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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art18 Abs2Leitsatz
Gesetzwidrigkeit eines Plandokuments infolge Unzuständigkeit der Bezirksvertretung zu einer nicht unwesentlichen Abänderung des Flächenwidmungs- und BebauungsplanesSpruch
1. Der Beschluß der Wiener Bezirksvertretung für den
12. Bezirk vom 27. März 1992, Z BV 12-A/21/332/92 (Plandokument 6375), betreffend die "unwesentliche Abänderung des Flächenwidmungsplanes und des Bebauungsplanes", verlautbart im Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 16 vom 16. April 1992, war gesetzwidrig.
2. Die Wiener Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Landesgesetzblatt verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der Verwaltungsgerichtshof beantragt (Z A33/97) gemäß Art139 Abs1 B-VG, der Verfassungsgerichtshof wolle feststellen, daß die "unwesentliche Abänderung des Flächenwidmungsplanes (und des Bebauungsplanes) Plandokument 6375, beschlossen von der Bezirksvertretung für den 12. Bezirk in ihrer Sitzung vom 27. März 1992, Zl. BV 12-A/21/332/92, verlautbart im Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 16 vom 16. April 1992, gesetzwidrig war".
Dem Anlaßfall (93/05/0163) liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Mit Bescheid vom 23. November 1992 hat der Magistrat der Stadt Wien die Baubewilligung zur Errichtung der "Seniorenresidenz Tivoli", bestehend aus vier Bauteilen (und zwar einem Altenwohnheim, einem Pflegetrakt, einem Restaurantgebäude und einem Kaffeehausgebäude) sowie zwei Tennisplätzen auf Flächen erteilt, für die die im Antrag wiedergegebene Änderung des Flächenwidmungsplanes, nämlich das Plandokument 6375 galt. Die gegen diesen Bescheid von den Nachbarn erhobene Berufung wurde mit dem beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der Bauoberbehörde für Wien abgewiesen.
Der Verwaltungsgerichtshof hegt gegen die bekämpfte Verordnung das Bedenken, daß es sich bei der Änderung der baulichen Ausnützbarkeit des als Grünland-Parkschutzgebiet gewidmeten Areals (Senioren- und Pflegeheim), die mit einer Vergrößerung der höchstzulässigen bebauten Fläche um 833,72 m2 oder 28,37 % einhergehe, nicht mehr um eine "unwesentliche" Änderung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes gehandelt habe, weshalb die Bezirksvertretung für den 12. Bezirk die ihr durch §1 Abs1 zweiter Satz der Bauordnung für Wien in der im Zeitpunkt der Beschlußfassung der Bezirksvertretung am 27. März 1992 geltenden Fassung - d.h. vor der Novelle LGBl. 10/1996 - eingeräumte Kompetenz überschritten habe.
Zwischenzeitlich habe zwar der Gemeinderat mit dem Plandokument 6514 eine neue Festsetzung des Flächenwidmungsplanes und des Bebauungsplanes für ein Teilgebiet des 12. Bezirkes, welches auch den im Plandokument 6375 umschriebenen Bereich umfaßt, beschlossen. Der beim Verwaltungsgerichtshof in Beschwerde gezogene Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 26. Mai 1993 sei aber noch auf das Plandokument 6375 gestützt.
2. Die Bezirksvertretung für den 12. Bezirk legte die Verwaltungsakten betreffend das Zustandekommen der Verordnung vor und erstattete eine Äußerung, in der sie dem Antrag folgendes entgegenhält:
"Mit Beschluß vom 2. März 1990, Pr.Z. 520/90, PD Nr. 6158, hat der Wiener Gemeinderat unter Aufhebung des bisher gültigen Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes für das Gebiet zwischen Meidlinger Hauptstraße, Edelsinnstraße, Hohenbergstraße, Grünbergstraße (Bezirksgrenze) und Tivoligasse im 12. Bezirk, KG Meidling, einen neuen Flächenwidmungs- und Bebauungsplan festgesetzt. Dabei wurde für das hier interessierende Gebiet im Bereich der ehemaligen Meierei Tivoli die Widmung Grünland-Parkschutzgebiet festgelegt. Innerhalb dieses Parkschutzgebietes wurden durch die Festsetzung von Baufluchtlinien Flächen ausgewiesen, auf denen Gebäude bis zu einer maximalen Höhe von 9,50 m (BB6) errichtet werden dürfen. Auf diesen durch Baufluchtlinien begrenzten Flächen innerhalb des gewidmeten Parkschutzgebietes war die Errichtung von Wohnungen, ausgenommen für den Bedarf der Betriebsleitung und Betriebsaufsicht, untersagt (BB8).
