStG hat präventiven Charakter. Für die Untersagung ist es nicht erforderlich, dass mit dem Eintritt der in der Bestimmung genannten Auswirkungen sicher zu rechnen ist; vielmehr genügt es, dass hiefür die "Wahrscheinlichkeit" spricht (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 18. Juli 2002, Zl. 2002/09/0039, vom 14. Mai 2001, Zl. 2000/10/0158, vom 12. Jänner 2001, Zl. 2000/10/0010, und vom 26. Jänner 1998, Zl. 97/10/0075, mwN).

Die belangte Behörde hat ihre Annahme, dass es vor Ablauf der Zwei-Monats-Frist des § 2 Abs. 1 Oö PolStG im gegenständlichen Objekt zu massiven Gesetzesübertretungen gekommen sei, durch erkennbaren Verweis auf die Begründung der Erst- und der Berufungsbehörde u.a. damit begründet, dass die Verwaltungsstrafverfahren gegen die bei der Kontrolle am 20. Jänner 2010 angetroffenen Prostituierten rechtskräftig abgeschlossen und insgesamt sechs Verwaltungsstrafen wegen Übertretung des § 2 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 3 lit. d Oö PolStG, sechs Verwaltungsstrafen wegen Ausübung der Prostitution ohne gültiges Gesundheitsbuch und vier Strafen wegen Ausübung der Prostitution ohne vorherige Untersuchung auf das Vorliegen einer HIV-Infektion nach dem AIDS-Gesetz verhängt worden seien. Die Beschwerdeführerin, die in ihrer Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid selbst den Standpunkt eingenommen hat, dass es insofern auf das Vorliegen rechtskräftiger Straferkenntnisse ankäme, hat weder im Verwaltungsverfahren noch in der vorliegenden Beschwerde behauptet, dass insoweit keine rechtskräftigen Straferkenntnisse vorliegen würden. Davon ausgehend durfte die belangte Behörde aber schon aus diesem Grund zu Recht von der Wahrscheinlichkeit im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung ausgehen, dass auch in Hinkunft die Einhaltung der Rechtsordnung nicht gewährleistet sein wird. Zu den öffentlichen Interessen, deren mögliche Verletzung zur Untersagung der Verwendung eines Gebäudes zu Prostitutionszwecken zu führen hat, gehört auch das öffentliche Interesse an der Einhaltung der Rechtsordnung (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis vom 18. Juli 2002, Zl. 2002/09/0039, mit Verweis auf das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 1998, Zl. 97/10/0075). Entgegen der Annahme der Beschwerdeführerin kommt dabei dem bloßen Umstand, dass der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin gerichtlich unbescholten ist und nicht wegen Übertretungen des Oö PolStG oder ähnlicher einschlägiger Bestimmungen bestraft wurde, keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu.

Soweit die Beschwerdeführerin für ihren Standpunkt schließlich eine Bindungswirkung der Begründung der mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 8. April 2010 im Grunde des § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG verfügten Einstellung des gegen den Geschäftsführer der Beschwerdeführerin geführten Verwaltungsstrafverfahrens ins Treffen zu führen sucht, ist darauf hinzuweisen, dass die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens der Begründung des genannten Bescheides zufolge primär darauf gestützt wurde, dass es "ein konstitutives Tatbestandsmerkmal einer Übertretung des § 2 Abs. 3 lit. d. i.V.m.

§ 2 Abs. 1 Oö PolStG" sei, dass die beabsichtigte Prostitutionsausübung oder -anbahnung in einem ausschließlich von Prostituierten bewohnten und benützten Gebäude stattfinde, wobei der Spruch des erstinstanzlichen Strafbescheides insofern keine entsprechende Konkretisierung im Sinne des § 44a Z. 1 VStG enthalte und sich nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit feststellen lasse, um welche Art von Gebäude es sich bei dem verfahrensgegenständlichen Objekt tatsächlich handle. Lediglich hilfsweise wird die Ansicht vertreten, dass selbst dann, wenn es sich um ein Gebäude handelte, das ausschließlich von Prostituierten bewohnt bzw. benützt würde, es an einem stichhaltigen Nachweis dafür, dass dort auch tatsächlich die Prostitution ausgeübt worden sei, fehlte, da dafür "ein bloß nicht näher konkretisiertes Antreffen von Damen in typischer Bekleidung allein" nicht ausreiche. Ungeachtet der Frage, ob der Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens gegen den Geschäftsführer der Beschwerdeführerin im vorliegenden Zusammenhang überhaupt Bindungswirkung zukäme, ist eine Bindung an einen rechtskräftigen Bescheid einer Verwaltungsbehörde immer nur innerhalb der Grenzen der Rechtskraft gegeben, wobei die objektive Grenze der Rechtskraft eines Bescheides sich aus der damit entschiedenen bestimmten Verwaltungssache ergibt. Die Begründung spielt dabei nur insofern eine Rolle, als sie zur Auslegung des Spruches des Bescheides heranzuziehen ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. November 2004, Zl. 2002/08/0261, mwN). Dem Beschwerdevorbringen, die belangte Behörde wäre - ungeachtet des Vorliegens rechtskräftiger Bestrafungen u.a. wegen Übertretungen des § 2 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 3 lit. d Oö PolStG - an die wiedergegebenen, bloß hilfsweise geäußerten und insofern nicht tragenden Begründungselemente im genannten Bescheid vom 8. April 2010 gebunden gewesen, kommt daher keine Berechtigung zu.

Da sich die Beschwerde nach dem Gesagten als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 26. Juni 2013

Schlagworte

Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der BehördeIndividuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2013:2011010159.X00

Im RIS seit

18.07.2013

Zuletzt aktualisiert am

02.10.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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