TE Vwgh Erkenntnis 2013/6/20 2012/06/0118

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Veröffentlicht am 20.06.2013
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Index

L80008 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan
Vorarlberg;
L82000 Bauordnung;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §58 Abs2;
AVG §60;
BauRallg;
RPG Vlbg 1996 §2 Abs3 litg;
RPG Vlbg 1996 §21 Abs6 lita;
RPG Vlbg 1996 §23 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch und die Hofrätin Dr. Bayjones, den Hofrat Dr. Moritz, die Hofrätin Mag. Merl sowie den Hofrat Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde der Gemeinde B, vertreten durch die Dr. Christian Konzett Rechtsanwalt GmbH in 6700 HasdBludenz, Fohrenburgstraße 4, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 2. Februar 2012, Zl. VIIa-602.16.03, betreffend die Versagung der aufsichtsbehördlichen Genehmigung der Änderung eines Flächenwidmungsplanes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom 9. September 2010 suchte Andreas F. bei der Beschwerdeführerin um Umwidmung des Grundstücks Nr. .449 sowie Teile der Grundstücke 2531/1 und 2532 im Gesamtausmaß von ca. 100 m2 von derzeit "Freifläche Landwirtschaft" in "Ferienwohnung" an. Begründet wurde dies damit, dass um 1940 das Objekt als Maisäßstall mit einem Wohnteil errichtet worden sei, wobei der Wohnteil 1967 auf drei Räume vergrößert und 1993 nach dem Raumplanungsgesetz (RPG) als Ferienwohnung angezeigt worden sei. Nunmehr sei eine Sanierung des Untergeschosses notwendig, die bewilligungspflichtig sei. Nach dem räumlichen Entwicklungskonzept aus dem Jahr 2008 sei für den gegenständlichen Bereich die Schaffung von Gästebetten erwünscht. Das ehemalige Stallgebäude liege unmittelbar neben der Skipiste und im Nahbereich des Feriendorfes, weshalb der Ausbau einer weiteren Ferienwohnung mit vier Gästebetten den Zielen des räumlichen Entwicklungskonzeptes nicht entgegenstehe. Die Widmung "Ferienwohnung" entspreche auch den raumplanerischen Zielen der Gemeinde, weil kein neues Gebäude errichtet werde. 1989 sei die Benützung eines Weges als Zufahrt für Feriengäste von den Grundeigentümern gerichtlich zwar untersagt worden; während der Hauptvermietungszeit im Winter sei jedoch eine Zufahrt auf Grund der dort befindlichen Skipiste ohnehin nicht möglich.

In der Sitzung der Gemeindevertretung der Beschwerdeführerin vom 3. November 2010 wurde sodann die Änderung des Flächenwidmungsplanes betreffend das Grundstück Nr. .449 und von Teilflächen der Grundstücke Nr. 2531/1 und 2532 von "Freifläche - Landwirtschaftsgebiet" in "BWF" (entsprechend der Verordnung der Landesregierung über die Form der Flächenwidmungsplan- und Bebauungspläne, LGBl. Nr. 50/1996 in der Fassung LGBl. Nr. 6/2007) beschlossen.

Mit Schreiben vom 12. November 2010 (sowohl der angefochtene Bescheid als auch die Beschwerde nennen hier das Datum 22. Dezember 2010) ersuchte die Beschwerdeführerin die Vorarlberger Landesregierung gemäß § 23 iVm § 21 Abs. 6 RPG um die Genehmigung der in der Sitzung der Gemeindevertretung vom 3. November 2010 beschlossenen Änderung des Flächenwidmungsplanes. Dazu wurde ausgeführt, der Raumplanungsausschuss habe die Umwidmung befürwortet; die bestehenden Ferienwohnungen in dem verfahrensgegenständlichen und dem diesem benachbarten Objekt (das von der Flächenwidmungsänderung ebenfalls betroffen ist) seien bereits im Jahr 1993 nach den Übergangsbestimmungen gemäß Art. II Abs. 2 und 3 des Gesetzes über eine Änderung des Raumplanungsgesetzes angezeigt worden; des Weiteren werde auf Punkt 3.2.6. S. 72 des regionalen Entwicklungskonzeptes (REK) verwiesen; in der Annahme, dass für bestehende Objekte keine UEP (gemeint wohl: Umwelterheblichkeitsprüfung) erforderlich sei, werde um wohlwollende Erledigung ersucht.

