Index
62 Arbeitsmarktverwaltung;Norm
AlVG 1977 §10 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Novak, Dr. Sulyok und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der M in L, vertreten durch Dr. Peter Wiesauer, Dr. Helmuth Hackl, Rechtsanwälte in Linz, Hauptplatz 23/II, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Oberösterreich vom 11. Jänner 1996, Zl. B1-AlV-7022-10-B/3842 201056/Linz, betreffend Verlust des Anspruchs auf Notstandshilfe gemäß §§ 10 und 38 AlVG, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Am 1. Juni 1995 nahm die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Linz mit der 1956 geborenen, seit 1982 mit geringfügigen Unterbrechungen im Bezug der Notstandshilfe stehenden Beschwerdeführerin eine Niederschrift über ihr vorzeitiges Ausscheiden aus einer Kursmaßnahme auf. In der Niederschrift wurde festgehalten, der Beschwerdeführerin sei am 29. Mai 1995 der Auftrag erteilt worden, sich "einer Nach-(Um-)Schulung als VEROPA ab 29. Mai 1995 zu unterziehen", und sie sei - ihren Angaben zufolge - mit 31. Mai 1995 "von der Kursmaßnahme abgebucht" worden, weil sie "die notwendige Zustimmungserklärung nur mit einem Vorbehalt (siehe Beilage) unterschrieben" habe.
Die der Niederschrift in Kopie beiliegende "Zustimmungserklärung" bezieht sich auf die "Ergebnisdarstellung über o.a. Kursbesuch im Rahmen des Berufsförderungsinstituts O.Ö.", welche "an den jeweiligen Arbeitsamtberater" ergehe, aber nicht an Arbeitgeber und private oder öffentliche Schulen weitergegeben werde. Der Unterzeichner erkläre sich "hiermit einverstanden", dass das Berufsförderungsinstitut nach Beendigung der Kursmaßnahme eine individuelle Ergebnisdarstellung über den Kursverlauf, sowie berufsbezogene bzw. berufsrelevante Angaben in Form eines Kursergebnisbogens über die Person des Unterzeichners an den Kostenträger bzw. Träger von nachfolgenden Maßnahmen weiterleite. Nach Ausfertigung durch die Trainer bzw. Trainerinnen sei der Unterzeichner zur Einsichtnahme in die Ergebnisdarstellung berechtigt. Diese Urkunde trägt die Unterschrift der Beschwerdeführerin mit dem Datum 29. Mai 1995 und den handschriftlich beigefügten Worten "mit Vorbehalt, da ansonsten laut Sozialrechtsabteilung der AK Linz der § 38 in Verbindung mit § 10 des AlVG ... angewendet werden würde ....".
Am 27. Juni 1995 langte bei der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Linz ein Schreiben des Berufsförderungsinstitutes Oberösterreich mit einer "Darstellung des Kursverlaufes" der Beschwerdeführerin vom 29. bis zum 31. Mai 1995 ein. Darin wurde im Anschluss an eine kurze Darstellung der Kursziele Folgendes ausgeführt:
"Die Erreichung dieser Kursziele hängt jedoch in einem sehr hohen Maße von der jeweiligen Kooperationsbereitschaft der einzelnen Klienten ab. Im gegenständlichen Fall von Frau C. war diese notwendige Kooperationsbereitschaft jedoch nur teilweise vorhanden, was auch durch entsprechende Äußerungen der Klientin (Zitat nach Gedächtnisprotokoll: "mache den Kurs nicht freiwillig, sondern wurde hereingepresst") deutlich wird.
Erschwert war die Herstellung einer pfleglichen Arbeits- und Kursatmosphäre im gegenständlichen Fall auch dadurch, dass Frau C. gegen das Arbeitsmarktservice derzeit prozessiert und der Ausgang des Verfahrens noch offen ist.
