Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Mag. DDr. Tessar über die Berufung des Herrn Mag. Erich H., vertreten durch RA, gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien, Polizeikommissariat Innere Stadt, vom 29.10.2012, GZ: S 262.971-S/2011, betreffend zwei Verwaltungsübertretungen nach 1.) § 76 Abs. 5 iVm § 99 Abs. 3 lit. a StVO und 2.) § 1 Abs. 1 Z 1 WLSG wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs. 4 AVG wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt. Der Berufungswerber hat daher gemäß § 65 VStG keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.
Der Schuld- und Strafausspruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses lautet wie folgt:
"Sie haben am 21.12.2011 um 23.42 Uhr in Wien, S.-gasse
1.)
als Fußgänger die Fahrbahn nicht in angemessener Eile überquert.
2.)
weiters haben Sie die Exekutivbediensteten, die offensichtlich mit einer Amtshandlung beschäftigt waren dessen Tätigkeit ins lächerliche gezogen in dem Sie beim Vorbeigehen verhöhnend grinsten sowie haben Sie die gesamte Amtshandlung mit den Worten: ?Ihr seids genauso deppat wie die Burschen vom L.!, Ihr kennts euch null aus!, Ihr wisst gar net, was ihr tun dürfts!?, ?vor der Polizei hab i sowieso keinen Respekt mehr, da ich vor einigen Jahren schlechte Erfahrungen mit Beamten der Polizeiinspektion L. gemacht hab! Seit dem ist die Polizei für mich unnötig!? kommentiert und dadurch den öffentlichen Anstand verletzt:
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:
1.)
§ 76 Abs. 5 StVO iVm § 99 Abs. 3 lit. a StVO
2.)
§ 1 Abs. 1 Z 1 WLSG
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:
1.) Geldstrafe von ? 70,00, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 35 Stunden, gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO
2.) Geldstrafe von ? 70,00, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 35 Stunden, gemäß § 1 Abs. 1 WLSG Weitere Verfügungen (z.B. Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft):
Gemäß § 19a VStG wird die am 21.12.2011 erlittene Vorhaft von 23.51 Uhr bis 00.34 Uhr, das sind 43 Minuten, mit einem Geldbetrag in Höhe von ? 1,43 dem Punkt 1.) der Geldstrafe angerechnet.
Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:
? 14,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe. Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher ? 152,57.?
Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vorliegende Berufung, in der der Berufungswerber im Wesentlichen vorbringt, keine strafbare Handlung begangen zu haben. Wörtlich wurde u.a. ausgeführt wie folgt:
?Herr Mag. Erich H. ging am 21.12.2011, gegen 23:40 Uhr mit Bekannten am Taxistand in der S.-gasse, Wien vorbei und wollte gemeinsam mit Bekannten zum Würstelstand bei der Ba. gehen.
In der Höhe, wo sich in der S.-gasse die Taxis befinden, wurden offensichtlich die Taxis seitens Exekutivbediensteter kontrolliert, wobei ein Bekannter von Mag. Erich H. in Richtung der Exekutivbeamten eine Äußerung von sich gab, welche Mag. H. selbst nicht verstanden hat.
Der Bekannte von Mag. H. wurde in der Folge seitens einer Polizistin in einem äußerst rüden Ton mit dem Worten "San's angsoffen" konfrontiert. Mag. H., welcher das Verhalten der Exekutivbeamtin in keinster Weise nachvollziehen konnte, drehte sich daraufhin zur Polizeibeamtin um und fragte sinngemäß, ob es üblich wäre in diesem Ton anderen Personen nachzurufen.
In der Folge wurde Mag. H. im Rahmen einer Diskussion grundlos zur Ausweisleistung aufgefordert und verweigerte Mag. H. den Ausweis herzuzeigen. In der Folge wurde Mag. H. festgenommen, mit Blaulicht zum D.-platz gebracht und nach etwa einer Stunde wieder entlassen.
Letztendlich wurde Mag. H. vorgeworfen die Fahrbahn an der Adresse S.-gasse, Wien, nicht in angemessener Eile überquert zu haben bzw. hätte dieser Exekutivbeamte "ins lächerliche gezogen in dem er beim Vorbeigehen verhöhnend grinste", sowie die gesamte Anhaltung mit den Worten "Ihr seids genauso deppat wie die Burschen vom L.!, Ihr kennts Eich null aus, Ihr wisst gar nicht was Ihr tun dürfts" zitiert. Weiters hätte er angeblich geäußert, dass er vor der Polizei sowieso keinen Respekt mehr hätte, da er vor einigen Jahren schlechte Erfahrungen mit Beamten der Polizeiinspektion L. gemacht hat und seitdem wäre die Polizei für ihn unnötig. Aufgrund dieser angeblich getätigten Äußerungen und trotz Rechtfertigung bzw. Stellungnahme zum Ergebnis des Beweisverfahrens wurde ein Straferkenntnis über Mag. Erich H. erlassen.?.
Unter Zugrundelegung dieser Sachverhaltsdarstellung habe der Berufungswerber schon deshalb nicht gegen § 76 Abs. 5 StVO verstoßen, zumal er nur im Begriff gewesen sei, die Fahrbahn zu überqueren, er aber tatsächlich die Fahrbahn niemals überquert habe. Dieser Vorwurf sei erst nachträglich ??ins Spiel gebracht?? worden, um ein Verwaltungsvergehen seitens des Berufungswerbers zu ??konstruieren??. Bezüglich des Vorwurfs der Anstandsverletzung führte er aus, niemals eine Beschimpfung getätigt zu haben. Gegen die Bestimmung des § 1 Abs. 1 Z 1 WLSG habe der Berufungswerber deshalb nicht verstoßen, da es sich bei all seinen Äußerungen um Meinungsäußerungen gehandelt habe, welche im konkreten Fall nicht strafbar waren bzw. die Erlassung eines Straferkenntnisses nicht rechtfertigen würden. Aus dem der Berufung beigeschlossenen erstinstanzlichen Akt ist ersichtlich, dass am 22.12.2012 durch die Bundespolizeidirektion Wien eine Anzeige erfolgte. In dieser wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, am 21.12.2011 um 23.42 Uhr in Wien, S.-gasse, als Fußgänger die Fahrbahn nicht in angemessener Eile überquert zu haben, obwohl an der ?dortigen Kreuzung? ein durch Lichtzeichen geregelter Schutzweg vorhanden (gewesen) sei. Weiters habe er die Tätigkeit der Exekutivbediensteten, die offensichtlich mit einer Amtshandlung beschäftigt waren, ins Lächerliche gezogen, indem er beim Vorbeigehen verhöhnend gegrinst habe. Aufgrund dieses Grinsens sei der Berufungswerber durch die Meldungslegerin aufgefordert worden, das Verhalten einzustellen. Daraufhin sei der Berufungswerber zur Meldungslegerin gegangen und habe die Ausfolgung der Dienstnummer der Meldungslegerin verlangt. Von der Meldungslegerin sei dem Berufungswerber in weiterer Folge aber keine Dienstnummer ausgefolgt worden, sondern sei dem Berufungswerber nur mündlich die Dienstnummer ?mehrmals? (daher offenkundig trotz der mehrmaligen Urgenz des Berufungswerbers, die Dienstnummer in Kartenform auszuhändigen) bekannt gegeben worden. Daraufhin sei der Berufungswerber von der Meldungslegerin zur Ausweisleistung aufgefordert worden.
Dieser Aufforderung sei der Berufungswerber mit den Worten: ?Sicher net! Auf was hinauf? I hab gar nichts gemacht! Außerdem mag i die Polizei net! I denk net daran, meinen Ausweis her zu geben!? nicht nachgekommen.