In weiterer Folge wurde der Entschluß gefaßt, auf diesem als Parkschutzgebiet gewidmeten Gebiet im Bereich der ehemaligen Meierei Tivoli ein Seniorenwohn- und Pflegeheim zu errichten. Die beabsichtigte Errichtung eines Seniorenwohn- und Pflegeheimes im gegenständlichen Parkschutzgebiet verlangte jedoch eine Abänderung bzw. Ergänzung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes. So erwies sich unter Berücksichtigung der funktionellen Gliederung eines solchen Heimes und der topographischen Situation eine andere Baukörperfiguration als unvermeidlich. An den Schauseiten des Wohnheimes und des Pflegetraktes sollte auch die Ausbildung von Balkonen, Veranden und Terrassen gestattet werden (BB12). Gleichzeitig bestand die Absicht, die Errichtung eines Seniorenwohn- und Pflegeheimes auf den bebaubaren Flächen im gegenständlichen Parkschutzgebiet im Bebauungsplan auszuweisen (BB10). Darüber hinaus wurde angeregt, im gegenständlichen Parkschutzgebiet an der Hohenbergstraße in unmittelbarer Nähe der Fußgängerpromenade die Errichtung eines Kaffeehauses sowie zwischen den Baukörpern des geplanten Seniorenwohn- und Pflegeheimes - zur Versorgung dieses Heimes - die Errichtung eines Restaurationsbetriebes mit einer jeweiligen maximalen Gebäudehöhe von 5 m vorzusehen (BB9). Unter Berücksichtigung der bestehenden Tennisplätze sollte schließlich die Errichtung eines Tennisplatzes sowie dessen erforderliche Einfriedung im gegenständlichen Parkschutzgebiet gestattet werden (BB11).
Mit Beschluß vom 27. März 1992, Zahl BV 12-A/21/332/92, PD Nr. 6375, hat die Bezirksvertretung für den 12. Bezirk den für das hier interessierende Gebiet im Bereich der ehemaligen Meierei Tivoli bisher gültigen Flächenwidmungs- und Bebauungsplan entsprechend den oben dargelegten Anregungen und Vorstellungen (unwesentlich) abgeändert.
...
(Dem) Vorbringen des Verwaltungsgerichtshofes ist entgegenzuhalten, daß - wie bereits ausgeführt - auf Grund der beabsichtigten Errichtung eines Seniorenwohn- und Pflegeheimes im gegenständlichen Parkschutzgebiet eine Änderung der bisher festgesetzten Baukörperfiguration erforderlich war. Auf den im PD Nr. 6375 zur Errichtung von Gaststätten ausgewiesenen Flächen durften nur Gebäude mit einer Gebäudehöhe von maximal 5 m errichtet werden (BB9). Wie aus den im Widmungsakt erliegenden Unterlagen zu entnehmen ist, wurde durch die gegenständliche Abänderung des geltenden Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes, Beschluß der Bezirksvertretung für den 12. Bezirk vom 27. März 1992, Zahl BV 12-A/21/332/92, PD Nr. 6375, weder die für dieses Gebiet ausgewiesene Widmung noch das Ausmaß der zulässigen Baumassen oder die maximale Gebäudehöhe geändert. Lediglich die bebaubaren Bereiche des gegenständlichen Parkschutzgebietes erfuhren durch das von der Bezirksvertretung beschlossene PD Nr. 6375 eine Änderung. Hingegen wurden die Höhen der zulässigen Baukörper im PD Nr. 6375 nunmehr gestaffelt (9,50 m bzw. 5 m) ausgewiesen. Insgesamt blieb somit die im gegenständlichen Parkschutzgebiet zulässig verbaubare Kubatur gleich.
