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L8000 RaumordnungNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerordnungLeitsatz
Gesetzwidrigkeit einer Flächenwidmungsplanänderung hinsichtlich der Umwidmung eines in einem Natura 2000-Gebiet gelegenen Grundstücks von Grünland in "Bauland-Sondergebiet-Vereinshaus" mangels ausreichender Grundlagenforschung sowie wegen Fehlens eines Änderungsanlasses und einer InteressenabwägungRechtssatz
Aufhebung des Flächenwidmungsplans der Marktgemeinde Bad Großpertholz idF der "Verordnung B" des Gemeinderates der Marktgemeinde Bad Großpertholz vom 18.02.2009, soweit er für einen Teil des Grundstücks 409/2, KG Karlstift, die Widmung "Bauland-Sondergebiet-Vereinshaus" festlegt.
Die Marktgemeinde Bad Großpertholz hat die Bedenken des VfGH hins der Unzulässigkeit der Flächenwidmungsplanänderung im Hinblick auf die Übergangsbestimmungen des §30 Abs6 Nö ROG idF LGBl 8000-10 dadurch widerlegt, dass sie ihr Raumordnungskonzept 1993 vorgelegt hat, das einen Flächenwidmungsplan enthält, der bereits auf der Grundlage des Nö ROG 1976 erlassen wurde.
Keine ausreichende Grundlagenforschung hinsichtlich der 6. Änderung des Raumordnungsprogrammes.
Seit Erlassung des örtlichen Raumordnungsprogramms 1993 (ohne - eigenständiges - Entwicklungskonzept) haben sich die Gegebenheiten in Bad Großpertholz wesentlich geändert. Zum einen wurde im August 1996 der Großteil des Gemeindegebiets als besonderes Schutzgebiet nach der Vogelschutzrichtlinie (79/409/EWG) ausgewiesen. Das verfahrensgegenständliche Grundstück liegt in diesem Schutzgebiet. Dieses wurde vor Kundmachung der 6. Änderung des örtlichen Raumordnungsprogramms, auch innerstaatlich zum "Europaschutzgebiet Vogelschutzgebiet Waldviertel" iSd §9 Nö NaturschutzG 2000 erklärt. Zum anderen ist die besondere ökologische Bedeutung der Gebiete entlang des ehemaligen Eisernen Vorhangs ("Grünes Band Europa") erst nach der Erlassung des örtlichen Raumordnungsprogramms nach und nach in das Bewusstsein der Öffentlichkeit getreten.
Daher kann der Nö Landesregierung zwar zugestimmt werden, wenn sie meint, dass auch grundsätzlich ohne Vorliegen eines [eigenständigen] Entwicklungskonzeptes eine Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes möglich sei. Im konkreten Fall wäre aber, weil sich die Rahmenbedingungen grundlegend geändert haben, wenn schon die Notwendigkeit eines eigenständigen Entwicklungskonzeptes nicht gesehen wird, so doch zumindest die Grundlagenforschung (iSd Nö ROG 1976 vor der 8. Novelle) aus dem Jahr 1993 um eine den neuen Gegebenheiten Rechnung tragende langfristige Grundsatzplanung zu ergänzen gewesen. Die 6. Änderung des örtlichen Raumordnungsprogramms stützt sich auf keine derartige Planung als Grundlage.
Das örtliche Raumordnungsprogramm aus dem Jahr 1993 konnte schon allein wegen der maßgeblich geänderten raumplanerischen Sachlage keine "geeignete, fundierte Basis" für die 6. Änderung des Programms im Jahr 2009 darstellen. Die Argumentation der Nö Landesregierung, die Widmungsänderung diene der Erfüllung des Zieles, den "Fremdenverkehr durch die Verbesserung des Angebotes" auszubauen, überzeugt den VfGH nicht: Zwar wurden nach dem Nö VeranstaltungsG für das Vereinshaus fünf bis sieben Veranstaltungen pro Jahr bewilligt, das Vereinshaus ist jedoch weder ein Beherbergungs- noch ein Restaurantbetrieb für Touristen, und für das dem Fremdenverkehr dienliche Angebot an Wanderwegen und deren Pflege wäre auch eine Nutzung des Gebäudes ausschließlich als Geräteschuppen ausreichend und adäquat.
Kein Vorliegen eines Änderungsanlasses gem §22 Nö ROG 1976.
Die Nö Landesregierung kann den VfGH nicht davon überzeugen, dass die Notwendigkeit der Änderung des Verwendungszwecks des Gebäudes von einer landwirtschaftlichen Nutzung als Gerätehütte hin zu einer vereinsbezogenen Nutzung als Gerätehütte eine wesentliche Änderung der Grundlagen iSd §22 Abs1 Nö ROG 1976 darstellen könnte, sodass damit die Umwidmung und in der Konsequenz auch die tatsächlich geplante Verwendung gerechtfertigt werden könnte. Auch die tatsächliche Ausstattung des "Vereinsschuppens" widerspricht dieser Auffassung der Landesregierung.
Wenn man aber - fiktiv - davon ausginge, dass das Ziel der Umwidmung die Nutzung des Gebäudes als Gerätehütte durch den Verein gewesen wäre, dann wäre die Grundlagenforschung nicht nur rudimentär und verspätet, sondern schlichtweg irreführend gewesen.
Im Verordnungsprüfungsverfahren ist auch nichts hervorgekommen, was das Bedenken hins der unterlassenen Interessenabwägung hätte zerstreuen können.
Auch das Bedenken betr eine sachlich nicht gerechtfertigte Absicherung einer widmungswidrigen Nutzung (Legalisierung eines Schwarzbaus) konnte nicht entkräftet werden.
Kein Eingehen auf ein weiteres Bedenken betr das Erfordernisses einer strategischen Umweltprüfung.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Raumordnung, Flächenwidmungsplan, Verordnungserlassung, Naturschutz, Vogelschutz, ÜbergangsbestimmungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2013:V2.2013Zuletzt aktualisiert am
08.08.2014