TE Vwgh Erkenntnis 2013/5/29 2010/16/0306

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Veröffentlicht am 29.05.2013
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Index

22/02 Zivilprozessordnung;
27/03 Gerichtsgebühren Justizverwaltungsgebühren;

Norm

GGG 1984 §18 Abs2 Z2;
ZPO §204;
ZPO §235;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und den Hofrat Mag. Dr. Köller und die Hofrätin Mag. Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde des Ing. H in S, vertreten durch Dr. Thomas Juen, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Maximilianstraße 2, gegen den Bescheid der Präsidentin des Landesgerichtes Innsbruck vom 22. November 2010, Zl. 2 Rev 62/2010, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit seiner beim Landesgericht Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht eingebrachten Klage vom 1. Oktober 2008 begehrte der Beschwerdeführer die Aufhebung der von der erstbeklagten Partei Z GmbH & Co KG ausgesprochenen Kündigung des Dienstverhältnisses des Beschwerdeführers zum 31. Dezember 2008 als unwirksam. Dabei wurde in der Klage der Streitwert nach dem RATG mit EUR 63.084,-- und nach dem GGG mit EUR 694,-- angegeben.

Am 13. März 2010 schlossen die Streitparteien nachstehenden Vergleich:

"1) Die Streitteile vereinbaren, dass der Kläger bei der (erstbeklagten Partei) ab dem 1. 4. 2010 nach Maßgabe des Dienstvertrages Beilage 8 als Außendienstmitarbeiter zu einem Bruttogehalt von EUR 3.900,-- beschäftigt wird.

Die Streitteile vereinbaren, dass von einem durchgehenden Arbeitsverhältnis seit 1. 2. 1999 ausgegangen wird.

2) Der Kläger und die erstbeklagte Partei verpflichten sich, bis zum 20. 3. 2010 den Dienstvertrag laut Beilage 8 zu unterfertigen und vereinbaren, dass der Dienstvertrag zwischen ihnen geschlossen wird, dies mit folgenden Änderungen zum Dienstvertragsentwurf Beilage 8:

3) Festgehalten wird, dass der Kläger zum 31. 12. 2008 gekündigt wurde. Die erstbeklagte Partei verpflichtet sich, den Kläger rückwirkend zum 31. 12. 2008 zur Sozialversicherung anzumelden und das Gehalt des Klägers für den Zeitraum 1. 1. 2009 bis 31. 3. 2010 … bis zum 14. 4. 2010 an den Kläger zu bezahlen."

Mit Zahlungsauftrag vom 21. September 2010 schrieb die Kostenbeamtin dem Beschwerdeführer gem. TP 1 iVm § 19a Gerichtsgebühren von EUR 9.156,40 zuzüglich der Einhebungsgebühr von EUR 8 vor.

Dagegen wandte sich der Beschwerdeführer in seinem Berichtigungsantrag mit dem Vorbringen, seine Klage sei lediglich auf Rücknahme der Kündigung gerichtet gewesen. Es bestehe sohin ein nicht auf einen Geldbetrag gerichtetes Klagebegehren. Sein einziges Zugeständnis im dann abgeschlossenen Vergleich bestehe im Verzicht auf einen Teil seines Gehaltes. Er erhalte nunmehr brutto EUR 3.900,-- anstatt bisher brutto EUR 4.506,50. Im Gegenzug habe die beklagte Partei die Kündigung zurückgenommen. Im Übrigen werde der Beschwerdeführer arbeitsrechtlich so gestellt als sei nie eine Kündigung erfolgt. Die Kostenbeamtin habe daher maximal den Vergleichsbetrag von EUR 606,50 zur Berechnung heranzuziehen. Im Übrigen hätte als Bemessungsgrundlage höchstens der vom Beschwerdeführer mit EUR 63.084,-- bewertete Bruttojahresbezug herangezogen werden dürfen.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Berichtigungsantrag keine Folge und führte begründend aus, der Klage sei gem. § 16 Abs. 1 Z 1 lit. a GGG ein Streitwert von (damals) EUR 694,-- zu Grunde gelegt worden, weswegen gem. Anmerkung 8 zu TP 1 GGG keine Pauschalgebühr zu entrichten gewesen sei. Der Vergleich habe aber zu einer Erhöhung des Klagebegehrens und somit zu einer gem. § 18 Abs. 2 Z 2 GGG zwingend vorzunehmenden Neuberechnung der Gerichtsgebühren geführt.

Die Kostenbeamtin sei bei der Bemessung der Gebühr von einer wiederkehrenden Leistung von monatlich EUR 3.900,-- (14 mal jährlich) ausgegangen. Wegen der Leistung auf unbestimmte Dauer sei die zehnfache Jahresleistung anzunehmen gewesen: EUR 3.900,-- x 14 x 10 = EUR 546.000,--. Diesem Betrag habe die Kostenbeamtin unter Hinweis auf den Vergleichspunkt 2 (Dienstvertrag) und dem Vergleichspunkt 3 (Verpflichtung zur Nachzahlung eines unbestimmten Betrages; mangels Einleitung eines gesonderten Ermittlungsverfahrens) jeweils den Betrag von EUR 733,-- hinzugerechnet, wodurch sich eine Bemessungsgrundlage von insgesamt EUR 547.466,-- ergeben habe.