Da durch die gegenständliche Änderung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes die bestehende Widmung der Grundflächen (Parkschutzgebiet) gar nicht angetastet wurde und entsprechend den im Widmungsakt erliegenden Unterlagen die in diesem Parkschutzgebiet zulässig verbaubare Kubatur nicht vergrößert wurde, sondern lediglich die zulässigen Baumassen anders verteilt wurden, ist die Bezirksvertretung für den 12. Bezirk bei der Beschlußfassung auch davon ausgegangen, daß durch diese vorgesehene Änderung der Bebauungsbestimmungen lediglich eine unwesentliche Abänderung des geltenden Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes im Sinne des (damals) geltenden §1 Abs1 zweiter Satz der Bauordnung für Wien vorgenommen wird und somit die Zuständigkeit der Bezirksvertretung, die vorgesehene Abänderung des geltenden Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes zu beschließen, jedenfalls gegeben ist.
An dieser Stelle ist noch zu bemerken, daß aus dieser oben dargelegten unwesentlichen Abänderung des geltenden Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes den Anrainern keine ernsthaften Nachteile erwachsen können.
Die Zuständigkeit der Bezirksvertretung für den 12. Bezirk, die gegenständliche - bloß unwesentliche - Abänderung des bestehenden Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes zu beschließen (PD Nr. 6375), war jedenfalls gegeben. Die Bezirksvertretung für den 12. Bezirk ist daher der Auffassung, daß das PD Nr. 6375, beschlossen von der Bezirksvertretung für den 12. Bezirk in ihrer Sitzung vom 27. März 1992, Zahl BV 12-A/21/332/92, verlautbart im Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 16 vom 16. April 1992, nicht gesetzwidrig war."
3. Die mitbeteiligte Partei im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erstattete eine Äußerung, in der sie sich den Ausführungen der Bezirksvertretung für den 12. Bezirk anschloß und ausführte, die Frage, ob wesentliche oder unwesentliche Änderungen des Flächenwidmungsplanes vorlägen, könne unter Heranziehung von quantitativen oder qualitativen Kriterien beurteilt werden. Unter Anlegung eines bloß quantitativen Maßstabes sei darauf verwiesen, daß sich die Änderung gemäß Plandokument 6375 nur auf einen geringfügigen Teil des vom Plandokument 6158 erfaßten Bereiches beziehe. Selbst in diesem Teilbereich sei weder die für dieses Gebiet ausgewiesene Widmung noch das Ausmaß der zulässigen Baumassen oder der maximalen Gebäudehöhe geändert worden; es seien lediglich die bebaubaren Bereiche des gegenständlichen Parkschutzgebietes geändert und die Höhe der zulässigen Baukörper gestaffelt worden. Insgesamt sei jedoch die im gegenständlichen Parkschutzgebiet zulässige verbaubare Kubatur gleichgeblieben. Hinzu komme, daß auch keine wesentliche qualitative Änderung mit dem Plandokument 6375 herbeigeführt worden sei.
Die Widmung der bestehenden Grundflächen als Parkschutzgebiet sei unangetastet geblieben, wobei - wie die erstinstanzliche Baubehörde ausgeführt habe - immer schon eine Bebauung und Nutzung in bestimmtem Umfang (Meierei, Kaffeehaus und Restaurationsbetrieb bis zum Jahr 1968, 9 Tennisplätze samt Nebengebäuden etc.) bestanden habe.
II. Der Verfassungsgerichtshof legt seiner rechtlichen Beurteilung folgenden Sachverhalt zugrunde:
1. Der Gemeinderat beschloß am 2. März 1990 die Aufhebung und Neufestsetzung des Flächenwidmungsplanes und des Bebauungsplanes für das im Antragsplan 6158 mit der rot strichpunktierten Linie umschriebene Gebiet zwischen Meidlinger Hauptstraße, Edelsinnstraße, Hohenbergstraße, Grünbergstraße (Bezirksgrenze) und Tivoligasse im 12. Bezirk, KG Meidling.
a) In diesem Plandokument 6158 war für den Bereich der ehemaligen Meierei Tivoli die Widmungskategorie Grünland-Parkschutzgebiet gemäß §4 Abs2 litA c) Z2 der Bauordnung für Wien ausgewiesen.
