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82/02 Gesundheitsrecht allgemeinNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Ermahnung des Inhabers eines Gastgewerbebetriebes wegen Verletzung von Nichtraucherschutzbestimmungen im TabakG; kein Verstoß der Regelung des Oö VerwaltungssenatsG 1990 über die mit Änderung der Geschäftsverteilung mögliche Zuweisung bereits zugeteilter Rechtssachen an ein neues Mitglied gegen den Grundsatz der festen Geschäftsverteilung; keine Bedenken gegen die geänderten Geschäftsverteilungen 2011 und 2012 des UVS Oberösterreich; keine Verletzung im Recht auf ein faires Verfahren durch Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung; keine Anwendbarkeit des Günstigkeitsprinzips des Verwaltungstrafrechts mangels Rückwirkung einer späteren denkmalschutzrechtlichen Entscheidung auf den TatzeitpunktRechtssatz
Keine Bedenken gegen §10 Abs6a Oö VerwaltungssenatsG 1990 vor dem Hintergrund des Art129b Abs2 B-VG, der den "Grundsatz der festen Geschäftsverteilung" auch für die Unabhängigen Verwaltungssenate statuiert.
Bei der Geschäftsverteilung handelt es sich um eine zuständigkeitsbegründende Rechtsvorschrift .
Gemäß §10 Abs6a Oö VerwaltungssenatsG sind die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens einer neuen Geschäftsverteilung zugewiesenen, jedoch noch nicht entschiedenen Angelegenheiten von dem bis dahin zuständigen Mitglied oder von der bis dahin zuständigen Kammer fortzuführen und abzuschließen, es sei denn, in §10 Abs6 leg cit genannte Gründe stehen dem zwingend entgegen.
Aus §10 Abs6a iVm §10 Abs6 Oö VerwaltungssenatsG ergibt sich, dass die bereits zugewiesenen, aber noch nicht entschiedenen Angelegenheiten dem zuständigen Mitglied bzw der zuständigen Kammer abgenommen werden können, wenn dies auf Grund von Veränderungen im Personalstand oder durch Überbelastung einzelner Kammern oder von Einzelmitgliedern für einen ordnungsgemäßen Geschäftsgang zwingend erforderlich ist.
Im Vergleich der Art129b Abs2, Art87 Abs3 (betr die ordentliche Gerichtsbarkeit) und Art129e Abs2 B-VG (betr den AsylGH) zeigt sich, dass diese Bestimmungen jeweils unterschiedliche Regelungen treffen. Es kann daher nicht im Umkehrschluss aus Art87 Abs3 B-VG und Art129e Abs2 B-VG, welche beide den Fall, dass ein Richter wegen des Umfangs seiner Aufgaben an deren Erledigung innerhalb einer angemessenen Frist gehindert ist, alternativ zur "Verhinderung" als Voraussetzung der Abnahme bereits zugeteilter Rechtssachen vorsehen, geschlossen werden, dass der Fall der Überbelastung von Art129b Abs2 B-VG nicht erfasst ist.
Auch schließt Art129b Abs2 B-VG eine - von der Abnahme zu unterscheidende - Änderung der Geschäftsverteilung, mit der bereits zugeteilte Rechtssachen einem neuen Mitglied zugewiesen werden, nicht explizit aus.
Keine Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit des Zusatzes zur Beilage 1 der "Geschäftsverteilung des UVS des Landes Oberösterreich für das Jahr 2012**" (also der Geschäftsverteilung 2012 in der ab 01.05.2012 geltenden Fassung) und gegen die Gesetzmäßigkeit der Beilage 1 zur "Geschäftsverteilung des UVS des Landes Oberösterreich für das Jahr 2011 (ab 01.05.2011)*", mit welcher die Rechtssache zum ersten Mal umverteilt wurde.
