TE Vwgh Erkenntnis 2000/11/15 2000/01/0329

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.11.2000
beobachten
merken

Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1997 §7;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Pelant als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des LB in W, geboren am 18. Juli 1967, vertreten durch Dr. Wolfgang Rainer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schwedenplatz 2/74, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 14. Februar 2000, Zl. 207.973/1-IX/25/99, betreffend Asylgewährung (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der "BR Jugoslawien", der am 13. Dezember 1991 in das Bundesgebiet eingereist ist, beantragte am 16. Dezember 1991 die Gewährung von Asyl. Er wurde am 18. Dezember 1991 niederschriftlich einvernommen. Hiebei gab er an:

"Ich bin Angehöriger der ungarischen Minderheit und stamme aus Serbien.

Ich wurde zwar nicht zum Militär einberufen, jedoch werden speziell in Serbien die ungarischen Minderheiten in jeder Hinsicht unterdrückt und diskriminiert. Es gibt keine nationale Anerkennung für die Ungarn dort und wird man auch am Arbeitsplatz benachteiligt.

Es ist uns verboten die ungarische Sprache im öffentlichen Verkehr zu gebrauchen und wurden alle Dokumente bislang nicht mit den ungarischen Namen versehen.

Da keine Änderung in der Minderheitenfrage speziell in Serbien vorauszusehen ist und eine solche sicher nicht kommen wird, habe ich beschlossen aus meiner Heimat wegzugehen und hier in Österreich um Asyl anzusuchen."

In der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom 18. Jänner 2000 brachte der Beschwerdeführer Folgendes vor:

"Frage der VL: Wissen Sie noch, was Sie anlässlich der Niederschrift am 18.12.1991 als Asylgründe geltend gemacht haben?

BW: Ja, ich kann mich noch daran erinnern. Ich habe diesen Angaben nichts hinzuzufügen.

VL: Dem BW werden in einer Zusammenfassung seine Angaben vom 18.12.1991 jedenfalls rückübersetzt.

BW: Ich kann diesen Angaben nichts hinzufügen. Ich fühlte mich damals von irregulären serbischen Partisanengruppen bedroht. Konkret haben sie gegen mich keine Handlungen gesetzt. Die gesamte ungarische Minderheit hat sich vor diesen Personen gefürchtet, gegen meine Person konkret gab es, wie ich bereits angegeben habe, keine Übergriffe.

Die Serben sind als unberechenbar einzuschätzen, man kann nie wissen, wie sie gegen Minderheiten vorgehen, man hat dies ja in der jüngst vergangenen Zeit im Kosovo gesehen.

VL: In der Vojvodina leben derzeit ca. 350.000 Ungarn. Was unterscheidet Sie von diesen Personen?

BW: Die Serben wissen sicherlich, dass ich 1991 geflohen bin. Man kann nie wissen, was die Serben mit mir vorhaben.

Dem BW wird nunmehr das Schreiben des UNHCR vom 22.11.1999, ergangen nach einer Anfrage der Berufungsbehörde in einem anderen Verfahren vor dem UBAS übersetzt zur Kenntnis gebracht (BR Jugoslawien - ungarische Minderheit).

Der BW gibt hiezu an: Es gibt zweifellos noch viele private bewaffnete Serben, die gegen die ungarische Minderheit eingestellt sind.

VL: Obwohl die Wehrdienstfrage im gegenständlichen Verfahren keine Rolle spielt, wird dem BW auch das Anfrageergebnis über die Österr. Botschaft in Belgrad vom 15.11.1999 übersetzt zur Kenntnis gebracht.

BW verweist auf seine obige Stellungnahme. Es haben auch in der letzten Zeit sehr viele Ungarn die Vojvodina verlassen. Ich habe zu den Serben keinerlei Vertrauen, ich glaube, dass die Ausführungen des UNHCR, wie sie mir heute zur Kenntnis gebracht werden, zwar möglicherweise den Tatsachen entsprechen, ich halte sie aber für nicht glaubwürdig. Ich möchte nach nochmaligem Befragen angeben, dass ich politisch nie tätig war, dass ich niemals konkret Verfolgungshandlungen durch serbische Behörden ausgesetzt war, es war einfach die allgemeine Situation für die ungarische Minderheit derart, dass ich mich bedroht und in meiner Freiheit eingeschränkt gefühlt habe."