Es gab daher auch Versuche von Frau C., ihre persönliche Auseinandersetzung mit dem AMS-Linz (Zitat nach Gedächtnisprotokoll: "Der Krieg gegen das Arbeitsamt ist mein Leben") in den Kurs zu tragen und andere Kursteilnehmer in dieser Hinsicht zu beeinflussen.
Das verantwortliche Trainerteam sah unter den gegebenen Umständen keine Chance, der Klientin im Sinne der Kursziele Hilfestellung leisten zu können. Die durch die äußeren Voraussetzungen determinierten Verhaltensweisen von Frau C. sprengten sowohl den zumutbaren Kursrahmen, wie sie auch einen unzumutbaren inhaltlichen Aufwand zu Lasten der anderen Teilnehmer dargestellt hätten.
Nach Rücksprache mit dem zuständigen AMS-Betreuer wurde Frau C. daher per 31. Mai 1995 vom Kurs abgemeldet."
Am 29. Juni 1995 hielt der "Vermittler" des Arbeitsmarktservice auf der Rückseite der Niederschrift vom 1. Juni 1995 - unter Hinweis auf das Schreiben des Berufsförderungsinstitutes - fest, nach den Angaben der Beschwerdeführerin scheiterten ihre Bewerbungen auf Grund der langen Dauer der Arbeitslosigkeit. Um der Beschwerdeführerin einen Wiedereinstieg zu ermöglichen, sei ihr der Kurs VEROPA "vorgeschlagen" worden. Da die Beschwerdeführerin "durch ihr nicht-kooperatives Verhalten (nur vorbehaltliche Zustimmung zur Datenübermittlung) für die gesamte Kursgruppe nicht tragbar" gewesen sei, sei sie mit 31. Mai 1995 vom Kurs abgemeldet worden.
Mit Bescheid vom 7. Juli 1995 sprach die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Linz aus, die Beschwerdeführerin habe den Anspruch auf Notstandshilfe für den Zeitraum vom 1. Juni bis zum 12. Juli 1995 verloren und eine Nachsicht werde nicht erteilt. Begründet wurde dies - nach einer Wiedergabe von Gesetzesbestimmungen - wie folgt:
"Sie vereitelten durch ihr unkooperatives Verhalten den Erfolg der Kursmaßnahme."
In ihrer Berufung gegen diese Entscheidung machte die Beschwerdeführerin zunächst geltend, mit Rücksicht auf die von ihr erhobene Verwaltungsgerichtshofbeschwerde gegen einen früheren, gemäß § 10 Abs. 1 AlVG erlassenen Bescheid hätte der Anspruchsverlust für nicht mehr als vier Wochen ausgesprochen werden dürfen.
Im weiteren Text der Berufung beschrieb die Beschwerdeführerin sehr ausführlich, wie sie zunächst einer Maßnahme mit der Kurztitel "WESPA" mit dem Beginn am 24. April 1995 zugewiesen und aus dieser Maßnahme auf Grund einer vom 8. Mai 1995 bis zum 22. Mai 1995 dauernden Erkrankung wieder ausgeschieden sei. Noch während des Krankenstandes habe sie die Zuweisung zu einer "VEROPA" (Vermittlungs- und Orientierungsverfahren mit integrierter Potenzialanalyse) genannten Maßnahme mit dem Beginn am 29. Mai 1995 (und, an anderer Stelle in der Berufung erwähnt, einer vorgesehenen Dauer bis zum 9. August 1995) erhalten. Telefonisch sei ihr dazu erklärt worden, sie sei schon im Jänner 1995 für beide Veranstaltungen angemeldet worden. Bei ihrer persönlichen Rückmeldung vom Krankenstand am 23. Mai 1995 sei ihr beim Arbeitsmarktservice mitgeteilt worden, das Arbeitsmarktservice habe das Recht, sie für derlei Kurse anzumelden, und einer vorherigen Absprache mit ihr bedürfe es dazu nicht. Beim Kursbeginn am 29. Mai 1995 habe sie wieder die gleichen Formulare ausgefüllt wie bei der ersten Maßnahme. Darunter sei erneut ein "Datenübertragungsblatt" gewesen, von dem die Beschwerdeführerin "vor versammelter Menge" gesagt habe, dass sie es "nicht so ohne weiteres" unterschreiben werde und es als "gefährlich" erachte. Am Nachmittag des ersten Kurstages sei sie von dem ihr für das Einzelgespräch zugewiesenen Betreuer