Am 30. September 2010 teilte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin zu der beantragten Umwidmung der Grundflächen unter anderem wörtlich mit:

"Von einer Umwidmung in BW oder BWF wird dringend abgeraten, da die Grundstücke außerhalb der maximalen im Räumlichen Entwicklungskonzept festgelegten Bauflächengrenzen (…) liegen. …

Die Lage an der Skipiste und die vorhandene Zufahrt zum Grundstück sowie die Anschlussmöglichkeit an die Ortskanalisation stellen im vorliegenden Fall keine ausreichende Begründung für die Änderung des Flächenwidmungsplanes dar."

Mit Schreiben vom 24. Jänner 2011 teilte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin mit, dass die vorgenommene Umwidmung offensichtlich der rechtlichen Sanierung bislang getätigter Baumaßnahmen, die trotz der vereinzelt erteilten Bewilligungen rechtlich nicht gedeckt seien, diene. Die Genehmigung aus dem Jahr 1993 umfasse lediglich die "Umnutzung" eines rechtmäßigen Baubestandes in eine Ferienwohnung und ersetze nicht eine bereits im Jahr 1967 erforderlich gewesene Baubewilligung für die Vergrößerung des Wohnteils. § 22 RPG (betreffend Ausnahmen vom Flächenwidmungsplan auf Grund der Kleinräumigkeit des Vorhabens oder weil es sich nicht um Gebäude mit Wohnräumen handelt) könne nicht angewendet werden. Von einer Baulandausweisung sei bereits mit Schreiben vom 30. September 2010 dringend abgeraten worden, weil die Grundstücke außerhalb der maximalen im räumlichen Entwicklungskonzept festgelegten Bauflächengrenzen lägen. Dieses REK sei vom Gemeindevertretungsausschuss als verbindlich erklärt worden. Eine aufsichtsbehördliche Genehmigung könne daher nicht erfolgen.

Im Auftrag der Beschwerdeführerin erstellte sodann Dipl. Ing. F. eine raumordnungsfachliche Stellungnahme/Empfehlung vom 7. November 2011 betreffend die beschlossene Flächenwidmungsplanänderung. Darin führte dieser aus, die gegenständlichen Grundstücke lägen außerhalb der im räumlichen Entwicklungskonzept festgelegten Siedlungsgebiete. Als Beurteilung/Empfehlung formulierte er wörtlich:

"3. BEURTEILUNG / EMPFEHLUNG:

Aus raumordnungsfachlicher Sicht kann eine (Teil)Überarbeitung des REK als nicht sinnvoll erachtet werden, da sowohl eine anlassbezogene Änderung des REK als auch eine grundsätzliche Ausweitung aller Maiensässe zu Ferienhütten aufgrund der Vielzahl der Vergleichsfälle als problematisch angesehen werden und eine Ausweitung des Siedlungsbereiches bzw eine Aufweichung der 'Weilerregelung' und der daraus resultierenden negativen Auswirkungen auf das Siedlungsgefüge raumordnungsfachlich nicht zu empfehlen ist. Auch liegt der ggst Bereich nicht in einer im REK als 'SW' (Sicherung der Weiler) ausgewiesenen Zone, in der abweichend von ansonsten bestehenden Beschränkungen und hinsichtlich der Sicherung der Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Flächen durch künftige Generationen, Bauflächenwidmungen zulässig wären (S 52, Erläuterungsbericht REK B). Jedenfalls wären dabei aber intensive touristische Nutzungen auszuschließen.

Unter dem Punkt 3.2.6 des REK der Gemeinde B wird festgehalten, dass eine Vielzahl der peripher auf Freiflächen verteilten Bestandsgebäude - zwischenzeitlich für Ferienzwecke genutzt - für die Gemeinde B charakteristisch ist. Generell ist aber von einer weiteren Entwicklung von Gebäuden in Freiflächen Abstand zu nehmen, auch sind Neu-, Zu- und Umbauten nur im Rahmen der jeweiligen Widmungskategorie möglich und nur sofern diese Maßnahmen der Pflege und Erhalten der bestehenden Gebäude dienen (…).

Zur beantragten Widmungsänderung und zum konkreten Bauplatz der Fam F. ist zusätzlich darauf hinzuweisen, dass dieser die Bauplatzeigenschaften, insbesondere eine rechtlich gesicherte Erschließung gem § 4 Abs 2 Baugesetz - 'Jedes Baugrundstück muss eine rechtlich gesicherte Verbindung mit einer öffentlichen Verkehrsfläche haben, wobei diese Verbindung und die öffentliche Verkehrsfläche der beabsichtigten Verwendung des Bauwerkes entsprechen müssen, das auf dem Baugrundstück errichtet werden soll.' - soweit dies bekannt ist, nicht aufweist.