Daraufhin sei der Berufungswerber aufgefordert worden, die Fahrbahn zu verlassen. Auf diese Aufforderung habe er zur Antwort gegeben, dass er die ?Fahrbahn? jetzt photographieren müsse. In weiterer Folge sei ein Bekannter des Berufungswerbers, welcher zu diesem Zeitpunkt zu den Ort, an welchen sich der Berufungswerber befunden hatte, gekommen, und sei diesem Bekannten des Berufungswerbers von der Meldungslegerin mitgeteilt worden, warum der Berufungswerber angehalten werde. (Aus dieser Äußerung ist wohl zu folgern, dass der Berufungswerber schon zu diesem Zeitpunkt festgenommen gewesen war.)
Entgegen dieser aus dem Zusammenhang folgerbaren Annahme, dass der Berufungswerber bereits zu diesem Zeitpunkt festgenommen worden war, wird in weiterer Folge in der Anzeige vermerkt, dass der Berufungswerber danach über die rechtlichen Voraussetzungen für den Ausspruch einer auf § 35 VStG gestützten Festnahme belehrt worden sei.
Wohl nach der Mitteilung des Vorhabens, dass im Falle der Nichtausweisleistung der Berufungswerber aufgrund des § 35 VStG festgenommen werde, daher wohl aufgrund der Androhung einer Festnahme, habe daraufhin der Berufungswerber gesagt:
?Ihr seids genauso deppat wie die Burschen vom L.!, Ihr kennts euch null aus, Ihr wisst gar net, was ihr tun dürfts!?, ?vor der Polizei hab i sowieso keinen Respekt mehr, da ich vor einigen Jahren schlechte Erfahrungen mit Beamten der Polizeiinspektion L. gemacht hab! Seit dem ist die Polizei für mich unnötig!?. Danach sei der Berufungswerber neuerlich zur Ausweisleistung aufgefordert worden, und wurde nun auch förmlich die Festnahme im Falle des Nichtnachkommens dieser Aufforderung angedroht.
Da die Identität des Berufungswerbers nicht durch eine Ausweisleistung seinerseits ermittelt werden habe können, sei dieser in weiterer Folge aufgrund des Umstands, dass dieser bei einer Verwaltungsübertretung auf frischer Tat betreten worden sei, gemäß § 35 Abs. 1 VStG vorläufig festgenommen worden. Nachdem der Berufungswerber auch weiterhin sein strafbares Verhalten nicht eingestellt hatte, sei dieser in weiterer Folge gemäß § 35 Abs. 3 VStG vorläufig festgenommen worden.
Danach sei ihm auf sein Verlangen die Dienstnummer des Insp. Rü. ausgefolgt worden. Nach der erfolgten Überstellung des Berufungswerbers in das Wachzimmer D.-platz sei dort eine Personenuntersuchung vorgenommen worden. Im Zuge dieser Personenuntersuchung sei beim Berufungswerber ein auf ihn ausgestellter Führerschein gefunden worden. Da nun dessen Identität eindeutig geklärt gewesen sei, sei die Festnahme wieder aufgehoben worden.
Aufgrund dieses als Anstandsverletzung eingestuften Verhaltens des Berufungswerbers sei, laut den Angaben in der Anzeige, sodann wegen Übertretung des § 1 Abs. 1 Z 1 WLSG eine Anzeige gelegt worden. In diesem Zusammenhang wurde bemerkt, dass die Amtshandlung auch von Passanten beobachtet werden habe können. Nicht geht aber aus der Anzeige hervor, ob Passanten auch dem zwischen dem Berufungswerber und den Polizisten geführten Gespräch zugehört hatten.
Weiters wurde aufgrund des Umstands, dass der Berufungswerber in der Sprache als auch der Bewegung ein ?der gebotenen Ruhe entbehrendes, mit ungewöhnlicher Heftigkeit verbundenes Verhalten? gesetzt hatte, eine Übertretung des § 82 Abs. 1 SPG zur Anzeige gebracht.
Zudem wurde eine Übertretung des § 76 Abs. 5 StVO angezeigt, zumal der Berufungswerber die Fahrbahn nicht in der angemessenen Eile überquert hatte. Diesbezüglich wurde bemerkt, dass sich nur wenige Meter vom Vorfallsort entfernt ein durch Lichtzeichen geregelter Schutzweg befindet (befunden habe). Gegen die in weiterer Folge erlassene Strafverfügung vom 13.5.2012 erhob der Berufungswerber mit Schriftsatz vom 23.5.2012 einen Einspruch. In diesem führte er aus, dass er am 21.12.2011 gegen 23.40 Uhr mit Bekannten am Taxistand in der S.-gasse vorbeigegangen sei. Er habe sich zum Würstelstand bei der Ba. begeben wollen. Im Bereich des Taxistandplatzes seien Taxis von Exekutivbeamten kontrolliert worden. Als der Berufungswerber mit einem Bekannten an diesem Bereich vorbeigegangen sei, habe der Bekannte etwas zu den Exekutivbeamten gesagt, was der Berufungswerber nicht verstanden habe. Daraufhin habe ihm eine Exekutivbeamtin mit der angeblichen
Dienstnummer 29... in rüdem Ton die Worte ?San´s angsoffn? nachgerufen. In weiterer
Folge habe sich der Berufungswerber umgedreht und gefragt, ob es üblich sei, in diesem Ton als Exekutivbeamter jemanden nachzurufen. Daraufhin sei dem Berufungswerber von dieser Beamtin sinngemäß mitgeteilt worden, dass ihn dies nichts angehe, und dass dieser umgehend weitergehen müsse. Unmittelbar darauf habe sich ein anderer Exekutivbeamter ins Gespräch eingemischt und den Berufungswerber aufgefordert, sich auszuweisen. Dieser Aufforderung sei der Berufungswerber nicht nachgekommen, zumal er als Jurist gewusst habe, dass ein Exekutivbeamter nicht grundlos und ohne vorher auf Wunsch die Dienstnummer auszuhändigen eine Ausweiskontrolle durchführen dürfe. Daher habe der Berufungswerber diesen Exekutivbeamten aufgefordert, die Dienstnummer auszuhändigen und den Grund für die begehrte Ausweiskontrolle bekannt zu geben. Diese Frage wurde lediglich dahingehend beantwortet, dass der Berufungswerber eine Amtshandlung stören würde. Auf die Frage, welche Amtshandlung gemeint sei, wurde ihm keine Antwort gegeben. In weiterer Folge habe der Exekutivbeamte auch vom Begleiter des Berufungswerbers dessen Ausweis sehen wollen. Nach einer kurzen Diskussion sei daraufhin der Berufungswerber vom Exekutivbeamten festgenommen und dann gegen seinen Willen in einem Streifenkraftwagen mit Blaulicht ins Wachzimmer D.-platz verbracht worden. Letztlich sei der Berufungswerber dort etwa eine Stunde festgehalten worden. Zum Vorwurf, die Fahrbahn nicht in angemessener Geschwindigkeit überquert zu haben, wurde eingewandt, dass der Berufungswerber niemals die Fahrbahn tatsächlich überquert habe. Diese Bestimmung des § 76 Abs. 5 StVO sei daher nicht verletzt worden.
Auch sei nicht nachvollziehbar, inwiefern der Berufungswerber den öffentlichen Anstand verletzt haben sollte; zumal in Österreich die Meinungsfreiheit garantiert sei. Es sei niemals zu Beschimpfungen seitens des Berufungswerbers gekommen. Obgleich die Tätigung der Äußerung ?vor der Polizei habe ich sowieso keinen Respekt mehr etc.? bestritten werde, wäre eine solche Äußerung in einem Rechtsstaat im Rahmen der Meinungsäußerungsfreiheit nicht strafbar. Auch sei keine Amtshandlung gestört worden. Im Übrigen sei die Festnahme rechtswidrig gewesen. Auch seien die Exekutivbeamten nicht befugt gewesen, grundlos eine Identitätsprüfung des Berufungswerbers vorzunehmen, zumal kein Grund des § 35 SPG vorgelegen sei.
