TE AsylGH Erkenntnis 2013/05/02 A1 408262-2/2012

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Veröffentlicht am 02.05.2013
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Spruch

A1 408.262-2/2012/6E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Druckenthaner als Vorsitzenden und die Richterin Dr. Amann als Beisitzerin über die Beschwerde des XXXX, StA. Syrien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 09.07.2012 Zl. 09 02.465-BAI, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 66 Abs. 2 AVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen.

Text

Entscheidungsgründe:

 

Verfahrensgang:

 

Der Beschwerdeführer beantragte am 25.02.2009 internationalen Schutz. Die niederschriftliche Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes unter Zuziehung eines Dolmetschers für Arabisch erfolgte am selben Tag. Bei dieser Befragung gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen folgendes an:

 

Er sei syrischer Staatsangehöriger, arabischer Volksgruppenzugehörigkeit und römisch-katholischen Glaubensbekenntnisses. Syrien habe er illegal am 17.02.2009 verlassen. Er habe nie einen Reisepass besessen, der Schlepper hätte einen für ihn "dabei gehabt".

 

Aus Syrien hätte er flüchten müssen, da er eine Beziehung mit einem moslemischen Mädchen begonnen hätte. Deren Vater sei beim syrischen Geheimdienst.

 

Am 02.03.2009 wurde der Beschwerdeführer unter Zuziehung eines Dolmetschers für Arabisch von einem Organwalter des Bundesasylamtes niederschriftlich einvernommen. Bei dieser Einvernahme gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen folgendes an:

 

Er habe während seiner Studienzeit an der Uni ein moslemisches Mädchen kennengelernt. Sie hätten während der vier bis fünf Jahre an der Uni eine Beziehung gehabt. Ein Jahr vor seiner Ausreise hätten sie sich entschieden, zu flüchten und das Land schlepperunterstützt zu verlassen, da sie gewusst hätten, dass sie von ihren Familien umgebracht würden, wenn diese von der Beziehung und den Heiratsabsichten erfahren würden. Am 11.01.2009 hätten sie in einem Café einen Schlepper treffen wollen; es sei jedoch nicht der Schlepper gekommen, sondern der Bruder der Freundin. Er habe sich retten können, die Freundin nicht. In der Folge habe er mit Hilfe eines Schleppers Syrien verlassen. Er habe nie einen Reisepass besessen. Der Schlepper hätte einen gefälschten Pass bei sich gehabt. In einem anderen Teil Syriens hätte er keinen Schutz vor Verfolgung suchen können, da der Vater des Mädchens beim Geheimdienst sei. Dieser würde ihn überall finden und ihn umbringen.

 

Am 09.06.2009 wurde der Beschwerdeführer neuerlich von einem Organwalter des Bundesasylamtes unter Zuziehung eines Dolmetschers für Arabisch niederschriftlich befragt. Bei dieser Einvernahme gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen folgendes an:

 

Er habe eine Beziehung mit einer moslemischen Frau, die mit ihm studiert hätte, gehabt. Sie hätten ohne das Wissen ihrer Eltern zusammenleben und in ein anderes Land flüchten wollen. Als sie jedoch in einem Café auf einen Schlepper gewartet hätten, seien sie vom Bruder des Mädchens entdeckt worden und hätten davonlaufen wollen. Seine Freundin sei gestürzt und sei er sohin alleine geflüchtet. Er hätte Angst vor der Strafe der Familie, da er das Mädchen in Schande gebracht hätte, weil er römisch-katholischen Glaubens sei und die Familie des Mädchens Moslems.

 

Verlassen hätte er Syrien mit einem vom Schlepper angefertigten Reisepass. Das Bundesasylamt wies mit Bescheid, Zl. 09 02.465-BAI, vom 23.07.2009 den Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 idgF ab, erkannte gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 keinen subsidiären Schutzstatus in Bezug auf Syrien zu und wies den Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 idgF aus Österreich nach Syrien aus.

 

Das Bundesasylamt stellte die Identität des Beschwerdeführers fest, gleichfalls, dass der Beschwerdeführer römisch-katholischen Glaubensbekenntnisses sei.