Herrn E. zunächst gefragt worden, ob sie methadonsüchtig sei. Nachdem sie dies verneint gehabt habe, habe Herr E. gemeint, sie sei zumindest eine "Unruhestifterin oder Aufwieglerin". Die anschließende Frage, ob sie freiwillig hier sei, habe die Beschwerdeführerin mit den Worten, sie sei in die Kursmaßnahme "hineingepresst" worden, verneint. Dem sei eine Auseinandersetzung darüber gefolgt, warum die Beschwerdeführerin die Zustimmungserklärung nicht unterschreiben wolle. Dabei habe Herr E. u.a. erklärt, dass er die Beschwerdeführerin aus der Kursmaßnahme ausschließen müsse, wenn sie nicht unterschreibe. Die Beschwerdeführerin habe sich noch am selben Tag mit der Sozialrechtsabteilung der Arbeiterkammer Linz beraten, wo ihr die Unterfertigung mit Vorbehalt empfohlen worden sei.
Am zweiten Kurstag habe sie das mit dem Vorbehalt unterschriebene Datenübertragungsblatt beim Betreuerteam abgegeben. Nun sei acht Stunden lang ein "Kennenlernspiel", welches die Beschwerdeführerin als "Aushorchspiel" empfunden habe, auf dem Programm gestanden. Bei der Befragung durch andere Kursteilnehmer über ihre persönliche Situation habe sie u.a. gesagt "mein Kind und der ständige Krieg mit dem Arbeitsamt bestimmen mein Leben". Obwohl das Betreuerteam fleißig mitgeschrieben habe, habe der Beschwerdeführerin der zweite Kurstag sehr gut gefallen.
Am dritten Kurstag sei sie wieder Herrn E. zum Einzelgespräch zugeteilt worden. Herr E. habe sie in näher beschriebener Weise gedrängt, das Datenübertragungsblatt "normal" zu unterschreiben und ihr erklärt, die Rechtsabteilung des Berufsförderungsinstitutes habe schon den ganzen Vormittag über ihrer Zustimmungserklärung verbracht. Das Berufsförderungsinstitut brauche keinen "Oberzensurierer" und wenn die Beschwerdeführerin sich nicht anders besinne, werde sie deshalb noch am selben Tag aus der Kursmaßnahme ausgeschlossen, was dann auch erfolgt sei.
Im weiteren Text der Berufung widersprach die Beschwerdeführerin der - ihr demnach bereits bekannten - schriftlichen Darstellung des Berufsförderungsinstitutes vom 23. Juni 1995.
Mit Schreiben vom 17. August 1995 brachte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin das Schreiben des Berufsförderungsinstitutes förmlich zur Kenntnis. Die Beschwerdeführerin wurde weiters aufgefordert, allfällige Nachsichtsgründe bekannt zu geben.
Mit Schreiben vom 31. August 1995 legte die Beschwerdeführerin dar, bei Aufnahme der Niederschrift am 1. Juni 1995 habe das Arbeitsmarktservice auf Grund eines Telefonates mit Herrn E. schon von der "Zustimmungserklärung mit Vorbehalt" gewusst und alle Beteiligten seien davon ausgegangen, dass der Ausschluss aus der Kursmaßnahme nur deshalb erfolgt sei. Weiters erklärte die Beschwerdeführerin nochmals den Kontext ihrer Äußerung über den "Kriegszustand mit dem Arbeitsamt", wobei sie auch angab, dass sie in der diesbezüglichen Befragung durch einen Kursteilnehmer auch das beim Verwaltungsgerichtshof anhängige Verfahren erwähnt habe. In Bezug auf mögliche Nachsichtsgründe legte sie Unterlagen darüber vor, dass sie monatlich Raten in der Höhe von S 500,-- für eine Heizungsinstallation zu zahlen habe.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung nicht statt. Nach einer Darstellung des Verfahrensganges und anzuwendender Rechtsvorschriften führte die belangte Behörde Folgendes aus:
"Die Vermittlungs- und Orientierungsmaßnahme mit integrierter Potenzialanalyse hat zum Ziel, Arbeitslosen, die seit längerem im Leistungsbezug stehen, die Integration am Arbeitsmarkt zu ermöglichen bzw. zu erleichtern.
Die vom BFI zu erstellende Potenzialanalyse dient dem Arbeitsmarktservice als Unterstützung dafür, wo und wie verstärkt Vermittlungs- und Beratungsschwerpunkte zu setzen sind.
Die Übermittlung der Daten - auf Grund der vom Kursteilnehmer unterzeichneten Zustimmungserklärung - bildet somit, unabhängig davon, ob der Kurs positiv oder negativ abgeschlossen worden ist, einen wichtigen Bestandteil zur Beurteilung der weiteren Vermittlungstätigkeit des Arbeitsmarktservice.
Die von Ihnen "mit Vorbehalt" unterschriebene Zustimmungserklärung war nicht der Grund, weshalb Sie von der Kursmaßnahme seitens des BFI abgemeldet wurden, zumal gemäß § 7 Abs. 1 Z. 2 des Datenschutzgesetzes der Betroffene, der der Übermittlung zugestimmt hat, diese Zustimmung ohnehin schriftlich widerrufen kann.
Maßgebend für den Ausschluss aus der Kursmaßnahme war Ihr Verhalten während der Kursmaßnahme.
Wie vom BFI in der Darstellung des Kursverlaufes bekannt gegeben wurde, war die notwendige Kooperationsbereitschaft Ihrerseits jedoch nur teilweise vorhanden. Dies wurde durch entsprechende Äußerungen deutlich. Erschwert wurde die Herstellung einer pfleglichen Arbeits- und Kursatmosphäre auch dadurch, dass Sie derzeit gegen das Arbeitsmarktservice prozessieren und der Ausgang des Verfahrens noch offen ist. Es gab auch Versuche von Ihnen, Ihre persönliche Auseinandersetzung mit dem Arbeitsmarktservice in den Kurs zu tragen und andere Kursteilnehmer in dieser Hinsicht zu beeinflussen.
Auf Grund Ihrer determinierten Verhaltensweisen war es aus Sicht des BFI nicht möglich - auch im Hinblick auf die anderen Teilnehmer - dass Sie weiterhin an der Kursmaßnahme teilnehmen.
In Ihrer Berufung und in Ihrer Stellungnahme führten Sie in erster Linie an, dass Ihr Ausschluss aus der Kursmaßnahme auf die von Ihnen mit Vorbehalt unterzeichnete Zustimmungserklärung zurückzuführen sei. Die mit Vorbehalt unterzeichnete Zustimmungserklärung - wie oben bereits dargelegt - stellt im Hinblick auf das Datenschutzgesetz keinen Grund dar, die Kursmaßnahme zu beenden. Sehr wohl wäre bei einer Nichtunterfertigung der Zustimmungserklärung ein Ausschlussgrund gegeben, da die bereits zitierte integrierte Potenzialanalyse Voraussetzung für eine weitere Vorgangsweise des Arbeitsmarktservice darstellt und mit Nichtunterzeichnung diese Voraussetzung wegfallen würde, weshalb die Sinnhaftigkeit des Kurses von vornherein nicht gegeben wäre.
Die Ihnen vom BFI zur Last gelegte Verhaltensweise wurde von Ihnen weder in der Berufung noch in der Stellungnahme bestritten. Vielmehr ist aus Ihren Zitaten ersichtlich, dass Sie Ihre persönlichen Probleme mit dem Arbeitsmarktservice Linz - "Kriegszustand mit dem Arbeitsamt" - in den Kurs einbrachten.
