A7 248.519-2/2013/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Kopp als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, XXXX geb., StA. von Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 14.6.2013, Zl. 13 06.446-EWEST, zu Recht erkannt:
1. Die Beschwerde wird gemäß § 68 Abs. 1 AVG als unbegründet abgewiesen.
2. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 38/2011, wird XXXX aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Asylwerber behauptet, Staatsangehöriger von Nigeria zu sein, und stellte am 12.10.2003 einen Asylantrag, worauf er am 20.10.2003 und 18.2.2004 vor dem Bundesasylamt niederschriftlich einvernommen wurde.
Das Bundesasylamt, Außenstelle Traiskirchen, wies dann den Antrag des Asylwerbers mit Bescheid vom 5.3.2004, Zahl: 03 31.156-BAT, gemäß § 7 AsylG 1997 ab (Spruchpunkt I), wobei gemäß § 8 AsylG 1997 festgestellt wurde, dass seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt II).
Gegen diesen Bescheid erhob der Asylwerber fristgerecht Berufung.
Der unabhängige Bundesasylsenat führte am 13.2.2007 eine mündliche Verhandlung durch, wobei der Asylwerber- zu seinen Fluchtgründen befragt - im Wesentlichen vorbrachte, er sei Mitglied der "MASSOB" und habe an vielen Demonstrationen teilgenommen. Er sei auch zweimal festgenommen worden. Es sei weiters sein Bus - er arbeite nämlich als Busfahrer - zweimal von der Polizei angegriffen worden, wobei dies beim ersten Mal zu seiner Verhaftung und einem Gefängnisaufenthalt geführt habe, der mit Hilfe eines Freundes seines Vaters habe beendet werden können. Beim zweiten Angriff auf seinen Bus - hiebei habe die Polizei das Feuer eröffnet - habe er jedoch fliehen können.
Der unabhängige Bundesasylsenat wies in weiterer Folge mit Bescheid vom 21.2.2007,
Zahl: 248.519/0/15E-IV/11/04, die Berufung gemäß § 7 AsylG 1997 ab (Spruchpunkt 1) und stellte gemäß § 8 AsylG 1997 gleichzeitig fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Asylwerbers nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt 2). Die Angaben zu seinen Fluchtgründen konnten der Entscheidung mangels Glaubwürdigkeit jedoch nicht zugrunde gelegt werden. Es wurden auch umfangreiche Feststellungen zur Lage in Nigeria getroffen.
Dieser Bescheid wurde dem Bundesasylamt, Außenstelle Traiskirchen, am 21.2.2007 und dem Vertreter des Asylwerbers am 22.2.2007 rechtswirksam zugestellt.
Der Verwaltungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom 23.6.2010, Zl. 2008/23/0794-10, die Behandlung der gegen den zuletzt genannten Bescheid erhobenen Beschwerde ab.
Der Asylwerber stellte sodann am 17.5.2013 - im Stande einer Strafhaft in der
Justizanstalt XXXX - einen Antrag auf internationalen Schutz, der nunmehr zur
Zahl: 13 06.446 protokolliert wurde. Am 18.5.2013 wurde eine Erstbefragung vorgenommen.
Vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes brachte der Asylwerber bei dieser Erstbefragung vor, er sei Mitglied einer politischen aber pazifistischen Gruppe namens "MASSOB", die für die Abtrennung und Souveränität eines Teiles von Nigeria namens Biafra eintrete und jetzt von der nigerianischen Bundesregierung heftig verfolgt werde. Dieser Gruppierung habe er ca. drei Jahre vor seiner Flucht schon angehört. Er fürchte bei seiner Rückkehr entweder ins Gefängnis geworfen oder von der Polizei gleich erschossen zu werden. Das Gefahrenmoment sei laut eines Sprechers der "MASSOB", von dem er Informationen erhalte, seither größer geworden. So habe er im Jahre 2011 von einem Mitglied der "MASSOB" erfahren, dass ein Demonstrationszug der "MASSOB" in der Stadt XXXX von der Polizei brutal niedergeschlagen worden sei, wobei etliche Leute der "MASSOB" ums Leben oder ins Gefängnis gekommen seien, wo sie noch seien. Als gesprochene Sprachen wurden bei der Erstbefragung Ibo, Englisch und Deutsch protokolliert, wobei die Deutschkenntnisse als "schlecht" protokolliert wurden. Als Familienstand gab der Asylwerber bei der Erstbefragung "ledig" an. Er gab auch keine in Österreich lebenden Bezugspersonen zu Protokoll. Eine Ungarin sei von ihm in Österreich geschwängert worden und sei dann nach Ungarn zurückgekehrt und er sei auch zu ihr nach Ungarn gefahren. Der Asylwerber relevierte keine gesundheitlichen Probleme.