Zu diesen Ausführungen des Berufungswerbers gab die in der Anzeige als erste angeführte Meldungslegerin Insp. F. in ihrer Stellungnahme vom 6.7.2012 an, dass sie niemanden ?nachplärren? würde. Sie könne sich auch nicht erinnern, jemals die Worte ?San´s angsoffen? nachgerufen zu haben. Sie habe mit anderen Kollegen eine Lenker- und Fahrzeugkontrolle durchgeführt. Als der Berufungswerber und sein Begleiter an den Beamten vorbeigegangen seien, habe der Begleiter applaudiert und eine spöttische Aussage getätigt. Daraufhin sei der Begleiter des Berufungswerbers von ihr gefragt worden, ob es ein Problem gäbe und dieser etwas mitteilen möchte. Darauf sei dieser grinsend weitergegangen. Der Berufungswerber aber habe sich umgedreht und habe ihre Dienstnummer ausgehändigt erhalten wollen. Diese Dienstnummer sei dem Berufungswerber von ihr mehrmals nur mündlich mitgeteilt worden. Daraufhin sei der Berufungswerber aufgefordert worden weiterzugehen. Dieser sei dieser Aufforderung nicht nachgekommen, und habe er die Meldungslegerin als ?unwissend? beschimpft. Weiters wurde von dieser Meldungslegerin ausgeführt, dass der Berufungswerber infolge des Verstoßes gegen § 76 Abs. 5 StVO zur Ausweisleistung aufgefordert worden sei. Da der Berufungswerber dieser Ausweisleistung nicht nachgekommen sei, sei dieser in weiterer Folge festgenommen worden.
Ausschlaggebend für die Anzeige wegen des Verstoßes gegen § 1 Abs. 1 Z 1 WSLG sei nach den Ausführungen dieser Meldungslegerin nicht die Äußerung des Berufungswerbers, wonach dieser vor der Polizei keinen Respekt mehr habe, gewesen. Vielmehr seien Beschimpfungen wie ?Ihr seids sowieso nur Kasperln? und ?Ihr seids genauso deppat wie die Burschen vom L.? als Übertretungen dieser Norm eingestuft worden.
Weiters gab auch der in der Anzeige als Zweiter angeführte Meldungsleger, Chefinsp. Ho., eine Stellungnahme zu den Ausführungen des Berufungswerbers ab. Demnach seien von der Meldungslegerin und dem Meldungsleger im Rahmen eines Planquadrats im Bereich der S.-gasse Lenker- und Fahrzeugkontrollen vorgenommen worden. Während eine solche Kontrolle durchgeführt worden sei, habe der Berufungswerber beim Vorbeigehen die in der Anzeige dargelegten spöttischen Aussagen getätigt. Sodann habe der Berufungswerber sich zu Insp. F. begeben, und habe dieser in weiterer Folge in schroffer Weise die Ausfolgung der Dienstnummern der beiden Meldungsleger verlangt. Daraufhin habe Frau Insp. F. ihre Dienstnummer mehrmals mündlich mitgeteilt. Im Anschluss daran wurde der Berufungswerber von der Meldungslegerin mehrmals aufgefordert, die Fahrbahn zu verlassen. In weiterer Folge habe der Berufungswerber die Meldungslegerin als unwissend ?beschimpft?. Es sei dem Berufungswerber (danach) des öfteren mitgeteilt worden, dass die von den Meldungslegern durchgeführte Lenker- und Fahrzeugkontrolle als Amtshandlung einzustufen sei. Es entspreche nicht der Wahrheit, dass die Meldungslegerin jemandem ?San´s angsoffen? nachgeschrien habe. Zur Legitimation seien lediglich der Berufungswerber und sein Begleiter, Mag. Sch., aufgefordert worden, da beide von den Meldungslegern bei der Verletzung des § 76 Abs. 5 StVO auf frischer Tat betreten worden seien. Da der Berufungswerber sich nicht ausgewiesen habe, sei dieser über die Bestimmung des § 35 Abs. 1 VStG aufgeklärt worden. Doch habe der Berufungswerber die Androhung der Festnahme ins Lächerliche gezogen, und habe dieser versucht, durch verhöhnendes Grinsen zu provozieren. Daraufhin sei der Berufungswerber vorläufig festgenommen und in das Wachzimmer am D.-platz gebracht worden. Die Anzeige wegen Übertretung des § 1 Abs. 1 Z 1 WLSG sei u.a. aufgrund der Aussagen ?Ihr seids sowieso nur Kasperl? und ?Ihr seids genauso deppat wie die Burschen vom L.? erfolgt, zumal durch diese das übliche Maß der Meinungsfreiheit überschritten worden sei. Auch sei die Feststellung der Identität des Berufungswerbers aufgrund der Bestimmung des § 35 Abs. 1 Z 1 WLSG, und daher nicht nach dem Sicherheitspolizeigesetz erfolgt. Zudem wurde auch von Insp. P. eine Stellungnahme zu den Ausführungen des vom Berufungswerber eingebrachten Einspruchs abgegeben. In dieser wurde vorgebracht, dass sich Insp. P. zum gegenständlichen Zeitpunkt gemeinsam mit den Meldungslegern im Zuge des Planquadrats im Bereich der S.-gasse aufgehalten habe. Er habe bemerkt, dass der Berufungswerber und sein Gefährte an den Polizisten vorbeigegangen und dass (zumindest von einem der beiden) applaudiert worden sei. Zumindest einer der beiden habe zudem spöttische Wortlaute in Richtung der Polizisten gerufen; doch könne nicht mehr angegeben werden, was genau gerufen worden sei. Jedenfalls hätten sich diese Äußerungen auf die Tätigkeit der Polizisten bezogen, welche offenbar missfallen habe. Etwas später habe Insp. P. wieder in Richtung des Berufungswerbers geblickt und wahrgenommen, dass dieser flotten Schritts in Richtung der Meldungslegerin zugegangen sei und sofort schroff aus kurzer Distanz diese aufgefordert habe, sofort ihre Dienstnummer herzugeben. Währenddessen sei Mag. Sch. in Richtung des auf der anderen Straßenseite liegenden Würstelstands weitergegangen. Insp. P. habe nicht bemerkt, dass die Meldungslegerin die Worte ?San´s angsoffen? nachgerufen habe. Der Berufungswerber habe sich danach ?protzend und provozierend mitten auf der Fahrbahn? platziert und ständig die Dienstnummer der Meldungslegerin gefordert. Diese habe dem Berufungswerber mehrmals mündlich die Dienstnummer zur Kenntnis gebracht. Auch habe diese den Berufungswerber laufend aufgefordert, die Fahrbahn zu verlassen. Danach sei auch Mag. Sch. zurückgekommen, welcher die Meldungslegerin von oben herab wie ein Schulkind behandelt und immer wieder spöttisch gegrinst habe. Auch sei die Meldungslegerin von Mag. Sch. laufend als ?Mädl? angesprochen worden. In weiterer Folge habe Mag. Sch. zu schreien und den hinzugekommenen Insp. P. zu beschimpfen begonnen.
Weiters gab Insp. P. an, dass der Berufungswerber mehrmals zur Ausweisleistung aufgefordert worden sei. In diesem Zusammenhang sei der Berufungswerber gefragt worden, warum er so unkooperativ sei; was der Berufungswerber damit begründet habe, dass er vor Jahren schlechte Erfahrungen mit Polizisten des Wachzimmers am L. gemacht hatte und sich seither ein Feindbild gegen die Polizei aufgebaut habe. Er führte auch aus, dass er die Anweisungen der Polizei deshalb nicht befolge, weil er die ?Kasperl? nicht ernst nehme. Für ihn sei die österreichische Polizei ein Kasperlverein bestehend aus lauter ungebildeten, dummen Trotteln, die eh nicht wissen, was sie tun.