Da sich ggst Gst. auch außerhalb der Siedlungsgrenzen im REK befinden und eine Überarbeitung des REK wie oa als problematisch angesehen wird, kann eine Umwidmung aus raumordnungsfachlicher Sicht ebenfalls nicht empfohlen werden. Demnach wird aus raumordnungsfachlicher Sicht und nach grundsätzlichen Überlegungen ein Rückbau auf den Stand des Flächenwidmungsplanes als erforderlich erachtet.

Die Bestimmungen gem § 22 RPG (Ausnahmebewilligung) und § 58 RPG (Bestandsregelung) können in diesem Fall nicht geltend gemacht werden, da einerseits die Kleinräumigkeit nicht gegeben ist und es sich außerdem um die Gebäude mit Wohnräumen handelt. Die Bestandsregelung gem § 58 RPG setzt die Rechtmäßigkeit des Baubestandes voraus, dies muss mangels entsprechender Baubescheide angezweifelt werden. Zudem gilt § 58 RPG nicht für die Schaffung von zusätzlichem Wohnraum bei Ferienwohnungen. Zubauten zu Gebäuden im Freihaltegebiet sind weiters nur zulässig, soweit sie der Weiterführung der zur Zeit der Erlassung des Flächenwidmungsplanes rechtmäßig ausgeübten Nutzung dienen (…) bzw für die bodenabhängige land- und forstwirtschaftliche Nutzung im Sinne des § 18 Abs 3 notwendig sind. Da das Gebäude landwirtschaftlich nicht mehr benötigt wird (sh. Schreiben der Gemeinde an die BH Bludenz vom 15.2.2011) trifft dieser Punkt nicht zu. Weiters ist im § 16 Abs 4 RPG zum Punkt Ferienwohnung festgehalten, dass ein Zubau an Wohnungen und Wohnräume, die zur Ferienzwecken benützt werden, ohne Widmung nach Abs 1 (Ferienwohnungen nur in Kern-, Wohn-, Mischgebiet bzw wenn dadurch die Raumplanungsziele gem § 2 RPG nicht gefährdet sind) nicht zulässig sind.

4. ZUSAMMENFASSUNG UND EMPFEHLUNG:

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass sowohl die beantragte Widmungsänderung als auch eine Überarbeitung des REK aus raumordnungsfachlicher Sicht problematisch und demnach nicht zu empfehlen sind. Dies einerseits aufgrund der anlassbezogenen Änderung, andererseits aufgrund der die gesamte Gemeinde betreffenden zu befürchtenden Folgewirkungen (weitere Umwidmungsanträge, Ausweitung Siedlungsgebiet und Ferienwohnungen, Aufweichung der im REK verankerten Weilerregelung) als auch aufgrund der nicht genehmigten Baumaßnahmen in der Vergangenheit.

Ein Rückbau auf den genehmigten Stand bzw auf ein mit Flächenwidmung und Räumlichen Entwicklungskonzept konformes Gebäude ist demnach anzustreben."