Die Änderung der Geschäftsverteilung 2012 erfolgte mit Beschluss der Vollversammlung vom 24.04.2012. Diese Vorgangsweise verstößt nicht gegen die Regelung des Art129b Abs2 B-VG. Auch ein Widerspruch zu §10 Abs6 und Abs6a Oö VerwaltungssenatsG, die nur vorsehen, dass eine Änderung der Geschäftsverteilung von der Vollversammlung zu erlassen ist, aber nicht regeln, welches Organ zur Abnahme einer bereits zugeteilten Rechtssache zuständig ist, liegt nicht vor.
Die belangte Behörde legte auch dar, dass die in §10 Abs6a Oö VerwaltungssenatsG genannten Gründe - nämlich einerseits die Neuernennung des Mitgliedes, dem die abgenommenen Rechtssachen zugeteilt wurden, andererseits die Überbelastung der Mitglieder, welchen die Rechtssachen davor zugeteilt waren - vorgelegen sind.
Keine Präjudizialität des §1 Abs2 VStG.
Nach dem Tatzeitpunkt ist lediglich eine Änderung der Sachlage, nämlich in dem Sinn, dass ab Erlassung des Bescheides des Bundesdenkmalamts die Voraussetzungen für eine Strafbarkeit nicht mehr gegeben wären, eingetreten. Weder kann dies jedoch bewirken, dass die zum davor liegenden Zeitpunkt der Verwaltungsübertretung gegebene Erfüllung der Tatbestandsmerkmale wegfällt, noch besteht eine günstigere Rechtslage iSd §1 Abs2 VStG, sondern es tritt lediglich ein Sachverhaltselement hinzu, welches bei Vorliegen im Tatzeitpunkt die Strafbarkeit ausgeschlossen hätte.
Keine Verletzung im Recht auf ein faires Verfahren.
Der VfGH hat die Zulässigkeit des Unterbleibens einer mündlichen Verhandlung nicht am Maßstab des §51e VStG zu beurteilen, sondern unmittelbar am Maßstab des Art6 EMRK.
Die von der belangten Behörde verhängte Sanktion ist auf die unter den Umständen des Falles geringstmögliche Sanktion, den Ausspruch einer "Ermahnung", beschränkt. Dem im Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung genannten Anliegen des Beschwerdeführers wurde durch die von diesem selbst vorgenommene Vorlage des Bescheides des Bundesdenkmalamts entsprochen und der Sachverhalt stand unbestritten fest, weshalb die Behörde iSd der Rechtsprechung des EGMR (vgl EGMR 12.11.2002, Fall Döry, Appl 28394/95, Z37 ff) und des VfGH (zB VfSlg 19632/2012) auf Grund der Akten, insbesondere des vorgelegten Bescheides und der Schriftsätze des Beschwerdeführers, entscheiden konnte.
Kein Entzug des gesetzlichen Richters angesichts der getroffenen Ausführungen zu der durch die Änderung der Geschäftsverteilung 2012 vorgenommenen Neuzuteilung bestimmter Rechtssachen.
Keine Verletzung im Gleichheitsrecht.
Die belangte Behörde ist in der Begründung des angefochtenen Bescheides und in der Folge in der Gegenschrift denkmöglich davon ausgegangen, dass der Bescheid des Bundesdenkmalamts vom 03.03.2011, der zwar bei Vorliegen zum Tatzeitpunkt zur Verneinung der Tatbestandsmäßigkeit geführt hätte, aber erst danach erlassen wurde, nicht auf den Tatzeitpunkt zurückwirkt.
Die belangte Behörde hat auch denkmöglich von der Möglichkeit der Erteilung einer Ermahnung nach §21 Abs1 VStG Gebrauch gemacht.
Schlagworte
Gesundheitswesen, Tabak, Nichtraucherschutz, Unabhängiger Verwaltungssenat, Behördenzusammensetzung, Behördenzuständigkeit, Ausnahmeregelung - Regel, VfGH / Präjudizialität, Verwaltungsstrafrecht, Verhandlung mündlicheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2013:B823.2012Zuletzt aktualisiert am
08.08.2014