RS Vfgh 2013/3/12 V63/12

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Veröffentlicht am 12.03.2013
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58/02 Energierecht

Norm

Systemnutzungsentgelte-Verordnung 2012 (Systemnutzungsentgelte-V 2012 - SNE-VO 2012) §4 Abs1 Z8, §6
ElWOG 2010 §7 Abs1, §51 Abs1, §52 Abs1
B-VG Art7 Abs1 / Verordnung
B-VG Art18 Abs2
B-VG Art139 Abs1 / Allg

Leitsatz

Keine Gesetzwidrigkeit von Bestimmungen der Systemnutzungsentgelte-Verordnung 2012 betreffend die Belastung von Pumpspeicherkraftwerken mit Netznutzungsentgelt im Hinblick auf die Einbeziehung der Pumpspeicherkraftwerke in den Kreis der Entnehmer nach dem ElWOG 2010; kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz auch unter Gesichtspunkten des Vertrauensschutzes

Rechtssatz

Abweisung eines Gerichtsantrags auf Aufhebung des §4 Abs1 Z8 der Systemnutzungsentgelte-Verordnung 2012 - SNE-VO 2012.

§52 Abs1 Satz 2 ElWOG 2010 bestimmt, dass das Netznutzungsentgelt von Entnehmern zu entrichten ist. Gestützt darauf und auf die entsprechende Legaldefinition in §7 Abs1 Z14 und §7 Abs1 Z12 ElWOG 2010 verpflichtet §4 Abs1 Z8 SNE-VO 2012 auch Pumpspeicherkraftwerksbetreiber als Entnehmer zur Entrichtung eines Netznutzungsentgelts.

Auf den Verwendungszweck, wofür der "Endverbraucher" die Elektrizität bezieht, kommt es nach den Regelungen des ElWOG 2010 nicht an. Dass Pumpspeicherkraftwerke Elektrizität beziehen, um diese für die Erzeugung von Elektrizität zu nutzen (also für einen Produktions- oder Umwandlungsprozess zu verwenden), ändert nichts an dem Umstand, dass sie Elektrizität für ihren Eigenverbrauch iSd §7 Abs1 Z12 ElWOG 2010 beziehen. Auch dass Pumpspeicherkraftwerken eine wesentliche Funktion im Gesamtsystem, insbesondere zur Abdeckung des Regelleistungsbedarfs (auch angesichts steigender Elektrizitätserzeugung aus Windkraft) zukommt, ändert nichts an ihrer Einordnung als Entnehmer iSd §52 Abs1 Satz 3 iVm §7 Abs1 Z14 iVm Z12 ElWOG 2010.

Die Regelung des §4 Abs1 Z8 SNE-VO 2012 findet daher in diesen gesetzlichen Bestimmungen ihre Deckung.

Dass der Gesetzgeber Pumpspeicherkraftwerke nicht ausdrücklich erwähnt, sondern den Kreis der Entnehmer durch das dargestellte Regelungssystem allgemein definiert, ist auch im Lichte des Art18 B-VG nicht zu beanstanden (vgl VfGH 12.10.2012, V22/12 ua). In dieser gesetzlichen Regelung, dass Entnehmer mit dem Netznutzungsentgelt zu belasten sind, in §52 Abs1 ElWOG 2010, liegt auch der entscheidende Unterschied zur früheren Rechtslage nach §25 ElWOG, wie sie dem Erkenntnis VfSlg 19422/2011 zugrunde lag.

Wenn das antragstellende Gericht vorbringt, dass aus der spezifischen Funktion von Pumpspeicherkraftwerken heraus Pumpspeicherkraftwerksbetreiber einer differenzierten Behandlung bei der Festlegung des Netznutzungsentgelts unterliegen müssten, um dem Grundsatz der Kostenverursachung gemäß §51 Abs1 ElWOG Rechnung zu tragen, so ist ihm entgegenzuhalten, dass §4 Abs1 Z8 SNE-VO 2012 für Pumpspeicherkraftwerke ein spezielles, eigens für Pumpspeicherkraftwerke festgesetztes Netznutzungsentgelt bestimmt. Gründe, warum dieses - im Vergleich zu den sonst in §4 Abs1 festgesetzten Netznutzungsentgelten - in seiner konkreten Ausgestaltung den in §51 Abs1 ElWOG 2010 vorgegebenen Kriterien für die Bestimmung der Systemnutzungsentgelte widersprechen würde, bringt das antragstellende Gericht nicht vor. Es beschränkt sich vielmehr auf den Vorwurf, es sei unsachlich, Pumpspeicherkraftwerke in der gleichen Höhe wie sonstige Endkunden, die anders als Pumpspeicherkraftwerke tatsächlich einen Verbrauch aufweisen, zu belasten. Dies ist aber ausweislich der Regelung des §4 Abs1 SNE-VO 2012 nicht der Fall.

Aus einem Vergleich mit der umsatzsteuerlichen Einordnung der im vorliegenden Zusammenhang relevanten Lieferungen ist deswegen nichts gewonnen, weil es sich beim Recht der Systemnutzungstarife nach dem ElWOG 2010 und den einschlägigen Regelungen des UStG um unterschiedliche Regelungssysteme mit jeweils unterschiedlicher Ziel- und Zwecksetzung handelt.

Dass auch Pumpspeicherkraftwerke mit Netznutzungsentgelt belastet werden, verstößt auch unter Gesichtspunkten des Vertrauensschutzes nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz. Dass Pumpspeicherkraftwerke insoweit einer "doppelt neuen" Tarifsituation gegenüberstehen, als sie nunmehr neben der Verpflichtung zur Zahlung des Netznutzungsentgelts auch zu derjenigen des Netzverlustentgeltes (dazu, dass es auch unter Gesichtspunkten des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes unbedenklich ist, Einspeiser zur Zahlung von Netzverlustentgelt zu verpflichten, VfGH 12.10.2012, V22/12 ua) verpflichtet werden, ändert nichts daran, dass kein Vertrauen auf eine unverändert weiterbestehende Tarifsituation - hier eben in zweifacher Hinsicht - besteht.

Zurückweisung des Antrags hinsichtlich der in §6 1. Satz SNE-VO 2012 enthaltenen Wortfolge 'und Einspeisern' in §6 1. Satz SNE-VO 2012, da die insoweit vorgetragenen Bedenken mit jenen übereinstimmen, über die der VfGH bereits mit E v 12.10.2012, V22/12 ua, abgesprochen hat.

Kein Eingehen auf die vom antragstellenden Landesgericht nur für den Fall, dass der (Haupt)Antrag vom VfGH als zu weit bzw zu eng erachtet werden sollte, gestellten Eventualanträge.

Entscheidungstexte

  • V63/12
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 12.03.2013 V63/12

Schlagworte

Energierecht, Elektrizitätswesen, Determinierungsgebot, Vertrauensschutz, VfGH / Bedenken

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2013:V63.2012

Zuletzt aktualisiert am

08.08.2014
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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