TE Vwgh Erkenntnis 2000/11/21 2000/05/0191

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Veröffentlicht am 21.11.2000
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Index

L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Oberösterreich;
L81704 Baulärm Oberösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82004 Bauordnung Oberösterreich;
L82304 Abwasser Kanalisation Oberösterreich;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §8;
BauO OÖ 1994 §31 Abs6;
BauRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde 1. des Josef Greinecker und 2. des Ernst und der Erika Ruzmarinovic, alle in Leonding, alle vertreten durch Dr. Michael Metzler, Rechtsanwalt in Linz, Landstraße 49, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 7. Juli 2000, Zl. BauR- 012197/7-2000-Um/Pa, betreffend Parteistellung in einem Baubewilligungsverfahren (mitbeteiligte Parteien: 1. Joha Gebäude- , Errichtungs- und Vermietungsgesellschaft m.b.H. in Wels, vertreten durch Dr. Franz Gütlbauer und Dr. Siegfried Sieghartsleitner, Rechtsanwälte in Wels, Eisenhowerstraße 27,

2. Stadtgemeinde Leonding, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben zusammen dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,--, der Erstmitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- und der Zweitmitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren der Erstmitbeteiligten wird abgewiesen.

Begründung

Mit einem am 16. Juni 1997 eingelangten Ansuchen vom selben Tag beantragte die Erstmitbeteiligte die Erteilung der Baubewilligung für einen Zu- und Umbau beim Einkaufszentrum "UNO-Shopping" auf dem Grundstück Nr. 1410/46, KG Leonding. Das Projekt sieht einen zweigeschoßigen unterkellerten Zubau zum bestehenden Einkaufszentrum im Ausmaß von 96 m mal ca. 50 m vor, der nördlich an das bestehende Gebäude anschließen soll. Im Erdgeschoß dieses Zubaues ist die Erweiterung der Verkaufsfläche vorgesehen, im Obergeschoß sollen ein Fitness-Center, Büroräume, Lagerräumlichkeiten und ein Technikraum untergebracht werden. Der Keller soll als Tiefgarage verwendet werden, wobei, da der Zubau auf einer Fläche errichtet wird, die bisher als Stellplatz für Kraftfahrzeuge von Kunden verwendet wurde, die Stellplatzanzahl insgesamt um 42 verringert wird.

Dem Baubewilligungsverfahren waren die Beschwerdeführer, deren Liegenschaftsgrenzen 200 m bzw. 230 m vom Bauvorhaben entfernt Richtung Süden liegen, nicht zugezogen. Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 9. Oktober 1997 wurde der Erstmitbeteiligten die beantragte Baubewilligung erteilt.

Mit Schreiben vom 21. Oktober 1997 beantragten die Beschwerdeführer die Zustellung des Baubewilligungsbescheides, weil sie Eigentümer von Einfamilienhäusern entlang der Öllingerstraße und als solche übergangene Nachbarn im Sinne des § 33 O.ö. BauO 1994 seien; durch das Bauvorhaben würden die Beschwerdeführer in näher bezeichneten subjektiv-öffentlichen Rechten beeinträchtigt. Mit Bescheiden des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 17. Dezember 1997 wurde den Beschwerdeführern die Parteistellung im gegenständlichen Bauverfahren nicht zuerkannt. Die gegen diese Bescheide erhobenen Berufungen der Beschwerdeführer hat der Gemeinderat der mitbeteiligten Stadtgemeinde mit Bescheid vom 26. März 1998 abgewiesen. Auf Grund der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung der Beschwerdeführer hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 23. September 1998 den Bescheid des Gemeinderates aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die mitbeteiligte Stadtgemeinde zurückverwiesen. Tragender Aufhebungsgrund war der Umstand, dass den gemeindebehördlichen Bescheiden kein Ermittlungsverfahren vorausgegangen sei. Trotz der nicht unbeträchtlichen Entfernung der Grundstücke der Beschwerdeführer reichten die Erfahrungen des täglichen Lebens nicht aus, um die Frage der Möglichkeit einer subjektiven Rechtsverletzung betreffend Emissionen der geplanten baulichen Maßnahme ohne Einholung von Sachverständigengutachten zu beantworten.

In der Folge hat die mitbeteiligte Stadtgemeinde ein schalltechnisches Gutachten der TAS Schreiner Ges.m.b.H. vom 2. November 1998 sowie ein weiteres Gutachten der Schreiner Consulting vom 30. Oktober 1998 zur Frage der lufttechnischen Auswirkungen des Projektes eingeholt.

