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E3R E07204030;Norm
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art1 Abs1 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde des EH in M, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Dieter Brandstätter, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Schöpfstraße 19a, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 6. Juni 2000, Zl. uvs-1999/1/057-3, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Gegen den Beschwerdeführer erging folgendes, am 4. Oktober 1999 zugestelltes Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 30. September 1999 (Spruchteile gemäß § 44a Z. 1 bis 3 VStG):
"Der Beschuldigte, HE, geb. am 14.10.1958, hat als Lenker des LKW-Zuges mit den Kennzeichen (D) und (D) am 14.12.1998 in der Zeit von 22.55 Uhr bis 23.55 Uhr eine Transitfahrt durch das Gebiet der Republik Österreich auf der Strecke vom Kontrollposten Kufstein-Kiefersfelden über die Inntalautobahn A 12 und die Brennerautobahn A 13 bis zur Hauptmautstelle Schönberg, Autobahnkilometer 10,8, im Gemeindegebiet von Schönberg i.St durchgeführt, in der Absicht, die Fahrt über den Brennerpass nach Italien fortzusetzen, und dabei entgegen den Bestimmungen des Art 1 Abs 1 lit a der Verordnung (EG) 3298/94 die auf Grund des § 8 Abs 2 GütbefG sowie des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft über den Güterverkehr im Transit auf der Schiene der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft über den Güterverkehr im Transit auf der Schiene und Straße, BGBl 823/1992, vorgeschriebene Ökokarte mit der erforderlichen Anzahl von geklebten und entwerteten gültigen Ökopunkten oder ein im Kraftfahrzeug eingebautes elektronisches Gerät, das eine automatische Entwertung der Ökopunkte ermöglicht (Ecotag) nicht mitgeführt und auf Verlangen der Kontrollorgane des Landesgendarmeriekommandos für Tirol Aussenstelle Verkehrsabteilung Schönberg am 14.12.1998 um 23.55 Uhr bei der Hauptmautstelle Schönberg, Autobahnkilometer 10,8, im Gemeindegebiet von Schönberg i.St nicht zur Prüfung vorgelegt.
Der Beschuldigte hat dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 23 Abs 1 Z 7 GütbefG iVm Art 1 Z 1 lit a der Verordnung (EG) 3298/94 begangen.
Gemäß § 23 Abs 1 Einleitungssatz i.V.m. § 23 Abs 2, zweiter Satz, GütbefG wird über den Beschuldigten eine Geldstrafe von S 20.000,- verhängt.
Im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 5 Tagen."
Die gegen dieses Straferkenntnis erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Ferner wurde ausgesprochen:
"Der Spruch des Straferkenntnisses wird insoferne geändert, als dem Berufungswerber vorgeworfen wird, die Fahrt mit einem Sattelkraftfahrzeug durchgeführt zu haben, es nach
'Art. 1 Abs. 1 lit. a der Verordnung EG 3298/94' zu lauten hat 'i.d.F. der Verordnung EG 1524/96', nach den Worten 'entwerteten gültigen Ökopunkten' die Worte 'oder ein im Kraftfahrzeug eingebautes elektronisches Gerät, das eine automatische Entwertung der Ökopunkte ermöglicht (Ecotag)' zu entfallen haben.
Dem Berufungswerber wird eine Verwaltungsübertretung nach § 23 Abs. 1 Ziff. 8 GütbefG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 lit. a der Verordnung EG 3298/94 i.d.F. der Verordnung EG 1524/96 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 Unterabsatz 1 leg.cit. zur Last gelegt. Im Übrigen bleibt der Spruch des Straferkenntnisses unverändert."
In der Begründung dieses Bescheides ging die belangte Behörde davon aus, dass die auf der vom Beschwerdeführer dem Kontrollorgan ausgehändigten Ökokarte aufgeklebten Ökopunkte bereits auf einer anderen Ökokarte angebracht gewesen und nicht ordnungsgemäß entwertet worden seien, "da zwar die Ökopunkte durchgestrichen waren, jedoch nicht so, dass dies auf der Durchschrift ersichtlich war. Ferner wurde die Entwertung nicht durch eine Unterschrift oder durch einen Stempel vorgenommen, sowie es in der EG-Verordnung 1524/96 verlangt wird".
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Gemäß § 23 Abs. 1 Z. 8 Güterbeförderungsgesetz 1995 (i.d.F. BGBl. I Nr. 17/1998) begeht eine Verwaltungsübertretung, wer unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt, sofern dies nicht nach anderen Vorschriften zu bestrafen ist.