 

Es fehlten jedoch Feststellungen, ob der Beschwerdeführer Syrien illegal verlassen habe. In Bezug auf das Fluchtvorbringen sprach das Bundesasylamt dem Beschwerdeführer die Glaubwürdigkeit ab.

 

Zu Syrien traf das Bundesasylamt unter anderem folgende Feststellungen:

 

"Das Notstandsgesetz von 1963 autorisiert die Regierung, präventive Verhaftungen vorzunehmen und setzt Gesetze der Verfassung und des Strafgesetzes gegen willkürliche Verhaftungen und Haft, inklusive der Notwendigkeit von Haftbefehlen außer Kraft

 

[...]

 

Es gab auch zahlreiche Berichte von Menschenrechtsorganisationen, dass die Sicherheitsbehörden Bürger verhafteten, welche anscheinend nicht in politische Aktivitäten involviert wären. Die Sicherheitsbehörden gaben keine Informationen über die Gründe der Verhaftungen bekannt.

 

[...]

 

Obwohl sowohl die syrische Verfassung als auch das syrische Strafrecht Folter verbieten, [...] wenden Polizei, Justizvollzugsorgane und Geheimdienste weiterhin systematisch Gewalt an. Es soll weiterhin vereinzelt zu folterbedingten Todesfällen kommen [...] Schon im normalen Polizeigewahrsam sind körperliche Misshandlungen an der Tagesordnung.

 

[...]

 

Missionierung ist nicht vom Zivilgesetz verboten, allerdings entmutigt die Regierung solche Aktivitäten und klagt gelegentlich Missionare als "Bedrohung für die Beziehung zwischen den Religionsgruppen" an, wenn sie derartige Aktivitäten durchführten. Die Anklagen beinhalteten Freiheitsstrafen von fünf Jahren bis lebenslänglich, wurden aber oft auf ein bis zwei Jahre reduziert. Es ist illegal, Muslime zum Christentum zu konvertieren.

 

[...]

 

Die Ein- und Ausreisekontrollen sind in Syrien effektiv. Jede Ein- und Ausreise wird mit allen wesentlichen Daten erfasst. Illegale Grenzübertritte sind gegebenenfalls aufgrund von Bestechung oder über die "Grüne Grenze" in Einzelfällen möglich [...] Rückgeführte Personen werden bei ihrer Einreise zunächst über ihren Auslandsaufenthalt und den Grund ihrer Abschiebung befragt. Diese Befragungen können sich über mehrere Stunden hinziehen. In der Regel wird dann jedoch die Einreise ohne weitere Schwierigkeiten gestattet; in manchen Fällen wird der Betroffene für die folgenden Tage noch einmal zum Verhör einbestellt.

 

[... ]

 

Human Rights Report 2005 von USDOS berichtet:

 

"Das syrische Gesetz sieht für jeglichen Fluchtversuch in ein anderes Land oder für eine illegale Ausreise eine Strafverfolgung vor."

 

[...]

 

Auch für das Jahr 2007 wird von verschiedener Seite berichtet, dass Verhaftungen von Personen, die aus dem Ausland zurückkehren, häufig sind. Das US Department of State berichtet im März 2008, dass das syrische Gesetz die Strafverfolgung von Personen erlaubt, die versucht haben, einer Strafe in Syrien zu entgehen und deshalb im Ausland um Asyl angesucht haben [...] SHRC berichtet, dass sich während den letzten Sommerferien viele Besucher und Rückkehrer beklagt haben, dass sie bei der Einreise stundenlang inhaftiert, befragt und gedemütigt wurden. Ohne die Bezahlung von Bestechungsgeldern konnten sie den Flughafen "Damaskus International" nicht verlassen."