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 5. März 1999 wurden die Berufungen der Beschwerdeführer gegen die erstinstanzlichen Bescheide neuerlich abgewiesen. Beide Gutachten kämen zusammengefasst zu der Aussage, dass es zu keiner Anhebung des Ist-Zustandes kommen werde bzw. mit keiner messtechnischen Erhöhung des maximalen Halbstundenmittelwertes im Bezug auf Schadstoffe betreffend die nächstgelegenen Wohnliegenschaften zu rechnen sein werde und dass es auch zu keiner Zunahme von Schallimmissionen in Freibereichen kommen werde. Auf Grund der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung der Beschwerdeführer hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 18. Juni 1999 neuerlich den Bescheid des Gemeinderates aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Stadtgemeinde zurückverwiesen. Die Schlussfolgerungen im schalltechnischen bzw. immissionstechnischen Gutachten, wonach auf Grund des Umstandes, dass insgesamt die Anzahl der Stellflächen um 42 reduziert werde, und es daher zu keiner Zunahme von Schallimmissionen in den Freibereichen käme, sei nicht nachvollziehbar. Auch die Einschätzung des Gutachters, Richtung Süden seien Schallimmissionen durch die Abschirmwirkung des bestehenden Verkaufsgebäudes von vornherein "vernachlässigbar", sei für eine exakte Beurteilung des Sachverhaltes nicht ausreichend. Die Frage der im lufttechnischen Gutachten angesprochenen "Zusatzbelastung" sei klärungsbedürftig.

In einem ergänzend durchgeführten Ermittlungsverfahren erläuterten die Sachverständigen die von ihnen erstellten Gutachten. Mit Bescheid vom 17. Dezember 1999 hat der Gemeinderat der mitbeteiligten Stadtgemeinde die Berufungen der Beschwerdeführer gegen die Bescheide des Bürgermeisters neuerlich als unbegründet abgewiesen. Die gegen diesen Bescheid erhobene Vorstellung der Beschwerdeführer hat die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid vom 7. Juli 2000 als unbegründet abgewiesen. Nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens wurde im Wesentlichen ausgeführt, es könne der Berufungsbehörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie auf Grund der durchgeführten ergänzenden Ermittlungen den Schluss gezogen habe, dass für die Bewohner entlang der Öllingerstraße die Möglichkeit einer Beeinträchtigung von subjektiven Rechten auszuschließen sei. Eine Befangenheit der herangezogenen Sachverständigen sei nicht erkennbar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und, ebenso wie die erst- und zweitmitbeteiligten Parteien, in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß der hier anzuwendenden Stammfassung des § 31 Abs. 1 der O.ö. BauO 1994, LGBl. Nr. 66, sind Nachbarn die Eigentümer (Miteigentümer) der Grundstücke, die unmittelbar an jene Grundstücke angrenzen, auf denen das Bauvorhaben ausgeführt werden soll, und darüber hinaus jene Grundeigentümer, die durch das Bauvorhaben voraussichtlich in ihren subjektiven Rechten beeinträchtigt werden können. Personen, denen ein Baurecht zusteht, sind Grundeigentümern gleichgestellt.

Im Beschwerdeverfahren liegen zwischen den Grundstücken der Beschwerdeführer und den Grundstücken, auf denen das Bauvorhaben ausgeführt werden soll und auch die Parkplätze sind, noch andere Grundstücke. Es war daher zu klären, ob die Beschwerdeführer durch das Bauvorhaben in ihren subjektiven Rechten beeinträchtigt werden könnten. Auf Grund der Entfernung der Liegenschaften der Beschwerdeführer zum Bauvorhaben war die Frage der Beurteilung, ob den Beschwerdeführern Parteistellung zukommt, nicht ohne Einholung von Sachverständigengutachten zu klären, wie die belangte Behörde schon in ihrem unbekämpft gebliebenen Bescheid vom 20. September 1998 ausgeführt hat.

Auf Grund des daraufhin durchgeführten Ermittlungsverfahrens und insbesondere der ergänzenden Befragung der herangezogenen Sachverständigen im dritten Rechtsgang konnte die Berufungsbehörde in nicht als rechtswidrig zu erkennender Weise davon ausgehen, dass das Bauvorhaben nicht geeignet ist, eine Beeinträchtigung von subjektiven Rechten der Beschwerdeführer herbeizuführen, ist doch nach den angeführten Gutachten in schalltechnischer Hinsicht keine messtechnisch fassbare Anhebung der Ist-Situation zu erwarten bzw. werden auch Luftschadstoffe in einem messtechnisch nicht mehr feststellbaren Maß die Bewohner entlang der Öllingerstraße treffen, wozu noch kommt, dass die Liegenschaften der Beschwerdeführer südlich der Öllingerstraße und somit weiter entfernt vom Bauvorhaben und den Parkplätzen liegen als die Messpunkte nördlich der Öllingerstraße. Die Gutachten waren ausreichend und nachvollziehbar, die Beschwerdeführer, denen die Gutachten zur Kenntnis gebracht wurden, sind diesen nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, sie haben lediglich ausgeführt, dass die Sachverständigen befangen seien, weil sie im Rahmen ihrer Berufsausübung schon für die Bauwerberin tätig geworden seien und ausschließlich deren Interessen wahrnehmen würden. Da durch den Zubau bestehende Freiparkflächen verloren gingen und nur teilweise durch das Parkdeck ersetzt würden, trete zwangsläufig eine Erhöhung des Verkehrsaufkommens auf den Freiflächen auf, weil die Fahrbewegungen von Kunden bis zum Parkdeck und auf der Suche nach Parkplätzen vergrößert würden. Dies sei so offenkundig, dass es keines Gutachtens bedürfe. Der Zustand der Erhöhung des Kundenstromes für sich alleine beweise schon die potentielle Eignung des Bauvorhabens, in die subjektivöffentlichen Nachbarrechte der Beschwerdeführer einzugreifen.