Außerdem wurden vier Flächen dieses Bereiches, auf denen Gebäude errichtet werden dürfen, durch Baufluchtlinien abgegrenzt.
b) Für alle diese Flächen wurden die Besonderen Bestimmungen 6 (BB6) festgelegt, für drei Flächen auch die Besonderen Bestimmungen 8 (BB8).
c) Für dieses Gebiet galten folgende Bestimmungen:
"3.1. Für das gesamte Plangebiet gültige Bestimmungen:
3.1.1. An allen öffentlichen Verkehrsflächen ist die Errichtung von Erkern, Balkonen und Loggien an den Baulinien untersagt. Bauelemente, die der Gliederung und architektonischen Gestaltung der Schauseiten der Gebäude dienen, dürfen an Straßen bis zu 16,0 m Breite höchstens 0,6 m und an Straßen von mehr als 16,0 m Breite höchstens 0,8 m über die Baulinie vorragen.
3.1.2. Die Errichtung von Staffelgeschossen an den zu den Baulinien orientierten Schauseiten der Gebäude ist untersagt.
...
3.2. Für Teilbereiche des Plangebietes gültige Bestimmungen:
...
3.2.6. Auf den als Grünland/Parkschutzgebiet bezeichneten Flächen dürfen Gebäude nur innerhalb der mit Baufluchtlinien umgrenzten Bereiche errichtet werden.
Die zur Errichtung gelangenden Objekte dürfen nur für die im §6 (6) der BO für Wien bestimmten Zwecke (das sind die im Wohngebiet zulässigen Bauten) genützt werden.
Die Gebäude sind auf dem mit Spk/BB6 bezeichneten
Flächen bis maximal 9,5 m Gebäudehöhe zulässig.
...
3.2.8. In den auf mit BB8 bezeichneten Flächen zur Errichtung gelangenden Objekten ist die Errichtung von Wohnungen mit Ausnahme für den Bedarf der Betriebsleitung und der Betriebsaufsicht untersagt.
..."
2. Am 27. März 1992 beschloß die Bezirksvertretung für den
12. Bezirk die "unwesentliche(.) Abänderung des Flächenwidmungsplanes und des Bebauungsplanes für den im Antragsplan 6375 mit der rot strichpunktierten Linie bzw. einer Grenzlinie umschriebenen Bereich zwischen Hohenbergstraße, unbenanntem Fußweg, Linienzug 1-8 (Plangebietsgrenze) und Linienzug 8-10 (Grenzlinie) im 12. Bezirk, KG Meidling".
a) In diesem - den Bereich der ehemaligen Meierei Tivoli umfassenden - Plandokument wurde die Widmungskategorie Grünland-Parkschutzgebiet unverändert belassen.
b) Vier Flächen dieses Bereiches, auf denen Gebäude errichtet werden dürfen, wurden durch Baufluchtlinien abgegrenzt, wobei der antragstellende Verwaltungsgerichtshof darauf verweist, daß die höchstzulässige bebaute Fläche gegenüber dem Plandokument 6158 um 833,72 m2 oder 28,37 % vergrößert worden sei.
c) Für zwei Flächen des oa. Bereiches (vorgesehen als Seniorenwohnheim) blieb die Festlegung der Besonderen Bestimmungen 6 (BB6) bestehen, die Besonderen Bestimmungen 8 (BB8) entfielen und die Besonderen Bestimmungen 10 und 12 (BB10, BB12) kamen hinzu. Für die übrigen beiden Flächen wurden die Besonderen Bestimmungen 9 (BB9) festgelegt. Schließlich wurde ein fünfter - mit Spk/BB11 bezeichneter - Teil festgelegt, auf dem die Errichtung eines Tennisplatzes samt Einfriedung gestattet war.
d) Gemäß §5 Abs4 der Bauordnung für Wien wurde bestimmt:
"2.1. Die mit Gemeinderatsbeschluß vom 2. März 1990, Pr. Zl. 520/90, Plandokument Nr. 6158 im Punkt
3.2.8 festgesetzte Bestimmung (BB8) entfällt für das gesamte Plangebiet.
2.2. Auf den mit Spk/BB9 bezeichneten Flächen sind Gebäude bis zu einer Gebäudehöhe von höchstens 5,0 m zulässig. Die zur Errichtung gelangenden Gebäude dürfen nur für Gaststättenbetriebe
verwendet werden.