 

Gegen den Bescheid der Verwaltungsbehörde erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde, rügte die Mangelhaftigkeit des Verfahrens und wiederholte zusammengefasst nochmals sein Fluchtvorbringen:

Seine Freundin sei Muslimin und er sei Christ. Wenn er eine moslemische Frau heiraten wolle, dann gelte dies in seinem Land als große Schande. Die Beziehung würde von der Familie seiner Freundin nicht geduldet, deshalb habe er sie entführt. Würde er nach Syrien zurückkehren, müsste er wegen Blutrache mit seiner Ermordung rechnen.

 

Aufgrund der Geschäftsverteilung 2011 wurde die gegenständliche Rechtssache der Gerichtsabteilung C4 abgenommen und der Gerichtsabteilung A1 mit Verfügung ("Aktenvermerk") vom 03.01.2011 neu zugeteilt.

 

Mit Erkenntnis vom 22.06.2012, Zl. A1 408.262-1/2009/8E, behob der Asylgerichtshof in Erledigung der Beschwerde den bekämpften Bescheid, Zl. 09 02.465-BAI, vom 23.07.2009 und wies die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurück.

 

Begründend führte der Asylgerichtshof - zusammengefasst - aus, dass das Bundesasylamt Feststellungen hinsichtlich der vom Beschwerdeführer vorgebrachten illegalen Ausreise aus Syrien unterlassen habe, obwohl die Verwaltungsbehörde festgestellt habe, dass man in einem derartigen Fall mit Strafverfolgung zu rechnen habe. Derartige Feststellungen wären aber notwendig gewesen, um abschließend zu klären, ob der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat Verfolgung aus in der GFK genannten Gründen zu befürchten habe. Weiters habe das Bundesasylamt zu ermitteln, ob der Beschwerdeführer - der römisch-katholischen Glaubensgemeinschaft zugehörig - eine strengere und somit asylrelevante Bestrafung zu gewärtigen habe als ein syrischer Staatsangehöriger muslimischen Glaubens.

 

Mit Schriftsatz vom 11.05.2012 ergänzte der Beschwerdeführer die ursprüngliche Beschwerde und führte im Wesentlichen folgendes aus:

Die in Syrien lebenden Christen stünden zwischen den Fronten, weil sie von beiden Seiten (gemeint: Anhänger des Präsidenten und dessen Armee sowie den Aufständischen) verdächtigt würden, jeweils den Gegnern zu helfen. Sie seien daher in besonderer Gefahr und viele von ihnen hätten bereits das Land verlassen. Zuvor hätte man ihm bereits mitgeteilt, dass für ihn ein Einberufungsbefehl der Armee gekommen sei, dem er keine Folge geleistet habe, weil er ja außer Landes sei. Er gelte daher seither in Syrien als Deserteur. Desertion würde schon immer durch das Regime streng bestraft. Aufgrund des Bürgerkrieges wäre er in Gefahr, in Syrien als Deserteur hingerichtet zu werden.

 

Mit "Mitteilung" vom 20.06.2012 ersuchte der Beschwerdeführer "auf die sich zwischenzeitlich völlig veränderte Situation in Syrien und auf die besondere Gefährdung von Christen im tobenden Bürgerkrieg Bedacht zu nehmen".

 

Mit Bescheid vom 09.07.2012, Zl. 09 02.465-BAI, wies das Bundesasylamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 25.02.2009 neuerlich gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab, erkannte ihm aber gemäß § 8 Abs. 1 AsylG den Status eines subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 zu. Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 wurde dem Beschwerdeführer eine bis zum 09.07.2013 befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.

 

Das Bundesasylamt stellte die römisch-katholische Glaubenszugehörigkeit des Beschwerdeführers aufgrund der vorgelegten Dokumente fest und ging davon aus, dass der Beschwerdeführer den Herkunftsstaat illegal verlassen hat.

 

Die Verwaltungsbehörde gelangte zu dem Schluss, dass im Falle des der römisch-katholischen Glaubensrichtung angehörigen Beschwerdeführers, der seinen Herkunftsstaat illegal verlassen habe und mit Blick auf die gravierenden Änderungen der Sicherheitslage in Syrien "nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden" könne, dass er "im Falle der Rückkehr nicht in den Fokus der staatlichen Behörden gelangen würde und keiner unmenschlichen Behandlung ausgesetzt" wäre.

