A15 435982-1/2013/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Christine AMANN als Vorsitzende und den Richter Dr. Christian FILZWIESER als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX, geb. 14.4.2013, StA. Syrien, gegen den Spruchteil I. des Bescheides des Bundesasylamtes vom 10.6.2013, FZ. 13 05.226-BAT, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 idgF der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 leg. cit. wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Entscheidungsgründe:
I. Der minderjährige Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsangehöriger und Zugehöriger der kurdischen Volksgruppe mit muslimischem Bekenntnis, war am 14.4.2013 im österreichischen Bundesgebiet geboren worden. Am 22.4.2013 stellte der Vater als gesetzlicher Vertreter für den minderjährigen Beschwerdeführer einen Antrag auf internationalen Schutz (in weiterer Folge auch Asylantrag genannt). Es fand am 4.6.2013 die niederschriftliche Einvernahme des Vaters vor dem Bundesasylamt statt. Mit Bescheid vom 10.6.2013, FZ. 13 05.226-BAT, wies das Bundesasylamt diesen Antrag gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 idgF ab (Spruchteil I.), erkannte aber dem minderjährigen Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 leg. cit. den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchteil II.) und erteilte ihm gemäß § 8 Abs. 4 leg. cit. eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 25.2.2014 (Spruchteil III.). Gegen Spruchteil I. des o.a. Bescheides erhob der gesetzliche Vertreter des minderjährigen Beschwerdeführers eine Beschwerde. Die Spruchteile II. und III. des o.a. Bescheides erwuchsen hingegen in Rechtskraft.
II. Der Asylgerichtshof hat über die Beschwerde gegen den Spruchteil
I. des o.a. Bescheides erwogen:
1. Folgendes ist als maßgebender Sachverhalt festzustellen:
Der minderjährige Beschwerdeführer ist syrischer Staatsangehöriger und Zugehöriger der kurdischen Volksgruppe muslimischen Glaubens. Er ist laut vorgelegter Geburtsurkunde am 14.4.2013 in Österreich geboren worden.
Der minderjährige Beschwerdeführer ist der Sohn des K. M. (AIS-Zl. 12 17.939), dem mit Erkenntnis vom 14.6.2013, Zl. A15 433608-1/2013/7E, gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 idgF der Status des Asylberechtigten zuerkannt und festgestellt wurde, dass ihm gemäß § 3 Abs. 5 leg. cit. damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
2. Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich für den zuständigen Senat des Asylgerichtshofes rechtlich Folgendes:
2.1. Gemäß § 23 AsylGHG sind - soweit sich aus, dem AsylG nichts anderes ergibt - auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des AVG mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffes "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.
Gemäß § 73 Abs. 1 AsylG ist das AsylG 2005 am 1.1.2006 in Kraft getreten; es ist gemäß § 75 Abs. 1 leg. cit. auf alle Verfahren anzuwenden, die am 31.12.2005 noch nicht anhängig waren.
2.2. Gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 ist im Sinne dieses Bundesgesetzes Familienangehöriger: wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits im Herkunftsstaat bestanden hat.
Der minderjährige Beschwerdeführer erfüllt die Begriffsbestimmung nach leg. cit. eines Familienangehörigen.
Gemäß § 34 Abs. 4 AsylG 2005 hat die Behörde (hier: der Asylgerichtshof) Asylanträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen und es erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Dies ist entweder die Gewährung von Asyl oder subsidiärem Schutz, wobei die Gewährung von Asyl vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Antragsteller erhält gemäß leg. cit. einen gesonderten Bescheid (hier: ein gesondertes Erkenntnis).
Entsprechend den erläuternden Bemerkungen zu § 34 Abs. 4 AsylG 2005, sollen alle Familienmitglieder einen eigenen Bescheid (hier: ein gesondertes Erkenntnis), aber mit gleichem Inhalt zugesprochen bekommen. Jener Schutzumfang, der das stärkste Recht gewährt, ist auf alle Familienmitglieder anzuwenden.
Da dem Vater des minderjährigen Beschwerdeführers durch die oben genannte Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 das stärkste Recht gewährt wurde, hat der minderjährige Beschwerdeführer als Familienangehöriger seines Vaters gemäß § 34 Abs. 4 AsylG 2005 das Recht, ein gesondertes Erkenntnis mit demselben Inhalt zu erhalten.
2.3. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 hat die Behörde (hier: der Asylgerichtshof) einem Fremden auf Antrag mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht.
Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Zentraler Aspekt der dem § 3 AsylG 2005 zugrunde liegenden, in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung (vgl. VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334). Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sei, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen (vgl. VwGH 21.9.2000, Zl. 2000/20/0241; VwGH 14.11.1999, Zl. 99/01/0280). Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 19.4.2001, Zl. 99/20/0273; VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334). Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH 19.10.2000, Zl. 98/20/0233; VwGH 9.3.1999, Zl. 98/01/0318). Besteht für den Asylwerber die Möglichkeit, in einem Gebiet seines Heimatstaates, in dem er keine Verfolgung zu befürchten hat, Aufenthalt zu nehmen, so liegt eine inländische Flucht- bzw. Schutzalternative vor, welche die Asylgewährung ausschließt (vgl. VwGH 24.3.1999, Zl. 98/01/0352; VwGH 21.3.2002, Zl. 99/20/0401; VwGH 22.5.2003, Zl. 2001/20/0268, mit Verweisen auf Vorjudikatur).
Im vorliegenden Fall wurde dem Vater des minderjährigen Beschwerdeführers gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Dem minderjährigen Beschwerdeführer ist daher nach § 34 Abs. 4 AsylG 2005 der gleiche Schutzumfang zuzuerkennen und gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 auszusprechen, dass ihm kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
2.4. Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.