TE Vwgh Erkenntnis 2000/11/15 96/08/0076

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Veröffentlicht am 15.11.2000
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Index

62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §46 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller und Dr. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des C, Rechtsanwalt in W, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 13. Februar 1996, Zl. Abt. 12/7022/7100 B, betreffend Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 30. Juni 1995 nahm die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Versicherungsdienste Wien mit dem Beschwerdeführer eine Niederschrift darüber auf, dass er das am 30. März 1995 ausgegebene Antragsformular nicht innerhalb der für die Abgabe festgesetzten Frist, nämlich am 13. April 1995 zwischen 8 Uhr und 11,30 Uhr, abgegeben habe. Als Grund für die Nichteinhaltung des Termins sind in der vom Beschwerdeführer unterfertigten Niederschrift in der Handschrift des Leiters der Amtshandlung "Anspruch auf IESG-Bezug bis Ende Juni" und in der Handschrift des Beschwerdeführers selbst "bzw. für RA-Prüfung war am 13.4. auf Grund Ausbildungsveranstaltung (lang terminisierte ... (unleserlich)) verhindert" genannt. Einen Hinweis auf eine Erkrankung des Beschwerdeführers enthält die Niederschrift nicht.

Mit Bescheid vom 17. Juli 1995 sprach das Arbeitsmarktservice Versicherungsdienste Wien aus, der Beschwerdeführer habe den Antrag auf Arbeitslosengeld erst am 30. Juni 1995 beim Arbeitsmarktservice abgegeben und damit erfolgreich geltend gemacht, weshalb ihm - so ist der unvollständige Spruch des Bescheides im Zusammenhang mit der Begründung zu verstehen - das Arbeitslosengeld erst ab diesem Tag zustehe.

In seiner Berufung gegen diese Entscheidung kritisierte der Beschwerdeführer, die Behörde habe sich nicht ausreichend mit den "geltend gemachten triftigen Gründen für die Fristversäumung auseinander gesetzt", wobei der Beschwerdeführer nun behauptete, er habe "Prüfungsvorbereitung und Erkrankung" geltend gemacht.

In einer am 11. Jänner 1996 vor der belangten Behörde mit ihm aufgenommenen Niederschrift gab der Beschwerdeführer an, er sei am 13. April 1995 krank gewesen (Grippe). Er habe aber beim Arbeitsmarktservice angerufen und dies gemeldet, worauf man ihm mitgeteilt habe, er könne den Antrag auch später ohne irgendwelche Folgen abgeben. Der Beschwerdeführer habe trotz Krankheit unter Tabletteneinfluss und Fieber für die Rechtsanwaltsprüfung eine lang vorher bereits terminisierte Ausbildungsveranstaltung wahrgenommen. Dadurch habe sich die Krankheit (Grippeviren) verschlechtert. Vor dem 30. Juni 1995 habe er mehrmals beim Arbeitsmarktservice angerufen und um Fristverlängerung ersucht (Lernstress Prüfung 17. Juli 1995). Eine ärztliche Bestätigung über seine Krankheit im genannten Zeitraum müsste er "noch haben". Er werde diese bis 1. Februar 1996 nachreichen.

Mit Schriftsatz vom 2. Februar 1996 legte der Beschwerdeführer in Faxkopie eine mit 1. Februar 1996 datierte Bestätigung eines praktischen Arztes mit folgendem Inhalt vor:

"Der Patient Dr. Christian N., geboren ..., steht seit April 1995 in meiner Behandlung. Am 10. April 1995 hatte der Patient plötzlich hohes Fieber mit Schüttelfrost, das er auf einen grippalen Infekt zurückführte, da er zu dieser Zeit unter Husten und Kopfschmerzen litt. Wegen des weiterhin vorhandenen Fiebers mit einem Kontinuum von 395 und einer Schwellung im Bereich linker Unterschenkel bat mich der Patient am 13.4.1995 um eine Visite. Es handelte sich um ein Erysipel (Rotlauf) reg.crur.sin. mit einer deutlichen Schwellung des Unterschenkels. Neben strenger Bettruhe ist der Patient hochdosiert mit Antibiotika behandelt worden; jedoch rezidivierte das Erysipel sofort nach Absetzen der Antibiotikatherapie, sodass eine mehrwöchige Penicillingabe notwendig war. Erst nach einer Therapiedauer von 10 Wochen!!! war der Patient beschwerdefrei und das Bein abgeschwollen. Während der gesamten Therapiedauer habe ich den Patienten strenge körperliche Schonung auferlegt; er musste das Bein hochlagern und durfte keine längeren Strecken gehen. Der Patient war bis Ende Juni krank."