Auch sei dem Berufungswerber mitgeteilt worden, dass er sich nach einer Ausweisleistung aufgrund seiner begangenen Verwaltungsübertretungen vom Ort entfernen könne. Die Aufforderung zur Ausweisleistung sei deshalb erfolgt, weil der Berufungswerber bei der Begehung einer Verwaltungsübertretung auf frischer Tat betreten worden sei. Dies sei ihm mehrmals gesagt worden. Vor seiner Festnahme sei mindestens 15 Minuten versucht worden, den Berufungswerber zur Vernunft zu bringen. Auch sei er darauf hingewiesen worden, dass er im Falle der Weigerung zur Ausweisleistung festgenommen werden würde. Letztlich sei eine Festnahme erfolgt, und sei der Berufungswerber zum Wachzimmer am D.-platz verbracht worden. Der Berufungswerber habe deshalb gegen § 1 Abs. 1 Z 1 WLSG verstoßen, da er während der gesamten Amtshandlung die Meldungsleger beschimpft und diese mit ?Du? und ?Kasperl? angesprochen habe.
Im erstinstanzlichen Akt erliegt zudem auch eine Stellungnahme von Insp. Rü. zum Einspruchsvorbringen. Dieser gab an, aufgrund eines Unterstützungsansuchens in die S.-gasse gefahren zu sein. Vor Ort habe sich der Berufungswerber geweigert sich auszuweisen. Auch habe er sich insofern unkooperativ und provokativ verhalten als er sagte: ?Morgen seids eh in da Zeitung?, ?Von mir bekommen sie nichts?, ?Wenn es die Polizei nicht gäbe, wäre es besser? und ?Ihr werdet schon sehen, was ihr davon habt?. Nachdem der Berufungswerber abgemahnt worden sei, sei er in weiterer Folge festgenommen worden.
Weiters erliegt im Akt auch eine Stellungnahme von Insp. Hl., welcher ebenfalls aufgrund eines Unterstützungsersuchens zur S.-gasse gekommen war. Dieser konnte sich daran erinnern, dass der Berufungswerber wiederholt ?ein äußerst respektloses und unangebrachtes Verhalten an den Tag legte?. Der genaue Wortlaut der Äußerungen des Berufungswerbers habe nicht mitgehört werden können. Es sei auch bemerkt worden, dass der Berufungswerber mehrmals lauter geworden sei und unangebrachte Gesten getätigt habe. Auch habe er sinngemäß etwa gesagt: ?Ihr seids morgen alle in der Zeitung. Von euch Kasperln lass ich mir sicher nichts sagen.? Der Berufungswerber sei auch mehrmals abgemahnt und in weiterer Folge gemäß § 35 Abs. 3 VStG festgenommen worden.
Letztlich wurde auch von Herrn BzI R. ein Bericht verfasst. Aus diesem geht hervor, dass auch BzI R. aufgrund eines Unterstützungsersuchens in die S.-gasse gekommen ist. Vor Ort sei BzI R. von der Meldungslegerin mitgeteilt worden, dass der Berufungswerber wegen eines vorschriftswidrigen Verhaltens als Fußgänger angehalten worden sei. Das Unterstützungsersuchen sei deshalb erfolgt, da der Berufungswerber wie auch Mag. Sch. sich weigern würden sich auszuweisen, und zudem diese in aggressiver Art und Weise die Amtshandlung behindern würden. BzI. R. habe (von einer nicht näher bezeichneten Person) auch die Worte ?Kasperln? wahrgenommen. Der Berufungswerber habe auch gesagt: ?Ihr seits ja genauso deppat wie die Kollegen vom L.?. Dem Berufungswerber sei auch mitgeteilt worden, dass aufgrund der Straßenverkehrsordnung eingeschritten werde. Demgegenüber habe der Berufungswerber seinen Standpunkt ?in einer derartigen Heftigkeit vertreten, dass er mit seinen Händen wild herumfuchtelte, um seine Ausführungen zu unterstreichen, und er mir mehrmals mit erhobenen Zeigefinger unmittelbar vor das Gesicht fuhr und lautstark mit Konsequenzen drohte (Beschwerde ?höherenorts? sowie Eingabe in Zeitungen)?. Nach mehreren Abmahnungen sei der Berufungswerber festgenommen worden. Der als Zeuge einvernommene Mag. Sch. gab anlässlich seiner Einvernahme am 30.7.2012 zu Protokoll, dass er in normalem Tempo die S.-gasse vor der Ba. überquert habe. Der Berufungswerber sei zurückgeblieben und sei in weiterer Folge wahrgenommen worden, dass dieser mit Polizeibeamten diskutiert hatte. Daraufhin sei Mag. Sch. zum Berufungswerber zurückgegangen und habe sich über den Grund der Diskussion erkundigt. Es sei ihm mitgeteilt worden, dass der Berufungswerber keinen Ausweis bei sich habe. Während seiner Anwesenheit habe der Berufungswerber keinesfalls nachfolgende Worte gesagt hat: ?Ihr seids genauso deppat wie die Burschen vom L.. Ihr kennts euch null aus. Ihr wisst gar net, was ihr tun dürfts. Vor der Polizei hab i sowieso keinen Respekt mehr, da ich vor einigen Jahren schlechte Erfahrungen mit Beamten der Polizeiinspektion L. gemacht habe. Seitdem ist die Polizei für mich unnötig.? Zum Vorwurf der Übertretung des § 76 Abs. 5 StVO wurde darauf hingewiesen, dass der Berufungswerber bereits 3 bis 4 Meter nach dem Betreten der Fahrbahn angehalten worden sei. Er habe daher die Fahrbahn gar nicht überquert. Der ebenfalls als Zeuge einvernommenen Ing. Christopher B. brachte anlässlich seiner Einvernahme am 4.9.2012 vor, dass er gemeinsam mit dem Berufungswerber und Herrn Mag. Sch. unterwegs gewesen und der Berufungswerber beim Überqueren der S.-gasse zurückgeblieben sei. In weiterer Folge seien der Zeuge und Herr Mag. Sch. zum Berufungswerber zurückgegangen. Der Zeuge sei bis zu seiner Festnahme beim Berufungswerber gestanden. Während dieser Zeit habe er keine Beleidigungen oder Beschimpfungen seitens des Berufungswerbers gegenüber den Polizisten vernommen. Anlässlich seiner Stellungnahme vom 11.10.2012 bestritt der Berufungswerber Aussagen wie ?Ihr werdet schon sehen, was ihr davon habt? getätigt zu haben. Der Berufungswerber habe deshalb die Ausweisleistung verweigert, da ihm von der Meldungslegerin nicht mitgeteilt worden sei, welches Delikt ihm vorgeworfen werde und weshalb (aufgrund welcher gesetzlichen Bestimmung) er zur ?Ausweisleistung? aufgefordert wurde. Insofern die Angaben der Stellungnahmen sich von der Sachverhaltsdarstellung des Berufungswerbers unterschieden, wurden diese bestritten. Zudem wurde vom Berufungswerber in dieser Stellungnahme darauf hingewiesen, dass dem Berufungswerber die Dienstnummer der Meldungslegerin nur in mündlicher Form bekannt gegeben worden sei. Diese habe der Berufungswerber unverzüglich notiert. Ihm sei die
Nummer 23... bekannt gegeben worden, und habe auch Mag. Sch. bestätigt, dass die
Meldungslegerin diese Nummer gesagt habe. Wenn nun von der Landespolizeidirektion Wien mitgeteilt werde, dass die Meldungslegerin nicht diese Nummer habe, so müsse angenommen werden, dass diese eine falsche Nummer bekannt gegeben hatte. Weiters führte er aus, dass erst im Nachhinein die Übertretung des § 76 Abs. 5 StVO ?konstruiert? wurde, was sich schon daraus ergebe, dass dem Berufungswerber zum Zeitpunkt der Kontaktaufnahme nicht der Vorwurf der Setzung einer Verwaltungsübertretung gemacht worden war. Vielmehr sei er ohne nähere Begründung zur Ausweisleistung aufgefordert worden. Erst nachdem er nach der Dienstnummer der Meldungslegerin gefragt hatte, sei dem Berufungswerber vorgeworfen worden, dass er sich einer nicht näher bezeichneten Straftat schuldig gemacht habe, und sei er dann ohne Angaben von Gründen zur Ausweisleistung aufgefordert worden. Daraus sei zu ersehen, dass der Grund für das Verhalten der Meldungsleger der Umstand gewesen sei, dass der Berufungswerber von seinem Recht, eine unangebrachte Verhaltensweise eines Sicherheitswachebeamten zu kritisieren, Gebrauch gemacht hatte. Aus dem von der Erstbehörde am 23.10.2012 beigeschafften Verwaltungsstrafauszug der Landespolizeidirektion Wien geht zudem hervor, dass keine verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen zum Berufungswerber vorlagen.
