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41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, AsylrechtNorm
AsylG 2005 §3, §8, §10Leitsatz
Verletzung im Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens durch Ausweisung eines russischen Staatsangehörigen infolge verfassungswidriger Interessenabwägung; keine ausreichende Berücksichtigung der besonderen Schwere des EingriffsRechtssatz
Sowohl die Ehefrau als auch der Sohn des Beschwerdeführers wurden als Flüchtlinge iSd Genfer Flüchtlingskonvention in Bezug auf jenen Staat anerkannt, in den der Beschwerdeführer ausgewiesen wird. Eine Fortsetzung des Familienlebens in diesem Staat erscheint daher ausgeschlossen. Der mit der Ausweisung verbundene Eingriff in das Recht auf Familienleben ist daher als besonders intensiv zu betrachten (vgl VfSlg 19220/2010).
Es erscheint unverhältnismäßig vom Beschwerdeführer zu erwarten, während der Zeit zwischen der erstinstanzlichen Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz und der Entscheidung des Asylgerichtshofes (mehr als vier Jahre) keine persönlichen Bindungen einzugehen, die in der Folge auch zur Entstehung eines schutzwürdigen Familienlebens führen können.
Die Stabilisierung des Familienlebens ist - trotz zweier zurückliegender strafrechtlicher Verurteilungen - ein für die anzustellende Zukunftsprognose nicht zu vernachlässigender Umstand und daher bei der vorzunehmenden Abwägung mit zu berücksichtigen.
Die Annahme des Asylgerichthofes, dass die üblichen Kommunikationsvorgänge im Zusammenhang der Beziehung zwischen einem Vater und einem etwa einjährigen Kind, nämlich vor allem körperliche Nähe und nonverbale Interaktion, durch elektronische Medien ersetzt werden können, ist lebensfremd.
Der Asylgerichtshof hat daher bei der Abwägung zwischen dem subjektiven Interesse des Beschwerdeführers an der Aufrechterhaltung seines Familienlebens und dem öffentlichen Interesse an der Aufenthaltsbeendigung rechtlich unzulässige Bewertungskriterien herangezogen, gebotene Kriterien außer acht gelassen, und andere wieder falsch gewichtet; er hat insgesamt die besondere Schwere des Eingriffs nicht ausreichend berücksichtigt.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Asylrecht, Ausweisung, Bescheidbegründung, Privat- und FamilienlebenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2013:U2241.2012Zuletzt aktualisiert am
12.07.2013