TE Vwgh Erkenntnis 2000/11/15 99/03/0447

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Veröffentlicht am 15.11.2000
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

AVG §45 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs1;
VStG §25 Abs2;
VStG §51g Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde des HP in L, vertreten durch Dr. Johann Postlmayr, Rechtsanwalt in 5230 Mattighofen, Stadtplatz 6, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 9. November 1999, Zl. UVS-3/10.501/21-1999, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer wegen der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 1 StVO 1960 mit einer Geldstrafe von S 25.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 25 Tage) bestraft, weil er am 22. November 1997 um 00,00 Uhr einen nach dem Kennzeichen bestimmten Pkw an einer näher bezeichneten Örtlichkeit in Salzburg in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand "mit einem Alkoholgehalt der Atemluft von über 0,4 mg/l (Ergebnis der Alkomatprobe 0,85 mg/l)" gelenkt habe.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, anlässlich einer Verkehrskontrolle sei der Beschwerdeführer zur Durchführung einer Atemalkoholuntersuchung aufgefordert worden. Um 00,03 und 00,05 Uhr seien zwei Messungen durchgeführt worden. Der untere Wert habe auf 0,85 mg/l Alkoholgehalt gelautet. Befragt zum Alkoholkonsum habe der Beschwerdeführer gegenüber dem Meldungsleger angegeben, zwischen 21,30 Uhr und 23,30 Uhr zwei Halbe Bier konsumiert zu haben. Die Frage, ob der Beschwerdeführer in der letzten Viertelstunde geraucht habe, habe dieser verneint.

Wie es in der Begründung weiters (im Wesentlichen) heißt, seien die Verwendungsbestimmungen des Atemalkoholgerätes insofern nicht eingehalten worden, als eine 15minütige Beobachtungszeit ab der Anhaltung nicht eingehalten worden sei. Allerdings diene diese Wartefrist nicht dazu, die richtige Funktion des Gerätes sicherzustellen, sondern nur um mögliche Faktoren beim Probanden auszuschließen, welche die Messung verfälschen bzw. den vom Gesetzgeber statuierten gedanklichen Rückschluss vom Atemalkohol auf den Blutalkohol - wie beispielsweise beim Mundrestalkohol - unberechenbar machen. Ein richtiges, im Verwaltungsstrafverfahren verwertbares Messergebnis sei sohin auch dann anzunehmen, wenn sich ergebe, dass der Proband innerhalb der Wartefrist von 15 Minuten - obzwar unbeachtet - den in den Verwendungsbestimmungen angeführten unzulässigen Einflussfaktoren nicht ausgesetzt gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe - anwaltlich vertreten - behauptet, in einer näher bezeichneten Diskothek zwei Halbe Bier konsumiert zu haben, wobei er das zweite Bier ausgetrunken habe, sogleich zu seinem in der Nähe geparkten Fahrzeug gegangen sei und dieses sofort in Betrieb genommen habe. Während einer kurzen Fahrt von etwa 700 m, wozu er angeblich nur eine Minute benötigt habe, habe er in seinem Pkw eine Zigarette fertig geraucht, welche er unmittelbar vor der Anhaltung im Aschenbecher ausgedämpft habe. Das Trinkende sei zwei bis drei Minuten vor dem Anhaltezeitpunkt, das Ende des Rauchens um 00,01 Uhr und somit jedenfalls innerhalb der gebotenen Beobachtungsfrist gewesen. Demgegenüber habe der Meldungsleger in der Berufungsverhandlung angegeben, dass der Beschwerdeführer vor der Durchführung der Atemluftüberprüfung entsprechend einem Formblatt befragt worden sei und dabei angegeben habe, dass das Trinkende etwa 23,30 Uhr gewesen sei. Auch habe der Beschwerdeführer in der letzten Viertelstunde nicht geraucht. Es sei davon auszugehen, dass die Angaben des Beschwerdeführers unmittelbar bei der Amtshandlung - nämlich vor der Messung - eher der Wahrheit entsprächen, als die späteren unter Anleitung eines Rechtsanwaltes gemachten (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 5. September 1997, Zl. 97/02/0184). Der vom Beschwerdeführer angeführte Zeuge HB habe eher die Angaben des Meldungslegers gestützt, weil nach seiner Einschätzung der Beschwerdeführer etwa um 23,30 Uhr das Lokal verlassen habe, weil ihm übel geworden sei. Der Zeuge FB habe zwar bestätigen können, dass der Beschwerdeführer gegen Mitternacht die Diskothek verlassen habe, weil der Diskjockey um Mitternacht den Geburtstag eines Gastes angekündigt habe. Dieser Zeuge habe aber zum Trinkverhalten des Beschwerdeführers (insbesondere zum Trinkende) mit Ausnahme, dass dieser zwei Bier (Halbe oder Seidel) konsumiert habe, nichts mehr sagen können. Es sei damit aber nicht ausgeschlossen worden, dass der Beschwerdeführer zwar erst kurz vor Mitternacht die Diskothek verlassen, sein letztes alkoholisches Getränk aber bereits geraume Zeit davor geleert habe. Die Angaben des Beschwerdeführers bei der Amtshandlung seien daher durch das Ermittlungsverfahren nicht widerlegt worden, weshalb davon auszugehen gewesen sei, dass der Beschwerdeführer innerhalb der letzten Viertelstunde vor der Durchführung der Atemluftprobe weder Alkohol konsumiert, noch geraucht habe.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Nach § 5 Abs. 1 StVO 1960 - in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung der 19. StVO-Novelle, BGBl. Nr. 518/1994 - darf ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen, wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt.