In dem erwähnten Schreiben des UNHCR vom 22. November 1999 ist ua. ausgeführt:

"Angehörige der ungarischen Minderheit haben grundsätzlich keine Verfolgungsmaßnahmen oder Diskriminierungen in der Bundesrepublik Jugoslawien zu befürchten. Die ungarische Volksgruppe wird vielmehr als nationale Minderheit angesehen, was bedeutet, dass ihren Angehörigen eine Ausbildung in ihrer Muttersprache offensteht und sie im Rahmen der heutigen in der Bundesrepublik Jugoslawien bestehenden Möglichkeiten politisch und kulturell aktiv sein können. Auch was Ehen zwischen Ungarn und Moslems betrifft, gibt es keine Hinweise auf Übergriffe."

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 14. Februar 2000 wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 des Asylgesetzes 1997 idF I Nr. 4/1999 - AsylG - abgewiesen. Gestützt auf die oben wiedergegebenen Beweisergebnisse kam die belangte Behörde zum Schluss, dass sich die allgemeine Situation der ungarischen Minderheit so darstelle, dass diese grundsätzlich keine Verfolgungsmaßnahmen oder Diskriminierung staatlicherseits zu befürchten habe. Bestehende mögliche Animositäten einzelner Serben gegen Angehörige der ungarischen Minderheit könnten keine Asylrelevanz begründen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer rügt mit weitwendigen Ausführungen, er sei in einer von ihm nicht ausreichend beherrschten Sprache (serbokroatisch) einvernommen worden und es sei die eingangs der mündlichen Verhandlung gestellte Frage nach Vorbehalten, insbesondere auf allfällige Verständigungsprobleme mit dem Dolmetsch für die serbokroatische Sprache nur "relativ" angesichts der "nicht hinreichenden" Sprachkenntnisse des Beschwerdeführers serbokroatisch betreffend zu werten. Abgesehen davon, dass insbesondere letzteres Vorbringen angesichts des Umstandes, dass der Beschwerdeführer seit seiner Geburt nach Besuch einer Grund- und einer Mittelschule bis 1991 (dh. bis zu seinem 25. Lebensjahr) in der "BR Jugoslawien" lebte und die serbokroatische Sprache dort die Amtssprache ist, nicht glaubwürdig erscheint, hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren niemals auf Verständigungsprobleme hingewiesen. Außerdem bringt er selbst jetzt nicht konkret vor, was er über den bereits behaupteten Sachverhalt hinaus zu seiner individuellen Situation anzugeben hätte, weshalb auch die Relevanz dieses behaupteten Verfahrensmangels - so er überhaupt vorläge - nicht dargetan wurde. Der Behauptung, dass sich die dem Beschwerdeführer "vorgehaltenen Gerichtsunterlagen" nicht mit einer "staatlichen Diskriminierungspraxis" auseinandersetzten, ist lediglich der Hinweis auf den oben wiedergegebenen Wortlaut des Schreibens des UNHCR vom 22. November 1999 (somit aktuellsten Datums zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung) entgegenzuhalten.

Der Rest des Beschwerdevorbringens erschöpft sich in vagen Behauptungen betreffend einen allfällig möglichen Verlust der Existenzgrundlage, wobei aber völlig im Dunkeln gelassen wird, wieso ein nach eigenen Angaben seit Abschluss der Mittelschule 1986 bis 1991 berufstätiger Mann, der im Verwaltungsverfahren nicht einmal behauptet hat, dass er vor dem Verlassen seiner Heimat die Arbeit verloren hätte, von einem "Onkel" abhängig sein solle bzw. aus welchen - konkreten - Gründen seine Selbsterhaltung in der Heimat nicht möglich wäre.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 15. November 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:2000010329.X00

Im RIS seit

07.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten