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10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof, AsylgerichtshofNorm
B-VG Art140 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Unzulässigkeit eines Individualantrags auf Aufhebung der Regelung des VfGG über die sinngemäß anzuwendenden Bestimmungen der ZPO infolge Zumutbarkeit der Geltendmachung der Bedenken im Verfahren betreffend einen WiederaufnahmeantragSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung
1. Die antragstellende Gesellschaft stellte mit Schreiben vom 27. November 2012 den Antrag, der Verfassungsgerichtshof möge "gemäß Art140 B-VG, §§62 ff VfGG ein Gesetzesprüfungsverfahren hinsichtlich der Regelung des §35 (1) VfGG" einleiten.
2. Die antragstellende Gesellschaft vertritt im Wesentlichen die Auffassung, es bestünden verfassungsrechtliche Bedenken gegen §35 Abs1 Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 (im Folgenden: VfGG), weil durch den Verweis auf §530 Abs1 ZPO letztlich eine Staatsanwaltschaft "über eine Wiederaufnahme des Verfahrens (zumindest deren Zulässigkeit) vor dem Verfassungsgerichtshof entscheidet, noch dazu, ohne dass der [antragstellenden Gesellschaft], geschweige denn dem Verfassungsgerichtshof auf diese Entscheidung eine Ingerenz zusteht".
3. §35 Abs1 VfGG hat folgenden Wortlaut:
"Soweit dieses Gesetz keine anderen Bestimmungen enthält, sind die Bestimmungen der Zivilprozeßordnung und des Einführungsgesetzes zur Zivilprozeßordnung sinngemäß anzuwenden."
4. Der Antrag ist unzulässig.
4.1. Gemäß Art140 Abs1 letzter Satz B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Verfassungswidrigkeit von (Bundes- oder Landes-)Gesetzen "auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist".
Der Verfassungsgerichtshof vertritt seit dem Beschluss VfSlg 8009/1977 in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, die Antragslegitimation nach Art140 Abs1 B-VG setze voraus, dass die bekämpfte Bestimmung die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigen muss und dass der hier eingeräumte Rechtsbehelf dazu bestimmt ist, dem einzelnen Rechtsunterworfenen Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (zB VfSlg 9062/1981, 9685/1983).
4.2. Der antragstellenden Gesellschaft stand bzw. steht (bei Vorliegen neuer Gründe) ein solcher anderer (zumutbarer) Weg zur Geltendmachung der behaupteten Verfassungswidrigkeit der hier angegriffenen Vorschrift des VfGG mit der Einbringung eines Antrags auf Wiederaufnahme gemäß §34 und §35 VfGG iVm §530 ZPO zur Verfügung. In diesem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens hätte die antragstellende Gesellschaft ihre Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung des §35 VfGG vortragen und die Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens anregen können. Eine Umdeutung des vorliegenden Antrags auf eine im Rahmen des zu B1222/12 protokollierten anhängigen Wiederaufnahmeverfahrens eingebrachte Anregung zur Gesetzesprüfung ist auf Grund des eindeutigen Wortlauts des gestellten Antrags nicht möglich.
1. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der antragstellenden Gesellschaft – aus den dargelegten Erwägungen – die Legitimation zur Stellung eines Individualantrags auf Aufhebung des §35 Abs1 VfGG wegen Verfassungswidrigkeit fehlt.
2. Der Antrag war daher als unzulässig zurückzuweisen.
3. Dieser Beschluss konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lit e VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefasst werden.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, VfGH / Wiederaufnahme, Auslegung eines AntragesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2013:G119.2012Zuletzt aktualisiert am
12.07.2013