Gemäß Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission in der im Beschwerdefall angewendeten Fassung vor der Verordnung (EG) Nr. 609/2000 der Kommission hat der Fahrer eines Lastkraftwagens im Hoheitsgebiet Österreichs "die nachstehend aufgeführten Unterlagen mitzuführen und diese auf Verlangen den Aufsichtsbehörden zur Prüfung vorzulegen, entweder:
a) ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular oder eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt; ein Muster dieser als 'Ökokarte' bezeichneten Bestätigung ist in Anhang A enthalten; oder
b) ein im Kraftfahrzeug eingebautes elektronisches Gerät, das eine automatische Entwertung der Ökopunkte ermöglicht und als 'Umweltdatenträger' ('ecotag') bezeichnet wird; oder
c) die in Artikel 13 aufgeführten geeigneten Unterlagen zum Nachweis darüber, dass es sich um eine Fahrt gemäß Anhang C handelt, für die keine Ökopunkte benötigt werden; oder
d) geeignete Unterlagen, aus denen hervorgeht, dass es sich nicht um eine Transitfahrt handelt und, wenn das Fahrzeug mit einem Umweltdatenträger ausgestattet ist, dass dieser für diesen Zweck eingestellt ist. ..."
Art. 2 Abs. 1 Unterabs. 1 der genannten Verordnung ordnet an, dass, so weit das Fahrzeug keinen Umweltdatenträger benutzt, die erforderliche Anzahl von Ökopunkten auf die Ökokarte aufgeklebt und entwertet wird. Die Ökopunkte sind durch Unterschrift so zu entwerten, dass sich der Schriftzug sowohl auf die Ökopunkte als auch auf das die Ökopunkte tragende Blatt erstreckt. An Stelle einer Unterschrift kann auch ein Stempel verwendet werden.
Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers entspricht die im Spruch des mit dem angefochtenen Bescheid bestätigten erstinstanzlichen Straferkenntnisses enthaltene Tatumschreibung dem Konkretisierungsgebot des § 44a Z. 1 VStG. Der Tatvorwurf betrifft nicht die "Wiederverwendung" von Ökopunkten, sondern bezieht sich auf die nicht den Vorschriften des Art. 2 Abs. 1 Unterabsatz 1 der angeführten Verordnung entsprechende Anbringung und Entwertung der Ökopunkte. Diese sind - wie aus der in den Verwaltungsstrafakten erliegenden Ökokarte eindeutig ersichtlich - nicht unmittelbar auf die Ökokarte aufgeklebt worden, sondern wurden aus einer anderen Ökokarte ausgeschnitten und mit dem ausgeschnittenen Teil dieser Ökokarte auf die gegenständliche Ökokarte geklebt. Die "Entwertung" der Ökopunkte erfolgte auf die von der belangten Behörde festgestellte, oben wiedergegebene Art und Weise. Wenn die belangte Behörde somit zum Ergebnis kam, dass jedenfalls diese Form der Entwertung der Ökopunkte gegen Art. 2 Abs. 1 Unterabsatz 1 der genannten Verordnung verstößt, ist dies nicht als rechtswidrig zu erkennen.
Bei dieser Sach- und Rechtslage ist es unerheblich, ob die Ökopunkte - wie der Beschwerdeführer behauptet - zuvor noch bei keiner anderen Transitfahrt verwendet worden seien. Die Unterlassung der Aufnahme der vom Beschwerdeführer zu diesem Beweisthema beantragten Beweise kann daher keinen wesentlichen Verfahrensmangel begründen.
Wenn der Beschwerdeführer ferner geltend macht, die belangte Behörde habe ihren Bescheid mit Mangelhaftigkeit belastet, weil sie von ihm beantragte Beweise "dafür, dass am Lkw des Beschuldigten nur Fahrzeugersatzteile bzw. Übersiedlungsgut transportiert worden ist," nicht aufgenommen habe, ist dieses Vorbringen nicht hinreichend konkretisiert, um einen wesentlichen Verfahrensmangel dazutun. In Anhang C der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission sind die Beförderungen, bei denen keine Ökopunkte benötigt werden, wie folgt aufgezählt:
"1. Die gelegentliche Beförderung von Gütern nach und von Flughäfen bei Umleitung der Flugdienste.