In der am 23.5.2013 vor dem Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle West, vorgenommenen Einvernahme brachte der Beschwerdeführer vor, das Problem, das ihn veranlasst habe, seine Heimat zu verlassen, existiere immer noch. Er gehöre der "MASSOB" an und diese habe immer noch Probleme mit der Polizei. So gebe es Angriffe mit Schusswaffen seitens der Polizei gegen Mitglieder der "MASSOB". Im Jahre 2011 habe er von einem Mitglied der "MASSOB", das in Großbritannien lebe, erfahren, dass die Mitglieder der "MASSOB" in Nigeria immer noch große Probleme haben.
Weiters sei noch anzuführen, dass er Männer Frauen vorziehe. Diese Präferenz habe sich während seiner Schubhaft in Ungarn im Oktober oder November 2010 gezeigt. Er werde es deshalb in Nigeria nicht leicht haben. Er habe es als Geheimnis behalten. Er habe Angst, deswegen Probleme mit anderen "schwarzen" Männern zu bekommen.
Zu seinen persönlichen Verhältnissen befragt, gab er zu Protokoll, dass er nicht verheiratet sei und keine Kinder habe. Er habe eine ungarische Freundin gehabt, die einen Buben geboren habe, der jedoch unmittelbar nach der Geburt gestorben sei. Er habe auch keine (anderen) Angehörigen oder sonstige Verwandte in Österreich, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine besonders enge Beziehung bestehe. Im Gefängnis habe er einen Deutsch- und einen Berufsausbildungskurs besucht. Von Dezember 2009 bis
Februar 2010 habe er Arbeiten auf einem Friedhof verrichtet. Weiters relevierte er keine schwerwiegenden Krankheiten, wobei auch keine Atteste, die solche belegen, aktenkundig sind.
In der am 5.6.2013 vor dem Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle West, vorgenommenen Einvernahme brachte der Beschwerdeführer vor, aufgrund seiner jetzigen Situation wäre eine Rückkehr ein großes Problem. Er sei jetzt nicht mehr hetero- sondern homosexuell. Dadurch hätte er in Nigeria große Schwierigkeiten. Auch durch seine Mitgliedschaft bei der "MASSOB" habe er große Probleme in Nigeria.
Mit Schriftsatz vom 11.6.2013 wies er abermals auf seine Homosexualität hin.
Das Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle West, wies sodann den gegenständlichen Antrag mit Bescheid vom 14.6.2013, Zahl: 13 06.446-EWEST, gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkt I). Weiters wurde der Beschwerdeführer gemäß
§ 10 Abs. 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen (Spruchpunkt II). Das Bundesasylamt ging hiebei davon aus, dass keine wesentliche Sachverhaltsänderung vorliege und erachtete das im Folgeantragsverfahren erstattete Vorbringen als unglaubwürdig. Es traf hiebei auch umfangreiche Feststellungen zu Nigeria.
Gegen den zuletzt genannten Bescheid erhob der Asylwerber fristgerecht Beschwerde, wobei der Asylwerber relevierte, er habe vor dem Bundesasylamt angegeben, homosexuell zu sein und das Bundesasylamt habe dann die Sachlage nicht geprüft. So sei seine Homosexualität laut nigerianischem Recht strafbar und man sei als Homosexueller sozialer Verachtung sowie Ausgrenzung ausgesetzt. Es ergehe daher der Antrag, der Asylgerichtshof möge in Befassung der ÖB XXXX die aktuelle Lage der Homosexuellen überprüfen.
Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom XXXX,
XXXX, wurde der Asylwerber nach § 27 Abs. 1 und § 27 Abs. 2 Z 2 (1.Fall) SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwölf Monaten, wobei acht Monate davon bedingt nachgesehen wurden, verurteilt.
Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom XXXX,
XXXX, wurde der Asylwerber nach § 27 Abs. 1 und 27 Abs. 2 Z 2 (1. Fall) SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von zwölf Monaten verurteilt. Der zur Verurteilung XXXX bedingt ausgesprochene Teil der Freiheitsstrafe wurde widerrufen.
Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX,
XXXX, wurde der Asylwerber nach § 27 Abs. 1 Z 1 (8. Fall) und
§ 27 Abs. 3 SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zwölf Monaten verurteilt.
Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX,
XXXX, wurde der Asylwerber zuletzt nach § 27 Abs. 1 Z 1 (8. Fall) und
§ 27 Abs. 3 SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt.
Der Asylgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 28 Abs. 1 AsylGHG, BGBl. I Nr. 4/2008, nimmt der Asylgerichtshof mit 1.7.2008 seine Tätigkeit auf. Das Bundesgesetz über den unabhängigen Bundesasylsenat (UBASG), BGBl. I Nr. 77/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2005, tritt mit 1.7.2008 außer Kraft.
Gemäß § 23 Abs. 1 AsylGHG idF BGBl. I Nr. 147/2008 sind auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof, soweit sich aus dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100, nicht anderes ergibt, die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.
Gemäß § 9 leg.cit. entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten, sofern bundesgesetzlich nicht die Entscheidung durch Einzelrichter oder verstärkte Senate (Kammersenate) vorgesehen ist.
Gemäß § 61 Abs. 1 AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes. Gemäß Abs. 3 entscheidet der Asylgerichtshof durch Einzelrichter über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide wegen Drittstaatssicherheit gemäß § 4, wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5 und wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG sowie über die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung.
Zu Spruchpunkt 1:
Gemäß § 75 Abs. 4 AsylG 2005 begründen ab- oder zurückweisende Bescheide aufgrund des Asylgesetzes, BGBl. Nr. 126/1968, des Asylgesetzes 1991, BGBl. Nr. 8/1992, sowie des Asylgesetzes 1997 in derselben Sache in Verfahren nach diesem Bundesgesetz den Zurückweisungstatbestand der entschiedenen Sache (§ 68 AVG).
Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, dann, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.
Da das Bundesasylamt mit dem angefochtenen Bescheid den Asylantrag zurückgewiesen hat, ist Gegenstand der vorliegenden Entscheidung des Asylgerichtshofes nur die Beurteilung der Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung, nicht aber der zurückgewiesene Antrag selbst
(VwGH 30.10.1991, Zl. 91/09/0069; 30.5.1995, Zl. 93/08/0207).
"Res iudicata" (§ 68 Abs. 1 AVG) liegt nach übereinstimmender Rechtssprechung und Literatur nur dann vor, wenn seit Erlassung des ersten Bescheides die maßgebende Sach- und Rechtslage in den entscheidungswichtigen Punkten unverändert geblieben ist
(VfGH 25.9.1996, B 4016/95).
Die Rechtskraft eines ergangenen Bescheides steht der meritorischen Entscheidung über einen neuerlichen Antrag nur dann nicht entgegen und berechtigt daher die Behörde nur dann nicht zur Zurückweisung des Antrages, wenn in dem für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt eine Änderung eingetreten ist. Dabei kann nur eine solche Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung berechtigen und verpflichten, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (VwGH 24.3.1993, Zl. 92/12/0149; 10.6.1998, Zl. 96/20/0266).
Die objektive (sachliche) Grenze der Wirkung der Rechtskraft wird durch die "entschiedene Sache", dh durch die Identität der Verwaltungssache, über die mit einem formell rechtskräftigen Bescheid abgesprochen wurde, mit der im neuen Antrag intendierten, bestimmt (VwGH 16.1.1990, Zl. 89/08/0163). Die durch den Bescheid entschiedene Sache (iSd § 8 AVG) wird konstituiert durch die Relation bestimmter Fakten (die den Sachverhalt bilden) zu bestimmten Rechtsnormen (die den Tatbestand umschreiben) (vgl. Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze, Band I, 2. Aufl., Seite 1293, Anmerkung 12 zu § 68 AVG). Die Identität der Sache liegt dann vor, wenn einerseits weder in der für den Vorbescheid maßgeblichen Rechtslage noch in den für die Beurteilung des Parteibegehrens im Vorbescheid als maßgebend erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist und sich andererseits das neue Parteibegehren im Wesentlichen (von Nebenumständen, die für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerheblich sind, abgesehen) mit dem früheren deckt (VwGH 10.6.1998, Zl. 06/20/0266; 21.9.2000, Zl. 98/20/0564).
Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH 10.6.1998, Zl. 96/20/266). Wird die seinerzeitige Verfolgungsbehauptung aufrecht erhalten und bezieht sich der Asylwerber auf sie, so liegt nicht ein wesentlich geänderter Sachverhalt vor, sondern es wird der Sachverhalt bekräftigt (bzw. sein "Fortbestehen und Weiterwirken" behauptet; vgl. VwGH 20.3.2003, Zl. 99/20/0480), über den bereits rechtskräftig abgesprochen worden ist. Mit dem zweiten Asylantrag wird daher im Ergebnis die erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezweckt (VwGH 7.6.2000, Zl. 99/01/0321).
Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den die oben erwähnte positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann (VwGH 24.2.2000, Zl. 99/20/0173).
Für die Berufungsbehörde ist Sache iSd § 66 Abs. 4 AVG ausschließlich die Frage, ob die erstinstanzliche Behörde mit Recht den neuerlichen Antrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat. Die Prüfung der Zulässigkeit eines neuerlichen Antrages auf Grund geänderten Sachverhaltes darf ausschließlich anhand jener Gründe erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens geltend gemacht worden sind. In der Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid können derartige Gründe nicht neu vorgebracht werden (vgl. die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze, Band I,
2. Aufl., Seite 1422, in E 105 zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).
Zur Beurteilung der Identität der Sachlage und Rechtslage unter dem Gesichtspunkt des § 68 Abs. 1 AVG ist der Bescheid heranzuziehen, mit dem materiellrechtlich über den Antrag entschieden wurde, nicht der Bescheid, mit dem ein Antrag wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde (vgl. die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze, Band I, 2. Auflage, Seite 1422, in E 104 zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wie z.B. VwGH 4.5.1990, Zl. 90/09/0016).
Im Hinblick auf die dargelegte objektive Begrenzung ist festzuhalten, dass nicht mehr dieselbe Verwaltungssache ("eadem causa") vorliegt, wenn es um einen anderen Sachverhalt, insbesondere auch um einen später entstandenen, geht ("nova producta") oder wenn derselbe Sachverhalt einer anderen Rechtsvorschrift unterstellt wird, insbesondere einer später erlassenen Rechtsvorschrift. "Neu hervorgekommen" ist ein Sachverhalt, der - zum Zeitpunkt der Entscheidung bereits bestehend - unter dem Aspekt derselben angewandten Rechtsnorm erst später bekannt wird und eine andere rechtliche Beurteilung nach derselben Rechtsvorschrift ermöglicht. Nur ein solcher neu hervorgekommener Sachverhalt
("nova reperta") kann Anlass einer Wiederaufnahme sein (§ 69 Abs. 1 Z 2 AVG). Ein "anderer Sachverhalt" liegt vor, wenn ein Sachverhalt von einem erledigten Prozessgegenstand in wesentlichen Punkten abweicht (vgl. Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht, 8. Aufl., Seite 243, RZ 482 und 483).
Das anlässlich des zur Zahl: 13 06.446 protokollierten Antrages auf internationalen Schutz erstattete Vorbringen hinsichtlich seiner relevierten Mitgliedschaft bei der "MASSOB" und der sich daraus ergebenden Probleme stellt einerseits teilweise eine Wiederholung des im Erstverfahren als unglaubwürdig erachteten Vorbringens dar und kann schon allein aufgrund des Fehlens von "nova producta", die nach Erlassung des oben genannten und hier maßgeblichen Bescheides des unabhängigen Bundesasylsenates vom 21.2.2007 entstanden sind, keine Sachverhaltsänderung darstellen. Andererseits ist jenes Vorbringen, das sich auf die im Jahre 2011 erhaltene Information bezieht, dass die Polizei brutal gegen Anhänger der "MASSOB" vorgehe und das Gefahrenmoment größer geworden sei, untrennbar mit seinem als unglaubwürdig erachteten Vorbringen zu seiner Fluchtgeschichte verknüpft und kann - unabhängig von der Richtigkeit der relevierten Information - deshalb für ihn keine Sachverhaltsänderung bewirken.