Mit dem angefochtenen Bescheid (vom 2. Februar 2012) versagte die belangte Behörde gemäß § 21 Abs. 6 lit. a RPG die aufsichtsbehördliche Genehmigung für die Änderung des Flächenwidmungsplanes durch Umwidmung der Grundstücke Nr. .449 und von Teilflächen der Grundstücke Nr. 2531/1 sowie 2532 (derzeit bebaute Fläche) von "Freifläche - Landwirtschaft" in "BWF". In der Begründung führte die belangte Behörde zunächst wörtlich den Antrag von Andreas F. vom 9. September 2010 betreffend sein Ansuchen um Umwidmung der genannten Grundstücke und sodann Teile der Stellungnahme des Amtes der Landesregierung (vom 30. September 2010) an die Beschwerdeführerin an. Nach Zitierung der relevanten Rechtsvorschriften folgt die wörtliche Wiedergabe der raumplanerischen Stellungnahme/Empfehlung von Dipl. Ing. F. vom 7. November 2011. Danach führte die belangte Behörde aus, in der Begründung für die Umwidmung seien zum einen keine zwingenden Gründe (Änderung der maßgeblichen Rechtslage, wesentliche Änderung der für die Raumplanung bedeutsamen Verhältnisse) vorgebracht worden; es sei auch nicht erkennbar, dass sich die Rechtslage geändert hätte. Zum anderen seien keine weiteren Ausführungen gemacht worden, aus welchen sich ein wichtiger Grund im Sinn des § 23 Abs. 1 erster Satz RGP ableiten ließe. Im Übrigen werde auf § 16 Abs. 1 erster Satz RGP verwiesen, wonach eine Widmung für die Ferienwohnungen nur so lauten könne, dass "in Kern-, Wohn- und Mischgebieten besondere Flächen festgelegt werden können, auf denen bei Vorliegen eines rechtswirksamen Bebauungsplanes (§ 28) auch oder nur Ferienwohnungen errichtet werden dürfen". Die Bezeichnung einer Widmung als "BWF" entspreche somit auch nicht den im Raumplanungsgesetz vorgesehenen Widmungskategorien, weil nicht erkennbar sei, ob es eine Widmung für "auch" oder "nur" Ferienwohnungen darstellen solle. Die Gemeinde habe im Rahmen des Verfahrens außerdem keine Umwelterheblichkeitsprüfung durchgeführt, womit ein weiterer wesentlicher Verfahrensmangel gegeben sei. Da die von der Gemeindevertretung der Beschwerdeführerin am 3. November 2010 beschlossene Änderung des Flächenwidmungsplanes somit rechtswidrig sei, sei gemäß § 21 Abs. 6 RPG die aufsichtsbehördliche Genehmigung zu versagen.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 20. Juni 2012, B 342/12-3, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

In der an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde machte die Beschwerdeführerin inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im vorliegenden Fall ist das Vorarlberger Raumplanungsgesetz in der Fassung LGBl. Nr. 28/2011 anzuwenden. Dessen § 2 Abs. 1 und 2, § 16 Abs. 1, § 21 Abs. 6, § 22 Abs. 1 bis 3 sowie § 23 Abs. 1 lauten (auszugsweise):

"§ 2

Raumplanungsziele

(1) Die Raumplanung hat eine dem allgemeinen Besten dienende Gesamtgestaltung des Landesgebiets anzustreben.

(2) Ziele der Raumplanung sind

a)

g)

Die äußeren Siedlungsränder sollen nicht weiter ausgedehnt werden.

              h)              

§ 16

Ferienwohnungen

(1) In Kern-, Wohn- und Mischgebieten können besondere Flächen festgelegt werden, auf denen bei Vorliegen eines rechtswirksamen Bebauungsplanes (§ 28) auch oder nur Ferienwohnungen errichtet werden dürfen. Auf anderen als solchen Flächen kann in Wohn-, Kern- und Mischgebieten die Errichtung von Ferienwohnungen durch die Gemeindevertretung bewilligt werden, wenn dadurch die Erreichung der im § 2 genannten Raumplanungsziele nicht gefährdet wird. Die Bewilligung liegt im behördlichen Ermessen und kann erforderlichenfalls unter Bedingungen und Auflagen erteilt werden. Die Bewilligung der Gemeindevertretung bedarf der Genehmigung der Landesregierung. Die Genehmigung darf von der Landesregierung nur versagt werden, wenn die Bewilligung rechtswidrig ist.

(2) …

§ 21

Verfahren, Allgemeines

(1) …

(6) Der Flächenwidmungsplan bedarf zu seiner Wirksamkeit der Genehmigung der Landesregierung. Die Landesregierung hat nach Prüfung der nach Abs. 5 vorgelegten Äußerungen, Änderungsvorschläge und Stellungnahmen die Genehmigung durch Bescheid zu versagen, wenn der Flächenwidmungsplan

a) den im § 2 genannten Zielen oder einem Landesraumplan widerspricht oder sonst rechtswidrig ist,

b) überörtliche Interessen, insbesondere solche des Umweltschutzes und des Schutzes des Landschafts- und Ortsbildes, verletzt,

c) einen finanziellen Aufwand zur Folge hätte, durch den die Erfüllung der gesetzlichen oder vertraglichen Verpflichtungen der Gemeinde gefährdet würde oder

d) auf Planungen des Bundes, des Landes oder anderer Gemeinden nicht Bedacht nimmt.

(7) …

§ 22

Wirkung, Ausnahmebewilligung

(1) Im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde ergehende Bescheide aufgrund von Landesgesetzen dürfen dem Flächenwidmungsplan nicht widersprechen.