DER UNABHÄNGIGE VERWALTUNGSSENAT WIEN HAT ERWOGEN:
Aufgrund der übereinstimmenden Angaben des Berufungswerbers wie auch aller Zeugen wird festgestellt, dass der Berufungswerber am 21.12.2011 gegen 23.50 Uhr im Bereich des Fußgängerübergangs nächst des S.-rings im Bereich der S.-gasse die Fahrbahn betreten hatte und gemeinsam mit Herrn Mag. Sch. und Herrn Ing. B. im Begriff war, die Fahrbahn in angemessener Geschwindigkeit zu überqueren. Zu diesem Zeitpunkt wurden nächst dem Gehsteig durch die Meldungsleger Lenker- und Fahrzeugkontrollen durchgeführt.
Festgestellt wird weiters, dass die Meldungslegerin (jedenfalls) das zu diesem Zeitpunkt gesetzte Verhalten des Berufungswerbers und des Mag. Sch. (nämlich deren Grinsen) bzw. die zu diesem Zeitpunkt gesetzte Äußerung des Herrn Mag. Sch. (nämlich dessen Kommentierung der polizeilichen Amtshandlung) in Richtung der Meldungslegerin als provokant oder unrechtmäßig eingestuft hatte. Zu diesem Ergebnis hat man deshalb zu gelangen, da nur so das daraufhin von der Meldungslegerin bzw. von einem männlichen Sicherheitswachebeamten gesetzte Verhalten gegenüber dem Berufungswerber (nämlich entweder nach der Version des Berufungswerbers im Einspruchsschriftsatz der Auftrag sich auszuweisen oder nach der Version der Meldungslegerin in der Anzeige der Auftrag das Verhalten einzustellen) erklärbar ist. Wie auch immer der Auftrag gelautet haben mag, so ist er jedenfalls vom Berufungswerber als ein Befehl und daher als eine gegen ihn gerichtete Amtshandlung einzustufen gewesen und ist dieser Auftrag auch unter objektiver Betrachtungsweise als eine gegen ihn gerichtete Amtshandlung einzustufen. Unbestritten hat der Berufungswerber in weiterer Folge die Aushändigung der Dienstnummer eines bzw. einer Sicherheitswachebeamtin verlangt. Diesbezüglich hat der Berufungswerber Widersprüchliches vorgebracht. Während er noch in seinem Einspruch behauptet, von dem Sicherheitswachebeamten, welcher ihn zur Ausweisleistung aufgefordert hatte, keine Dienstnummer bekanntgegeben erhalten zu haben, bringt er in seiner Stellungnahme vom 11.10.2012 vor, er habe von der Meldungslegerin deren Dienstnummer verlangt, und habe diese ihm die Dienstnummer nur mündlich erteilt, obgleich er die wiederholt die Herausgabe der Dienstnummernkarte verlangt hatte. Zudem brachte er in dieser Stellungnahme noch vor, dass er sich die mündlich bekanntgegebene Nummer notiert hatte, und dass ihm danach mitgeteilt worden sei, dass die Meldungslegerin eine andere als die ihm mitgeteilte Dienstnummer habe. Diese letzteren Angaben decken sich (bis auf die Behauptung der Bekanntgabe einer falschen Dienstnummer) mit den Angaben der Meldungslegerin. Bei Zugrundelegung der diesbezüglich unbestrittenen Angaben der Anzeige wie auch aller Sicherheitswachebeamten hielt sich der Berufungswerber ab seiner erstmaligen Forderung zur Bekanntgabe einer Dienstnummer in nächster Nähe zur Meldungslegerin auf.
Unbestritten ist der Berufungswerber in weiterer Folge (weiterhin) zur Ausweisleistung aufgefordert worden, welcher dieser (auch weiterhin) nicht nachgekommen ist. Hinsichtlich dieser Feststellung sind die Angaben des Berufungswerbers wie auch der Meldungsleger insofern divergent, als der Berufungswerber nach seinen Angaben im Einspruchsschriftsatz (welche in der Stellungnahme vom 11.10.2012 aber nicht mehr erwähnt werden) schon vor seinem Verlangen auf Bekanntgabe einer Dienstnummer zur Ausweisleistung aufgefordert worden ist; während nach der Version der Anzeige der Meldungslegerin der Berufungswerber erst nach seinem Wunsch auf Aushändigung der Dienstnummer der Meldungslegerin und zudem erst nach seinem Beharren auf die Aushändigung der Dienstnummernkarte zur Ausweisleistung aufgefordert worden ist.
Im Zuge dieser Aufforderungen brachte der Berufungswerberin unstrittig auch vor, dass er nicht zur Ausweisleistung verpflichtet sei. Zu dieser Feststellung hat man einerseits aufgrund des diesbezüglichen Vorbringens des Berufungswerbers und andererseits auch bei Würdigung der Anzeigenangaben zu gelangen. Nur unter Zugrundelegung der Annahme, dass der Berufungswerber die Zulässigkeit der Aufforderung zur Ausweisleistung bestritten hat, erscheint nämlich die Wendung in der Anzeige lebensnah, wonach die Meldungslegerin dem Berufungswerber erklärt habe, dass der Grund für ihre Aufforderung zur Ausweisleistung darin begründet sei, dass dieser bei einer Verwaltungsübertretung auf frischer Tat betreten worden sei. Es ist nämlich völlig unüblich, dass ein Sicherheitswachebeamter, ohne danach gefragt zu werden, gegenüber einer zur Ausweisleistung verhaltenen Person die rechtlichen Voraussetzungen für die Befugnis zur Ausweisleistungsaufforderung darlegt. Im Übrigen führt der Berufungswerber selbst unbestritten aus, dass er die Meldungslegerin darauf hingewiesen habe, dass jemand nur bei Vorliegen einer gesetzlichen Grundlage zu einer Ausweisleistung aufgefordert werden dürfe. Ob nun aber tatsächlich dem Berufungswerber mitgeteilt worden ist, dass er aufgrund einer auf frischer Tat gesetzten Verwaltungsübertretung zur Ausweisleistung verhalten werde, ist zwar strittig (laut dem Einspruchsvorbringen wurde nämlich die Aufforderung zur Ausweisleistung damit begründet, dass der Berufungswerber die Amtshandlung störe), aber im Grunde im Hinblick auf den gegenständlichen Verfahrensgegenstand nicht weiter klärungsbedürftig. Übereinstimmend in allen Versionen wurde dem Berufungswerber infolge seiner fortgesetzten Weigerung zur Ausweisleistung seine Festnahme für den Fall der fortgesetzten Verweigerung der Ausweisleistung angedroht. Bei Zugrundelegung der Angaben der Meldungslegerin wie auch der Sicherheitswachebeamten erscheint es zudem als unstrittig, dass der Berufungswerber in weiterer Folge die Rechtmäßigkeit einer allfälligen Festnahme seiner Person negiert hat, wobei es nahe liegt, dass der Berufungswerber für sein Vorbringen auch rechtliche Argumente vorgebracht hat.
Nur nach den Angaben der Sicherheitswachebeamten hat der Berufungswerber in weiterer Folge die gegenständlich inkriminierten Äußerungen getätigt. Diese Äußerungen sind, falls diese vom Berufungswerber ausgesprochen worden sein sollten, offenkundig in Reaktion auf das (zutreffend) nach Ansicht des Berufungswerbers mehrfache rechtswidrige Verhalten der Meldungslegerin bzw. der Meldungsleger und die ebenfalls rechtswidrige Inaussichtstellung seiner Festnahme erfolgt. Bei Zugrundelegung der Anzeigenausführungen sind diese Äußerungen nämlich erfolgt, nachdem der Berufungswerber sich geweigert hatte, sich auszuweisen und dieser über die Regelung des § 35 VStG (und daher wohl auch über die Befugnis, den Berufungswerber im Falle der Verweigerung der Ausweisleistung festzunehmen) belehrt worden ist.
Die Darstellung des Verhaltens in der Anzeige legt es implizit nahe, dass der Berufungswerber diese Worte spontan und (abgesehen vom rechtswidrigen Verhalten der Meldungsleger) ohne jeglichen Anlass, und zudem in beleidigender Absicht ausgesprochen hat. Wenn man nun aber den offenkundig noch auf detaillierte Erinnerungen an diese Äußerung basiert habenden Angaben des Insp. P., welchen schon aufgrund ihrer Konkretheit ein im Vergleich zu den übrigen Angaben der Sicherheitswachebeamten verhältnismäßig höheres Gewicht beizumessen ist, folgt, so hat der Berufungswerber die gegenständliche, zur Anzeige gebrachte Äußerung anders und in einem anderen Kontext ausgesprochen.
In der Stellungnahme des Insp. P. wird nämlich zur Situation, in welcher der Berufungswerber sinngemäß die oa Worte gesagt haben soll, aufgeführt wie folgt:
?Da sich das stetige Bemühen der Insp. F., den Einspruchswerber zu einer Ausweisleistung zu bewegen nicht bewährte, versuchte ich beruhigend und entgegenkommend mit dem Einspruchswerber ins Gespräch zu kommen. Dabei versuchte ich zu hinterfragen, warum er gegenüber uns so unkooperativ ist. Dabei entgegnete er mir sinngemäß, dass er vor Jahren schlechte Erfahrungen mit Polizisten der PI L. hatte und sich seither ein Feindbild gegen die Polizei aufgebaut hat. Er meinte weiter sinngemäß, dass er immer genau das Gegenteil tun werde, was ihm die Polizei sagt, weil er solche "Kasperln" nicht ernst nimmt. Für ihn sei die österreichische Polizei ein Kasperlverein bestehend aus lauter ungebildeten, dummen Trotteln, die eh nicht wissen, was sie tun. Man lerne in der Polizeischule ja nicht einmal lesen und schreiben. Die österreichische Polizei sei sinngemäß ein Verein von lauter ungebildeten Sozialversagern. Solche Menschen würden einer Person wie ihm sicher nicht sagen was er zu tun oder zu lassen habe, so Einspruchswerber sinngemäß.?
Bei Zugrundelegung dieser Ausführungen von Insp. P. hat der Berufungswerber die in der Anzeige sinngemäß wiedergegebenen, gegenständlich abgelasteten Worte nicht spontan und ohne scheinbaren Anlass, sondern in Beantwortung einer an ihn durch Herrn Insp. P. gestellten Frage ausgesprochen. Wenn man nun aber bedenkt, dass diese Worte zum Insp. P. aufgrund einer von diesem an den Berufungswerber gestellten Frage, warum dieser nicht kooperativ sei, ausgesprochen wurden, so erscheint es durchaus wahrscheinlich, dass Insp. P. besser als die übrigen, nicht persönlich angesprochenen Sicherheitswachebeamten an den Kontext und die Intention dieser (angeblichen) Äußerungen sich erinnern und auch wiedergeben kann. Wenn man nun aber dieser Darstellung des Insp. P. folgt, so hat der Berufungswerber diese Worte ausgesprochen, als er versucht hat zu erklären, warum er sich trotz der Androhung der Festnahme weigere sich auszuweisen. Zudem geht aus dieser Darstellung des Insp. P. hervor, dass der Berufungswerber anlässlich dieser Antwort in relativierender Weise, nämlich unter dem Hinweis, damit nur seine eigene Einschätzung bzw. Ansicht wiederzugeben (vgl. die Worte: ?Dabei entgegnete er mir sinngemäß, dass er vor Jahren schlechte Erfahrungen mit Polizisten der PI L. hatte und sich seither ein Feindbild gegen die Polizei aufgebaut hat. [?] Für ihn sei [?]), ausgesprochen hat.?
Zu Spruchpunkt 1)
Gemäß § 76 Abs. 5 StVO haben Fußgänger die Fahrbahn in angemessener Eile zu überqueren. Außerhalb von Schutzwegen haben sie den kürzesten Weg zu wählen; hiebei dürfen sie den Fahrzeugverkehr nicht behindern.
Gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen. Voraussetzung für die Verhängung einer Verwaltungsstrafe ist das Vorliegen eines Verhaltens, welches als tatbildlich gesetzt zu qualifizieren ist. Unter Zugrundelegung des im Verwaltungsstrafverfahren allgemein gültigen Rechtsgrundsatzes "in dubio pro reo" darf nur dann eine Bestrafung erfolgen, wenn mit der für eine strafrechtliche Verurteilung erforderlichen Sicherheit feststeht, dass das der Verurteilung zugrundeliegende strafbare Verhalten auch tatsächlich von der beschuldigten Person verwirklicht worden ist.
Im gegenständlichen Fall wurde dem Berufungswerber unter Spruchpunkt 1.) eine verbale Tatanlastung gemäß § 76 Abs. 5 StVO zur Last gelegt, wonach er die Fahrbahn in angemessener Eile zu überqueren habe.
Aus dem erstinstanzlichen Akt ergibt sich jedoch kein Hinweis darauf, dass der Berufungswerber die Fahrbahn überquert hatte. Sowohl im Spruch des angelasteten Straferkenntnisses als auch in dessen Begründung ist lediglich angeführt, dass er die Fahrbahn betreten und bis zur Kontaktaufnahme mit der Meldungslegerin im Begriff war, die Fahrbahn zu überqueren. Wenn, dann könnte dem Berufungswerber daher nur der Versuch der Übertretung des § 76 Abs. 5 StVO angelastet werden; doch wurde gerade dies nicht angelastet und ist insbesondere in Anbetracht der Regelungen des § 76 Abs. 1 und 2 StVO wohl auch § 76 Abs. 5 StVO dahingehend auszulegen, dass im Falle, dass jemand offenkundig von seinem Bestreben die Fahrbahn zu überqueren Abstand nimmt, auch nicht mehr von einem Versuch der Erfüllung des Tatbilds des § 76 Abs. 5 StVO ausgegangen werden kann.
Letztlich könnte daher dem Berufungswerber - wenn überhaupt - die Übertretung des § 76 Abs. 2 StVO vorgeworfen werden, was aber dem Berufungswerber niemals zur Last gelegt wurde. Wenn man berücksichtigt, dass sich die Meldungslegerin stets am Fahrbahnrand befunden hatte, zumal Lenker- und Fahrzeugkontrollen regelmäßig am Fahrbahnrand durchgeführt werden, muss zudem davon ausgegangen werden, dass sich auch der Berufungswerber am Fahrbahnrand aufgehalten hatte; was auch mit den Angaben des Berufungswerbers und des Zeugen Mag. Sch. übereinstimmt und im Übrigen niemals bestritten wurde. Da der Berufungswerber zudem offenkundig die Fahrbahn nicht für andere Verkehrsteilnehmer überraschend betreten hatte, hat dieser sohin denkunmöglich gegen die Vorgaben des § 76 Abs. 1 StVO verstoßen. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass der Berufungswerber, wie nachfolgend dargelegt, durchaus berechtigt darauf insistiert hatte, von der auf der Fahrbahn stehenden Meldungslegerin deren Dienstnummernkarte ausgehändigt zu erlangen, und in weiterer Folge von den Meldungslegern angehalten worden ist. Da zudem aus der Anzeige und den Angaben der Sicherheitswachebeamten der Berufungswerber in nächster Nähe zur Meldungslegerin mit dieser gesprochen hatte, vermag auch nicht erkannt zu werden, dass es Verkehrsteilnehmern nicht möglich gewesen ist, die Fahrbahn ungefährdet bzw. unbehindert zu benutzen. So gesehen ist zu folgern, dass der Berufungswerber wohl auch keine Übertretung des § 76 Abs. 2 StVO gesetzt hatte. Da der Berufungswerber die ihm unter Spruchpunkt 1) zur Last gelegte Verwaltungsübertretung somit nicht begangen hat, war das Verfahren diesbezüglich spruchgemäß zur Einstellung zu bringen.
