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L70709 Theater Veranstaltung Wien;Norm
MRK Art5 Abs1 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde des KR in W, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 20. Juli 2000, Zl. UVS- 06/42/6042/2000/2, betreffend Übertretung des Wiener Veranstaltungsgesetzes (weitere am Verfahren beteiligte Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 35, vom 15. Juni 2000 wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe es als handelsrechtlicher Gesellschafter und somit zur Vertretung nach außen Berufener der I-Automatenhandelsgesellschaft mbH zu verantworten, dass diese Gesellschaft am 28. Dezember 1998 in W, M-Straße 125, rechter Eingang, Automatenbuffet 1 und 2 je einen Münzgewinnspielapparat der Type "Fruit Bonus-Mega-Bonus" betrieben habe, ohne die dafür erforderliche Konzession erlangt zu haben. Wegen dieser Verwaltungsübertretungen gemäß § 32 Abs. 1 Z. 1 iVm § 9 Z. 6 des Wiener Veranstaltungsgesetzes wurden über den Beschwerdeführer zwei Geldstrafen zu je S 6.000,-- (Ersatzarreststrafe von jeweils 72 Stunden) verhängt. Bei der Strafbemessung waren mehrere einschlägige Verwaltungsstrafen berücksichtigt worden.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer aus, mit Antrag vom 7. Dezember 1998 sei für die genannten Münzgewinnspielapparate jeweils eine Konzession beantragt worden. Diese Antragstellung sei im erstinstanzlichen Bescheid unberücksichtigt geblieben, dies werde "zwar im angefochtenen Bescheid suggeriert", wenn die Formulierung verwendet werde: "Ohne die dafür erforderliche Konzession des Magistrates der Stadt Wien erlangt zu haben", jedoch stelle das Gesetz gerade nicht auf das Vorliegen einer Konzession, sondern lediglich auf eine "Bewilligung" ab. Eine solche könne jedoch auch konkludent erteilt werden. Es sei daher davon auszugehen, dass eine Bewilligung nicht automatisch mit einer Konzession gleichzusetzen sei. Die Behörde habe auf Grund dieses Hinweises des Beschwerdeführers den Sachverhalt neuerlich zu erheben, wenn - wie vorliegend - die Feststellungen des Meldungslegers in Abrede gestellt würden. Dies gelte insbesondere dann, wenn die Behörde die Feststellungen ihres Meldungslegers in keinster Weise verifiziere und sich in Schlussfolgerungen ohne jeden Wahrheitsbeweis ergehe. Die verwendete Formulierung, "denn es ist weder hervorgekommen, noch ist auf Grund der Tatumstände anzunehmen, dass die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe, oder dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können", unterstreiche, dass sich die Behörde ohne jede interne Aufklärung des Sachverhaltes gegenüber ihrem Meldungsleger auf einen Vertrauensbonus berufen wolle, der aus der Integrität der bei ihr tätigen Mitarbeiter folgen solle. "Fürsorglich" werde eingewendet, dass das behördliche Ermessen bezüglich der Höhe des Ausspruches der Strafe der Behörde hinreichend Gelegenheit geben würde, die Tatsache einer bereits beantragten aber noch nicht erteilten Konzession strafmindernd zu berücksichtigen.
Mit Berufungsbescheid vom 20. Juli 2000 hat die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Eine Rechtswidrigkeit erblickt der Beschwerdeführer in dem Umstand, dass keine mündliche Verhandlung durchgeführt wurde.
Nach § 51e Abs. 1 VStG in der Fassung BGBl. I Nr. 1998/158 hat der Unabhängige Verwaltungssenat eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Nach Abs. 3 dieser Bestimmung kann der Unabhängige Verwaltungssenat von einer Berufungsverhandlung u.a. absehen, wenn in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird.