(2) Der Gemeindevorstand kann auf Antrag des Grundeigentümers Ausnahmen vom Flächenwidmungsplan bewilligen, wenn

a) aufgrund der Kleinräumigkeit des Vorhabens eine eigene Widmung unzweckmäßig ist,

b) es sich nicht um Betriebsanlagen im Sinne der §§ 14 und 15 oder um Gebäude mit Wohnräumen handelt,

c) sie den im § 2 genannten Raumplanungszielen nicht entgegenstehen und

d) sie einem Landesraumplan oder dem räumlichen Entwicklungskonzept nicht entgegenstehen. Die Bewilligung liegt im behördlichen Ermessen und kann erforderlichenfalls befristet und unter Bedingungen und Auflagen erteilt werden.

(3) Entgegen den Bestimmungen der Abs. 1 und 2 erlassene Bescheide sind mit Nichtigkeit bedroht.

(4) …

§ 23

Änderung

(1) Der Flächenwidmungsplan darf nur aus wichtigen Gründen geändert werden. Er ist zu ändern

a)

bei Änderung der maßgebenden Rechtslage oder

b)

bei wesentlicher Änderung der für die Raumplanung bedeutsamen Verhältnisse.

(2) …"

Gemäß § 60 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991, sind in der Begründung des Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen.

Die Beschwerde rügt unter anderem, die belangte Behörde sei ihrer Verpflichtung zur Durchführung eines ordentlichen Ermittlungsverfahrens gemäß § 56 AVG nicht nachgekommen. Sie habe vielmehr ohne genauere Prüfung die Rechtswidrigkeit der geplanten Umwidmung angenommen, obwohl diese gar nicht gegeben sei. Sie habe es unterlassen, eine Stellungnahme der Beschwerdeführerin zu den angeblich vorliegenden Rechtswidrigkeiten einzuholen oder ihr Verbesserungsaufträge zu erteilen. Der Beschwerdeführerin sei es deshalb nicht möglich gewesen, den angeblich erheblichen Verfahrensmangel (Unterbleiben der Umwelterheblichkeitsprüfung) durch Nachholen derselben zu beheben oder das Vorliegen eines wichtigen Grundes für die Umwidmung nachzuweisen. Dadurch sei die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Gehör verletzt worden. Auch die Begründung des Bescheides sei mangelhaft. Sie bestehe zum größten Teil aus dem zitierten Antrag der Gemeinde und der raumplanerischen Stellungnahme. Die Ausführungen der belangten Behörde selbst beschränkten sich hingegen auf einige wenige Absätze. Die Begründung sei derart kurz und unvollständig, dass sie nicht ordnungsgemäß überprüft werden könne. Es fehle somit eine nachvollziehbare Begründung dafür, weshalb die fehlende Durchführung einer Umwelterheblichkeitsprüfung einen wesentlichen Verfahrensmangel begründe.

Dazu ist Folgendes auszuführen:

Gemäß § 60 AVG sind in der Bescheidbegründung zunächst die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens klar und übersichtlich zusammenzufassen, sodass erkennbar ist, welchen konkreten Sachverhalt die Behörde im Einzelnen als erwiesen angenommen und daher ihrer Entscheidung zugrunde gelegt hat (vgl. dazu die bei Hengstschläger-Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz II, Rz 18 zu § 60 AVG angeführte hg. Judikatur). Der Mangel der Bescheidbegründung kann nach ständiger hg. Rechtsprechung auch nicht durch die Ausführungen der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift behoben werden (vgl. dazu die bei Hengstschläger-Leeb, aaO, Rz 14 zu § 60 AVG zitierte hg. Judikatur). Dem Erfordernis einer ausreichenden Begründung genügt es nicht, wenn sich die Behörde auf die Wiedergabe eines Sachverständigengutachtens beschränkt (vgl. dazu die bei Hengstschläger-Leeb, aaO, Rz 23 zu § 60 AVG zitierte hg. Judikatur). Gleiches gilt wohl für die im gegenständlichen Verfahren vorliegende raumordnungsfachliche Stellungnahme/Empfehlung.

Den Anforderungen des § 60 AVG genügt der angefochtene Bescheid nicht, weil die belangte Behörde nicht ausdrücklich darlegte, welchen konkreten Sachverhalt sie ihrer Entscheidung zugrunde legte, sondern nur wörtlich die von ihr offenbar als entscheidungswesentlich angesehenen Schriftstücke wiedergab.