Auf Grund des dargelegten Sachverhaltes ist es als erwiesen anzusehen, dass Sie den Erfolg bzw. den Verbleib in der Kursmaßnahme durch Ihr Verhalten vereitelt haben.
Es war somit gemäß § 38 in Verbindung mit § 10 Abs. 1 AlVG eine Ausschlussfrist für die Zeit vom 1.6.1995 bis 12.7.1995 zu verhängen.
Der von Ihnen vorgelegte Ratenbrief kann nicht zur Nachsicht von den Rechtsfolgen des § 10 Abs. 1 AlVG führen. Die geringe Monatsrate von S 500,-- entspricht nicht einmal drei Tagessätzen und bleibt somit außer Betracht. Eine Nachsicht wurde somit nicht erteilt."
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
1. Gemäß § 9 Abs. 1 AlVG ist arbeitswillig, wer (unter anderem) bereit ist, an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilzunehmen.
Nach § 10 Abs. 1 AlVG in der hier zeitraumbezogen noch anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 201/1996 verliert ein Arbeitsloser, der ohne wichtigen Grund die Teilnahme an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt verweigert oder den Erfolg der Maßnahme vereitelt, für die Dauer der Weigerung, jedenfalls aber für die Dauer der auf die Weigerung folgenden vier Wochen den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Liegt im Zeitraum eines Jahres vor dem Beginn eines Anspruchsverlustes bereits ein früherer Anspruchsverlust, so beträgt der genannte Zeitraum sechs Wochen, im Falle von zwei oder mehr Anspruchsverlusten acht Wochen.
Diese Bestimmungen sind gemäß § 38 AlVG auf die Notstandshilfe sinngemäß anzuwenden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinen Erkenntnissen vom 21. Dezember 1993, Zlen. 93/08/0215-0218, und vom 20. Dezember 1994, Zl. 93/08/0134, zur Nach(Um)schulung Arbeitsloser die Auffassung vertreten, es könne aus den §§ 9 Abs. 1 und 10 Abs. 1 AlVG nicht abgeleitet werden, dass es im freien Belieben des Arbeitsamtes stünde, einem Arbeitslosen (auch einem Langzeitarbeitslosen) entweder eine Arbeitsstelle zu vermitteln oder ihn zu einer Nach- oder Umschulung zuzuweisen. Eine solche Zuweisung vermöge sich insbesondere auch nicht auf die vom Arbeitslosen (auch wiederholt) an den Tag gelegte Arbeitsunwilligkeit, eine ihm durch das Arbeitsamt zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen, zu stützen. Für eine solche Maßnahme sei vielmehr Voraussetzung, dass die Kenntnisse und Fähigkeiten des Arbeitslosen für die Vermittlung einer zumutbaren Beschäftigung nach Lage des in Betracht kommenden Arbeitsmarktes nicht ausreichend seien. Die Behörde habe diese Voraussetzungen zu ermitteln und das Ergebnis ihres Ermittlungsverfahrens dem Arbeitslosen - unter Hinweis auf die Rechtsfolgen einer Weigerung - zur Kenntnis zu bringen. Von einer den Verlust des Anspruches auf Arbeitslosengeld nach sich ziehenden ungerechtfertigten Weigerung des Arbeitslosen, an einer ihm zugewiesenen Nach- oder Umschulungsmaßnahme teilzunehmen, könne nur dann gesprochen werden, wenn sie in objektiver Kenntnis des Inhaltes der erforderlichen Nach(Um)schulung und der Zumutbarkeit und Erforderlichkeit einer solchen Maßnahme erfolge.