Das anlässlich des zur Zahl: 13 06.446 protokollierten Antrages auf internationalen Schutz erstattete Vorbringen hinsichtlich seiner seit dem Jahre 2010 bestehenden Homosexualität erweist sich jedoch als völlig unglaubwürdig. Erst als sich die Strafhaft des Beschwerdeführers zu Ende neigt und die Abschiebung nach Nigeria droht, relevierte er nach der neuerlichen Antragstellung im Jahre 2013 seine angebliche Homosexualität. Hiezu wird betont, dass der Asylwerber auch bei der am 18.5.2013 erfolgten Erstbefragung anlässlich des zur Zahl: 13 06.446 protokollierten Antrages auf internationalen Schutz seine (angebliche) Homosexualität nicht relevierte, sondern wieder auf seine im Erstverfahren angeführten Gründe verwies, wobei er im Jahre 2011 von einer Verschärfung der Situation bezüglich der "MASSOB"-Mitglieder erfahren haben will. Vielmehr führte er hiebei noch aus, dass er eine Ungarin in Österreich geschwängert habe, welche danach nach Ungarn zurückgekehrt sei und er zu ihr auch nach Ungarn gefahren sei. Angesichts der obigen Ausführungen war auch dem Antrag, der Asylgerichtshof möge in Befassung der ÖB XXXX die aktuelle Lage der Homosexuellen überprüfen, nicht stattzugeben.
Hinsichtlich der (allgemeinen) Lage in Nigeria wird betont, dass das Bundesasylamt hiezu umfangreiche Feststellungen traf.
Die von der islamistischen Gruppe Boko Haram verübten Anschläge in Nord- und Zentralnigeria - und somit lokal begrenzt - sind aufgrund der Medienberichterstattung als Ereignis des Zeitgeschehens allgemein bekannt (vgl. Hengstschläger/Leeb AVG § 45, Rz 4).
Da somit im gegenständlichen Fall keine maßgebliche Änderung des Sachverhaltes bzw. der Rechtslage eingetreten ist, war spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt 2:
Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt. Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn 1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder 2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden. Dabei sind insbesondere zu berücksichtigen:
a) die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war; b) das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens; c) die Schutzwürdigkeit des Privatlebens; d) der Grad der Integration; e) die Bindungen zum Heimatstaat; f) die strafgerichtliche Unbescholtenheit; g) Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts; h) die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Asylaufenthaltstatus bewusst waren; i) die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist. Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 ist, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben. Gemäß § 10 Abs. 4 AsylG 2005 gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs. 1 Z 1 verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen. Gemäß
§ 10 Abs. 7 AsylG 2005 gilt eine durchsetzbare Ausweisung als durchsetzbare Rückkehrentscheidung nach dem Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100, wobei der Fremde binnen einer Frist von 14 Tagen freiwillig auszureisen hat. Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht, wenn gegen den Fremden ein Rückkehrverbot erlassen wurde und für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 5 AsylG 2005 oder
§ 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 38 durchführbar wird; in diesen Fällen hat der Fremde unverzüglich auszureisen.
Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Zu den in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 8 EMRK entwickelten Grundsätzen zählt unter anderem auch, dass das durch
Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens, das Vorhandensein einer "Familie" voraussetzt.
Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität erreichen. Als Kriterien hiefür kommen etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes oder die Gewährung von Unterhaltsleistungen in Betracht. In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.6.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 7.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.3.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.7.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.2.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 5.7.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 6.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).
Da sich im gegenständlichen Verfahren keine Anhaltspunkte für einen familiären Bezug des Asylwerbers in Österreich ergaben und auch kein beachtlicher Grad der Integration vorliegt, stellt die Ausweisung insbesondere vor dem Hintergrund von mehrfachen Verurteilungen zu unbedingten Freiheitsstrafen wegen Suchtgiftdelikten daher keine Verletzung von
Art. 8 EMRK dar.
Ebenso wenig liegen Anhaltspunkte für eine Verletzung von Art. 3 EMRK vor. So konnte der Beschwerdeführer keine relevante schwerwiegende Krankheit ins Treffen führen, wobei auch keine Atteste, die eine solche belegen, aktenkundig sind. Abschließend bleibt festzuhalten, dass keine Umstände amtsbekannt sind - schon das Bundesasylamt traf umfangreiche Feststellungen zu Nigeria und die von der islamistischen Gruppe Boko Haram in Nord- und Zentralnigeria - und somit lokal begrenzt - verübten Anschläge sind aufgrund der Medienberichterstattung als Ereignis des Zeitgeschehens allgemein bekannt (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 45, Rz 4) -, dass im Hinblick auf das gesamte Gebiet von Nigeria eine extreme Gefahrenlage mit besonders exzessiver und unkontrollierter Gewaltanwendung, vor allem gegenüber der Zivilbevölkerung, oder eine unmenschliche Behandlung bewirkende humanitäre Situation vorliegt.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.