Maßgeblich für die Anwendung des § 18 Abs. 2 Z 2 GGG sei nicht der Klagsanspruch, sondern der Vergleichsinhalt gewesen. Das Abstellen auf den Differenzbetrag zum ursprünglichen Gehalt sei deswegen nicht in Betracht gekommen. Nach dem Vergleichsinhalt sei von einer wiederkehrenden Leistung auf unbestimmte Dauer iSd § 14 GGG iVm § 58 JN auszugehen, sodass als Bemessungsgrundlage das Zehnfache der "verglichenen Jahresleistung" heranzuziehen gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher der Beschwerdeführer ausschließlich Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend macht. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Unterbleiben der Neuberechnung der Bemessungsgrundlage gem. § 18 Abs. 2 GGG verletzt.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 14 des Gerichtsgebührengesetzes - GGG ist Bemessungsgrundlage, soweit nicht im Folgenden etwas anderes bestimmt wird, der Wert des Streitgegenstandes nach den Bestimmungen der §§ 54 bis 60 JN. Als Wert des Rechtes auf den Bezug von Zinsen, Renten, Früchten oder anderen wiederkehrenden Nutzungen und Leistungen ist gemäß § 58 Abs. 1 JN bei unbestimmter Dauer - von hier nicht interessierenden Ausnahmen abgesehen - das Zehnfache der Jahresleistung anzunehmen. Tarifpost (TP) 1 GGG sieht Pauschalgebühren in zivilgerichtlichen Verfahren erster Instanz in einer nach dem Wert des Streitgegenstandes abgestuften Höhe vor.

Nach § 18 Abs. 1 GGG bleibt die Bemessungsgrundlage für das ganze Verfahren gleich. Davon sieht § 18 Abs. 2 Z 2 GGG insofern eine Ausnahme vor, dass dann, wenn der Wert des Streitgegenstandes infolge einer Erweiterung des Klagebegehrens geändert wird, oder, wenn der Gegenstand des Vergleiches eine Leistung ist, deren Wert das Klagebegehren übersteigt, die Pauschalgebühr unter Zugrundelegung des höheren Streitwertes zu berechnen und die bereits entrichtete Pauschalgebühr einzurechnen ist.

Gemäß § 18 Abs. 2 Z 2 GGG ist daher eine Neuberechnung der Bemessungsgrundlage aufgrund eines Vergleiches nur dann durchzuführen, wenn der Wert der Leistungen des Vergleichs jenen des Klagebegehrens übersteigt.

Nach Anmerkung 8 zu TP 1 sind arbeitsrechtliche Streitigkeiten (einschließlich Mahnklagen und gerichtliche Aufkündigungen) bei einem Wert des Streitgegenstandes bis EUR 1.450,00 gebührenfrei.

Ist Gegenstand des Vergleiches eine Leistung, deren Wert das Klagebegehren übersteigt, liegt ein "höherwertiger Vergleich" vor, bei dem gebührenrechtlich von einer Klagsausdehnung auszugehen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. Dezember 2003, 2003/16/0467, mwN).

Nach der eindeutigen Regelung des § 18 Abs. 2 Z 2 GGG sind die Klagserweiterungen im Wege einer Klagsausdehnung nach § 235 ZPO einerseits und der Abschluss eines sogenannten höherwertigen (d.h. den Streitwert erhöhenden) Vergleiches andererseits einander gleichzuhalten (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. Oktober 2008, Zl. 2006/16/0052, mwN).

Der Beschwerdeführer bringt auch in seiner Beschwerde vor, Punkt 1) des Vergleiches stelle zum Klagebegehren keine Ausdehnung, sondern eine Minderung dar, weil er ab dem 1. April 2010 monatlich nicht mehr EUR 4.506,50, sondern nur mehr EUR 3.900,-- verdienen sollte. Auch Punkt 3) des Vergleiches finde im Klagebegehren Deckung. Wollte man - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - in Vergleichspunkt 2) eine Klagsausdehnung erblicken, so beliefe sich der Streitwert auf insgesamt EUR 1.427,-

- (für die ursprüngliche Klage EUR 694,-- und für den Vergleichspunkt 2) EUR 733,--), sodass aufgrund Anmerkung 8 zu TP 1 weiterhin keine Gerichtsgebühren anfallen würden.

Im Beschwerdefall begehrte der Beschwerdeführer in seiner Klage ausschließlich die Aufhebung der ihm gegenüber ausgesprochenen Kündigung des Dienstverhältnisses und nicht die Leistung eines Geldbetrages.

Der von den Streitparteien geschlossene Vergleich hatte nach dessen eindeutigem Wortlaut aber nicht die begehrte Unwirksamkeitserklärung der Kündigung zum 31. Dezember 2008 zum Inhalt, sondern die Bezahlung eines monatlichen Bruttogehaltes von EUR 3.900,--. Damit war aber der Vergleich gebührenrechtlich als Klagsausdehnung zu behandeln. Ob und in welcher Form das neue Dienstverhältnis Abweichungen zu jenem aufwies, dessen Kündigung für unwirksam erklärt werden sollte, war für die Beurteilung des Vergleichs nicht von Belang.

Im Beschwerdefall war daher gem. § 18 Abs. 2 Z 2 GGG aufgrund des geschlossenen Vergleichs der gesamte erhöhte Streitwert der Gebührenbemessung zu Grunde zu legen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Dezember 2011, 2011/16/0101). Gegen die rechnerische Ermittlung der Gebührenvorschreibung enthält die Beschwerde kein Vorbringen.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 29. Mai 2013

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2013:2010160306.X00

Im RIS seit

27.06.2013

Zuletzt aktualisiert am

21.10.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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