Diese Subsidiarität gilt nach dem hg. Erkenntnis vom 5. September 1995, Zl. 94/08/0246, und der daran anschließenden ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - angesichts des nach wie vor bestehenden Primates der Erlangung bzw. Vermittlung einer dem Arbeitslosen zumutbaren Beschäftigung durch seine eigenen, von ihm zu entfaltenden Bemühungen oder durch das Arbeitsamt (nunmehr: das Arbeitsmarktservice) - in entsprechender Weise auch für Maßnahmen zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt. Demgemäß liegt eine ungerechtfertigte Weigerung eines Arbeitslosen, an einer solchen Maßnahme teilzunehmen, nur dann vor, wenn es sich überhaupt um eine solche Maßnahme handelt, wenn weiters feststeht, dass die Kenntnisse und Fähigkeiten des Arbeitslosen für die Erlangung bzw. Vermittlung einer zumutbaren Beschäftigung nach Lage des in Betracht kommenden Arbeitsmarktes nicht ausreichend sind und es deshalb solcher Maßnahmen der Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt bedarf, und wenn schließlich das Arbeitsamt (nunmehr: das Arbeitsmarktservice) das Ergebnis des diesbezüglichen Ermittlungsverfahrens dem Arbeitslosen - unter Hinweis auf die Rechtsfolgen einer Weigerung - zur Kenntnis gebracht hat und der Arbeitslose dennoch ohne wichtigen Grund die Teilnahme an der Maßnahme ablehnt (vgl. dazu etwa auch die Erkenntnisse vom 26. September 1995, Zl. 94/08/0131, vom 6. Mai 1997, Zl. 95/08/0339, vom 16. September 1997, Zl. 96/08/0308, vom 26. Jänner 2000, Zl. 99/03/0132 und Zl. 98/08/0306, und vom 23. Februar 2000, Zl. 98/08/0220 und Zl. 98/08/0322).
Unter einer "Verweigerung" der Teilnahme ist nach der sprachlichen Bedeutung dieses Tatbestandsmerkmals die ausdrückliche oder schlüssige Erklärung zu verstehen, an der Maßnahme nicht teilnehmen zu wollen. Zum "Vereiteln" des Erfolges der Maßnahme ist sinngemäß auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach als Vereitelung der Annahme einer Beschäftigung nur ein für deren Nichtzustandekommen ursächliches und auf den Eintritt dieser Wirkung gerichtetes oder sie zumindest in Kauf nehmendes, somit vorsätzliches Verhalten gilt (vgl. dazu schon die Erkenntnisse vom 20. Oktober 1992, Zl. 92/08/0042, Slg. Nr. 13.722/A, und vom 5. September 1995, Zl. 94/08/0050, jeweils mit Hinweisen auf Vorjudikatur). Bloße Sorgfaltswidrigkeiten eines Arbeitslosen, die zu seiner Nichtteilnahme an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt oder zum Ausbleiben des Erfolges einer solchen Maßnahme führen, rechtfertigen daher nicht die Verhängung der in § 10 Abs. 1 AlVG vorgesehenen Sanktion.
2. Die belangte Behörde hat eine Vereitelung des Erfolgs der Maßnahme durch das Verhalten der Beschwerdeführerin, das zu deren Ausschluss aus der Maßnahme geführt haben soll, angenommen und deshalb einen Anspruchsverlust für die Dauer von sechs Wochen ausgesprochen. Im angefochtenen Bescheid fehlt jede Begründung für die - die gesetzliche Mindestdauer in der hier noch anzuwendenden Fassung des § 10 Abs. 1 AlVG um die Hälfte übersteigende - Dauer des Anspruchsverlustes. Sollte sich die belangte Behörde dabei gedanklich auf ihren Bescheid vom 15. Dezember 1994, mit dem in Bestätigung eines gleich lautenden erstinstanzlichen Bescheides wegen einer als unzureichend erachteten Zahl von Eigenbewerbungen der Beschwerdeführerin ein Anspruchsverlust für die Zeit vom 8. September 1994 bis zum 5. Oktober 1994 ausgesprochen wurde, bezogen haben, so wäre darauf zu verweisen, dass dieser Bescheid mit dem hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 2000, Zl. 95/08/0030, mit der in § 42 Abs. 3 VwGG normierten Rückwirkung aufgehoben wurde, worauf bei der Erlassung des Ersatzbescheides u.a. Bedacht zu nehmen sein wird.