In der Berufung wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht beantragt. Wenngleich der Sachverhalt formell bestritten wurde, wurde inhaltlich aber eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet, weil nicht bestritten wurde, dass der Beschwerdeführer am Tatort zum Tatzeitpunkt die Aufstellung von Spielapparaten, für die keine Konzession erteilt worden war, zu verantworten hatte, sondern gerügt wurde, dass die Behörde außer Acht gelassen habe, dass bereits um Erteilung einer Konzession angesucht worden sei.
Gemäß § 9 des Wiener Veranstaltungsgesetzes 1971, in der Fassung LGBl. Nr. 58/1998, bedürfen alle nicht in den §§ 5 und 6 bezeichneten Veranstaltungen einer besonderen behördlichen Bewilligung (Konzession). Dazu gehören insbesondere gemäß Ziffer 6 dieser Bestimmung Unterhaltungsspielapparate und Münzgewinnspielapparate (§ 15). Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässiges Verhalten ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, entschuldigt gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.
Da zum Tatbestand der beschwerdegegenständlichen Verwaltungsübertretungen nach § 9 Z. 6 des Wiener Veranstaltungsgesetzes der Eintritt weder eines Schadens noch einer Gefahr gehört und über das Verschulden in der Verwaltungsvorschrift keine Bestimmung enthalten ist, handelt es sich bei diesen Übertretungen um Ungehorsamsdelikte im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG. Bei Ungehorsamsdelikten hat der Beschuldigte initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Es kann nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde zu dem Schluss gelangte, dass der Beschwerdeführer nicht glaubhaft machen konnte, dass ihn an den vorliegenden Übertretungen kein Verschulden traf. Er musste wissen, dass der Gesellschaft, zu deren Vertretung nach außen er berufen war, noch keine Konzession erteilt worden war und das Betreiben der Apparate ohne Konzession strafbar ist, dies umso mehr, als er bereits zum Tatzeitpunkt mehrfach wegen Übertretung des Wiener Veranstaltungsgesetzes bestraft worden war und der Gesetzeswortlaut des § 9 des Wiener Veranstaltungsgesetzes, wonach für den Betrieb von Unterhaltungs- und Münzgewinnspielapparaten eine besondere behördliche Bewilligung (Konzession) erforderlich ist, so eindeutig ist, dass die Annahme, schon das Einbringen eines Gesuches um Erteilung einer Bewilligung (Konzession) erlaube den Betrieb derartiger Apparate, keinen entschuldbaren Rechtsirrtum darstellen kann.
Die Höhe der verhängten Geldstrafen erscheint angesichts der bereits zum Tatzeitpunkt vorgelegenen 7 rechtskräftigen Bestrafungen wegen Übertretung des Wiener Veranstaltungsgesetzes angemessen.
Im Zusammenhang mit den der Ersatzarreststrafe gewidmeten Beschwerdeausführungen wird darauf hingewiesen, dass die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte betreffend letztinstanzliche verwaltungsbehördliche Bescheide gemäß Art. 133 Z. 1 iVm Art. 144 Abs. 1 B-VG in die alleinige Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes fällt. Im Hinblick darauf, dass auch der in Art. 5 Abs. 1 lit. a MRK verwendete Begriff "court" (wie der in Art. 6 Abs. 1 MRK und Art. 2 Abs. 1 7. ZP MRK verwendete Begriff "tribunal") nicht im Sinne eines der Staatsfunktion Gerichtsbarkeit zuzuordnenden Organes zu verstehen ist, sondern nach der Judikatur der Straßburger Organe (siehe dazu Frowein - Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention2, 96 Rz 53) Voraussetzung ist, dass ein staatliches Organ mit Unabhängigkeit und Unparteilichkeit ausgestattet ist, es die Gewähr der Einhaltung angemessener Verfahrensgarantien bietet und rechtsprechende Funktion hat, bestehen aus der Sicht des Verwaltungsgerichtshofes keine Bedenken gegen den Ausspruch betreffend die Ersatzfreiheitsstrafen.
Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 21. November 2000
Schlagworte
AllgemeinEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:2000050208.X00Im RIS seit
26.11.2001