2.3. Auf den mit Spk/BB10 bezeichneten Flächen ist nur die Errichtung eines Seniorenwohn- und Pflegeheimes zulässig.
2.4. Auf der mit Spk/BB11 bezeichneten Fläche ist die Errichtung eines Tennisplatzes sowie einer erforderlichen Einfriedung gestattet.
2.5. An den Schauseiten der auf mit Spk/BB12 zur Errichtung gelangenden Gebäude ist die Ausbildung von Terrassen, Veranden und Balkonen bis zu einer Tiefe von 1,50 m gestattet."
3. Inzwischen hat der Wiener Gemeinderat mit Beschluß vom 1. Oktober 1993, Plandokument 6514, für ein Teilgebiet des 12. Bezirkes, das auch das im Plandokument 6375 umschriebene Gebiet umfaßt, einen neuen Flächenwidmungs- und Bebauungsplan festgesetzt.
III. Im vorliegenden Fall sind
folgende Bestimmungen der Bauordnung für Wien in der Fassung LGBl. 32/1991 maßgebend:
"§1 (1) Die Festsetzung und Abänderung der Flächenwidmungspläne und der Bebauungspläne obliegt dem Gemeinderat. Über unwesentliche Abänderungen und Ergänzungen dieser Pläne beschließt die örtlich zuständige Bezirksvertretung. Abänderungen dürfen nur dann vorgenommen werden, wenn wichtige Rücksichten es erfordern.
...
§4 (1) Die Flächenwidmungspläne haben in großen Zügen darzustellen, nach welchen Grundsätzen der geordnete Ausbau der Stadt vor sich gehen soll und die Bebauungspläne (§5 Abs1) zu verfassen sind; die Flächenwidmungspläne begründen unmittelbar weder Rechte noch Verpflichtungen.
(2) In den Flächenwidmungsplänen können folgende Widmungen der Grundflächen ausgewiesen werden:
A Grünland:
...
c)
Schutzgebiete, und zwar:
1.
der Wald- und Wiesengürtel,
2.
Parkschutzgebiete;
...
§5 (1) Die Bebauungspläne haben darzustellen, ob bzw. in welcher Weise die von den Flächenwidmungsplänen erfaßten Grundflächen und die darüber- oder darunterliegenden Räume bebaut werden dürfen bzw. welche Rechte und Verpflichtungen sich für die Eigentümer (Miteigentümer) der Grundflächen aus den Bebauungsbestimmungen ergeben.
(2) Die Bebauungspläne haben zu enthalten:
a)
Die Widmungen der Grundflächen und der darüber- oder darunterliegenden Räume;
b)
die Fluchtlinien;
...
(4) Über die Festsetzungen nach Abs2 und 3 hinaus können die Bebauungspläne zusätzlich enthalten:
...
e) Bestimmungen über die bauliche Ausnützbarkeit von ländlichen Gebieten, Parkschutzgebieten und Grundflächen für Badehütten, ... .
...
§6 ...
(4) Parkschutzgebiete sind bestimmt für das Anlegen von Gartenanlagen; in Parkschutzgebieten dürfen nur die nach den Bestimmungen des Bebauungsplanes (§5 Abs4 lite) zulässigen Gebäude errichtet werden. ...
...
(6) In Wohngebieten dürfen nur Wohngebäude und Bauten, die religiösen, kulturellen oder sozialen Zwecken oder der öffentlichen Verwaltung dienen, errichtet werden. Die Errichtung von Gast-, Beherbergungs-, Versammlungs- und Vergnügungsstätten, von Büro- und Geschäftshäusern sowie die Unterbringung von Lagerräumen und Werkstätten kleineren Umfanges und von Büros und Geschäftsräumen in Wohngebäuden ist dann zulässig, wenn sichergestellt ist, daß sie nicht durch Rauch, Ruß, Staub, schädliche oder üble Dünste, Niederschläge aus Dämpfen oder Abgasen, Geräusche, Wärme, Erschütterungen oder sonstige Einwirkungen, Gefahren oder den Wohnzweck beeinträchtigende Belästigungen für die Nachbarschaft herbeizuführen geeignet sind.
..."