Als Verfahrensfehler führt ein Begründungsmangel jedoch nur dann zur Aufhebung des letztinstanzlichen Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG, wenn die Behörde bei rechtmäßigem Vorgehen zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Dies ist anzunehmen, wenn der Begründungsmangel entweder die Parteien des Verwaltungsverfahrens an der Verfolgung ihrer Rechte oder den Verwaltungsgerichtshof an der Überprüfung des Bescheides auf seine inhaltliche Rechtmäßigkeit hindert (vgl. die bei Hengstschläger-Leeb, aaO, Rz 35 zu § 60 AVG zitierte hg. Judikatur).

Im vorliegenden Fall ist den Akten des Verwaltungsverfahrens zu entnehmen, dass die belangte Behörde in zahlreichen Schreiben und Gesprächen (beispielsweise mit Schreiben vom 30. September 2010, in dem darauf hingewiesen wurde, dass die Grundstücke außerhalb der maximalen im REK festgelegten Bauflächengrenzen liegen, mit Schreiben vom 24. Jänner 2011, in der die Versagung der aufsichtsbehördlichen Genehmigung unter anderem wegen der außerhalb der maximalem im REK festgelegten Bauflächengrenzen liegenden Grundstücke angekündigt wurde, in der Besprechung vom 1. Dezember 2011, in der laut in den Verwaltungsakten befindlichem Aktenvermerk des Bürgermeisters der Beschwerdeführerin diesem von einem Vertreter der belangten Behörde angekündigt wurde, die beantragte Genehmigung gemäß § 21 Abs. 6 RPG zu versagen, weil die Widmungsfläche außerhalb der maximalen im REK ausgewiesenen Bauflächengrenzen liegen) der Beschwerdeführerin darlegte, aus welchen Gründen von der Umwidmung abgeraten bzw. die aufsichtsbehördliche Genehmigung zu versagen sein werde. Der Beschwerdeführerin war somit bereits vor Erlassen des angefochtenen Bescheides bekannt, dass eine Versagung der beantragten Bewilligung unter anderem deshalb beabsichtigt war, weil sich die Grundstücke außerhalb der maximalen im REK festgelegten Bauflächengrenzen befinden (§ 2 Abs. 3 lit. g RPG). Aus dem angefochtenen Bescheid ist auch erkennbar, dass sich die belangte Behörde den diesbezüglichen Ausführungen von Dipl. Ing. F. anschließt.

Dagegen brachte die Beschwerde im Wesentlichen vor, der bloße Umbau eines bereits bestehenden Gebäudes, durch den sich am äußeren Baubestand und Erscheinungsbild nichts ändere, stelle keine Ausdehnung der äußeren Siedlungsränder dar und widerspreche somit nicht dem in § 2 Abs. 3 lit. g RPG festgelegten Raumplanungsziel.

Durch dieses Vorbringen ist erkennbar, dass der Beschwerdeführerin eine gegen den Bescheid gerichtete Rechtsverfolgung jedenfalls hinsichtlich dieser Rechtsfrage nicht unmöglich war.

Das Argument der Beschwerdeführerin überzeugt jedoch nicht. Bei einer allfälligen Ausdehnung der äußeren Siedlungsränder kommt es ausschließlich auf die geplante Widmung der Flächen an und nicht darauf, ob auf dem als "Freifläche - Landwirtschaft" gewidmeten Grundstück derzeit ein Gebäude steht bzw. ob sich dessen äußeres Erscheinungsgebiet ändert.

Die gegenständliche Änderung des Flächenwidmungsplanes steht somit im Widerspruch zu dem Raumplanungsziel gemäß § 2 Abs. 2 lit. g RPG. Ihr war daher bereits aus diesem Grund die Genehmigung gemäß § 21 Abs. 6 lit. a RPG zu versagen.

Die belangte Behörde gelangte somit zu einem der Rechtslage entsprechenden Ergebnis. Ihre Ansicht, dass der gegenständlich beschlossenen Änderung des Flächenwidmungsplanes gemäß § 21 Abs. 6 RPG die Genehmigung zu versagen war, kann nicht als rechtswidrig erkannt werden. Somit kann dahingestellt bleiben, ob auch die weiteren, von der belangten Behörde herangezogenen Versagungsgründe tatsächlich vorliegen und im angefochtenen Bescheid ausreichend begründet wurden.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 20. Juni 2013

Schlagworte

Planung Widmung BauRallg3Begründungspflicht Beweiswürdigung und Beweismittel Allgemein

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2013:2012060118.X00

Im RIS seit

10.07.2013

Zuletzt aktualisiert am

31.07.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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