Zu Spruchpunkt 2)
Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 WLSG begeht, wer den öffentlichen Anstand verletzt, eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu EUR 700,--, im Falle der Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu einer Woche zu bestrafen. Der Begriff des "öffentlichen Anstandes" wird weder im WLSG noch in den einzelnen verwaltungsstrafrechtlichen Normen der anderen Landespolizeistrafgesetze klar definiert. Zum Teil finden sich in den einschlägigen Bestimmungen demonstrativ aufgezählte Verhaltensweisen, die geeignet sind, den öffentlichen Anstand zu verletzen. Zur Umschreibung dieses Rechtsbegriffs bedienen sich die Landesgesetzgeber darüber hinaus kaum mehr Klarheit verschaffender Begriffe und Definitionen wie "gesittet", "anstößig", "Grundsätze der Schicklichkeit", "grober Verstoß gegen die in der Öffentlichkeit zu beachtenden Pflichten", etc.. Im Übrigen erfolgten durch die höchstgerichtliche Judikatur Ausführungen zum ?Anstandsbegriff? der Landessicherheitspolizeigesetze (vgl. dazu ausführlich Frühwirth R., Öffentlicher Anstand. Der Versuch einer Annäherung an einen vagen Begriff, juridikum 2011, 63).
Der VwGH definiert das Vorliegen einer Anstandsverletzung u.a. wie folgt:
"Der Tatbestand der Verletzung des öffentlichen Anstandes wird durch ein Verhalten erfüllt, das mit den allgemeinen Grundsätzen der Schicklichkeit nicht im Einklang steht und das einen groben Verstoß gegen diejenigen Pflichten darstellt, die jedermann in der Öffentlichkeit zu beachten hat. Bei der Beurteilung der Verletzung jener Formen des äußeren Verhaltens, die nach Auffassung gesitteter Menschen der Würde des Menschen als sittlicher Person bei jedem Heraustreten aus dem Privatleben in die Öffentlichkeit entsprechen, ist ein objektiver Maßstab anzulegen." (vgl. VwGH 19. 10. 2005, 2003/09/0074 mwN; i.d.S. auch VwGH 12.3.1968, 1400/67; 16.2.1971, 1695/70; 6.11.1973, 1351/72; 25.11.1975, 2287/74; 17.12.1990, 89/10/0050). Der VfGH wiederum hat festgehalten, dass es bei der Beurteilung, ob ein Verhalten den öffentlichen Anstand verletzt, unter anderem auf die Art des Publikums und seine Erwartungen ankommt:
"Ob der Anstand verletzt wird oder nicht, kann auch bei einer öffentlichen Äußerung nicht bloß nach ihrem Wortlaut beurteilt werden. Es kommt vielmehr entscheidend darauf an, mit welchen Äußerungen die in Betracht kommenden Zuhörer den Umständen nach zu rechnen haben. Auch hier gilt, was für den gesamten Bereich des öffentlichen Anstandes charakteristisch ist: dass nämlich die Erfordernisse in jeder Situation andere sind; was in der einen anstößig ist, kann in der anderen ganz natürlich sein. Wer eine - wenn auch öffentliche - Theateraufführung besucht, muss weithin eine Sprache in Kauf nehmen, die er im täglichen Leben grob anstößig finden würde. Andererseits gibt es Gelegenheiten und Anlässe in der Öffentlichkeit, bei denen Formulierungen, die sonst kaum auffallen, als so schwerer Verstoß gegen die Schicklichkeit erscheinen, dass sie auch in einer demokratischen Gesellschaft nicht hingenommen werden müssen. Die berechtigten Erwartungen sind dort und da ganz verschieden. Die Öffentlichkeit ist ferner keine einheitliche Größe. Was tragbar ist, wechselt auch nach der Art des Publikums. (?) Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Freiheit der Meinungsäußerung fordert besondere Zurückhaltung in der Beurteilung einer Äußerung als strafbare Anstandsverletzung."
(vgl. VfSlg 10.700/1985)
Diese Definition zeigt, dass die Frage, ob ein Verhalten den Anstand verletzt oder nicht, von jeweils den Einzelfall betreffenden Umständen abhängt und dabei vor allem auch auf die Rezeption des Verhaltens beim "Publikum" abzustellen ist. In diesem Sinne ist daher wohl auch der Ausspruch des Verwaltungsgerichtshofs zu verstehen, wonach Beschimpfungen nicht schon grundsätzlich unter allen Umständen bereits als Verstoß gegen die Würde des Menschen und gegen die Pflichten der guten Sitten beurteilt werden können (vgl. VwGH 25.11.1975, 2287/74). Zudem ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs bei der Lösung der Rechtsfrage, ob eine schriftliche Äußerung den Anstand verletzt zu berücksichtigen, dass die Behörden in einer demokratischen Gesellschaft Äußerungen der Kritik, des Unmuts und des Vorwurfs ohne übertriebene Empfindlichkeit hinnehmen müssen (vgl. VwGH 2.7.1990, 90/19/0299; 15.10.2009, 2008/09/0344; 17.4.2012, 2010/04/0133). Nach der höchstgerichtlichen Judikatur werden als Anstandsverletzung insbesondere lauthals vorgetragene Beschimpfungen bzw. der Gebrauch von Schimpfwörtern gewertet. (vgl zum Gebrauch des "Götz-Zitates" VwGH 28. 6. 1987, 85/10/0170, zur Verwendung von Wörtern wie "Wixer" VwGH 27. 7. 1987, 84/10/0234), zur Bezeichnung als "Arschlöcher" oder "Scheißdreck" VwGH 26. 6. 1995, 93/10/0201). Der VwGH setzte sich auch mit der Frage auseinander, ob die öffentliche Bezeichnung eines Politikers als "Rassist" eine Anstandsverletzung darstellt. Anlass war das Benennen des damaligen bayrischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber als solchen durch DemonstrantInnen während dessen Auftritt bei einer öffentlich zugänglichen Wahlveranstaltung der ÖVP in Graz. In diesem Zusammenhang hat der VwGH betont, dass die bloße Verwendung dieses Wortes und die öffentliche Bezeichnung einer Person als "Rassist" für sich allein genommen nicht als unanständig, anstößig oder unschicklich anzusehen sei. Im konkreten Fall hat der VwGH insbesondere auf die Notwendigkeit hingewiesen, zu berücksichtigen, dass es bei der Benennung von Stoiber als Rassist durch gleichzeitiges Zeigen eines Transparents mit früheren (von den DemonstrantInnen als rassistisch gewerteten) Äußerungen des Redners darum ging, einen Zusammenhang mit diesen Äußerungen Stoibers herzustellen und es dementsprechend "um den Ausdruck eines Werturteils und nicht um eine bloß unartige und unschickliche Beleidigung ging." Zudem hat der VwGH dem Kontext, in dem die von den Verwaltungsstrafbehörden als anstößig bewertete Äußerung gefallen ist, besondere Bedeutung beigemessen, da das Publikum einer Wahlkampfveranstaltung mit Unmutsäußerungen politisch Andersgesinnter zu rechnen habe. Wörtlich hat er betont:
"[W]er an einem solchen Ort eine politische Veranstaltung abhält oder besucht, muss in Kauf nehmen, dabei auch mit kritischen und oder auch ablehnenden Formen der Meinungsäußerung konfrontiert zu werden." (vgl. VwGH 19. 10. 2005, 2003/09/0074). Auch nach der (ausdrücklich die Judikatur des EGMR rezipierenden) Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zum § 111 StGB ist bei der Feststellung des Bedeutungsinhalts einer Äußerung stets nicht bloß die inkriminierte Äußerung selbst, sondern auch das Anlass dafür gebende Ereignis zu beachten (vgl. OGH 8.5.2008, 15 Os 6/08h). Diese Ausführungen zeigen zwei wichtige Kriterien für die Beurteilung einer Äußerung als Anstandsverletzung auf: Zum einen kommt es nicht auf den Wortlaut allein, sondern vor allem auf den Kontext einer Äußerung an. Dabei gilt es insbesondere zu berücksichtigen, welchem Publikum eine Äußerung zur Kenntnis gebracht wird und welche Form von Äußerungen dieses Publikum erwarten konnte bzw musste. Darüber hinaus ist eine sonst womöglich als "unschicklich" oder "anstößig" zu wertende Äußerung dann nicht als solche zu qualifizieren, wenn sie Ausdruck eines - zulässigen - Werturteils ist.