3. Der angefochtene Bescheid und die vorgelegten Akten lassen nicht erkennen, dass der Beschwerdeführerin im Sinne der dargestellten Rechtsprechung bestimmte Kenntnisse und Fähigkeiten, die ihr durch die Maßnahme, deren Erfolg sie vereitelt haben soll, vermittelt worden wären, gefehlt hätten und ihr - im Gegensatz zu ihren diesbezüglichen Behauptungen in der Berufung - das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens hierüber vor den ihr angelasteten Vereitelungshandlungen unter Hinweis auf die Rechtsfolgen eines solchen Verhaltens zur Kenntnis gebracht worden wäre. War dies nicht geschehen, so konnte sich die Beschwerdeführerin von Anfang an weigern, an der Wiedereingliederungsmaßnahme teilzunehmen, ohne dass dies die Rechtsfolgen des § 10 Abs. 1 AlVG ausgelöst hätte (vgl. dazu das schon erwähnte Erkenntnis vom 5. September 1995, Zl. 94/08/0246). Die Dauer ihrer Arbeitslosigkeit hätte es wohl erleichtern können, die Notwendigkeit einer Wiedereingliederungsmaßnahme zu begründen, erübrigte die Einhaltung des beschriebenen Verfahrens aber nicht.
4. Nach der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dient auch eine Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt - wenngleich nicht in der selben berufsbezogenen Weise wie eine Nach(Um)schulung - der im konkreten Fall jeweils erforderlichen Verbesserung von Kenntnissen und Fähigkeiten des Arbeitslosen. Die Begründung des angefochtenen Bescheides weckt Zweifel daran, dass es sich im vorliegenden Fall um eine solche Maßnahme handelte. Die belangte Behörde führt einerseits aus, die Maßnahme habe - auf nicht näher beschriebene Weise - dem Arbeitslosen die Integration in den Arbeitsmarkt erleichtern sollen, was nach den einleitenden Formulierungen im Schreiben des Berufsförderungsinstitutes vom 23. Juni 1995 durch "optimale Unterstützung bei der konkreten Arbeitssuche bzw. Orientierung" erreicht werden sollte. Insoweit hätte es sich - unter hier nicht näher zu erörternden Voraussetzungen hinsichtlich der Konkretisierbarkeit dieser schlagwortartig umschriebenen Ziele - um eine Wiedereingliederungsmaßnahme gehandelt. Die belangte Behörde führt aber auch aus, ohne die schriftliche Zustimmung zur Übermittlung von Daten - wobei sich die belangte Behörde in diesem Zusammenhang auf eine Erklärung gemäß § 7 Abs. 1 Z. 2 DSG (1978) bezieht - sei "die Sinnhaftigkeit des Kurses von vornherein nicht gegeben" gewesen, weshalb die Nichtunterfertigung der Zustimmungserklärung, aus deren Widerrufbarkeit die belangte Behörde andererseits ableitet, dass die Unterfertigung "mit Vorbehalt" nicht den Grund für den Ausschluss der Beschwerdeführerin gebildet haben könne, "sehr wohl .... ein Ausschlussgrund" gewesen wäre. Träfe letzteres aus den dafür ins Treffen geführten Gründen zu, so stünde dies nicht nur im Widerspruch zur Beweiswürdigung der belangten Behörde, der "Vorbehalt" könne nicht Grund für die Abmeldung der Beschwerdeführerin gewesen sein. Es wäre auch mit der Annahme, die Maßnahme sei zur Förderung der Fähigkeiten und Kenntnisse der Beschwerdeführerin zweckmäßig und erforderlich gewesen, gedanklich unvereinbar. Die Maßnahme hätte in diesem Fall nur den Zweck gehabt, dem Arbeitsmarktservice - wenn auch unter Umständen nützliche - Daten zu verschaffen. Sie wäre damit keine Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt im Sinne der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gewesen (vgl. im Übrigen zur Frage der Verweigerung einer Zustimmung zu einer Datenübermittlung als "Vereitelungstatbestand" schon das hg. Erkenntnis vom 16. September 1997, Zl. 96/08/0308).
