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L9200 Sozialhilfe, Grundsicherung, MindestsicherungNorm
Stmk MindestsicherungsG §17 Abs1 Z2Leitsatz
Gleichheitsrechtliche Unbedenklichkeit der Bestimmung des Stmk Mindestsicherungsgesetzes über die Aufwandersatzpflicht unterhaltspflichtiger Eltern bzw Kinder von Beziehern der Mindestsicherung; daher Abweisung der Anträge des UVS Steiermark auf Aufhebung dieser als gleicheitswidrig erachteten gesetzlichen Regelung sowie darauf basierender Bestimmungen in Durchführungsverordnungen; Verstoß der normierten Ersatzpflicht gegen die Bund-Länder-Vereinbarung über eine bundesweite Bedarfsorientierte Mindestsicherung nicht aufgreifbarRechtssatz
Zulässigkeit der Anträge hins §17 Abs1 Z2 Stmk MindestsicherungsG - StMSG, LGBl 14/2011 idF LGBl 9/2012, sowie der angefochtenen Bestimmungen der Stmk MindestsicherungsG-DurchführungsV - StMSG-DVO, LGBl 19/2012, aber auch der am 10.03.2012 außer Kraft getretenen StMSG-DVO, LGBl 19/2011.
§17 Abs1 Z2 StMSG, insbesondere dessen dritter Satz, wonach bereits geleisteter Unterhalt in Abzug zu bringen ist, zeigt, dass es für die Ersatzpflicht darauf ankommt, in welcher Höhe die Leistungen der Mindestsicherung einerseits und die Unterhaltspflicht andererseits zeitraumbezogen einander gegenübergestanden sind. Dies verdeutlichen noch §3 Abs2 StMSG-DVO, LGBl 19/2011 (bzw §7 Abs2 StMSG-DVO, LGBl 19/2012), wonach "laufende Unterhaltszahlungen während eines Mindestsicherungsbezuges in Abzug gebracht werden". Für die Ersatzpflicht für Leistungen der Mindestsicherung in einem bestimmten Zeitraum ist also die Höhe der Unterhaltsverpflichtung im selben Zeitraum maßgebend und nicht eine Unterhaltsverpflichtung im Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde. Daraus folgt, dass auch die jeweiligen angefochtenen Verordnungsbestimmungen zeitraumbezogen anzuwenden sind. Soweit Ersatzleistungen für Zeiträume des Jahres 2011 in Rede stehen, hat der UVS die Unterhaltsverpflichtungen für diese Zeiträume zu beurteilen und daher die in diesen Zeiträumen in Geltung gestandene StMSG-DVO, LGBl 19/2011, anzuwenden.
Unzulässigkeit der Anträge jeweils auf Aufhebung der Wortfolge "und des §17 Abs1 Z2" im Einleitungssatz der StMSG-DVO 2011 und 2012, weil der Angabe in einer Verordnung, auf welche gesetzliche Grundlage sie sich stützt, keine normative Wirkung zukommt. Insoweit Zurückweisung der Anträge.
Die Regelungen des StMSG über die Ersatzpflicht von Kindern und von Elternteilen verstoßen - wie auch die Steiermärkische Landesregierung in ihrer Äußerung einräumt - gegen Art15 Abs3 Z1 und Z2 der Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art15a B-VG über eine bundesweite Bedarfsorientierte Mindestsicherung. Nach diesen Bestimmungen darf nämlich kein Ersatz für Leistungen aus der Mindestsicherung (unter anderem) von Kindern und "Eltern von Personen, welche nach Erreichen der Volljährigkeit Leistungen bezogen haben", verlangt werden. Dem VfGH ist es jedoch in dem vom UVS gemäß Art139 und Art140 B-VG initiierten Verfahren verwehrt, diese Verletzung der Art15a-B-VG-Vereinbarung aufzugreifen.
§17 Abs1 Z2 StMSG nimmt unter der Voraussetzung, dass im konkreten Fall dem Grunde nach eine zivilrechtliche Unterhaltspflicht besteht, auf sonstige Unterhaltspflichten des Ersatzpflichtigen insofern Rücksicht, als die Höhe der Ersatzpflicht des Elternteils bzw des Kindes gemäß §17 Abs1 Z2 vorletzter Satz StMSG stets mit der Höhe der zivilrechtlichen Unterhaltspflicht begrenzt ist.
§17 Abs1 Z2 StMG iVm den angefochtenen Bestimmungen der StMSG-DVO 2011 bzw 2012, geht von starren, nach dem Einkommen der ersatzpflichtigen Person gestaffelten Prozentsätzen für die Ermittlung der Ersatzpflicht aus, ohne die Möglichkeit - wie dies im Bürgerlichen Recht vorgesehen ist -, bei atypischen Fällen auf die konkreten Umstände abzustellen und ohne einen Abschlag für Unterhaltspflichten gegenüber sonstigen Personen vorzunehmen. Dies begegnet nach Auffassung des VfGH keinen gleichheitsrechtlichen Bedenken.
Der VfGH verkennt nicht, dass es bei Ersatzpflichten, die unterhalb der Begrenzung mit der Unterhaltspflicht nach Bürgerlichem Recht liegen, zu Ungleichbehandlungen zwischen Ersatzpflichtigen mit weiteren und ohne weitere zivilrechtliche Unterhaltsverpflichtungen nach dem StMSG kommt. Dies ist aber insoweit sachlich gerechtfertigt, als der Gesetzgeber des StMSG bzw die Stmk Landesregierung als verordnungserlassende Behörde zum einen eine (einfach handhabbare) Pauschalierungsregelung getroffen hat, welche von einer zulässigen Durchschnittsbetrachtung ausgeht. Zum anderen liegen die Prozentsätze für die Ermittlung der Ersatzpflicht nach dem StMSG iVm der StMSG-DVO 2011 und 2012 jedenfalls bei niedrigen Einkommen weit unter jenen für die zivilrechtliche Unterhaltspflicht, weil die Prozentsätze - anders als bei der zivilrechtlichen Unterhaltspflicht - nach der Höhe des Einkommens gestaffelt sind. Dazu kommt, dass die Ersatzpflicht in keinem Fall höher sein kann als die zivilrechtliche Unterhaltspflicht.
Da der antragstellende UVS gegen die angefochtenen Bestimmungen der StMSG-DVO 2011 (§3, §4 und §5) bzw 2012 (§7, §8, und §9) nur dahin Bedenken vorgebracht hat, dass die gesetzliche Grundlage verfassungswidrig sei, erweisen sich diese Bedenken angesichts der gleichheitsrechtlichen Unbedenklichkeit des §17 Abs1 Z2 StMSG als unbegründet. Insoweit Abweisung der Anträge.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Mindestsicherung, Zivilrecht, Unterhalt, Vereinbarungen nach Art 15a B-VG, VfGH / Präjudizialität, Geltungsbereich Anwendbarkeit, VfGH / Bedenken, AufwandersatzEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2013:G105.2012Zuletzt aktualisiert am
08.08.2014