Gemäß § 5 Abs. 3 leg. cit. ist die Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt mit einem Gerät vorzunehmen, das den Alkoholgehalt der Atemluft misst und entsprechend anzeigt (Alkomat).

Nach der hg. Rechtsprechung (vgl. das Erkenntnis vom 26. Jänner 2000, Zl. 99/03/0318, und die dort zitierte Vorjudikatur) ist für das Zustandekommen eines gültigen, nicht verfälschten Messergebnisses die Einhaltung der Betriebsanleitung des Messgerätes erforderlich. Dies bedeutet, dass der Proband während des Zeitraumes von 15 Minuten vor Beginn der ersten Messung die in der Zulassung durch das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen und in der Betriebsanleitung angeführten Handlungen, die zu einer Verfälschung des Messergebnisses führen könnten, unterlässt.

Die belangte Behörde ist in einer nicht als unschlüssig zu erkennenden Beweiswürdigung zur Sachverhaltsannahme gelangt, dass der Beschwerdeführer während des oben genannten Zeitraumes (allenfalls) verfälschenden Faktoren (etwa durch Konsum von Alkohol oder durch Rauchen) nicht ausgesetzt gewesen sei.

Wenn der Beschwerdeführer die diesbezügliche Sachverhaltsannahme der belangten Behörde hinsichtlich des Zeitpunktes der (letzten) Konsumation alkoholischer Getränke bekämpft, ist er darauf zu verweisen, dass die Beweiswürdigung nur insofern der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt, als es sich um die Beurteilung handelt, ob der Denkvorgang der Beweiswürdigung schlüssig ist, d.h. mit den Denkgesetzen im Einklang steht, und ob der Sachverhalt, der im Denkvorgang gewürdigt wurde, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden ist (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/03/0053). Derart begegnet die vom Beschwerdeführer bekämpfte Beweiswürdigung der belangten Behörde keinen Bedenken.

Anders als der Beschwerdeführer nämlich meint, kann allein aus dem von ihm ins Treffen geführten Umstand, dass die von ihm namhaft gemachten Entlastungszeugen erst nach einem längeren Zeitraum durch die Berufungsbehörde vernommen worden seien und sich diese daher nicht mehr genau erinnern hätten können, noch kein Verstoß gegen § 25 Abs. 2 VStG abgeleitet werden, wonach die der Entlastung des Beschuldigten dienlichen Umstände in gleicher Weise zu berücksichtigen sind wie die belastenden. In den Verfahrensgesetzen ist nicht festgehalten, dass Zeugen - bei sonstiger Rechtswidrigkeit - bereits von der Behörde erster Instanz oder innerhalb einer bestimmten Frist einvernommen werden müssten (vgl. im Übrigen den Grundsatz der Unmittelbarkeit im Verfahren vor den unabhängigen Verwaltungssenaten nach § 51g Abs. 3 VStG).

Weshalb nun, wie der Beschwerdeführer meint, die belangte Behörde auf der Grundlage der Aussage des Zeugen B hätte feststellen müssen, dass der Beschwerdeführer um Mitternacht oder unmittelbar davor das Lokal verlassen habe, "dies unmittelbar nach dem Austrinken", ist für den Verwaltungsgerichtshof nicht nachvollziehbar. Die Feststellung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid, dass der Zeuge hinsichtlich des "Trinkendes" keine Aussage habe treffen können, steht nämlich im Einklang mit der Aktenlage.

Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers ändert an diesem Ergebnis auch nichts, dass der Beschwerdeführer während des Zeitraumes von 15 Minuten vor Beginn der ersten Messung nicht vom Exekutivorgan beobachtet wurde; maßgebend ist vielmehr, dass er während dieser Zeit die in der Zulassung durch das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen und in der Betriebsanleitung angeführten Handlungen, die zu einer Verfälschung des Messergebnisses führen könnten, unterlässt. Ob die Erfüllung dieser Voraussetzung im Wege der Beobachtung des Probanden durch das Exekutivorgan sichergestellt wird oder aus anderen verlässlichen Erkenntnisquellen abgeleitet werden kann, ist nicht entscheidend (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 2000, Zl. 99/03/0318).

Konnte die belangte Behörde in einer nicht als rechtswidrig zu erkennenden Weise davon ausgehen, dass die oben genannte Frist eingehalten wurde (und insofern keine Bedenken gegen die Gültigkeit des Messergebnisses bestehen), so fehlt es schließlich an der rechtlichen Relevanz, wenn in der Beschwerde vorgebracht wird, die belangte Behörde hätte in Anbetracht des Verstoßes gegen die Betriebsanleitung vom Vorliegen eines gültigen Messergebnisses nur dann ausgehen dürfen, wenn sie ein Gutachten eingeholt hätte, welches das einwandfreie Zustandekommen des Messergebnisses bestätigt hätte. Der den vom Beschwerdeführer zitierten Erkenntnissen vom 19. Juni 1991, Zl. 91/03/0055, und vom 18. Dezember 1995, Zl. 95/02/0490, zugrunde liegende Fall, dass die Behörde bei Nichteinhaltung der Wartefrist dann von einem gültigen Messergebnis ausgehen darf, wenn sie sich dabei auf fachliche, durch ein Gutachten eines Sachverständigen belegte Gründe stützt, lag hier eben nicht vor.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Wien, am 15. November 2000

Schlagworte

Feststellung der Alkoholbeeinträchtigung Alkomat freie Beweiswürdigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999030447.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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