5. Im angefochtenen Bescheid wird davon ausgegangen, die Beschwerdeführerin sei nicht wegen des "Vorbehalts" bei ihrer schriftlichen Zustimmung zur Datenübermittlung, sondern aus anderen Gründen von der Kursmaßnahme abgemeldet worden. Diese Ansicht der belangten Behörde beruht nicht auf den Ergebnissen einer Einvernahme der Beteiligten. Sie findet auch keine Deckung in dem Schreiben des Berufsförderungsinstitutes vom 23. Juni 1995, das auf diesen Punkt nicht eingeht, und steht im Widerspruch zur Stellungnahme des Vermittlers, in der auf das "nicht-kooperative Verhalten (nur vorbehaltliche Zustimmung zur Datenübermittlung)" der Beschwerdeführerin Bezug genommen wird. Die Annahme der belangten Behörde, die Beschwerdeführerin sei entgegen ihrer Darstellung nicht wegen des "Vorbehalts" von der Maßnahme ausgeschlossen worden, ist daher nicht fehlerfrei begründet.
6. In Bezug auf das Verhalten der Beschwerdeführerin, das stattdessen zu ihrem Ausschluss aus der Maßnahme geführt haben soll, geht die belangte Behörde von Vorwürfen aus, die die Beschwerdeführerin nicht bestritten habe, wobei auch der von ihr dargestellte Kontext der Äußerung über den "Kriegszustand mit dem Arbeitsamt" nicht in Frage gestellt wird. Der Ausschluss von der Notstandshilfe - nach der nicht näher begründeten Ansicht der belangten Behörde für die Dauer von sechs Wochen - soll sich also darauf gründen, dass die Beschwerdeführerin im "Kennenlernspiel" (am 30. Mai 1995) auf die Frage, wie sie die lange Arbeitslosigkeit ertrage, geantwortet habe, ihr Kind und der ständige Krieg mit dem Arbeitsamt bestimmten ihr Leben, und dass sie - offenbar im Verlauf desselben "Spiels" - auch die von ihr eingebrachte Verwaltungsgerichtshofbeschwerde erwähnte.
Der Verwaltungsgerichtshof kann die Ansicht, dass dies den zeitweisen Ausschluss von der Notstandshilfe erlaube, nicht teilen. Sollte es sachlich begründbar sein, dass ein Arbeitsloser an "Kennenlernspielen" teilnehmen muss, um nicht den Anspruch auf Notstandshilfe zu verlieren, so müssten ihm im Rahmen solcher "Spiele" auch Äußerungen wie die eben erwähnten gestattet sein. Schon gar nicht kann die "determinierende" Tatsache einer beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachten Beschwerde - etwa dann, wenn hinzu kommt, dass "der Ausgang des Verfahrens noch offen ist" - als Vereitelungshandlung des Arbeitslosen gewertet werden, wie dies die insofern auf das Schreiben des Berufsförderungsinstitutes gestützte Bescheidbegründung auch zum Ausdruck zu bringen scheint. Lehnt es der Betreiber der Maßnahme aus derartigen Gründen ab, den Arbeitslosen weiter an ihr teilnehmen zu lassen, so kann dies daher nicht zum Verlust des Leistungsanspruches führen. Dies ergibt sich schon aus dem Fehlen eines Verhaltens, zu dessen Vermeidung der Arbeitslose verpflichtet ist, weshalb sich eine Auseinandersetzung mit der subjektiven Tatseite - auf die im angefochtenen Bescheid freilich auch nicht eingegangen wird - erübrigt.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 15. November 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1996080042.X00Im RIS seit
18.10.2001