Im Betreff des Attestes scheint als "Diagnose" die Angabe "Rotlauf linkes Bein vom 10. April 1995 - 30. Juni 1995" auf.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Sie stellte in Bestätigung des erstinstanzlichen Bescheides fest, dem Beschwerdeführer gebühre das Arbeitslosengeld ab 30. Juni 1995, und begründete dies - nach einer Wiedergabe von Rechtsvorschriften und des Verfahrensganges - im Wesentlichen wie folgt:

"Sie konnten zwar nachweisen, dass Sie im oa. Zeitraum an einer Krankheit litten. Eine solche erscheint aber im Sinne des Gesetzes nur dann relevant zu sein, wenn es Ihnen dadurch objektiv unmöglich ist, das Arbeitsmarktservice aufzusuchen. Sie haben aber mitgeteilt, im relevanten Zeitraum auch eine Ausbildung absolviert zu haben. Dabei erschien es dem Ausschuss nicht mehr unmöglich gewesen zu sein, trotz nachträglich bestätigter Krankheit, das Arbeitsmarktservice aufzusuchen gekonnt zu haben. Sie haben sich durch Ihre verspätete Antragsrückgabe der Vermittlung durch das Arbeitsmarktservice entzogen, weshalb im Zusammenhalt all dieser Faktoren, die verspätete Antragsrückgabe nicht zu entschulden war, daher die Zuerkennung des Arbeitslosengeldes mit 30. Juni 1995 zu Recht erfolgte und daher spruchgemäß zu entscheiden war."

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Verletzung des gesetzlich Gewähr leisteten Rechtes auf Bezug von Arbeitslosengeld, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides behauptet und dessen Aufhebung beantragt wird. Hiezu wird ausgeführt, die belangte Behörde vertrete "unter dem Mantel einer von ihr vermeinten freien Beweiswürdigung eine unrichtige Rechtsansicht", indem sie meine, dem Beschwerdeführer stehe das Arbeitslosengeld erst ab 30. Juni 1995 zu, weil es ihm auf Grund seiner Krankheit nicht "unmöglich" gewesen sei, das Arbeitsmarktservice aufzusuchen. Das Gesetz stelle nicht auf eine allfällige Unmöglichkeit der Einhaltung der gesetzlichen (gemeint: gesetzten) Frist, sondern auf einen "triftigen Grund" ab. Der Beschwerdeführer habe wichtige und triftige Gründe genannt und bewiesen.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

§ 46 Abs. 1 AlVG lautet in der hier zeitraumbezogen anzuwendenden Fassung der Novelle BGBl. Nr. 314/1994:

"Geltendmachung des Anspruches auf Arbeitslosengeld

§ 46. (1) Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ist vom Arbeitslosen persönlich bei der nach seinem Wohnsitz, mangels eines solchen bei der nach seinem gewöhnlichen Aufenthaltsort zuständigen regionalen Geschäftsstelle geltend zu machen. Für die Geltendmachung des Anspruches ist das hiefür bundeseinheitlich aufgelegte Antragsformular zu verwenden. Der Anspruch gilt erst dann als geltend gemacht, wenn das Antragsformular innerhalb der von der regionalen Geschäftsstelle festgesetzten Frist persönlich abgegeben wurde. Hat der Arbeitslose die von der regionalen Geschäftsstelle festgesetzte Frist zur Abgabe des Antrages ohne triftigen Grund versäumt, so ist der Anspruch erst ab dem Tag zu beurteilen, an dem der Antrag bei der regionalen Geschäftsstelle abgegeben wurde. Über die Abgabe des Antrages ist dem Antragsteller eine Bestätigung auszustellen. Die Abgabe des Antrages kann auch durch einen Vertreter erfolgen, wenn der Arbeitslose aus zwingenden Gründen, wie Arbeitsaufnahme oder Krankheit, verhindert ist, den Antrag persönlich abzugeben."

Im vorliegenden Fall ist zwischen den Parteien nur die Rechtsfrage strittig, ob die von der belangten Behörde als erwiesen angesehene Erkrankung des Beschwerdeführers, von der die belangte Behörde - wogegen sich der Beschwerdeführer nicht wendet -

annahm, sie habe es dem Beschwerdeführer nicht "unmöglich" gemacht, das Arbeitsmarktservice aufzusuchen, dessen ungeachtet einen triftigen Grund für die nicht fristgerechte Abgabe des Antrages darstellen konnte.

Die belangte Behörde hat dies mit Hinweis auf den Besuch einer "Ausbildung" im "relevanten Zeitraum" verneint und damit nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes nicht rechtswidrig gehandelt. War der Beschwerdeführer - wie er am 11. Jänner 1996 angab - am 13. April 1995 "trotz Krankheit unter Tabletteneinfluss und Fieber" in der Lage, "für die Rechtsanwaltsprüfung eine lang vorher bereits terminisierte Ausbildungsveranstaltung" wahrzunehmen, so hätte er auch den Antrag abgeben oder für die Abgabe des Antrages durch einen Vertreter sorgen können, wenn ihm dies nicht weniger wichtig gewesen wäre. Da er es dennoch unterließ, war sein Antrag erst ab dem Tag der tatsächlichen Abgabe zu beurteilen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 15. November 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1996080076.X00

Im RIS seit

18.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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