 

In Bezug auf den Problemkreis, die Religionszugehörigkeit betreffend, führte das Bundesasylamt aus:

 

"Seit dem Beginn der Revolution in Syrien im März dieses Jahres haben Beobachter aus dem In- und Ausland mehrfach vor dem Ausbruch eines Bürgerkrieges zwischen den diversen Religionsgemeinschaften in Syrien gewarnt:"

 

[...]

 

Dennoch zeichnet sich seit Wochen ein Machtkampf in Syrien ab, der mehr und mehr entlang konfessioneller Grenzen verläuft.

 

[...]

 

Nach Einschätzung unabhängiger Beobachter vor Ort gibt es jedoch große Spannungen zwischen den Religionsgruppen, da sich das Regime vor allem auf Alawiten im Sicherheitsapparat stützt.

 

Feststellungen zur Frage, ob eine Person mit dem Profil des Beschwerdeführers - römisch-katholisches Glaubensbekenntnis im Zusammenhalt mit illegaler Ausreise - gegenüber einem syrischen Staatsangehörigen moslemischen Glaubensbekenntnisses in asylrelevanter Weise strafrechtlich schlechter gestellt ist, fehlen.

 

Im Rahmen der Beweiswürdigung führte das Bundesasylamt aus, dass der Beschwerdeführer die von ihm "angedeuteten Benachteiligungen von Christen in Syrien mangels Beweis nicht glaubhaft machen" hätte können. "So kann den, der erkennenden Behörde vorliegenden Länderfeststellungen entnommen werden, dass es in Syrien weder religiöse Verfolgung noch Diskriminierung von Christen durch den Staat gibt. Auch hat dieser die Regelung und Streitschlichtung - in unterschiedlichem Maß - den jeweiligen Religionsgemeinschaften übertragen und ist bemüht, jeden Eindruck der Benachteiligung von Christen zu vermeiden."

 

Das eigentliche Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit der ins Treffen geführte Beziehung zu einem moslemischen Mädchen wertete das Bundesasylamt als unglaubwürdig.

 

Mit Schriftsatz vom 27.07.2012 erhob der Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid, vom 09.07.2012, Zl. 09 02.465-BAI, fristgerecht Beschwerde gegen Spruchpunkt I des erstinstanzlichen Bescheides und führte aus, dass das Bundesasylamt den Ermittlungsaufträgen nicht nachgekommen sei und die Rückkehrsituation speziell für "Personen mit meinem Profil" nicht eruiert habe. Auf sein im Rahmen der Beschwerdeergänzung vom 11.05.2012 dargelegtes Vorbringen (gemeint:

dass er zwischenzeitlich einer Einberufung zum Militär nicht Folge geleistet habe und er daher als Deserteur in Syrien mit einer Bestrafung rechnen müsse) sei die Verwaltungsbehörde (ebenfalls) nicht eingegangen. Die von der Behörde herangezogenen Länderfeststellungen seien mit Stand Dezember 2011 veraltet und daher ungeeignet. Außerdem seien spezielle Feststellungen zur Gefährdung der Christen im gegenwärtigen Bürgerkrieg zu treffen.

 

Mit Schriftsatz vom 11.04.2013, eingelangt am 12.04.2013, stellte der Beschwerdeführer einen Fristsetzungsantrag.

 

Über die Beschwerde hat der Asylgerichtshof wie folgt erwogen:

 

Gemäß §§ 73 und 75 des Bundesgesetzes über die Gewährung von Asyl, BGBl. I Nr. 100/2005 in der geltenden Fassung BGBl. I Nr. 38/2011 (im Folgenden: "AsylG 2005") ist dieses anzuwenden.

 

Im gegenständlichen Fall ist Senatszuständigkeit nach § 61 Abs. 1 AsylG 2005 gegeben, da keiner der in § 61 Abs. 3 und 3a) AsylG 2005 angeführten Ausnahmetatbestände, bezogen auf Einzelrichtertätigkeit und keine sich aus § 42 Abs. 1 AsylG 2005 (Grundsatzentscheidung) bzw. aus § 11 Abs. 4 AsylGHG (Senatsuneinigkeit) ergebende Kammerzuständigkeit vorliegt.