Die Beschwerdebehauptung, es sei offenkundig, dass bei verringerter Stellplatzanzahl und Vergrößerung der Verkaufsflächen eine emissionsseitige Verschlechterung eintrete, steht im Widerspruch zu den diesbezüglichen Ausführungen im Gutachten, das sich auf eine bayrische Parkplatzlärmstudie und den dort festgestellten Zusammenhang zwischen Stellplatzanzahl und Fahrbewegung (hier 1,6) pro Stellplatz und Stunde stützt.

Bei Klärung der Frage, ob den Beschwerdeführern im gegenständlichen Baubewilligungsverfahren betreffend den Um- und Zubau Parteistellung zukommt, ist nicht ausschlaggebend, ob durch eine allfällige Parkplatzsuche von Kunden eine Änderung des bisherigen Zustandes eintritt, vielmehr ist entscheidend, ob das Bauvorhaben selbst geeignet ist, subjektiv-öffentliche Rechte der Beschwerdeführer zu berühren, wobei hier das einzig in Betracht kommende subjektiv-öffentliche Recht gemäß § 31 Abs. 6 O.ö. BauO 1994 bei baulichen Anlagen, die (wie hier) einer gewerbebehördlichen Genehmigung bedürfen, jenes ist, dass die Zulässigkeit der Betriebstype in der Widmungskategorie gegeben sein muss. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens konnten die Gemeindebehörden und in der Folge die belangte Behörde unbedenklicherweise davon ausgehen, dass dies nicht der Fall ist.

Wie der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt hat, steht das Wesen der Befangenheit in der Hemmung einer unparteiischen Entscheidung durch unsachliche psychologische Motive, für deren Vorliegen zureichende Umstände glaubhaft gemacht werden müssen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. April 1993, Zl. 92/09/0356).

Die Sachverständigen wurden im Beschwerdefall von der mitbeteiligten Stadtgemeinde beauftragt. Ihre Heranziehung wurde damit begründet, dass diese Sachverständigen schon im gewerbebehördlichen Verfahren bzw. im Verfahren betreffend die Erteilung der Baubewilligung beschäftigt und daher mit der Sachlage vertraut waren. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Umstand, dass die beigezogenen Sachverständigen in anderen Fällen für die erstmitbeteiligte Partei als Sachverständige tätig waren, geeignet ist, bei vernünftiger Würdigung aller Umstände einen Anlass zu bieten, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung der beiden Sachverständigen zu zweifeln. Die Gutachten, die auf eingehenden Messungen und Berechnungen unter Zugrundelegung einer anerkannten Parkplatzlärmstudie beruhen, bieten keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Gutachten nicht objektiv und unvoreingenommen erstellt worden seien. Dazu kommt noch, dass die Beschwerdeführer nicht daran gehindert waren, selbst einschlägige Gutachten von Privatsachverständigen vorzulegen. Jedenfalls wäre es den Beschwerdeführern freigestanden, die Richtigkeit der Sachverständigenäußerungen durch auf vergleichbarem fachlichem Niveau stehende Gegenbeweise, insbesondere durch Gutachten entsprechend qualifizierter anderer Sachverständiger, zu widerlegen. Da sie von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht haben und die von den Behörden verwerteten Gutachten schlüssig und nachvollziehbar ergaben, dass das Bauvorhaben subjektiv-öffentliche Rechte der Beschwerdeführer nicht berühren werde, erweist sich die Beschwerde im Ergebnis als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren der Erstmitbeteiligten war abzuweisen, da in dem in der genannten Verordnung angeführten pauschalierten Schriftsatzaufwand die Umsatzsteuer bereits enthalten ist.

Wien, am 21. November 2000

Schlagworte

Baurecht Nachbar Bauverfahren (siehe auch Behörden Vorstellung Nachbarrecht Diverses) Parteien BauRallg11/1 Planung Widmung BauRallg3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:2000050191.X00

Im RIS seit

21.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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