2. Die Beförderung von Gepäck in Anhängern an Kraftfahrzeugen, mit denen bestimmungsgemäß Reisende befördert werden, und die Beförderung von Gepäck mit Fahrzeugen jeglicher Art nach und von Flughäfen.
3.
Die Beförderung von Postsendungen.
4.
Die Beförderung beschädigter oder reparaturbedürftiger Fahrzeuge.
5.
Die Beförderung von Müll und Fäkalien.
6.
Die Beförderung von Tierkörpern zur Tierkörperbeseitigung.
7.
Die Beförderung von Bienen und Fischbrut.
8.
Die Überführung von Leichen.
9.
Die Beförderung von Kunstgegenständen und Kunstwerken für Ausstellungen oder für gewerbliche Zwecke.
10. Die gelegentliche Beförderung von Gütern ausschließlich zur Werbung oder Unterrichtung.
11. Die Beförderung von Umzugsgut durch Unternehmen, die über entsprechende Fachkräfte und Ausrüstung verfügen.
12. Die Beförderung von Geräten, Zubehör und Tieren zu oder von Theater-, Musik-, Film-, Sport- und Zirkusveranstaltungen, Schaustellungen oder Jahrmärkten sowie zu oder von Rundfunk-, Film- oder Fernsehaufnahmen.
13. Die Beförderung von Ersatzteilen für Seeschiffe und Flugzeuge.
14. Die Leerfahrt eines im Güterkraftverkehr eingesetzten Fahrzeugs, das ein Fahrzeug ersetzen soll, welches auf der Transitfahrt ausgefallen ist, sowie die Fortsetzung der Beförderung durch das Ersatzfahrzeug mit der für das ausgefallene Fahrzeug erteilten Genehmigung.
15. Die Beförderung medizinischer Versorgungsgüter zur Hilfeleistung in dringenden Notfällen (insbesondere Naturkatastrophen).
16. Die Beförderung hochwertiger Waren (z.B. Edelmetalle) in Spezialfahrzeugen, die von Polizei oder anderen Sicherheitskräften begleitet werden."
Bei seinem oben skizzierten Vorbringen dürften dem Beschwerdeführer die Z. 11 und 13 dieser Aufzählung vorgeschwebt sein. Da weder aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers noch aus dem Akteninhalt Anhaltspunkte dafür hervorgehen, dass im Beschwerdefall hinsichtlich der Z. 11 das Tatbestandsmerkmal "durch Unternehmen, die über entsprechende Fachkräfte und Ausrüstung verfügen" und hinsichtlich der Z. 13 das Tatbestandsmerkmal "für Seeschiffe und Flugzeuge" gegeben wären, besteht kein Grund zur Annahme, dass die belangte Behörde bei Aufnahme der beantragten Beweise zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, dies nicht zuletzt auch vor dem rechtlichen Hintergrund der in Art. 1 Abs. 1 lit. c der genannten Verordnung (in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1524/96) normierten Verpflichtung zum Mitführen der dort angeführten Unterlagen zum Nachweis darüber, dass es sich um eine Fahrt gemäß Anhang C handelt, für die keine Ökopunkte benötigt werden.
Mit seinem die Geltendmachung von Verfolgungsjährung in Ansehung der rechtlichen Qualifikation der Tat betreffenden Einwand ist der Beschwerdeführer gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die ständige hg. Rechtsprechung (vgl. das Erkenntnis vom 20. September 2000, Zl. 2000/03/0239) zu verweisen.
Das Beschwerdevorbringen, gegenüber einem Kontrollorgan des Landesgendarmeriekommandos bestünde keine Verpflichtung zur Vorlage der in Art. 1 der angeführten Verordnung erwähnten Dokumente, geht aus den im hg. Erkenntnis vom 20. September 2000, Zl. 2000/03/0225, angeführten Grund an der Sache vorbei.
Die vom Beschwerdeführer gegen die im § 23 Abs. 2 Güterbeförderungsgesetz 1995 vorgesehene Mindeststrafe geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken werden vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilt (vgl. das Erkenntnis vom 20. September 2000, Zl. 2000/03/0199).
Einer Anwendung von § 20 (1. Fall) VStG stand der schwer wiegende Unrechtsgehalt der dem Beschwerdeführer zur Last liegenden Verwaltungsübertretung entgegen (vgl. das schon erwähnte hg. Erkenntnis vom 20. September 2000, Zl. 2000/03/0225).
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 15. November 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:2000030274.X00Im RIS seit
23.01.2001