 

Gemäß § 66 Abs. 2 AVG kann die Beschwerdeinstanz (kraft oben zitierter Bestimmung auch der AsylGH, es bestehen diesbezüglich keine materiellrechtlichen Sondernormen), so der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen.

 

Gemäß Absatz 3 dieser Gesetzesstelle kann die Berufungsbehörde jedoch die mündliche Verhandlung und unmittelbare Beweisaufnahme auch selbst durchführen, wenn hiermit eine Ersparnis an Zeit und Kosten verbunden ist.

 

Im gegenständlichen Verfahren sind dem Bundesasylamt wiederum Verfahrensfehler unterlaufen, welche die Durchführung/Wiederholung einer Verhandlung/Einvernahme (neuerlich) notwendig machen:

 

Auszugehen ist zunächst von den Feststellungen des Bundesasylamtes, dass der Beschwerdeführer seinen Herkunftsstaat illegal verlassen hat und andererseits der aufgrund der Länderdokumentationsmaterialien gezogenen Schluss, dass im Falle des Beschwerdeführers "nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden" kann, dass er "im Falle der Rückkehr nicht in den Fokus der staatlichen Behörden gelangen würde und keiner unmenschlichen Behandlung ausgesetzt" wäre (AS 503).

 

Aufbauend darauf und mit dieser Prüfung in unmittelbarem Zusammenhang stehend, hätte sich die Verwaltungsbehörde nicht bloß darauf beschränken dürfen, die als unglaubwürdig qualifizierte Fluchtgeschichte, die Beziehung des römisch-katholischen Beschwerdeführers zu einem moslemischen Mädchen betreffend, auf ihre asylrechtliche Relevanz hin zu beurteilen.

 

Sie hätte sich entsprechend dem im Erkenntnis des ersten Rechtsganges erteilten, mit der speziellen den Beschwerdeführer - als Angehöriger der römisch-katholischen Glaubensgemeinschaft - treffenden Rückkehrsituation auseinandersetzen müssen. Umso mehr, als das Bundesasylamt selbst mehrfach - wie oben auf Seite 7 dieses Erkenntnisses wiedergegeben - ganz allgemein zumindest von einem interkonfessionellen Spannungsverhältnis ausgeht; insofern erweist es sich sohin als unabdingbar - vor dem Hintergrund einer diesbezüglich potentiell schwelenden Situation - abzuklären, ob der römisch-katholische Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr gerade aufgrund seiner Religionszugehörigkeit der Gefahr einer strengeren Bestrafung als Personen muslimischen Glaubensbekenntnisses ausgesetzt ist. Der Rückzug auf Feststellungen ganz allgemeinen und darüber hinaus bloß oberflächlichen Charakters ist daher im gegenständlichen Fall nicht hinreichend. Die Unterlassung der entsprechenden Ermittlungstätigkeit hat der Beschwerdeführer im Verfahren auch zutreffend moniert.

 

Da der Beschwerdeführer - (unpräjudiziell) nicht unplausibel - die Nichtbefolgung eines zwischenzeitlichen Einberufungsbefehls ins Treffen führte, ist eine diesbezüglich allfällig drohende Bestrafung gleichfalls unter dem Aspekt seiner Religionszugehörigkeit in Prüfung zu nehmen - unabhängig davon, dass im Lichte der von der Verwaltungsbehörde angenommenen bürgerkriegsähnlichen Zustände die Nichtbefolgung eines Einberufungsbefehls als oppositionelle Gesinnung angesehen werden könnte; die Ermittlungstätigkeit hat sohin auch diesen Fragenkomplex miteinzubeziehen.

 

Sohin war spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Befragung, Beweiswürdigung, Diskriminierung, Ermittlungspflicht, Kassation, Militärdienst, politische Gesinnung, Wehrdienstverweigerung
Zuletzt aktualisiert am
07.05.2013
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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