IV. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
1. Zur Präjudizialität:
Der Verfassungsgerichtshof hegt keinen Zweifel, daß der Verwaltungsgerichtshof die von ihm angefochtene Änderung des Flächenwidmungsplanes und Bebauungsplanes, auf die sich die beim Verwaltungsgerichtshof bekämpfte Baubewilligung stützt, im Anlaßbeschwerdefall anzuwenden hat. Der Antrag ist zulässig.
2. Der Antrag des Verwaltungsgerichtshofes ist aber auch in der Sache begründet:
a) Der Verfassungsgerichtshof geht zunächst davon aus, daß §1 Abs1 der Bauordnung für Wien in der Fassung der Novelle LGBl. 18/1976 durch die Aufhebung des gesamten §1 leg. cit. in der genannten Fassung mit dem Erkenntnis VfSlg. 14041/1995 für die Vergangenheit unangreifbar geworden ist, sodaß allfällige verfassungsrechtliche Bedenken welcher Art immer gegen diese Norm nicht mehr zu einem neuerlichen Gesetzesprüfungsverfahren führen können (vgl. zB VfSlg. 8277/1978, 9321/1982, 12564/1990).
Eine "unwesentliche Abänderung" des Flächenwidmungsplanes im Sinne des §1 Abs1 zweiter Satz leg. cit. liegt aber jedenfalls dann nicht mehr vor, wenn die vom Gemeinderat vorgenommene Grundkonzeption der Planung verändert wird.
b) Gemäß Punkt 3.2.6. des Plandokumentes 6158 durften die im Grünland-Parkschutzgebiet zur Errichtung gelangenden Objekte nur für die im §6 Abs6 der Bauordnung für Wien bestimmten Zwecke (d.h. wie in Wohngebieten) genützt werden. Auf den mit Spk/BB8 bezeichneten Flächen war aber die Errichtung von Wohnungen mit Ausnahme für den Bedarf der Betriebsleitung und der Betriebsaufsicht untersagt.
Die bauliche Nutzung auf diesen Flächen war daher auf die in Wohngebieten zulässige Errichtung von Gebäuden - ausgenommen Wohngebäuden - beschränkt.
Neben den Bauten, die religiösen, kulturellen oder sozialen Zwecken oder der öffentlichen Verwaltung dienen, war die Errichtung von Gast-, Beherbergungs-, Versammlungs- und Vergnügungsstätten sowie von Büro- oder Geschäftshäusern ohne Gefahr oder Belästigung für die Nachbarschaft zulässig.
c) Gemäß Punkt 2.3. des Plandokumentes 6375 wurde auf den mit Spk/BB10 bezeichneten Flächen (die sich teilweise mit den im Plandokument 6158 mit Spk/BB8 bezeichneten Flächen decken) festgelegt, daß auf diesen Flächen nur die Errichtung eines Seniorenwohn- und Pflegeheimes zulässig ist.
d) Während also nach dem Plandokument 6158 die Errichtung von Wohngebäuden unzulässig war, wurde durch das Plandokument 6375 der Verwendungszweck als Wohngebäude (allerdings eingeschränkt auf die Errichtung eines Seniorenwohn- und Pflegeheimes) ausschließlich festgelegt und damit das vom Gemeinderat festgelegte Grundkonzept verändert.
e) Schon aus diesem Grund kann nicht mehr von einer "unwesentlichen Abänderung" im Sinne des §1 Abs1 zweiter Satz der Bauordnung für Wien gesprochen werden. Auf die Frage, ob die Vergrößerung der bebaubaren Fläche eine unwesentliche Änderung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes darstellt, war daher nicht mehr einzugehen.
3. Die Bezirksvertretung für den 12. Bezirk war gemäß §1 Abs1 der Bauordnung für Wien nicht zuständig, diese Änderung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes zu beschließen. Sie oblag vielmehr dem Gemeinderat.
4. Daher war gemäß Art139 Abs4 B-VG festzustellen, daß die angefochtene Verordnung gesetzwidrig war.
5. Die Verpflichtung zur Kundmachung der Aufhebung im Landesgesetzblatt stützt sich auf Art139 Abs5 B-VG.
6. Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
VfGH / Aufhebung Wirkung, Baurecht, Raumordnung, Flächenwidmungsplan, Bebauungsplan, BehördenzuständigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1998:V87.1997Dokumentnummer
JFT_10019688_97V00087_00