Eine Anstandsverletzung liegt überdies dann nicht vor, wenn die inkriminierte Äußerung überhaupt kein Publikum erreicht. Schließlich ist der verwaltungsgerichtlichen Judikatur zufolge das Tatbild der Verletzung des öffentlichen Anstands nur dann erfüllt, wenn zumindest die "konkrete Möglichkeit der Kenntnisnahme über den Kreis der Beteiligten hinaus gegeben" ist. (vgl VwGH 20. 11. 2008, 2005/09/0111 mwN). So ist die Beschimpfung eines Polizeibeamten mit den Worten "Leck mich doch am Arsch" dann keine Verletzung des öffentlichen Anstandes, wenn sie in einem Telefongespräch erfolgte "und daher die konkrete Möglichkeit der Kenntnisnahme von der Äußerung [?] über den Kreis der Beteiligten hinaus nicht ohne weiteres anzunehmen war." (vgl VwGH 20. 11. 2008, 2005/09/0111) Hingegen reicht die bloße "konkrete Möglichkeit der Kenntnisnahme" für die Erfüllung des Tatbilds bereits aus. Diese Möglichkeit - und damit die Strafbarkeit des Verhaltens - war etwa beim Gebrauch von Schimpfwörtern wie "Arschlöcher" oder "Scheißdreck" im Amtszimmer eines Magistratischen Bezirksamtes während der Dienstzeiten für den VwGH gegeben. (vgl. VwGH 26. 6. 1995, 93/10/0201).
Schon aufgrund des Gebots, einfachgesetzliche Bestimmungen möglichst verfassungskonform auszulegen, sind bei der Bewertung einer Äußerung als Anstandsverletzung mitunter auch grundrechtliche Garantien in den Beurteilungsvorgang miteinzubeziehen.
Der Verfassungsgerichtshof hat sich mit dem Spannungsverhältnis zwischen dem Verwaltungsstraftatbestand der Anstandsverletzung und der Meinungsäußerungsfreiheit auseinandergesetzt und dabei betont, dass die "Äußerung einer Meinung als solcher, sofern sie nicht aus anderen - zulässigen - Gründen verpönt ist, [?] in einer demokratischen Gesellschaft überhaupt keine Anstandsverletzung sein [kann]." Dazu hat er weiter festgehalten: "Ein solcher Vorwurf kann höchstens die Art und Weise treffen, wie diese Meinung in der Öffentlichkeit geäußert wird. So können insbesondere auch Ausdrücke wegen ihrer Derbheit und ihres unziemlichen Inhaltes geeignet sein, den Anstand zu verletzen [?]. Zwar fällt auch die Formulierung einer Meinungsäußerung in den Schutzbereich des Grundrechts. Eine gesetzliche Bestimmung aber, die unanständiges Verhalten in der Öffentlichkeit unterbindet, darf i.S.d. Art 10 Abs 2 MRK auch anstößige Formen der öffentlichen Meinungsäußerung treffen. [?]
Der verhältnismäßig vage Begriff des öffentlichen Anstandes erlaubt es, eine Verletzung im Bereich der Formulierung einer öffentlichen Meinungsäußerung nur dann anzunehmen, wenn die Notwendigkeit der damit verbundenen Einschränkung der Freiheit der Meinungsäußerung - gemessen an der Entscheidung des Gesetzgebers - unter Bedachtnahme auf das in Rede stehende Grundrecht im Einzelfall außer Zweifel steht."
(vgl. VfSlg 10.700/1985).
Auch der VwGH hat betont, dass ein i.S.d. Meinungsäußerungsfreiheit in zulässiger Form artikuliertes Werturteil keine Anstandsverletzung darstellen kann. (vgl. VwGH 19. 10. 2005, 2003/09/0074; 15. 10. 2009, 2007/09/0307).
§ 9 der Richtlinien-Verordnung (RLV), BGBl. Nr. 266/1993, samt Überschrift lautet wie folgt:
?Bekanntgabe der Dienstnummer
(1) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes haben von einer Amtshandlung Betroffenen auf deren Verlangen ihre Dienstnummer bekanntzugeben. Dies gilt nicht, solange dadurch die Erfüllung der Aufgabe gefährdet wäre. Die Bekanntgabe der Dienstnummer aus anderen Anlässen ist dem Organ freigestellt.
(2) Die Dienstnummer ist in der Regel durch Aushändigung einer mit der Dienstnummer, der Bezeichnung der Dienststelle und deren Telefonnummer versehenen Karte bekanntzugeben. Sofern gewährleistet ist, dass dem Betroffenen die Dienstnummer auf andere Weise unverzüglich zur Kenntnis gelangt, kann diese auch auf andere zweckmäßige Weise bekanntgegeben werden. Die zusätzliche Nennung seines Namens ist dem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes freigestellt.
(3) Im Falle des gleichzeitigen Einschreitens mehrerer Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder einer geschlossenen Einheit kann die Auskunft (Abs. 1) auch der Kommandant erteilen. Er kann den Betroffenen, sofern er ihm seine eigene Karte aushändigt, hinsichtlich jener Organe, die gegen ihn eingeschritten sind, auf eine schriftliche Anfrage verweisen. Das einzelne Organ kommt seiner Verpflichtung (Abs. 1) auch dann nach, wenn es den Betroffenen an den Kommandanten verweist.?
§ 35 VStG lautet wie folgt:
?Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes dürfen außer den gesetzlich besonders geregelten Fällen Personen, die auf frischer Tat betreten werden, zum Zweck ihrer Vorführung vor die Behörde festnehmen, wenn
1. der Betretene dem anhaltenden Organ unbekannt ist, sich nicht ausweist und seine Identität auch sonst nicht sofort feststellbar ist oder
2. begründeter Verdacht besteht, daß er sich der Strafverfolgung zu entziehen suchen werde, oder
3. der Betretene trotz Abmahnung in der Fortsetzung der strafbaren Handlung verharrt oder sie zu wiederholen sucht.?
Schon bei Zugrundelegung der zuvor dargestellten unstrittigen Sachverhaltskomponenten gelangt man nach Ansicht des erkennenden Senats selbst bei Zugrundelegung der Ausführungen der beim gegenständlichen Vorfall beteiligten Sicherheitswachebeamten zum Ergebnis, dass durch den Berufungswerber (gerade noch) kein Verstoß gegen die Bestimmung des § 1 Abs. 1 Z 1 WLSG gesetzt worden ist. Bei alleiniger Zugrundelegung der Angaben der Sicherheitswachebeamten wäre nämlich als erwiesen anzusehen, dass die Meldungslegerin den Berufungswerber aufgrund einer Verletzung des § 76 Abs. 5 StVO zur Ausweisleistung aufgefordert hatte, und dass die Meldungslegerin dem Berufungswerber auch mitgeteilt hatte, dass er wegen einer Übertretung des § 76 Abs. 5 StVO als auf frischer Tat betreten eingestuft werde und er aus diesem Grund zur Ausweisleistung verhalten werde (vgl. die diesbezüglichen Angaben der Meldungslegerin und der übrigen Sicherheitswachebeamten, welche diesbezüglich eine Ausführung gemacht haben).
Wenn man nun aber diesen Angaben der Meldungslegerin und der übrigen Sicherheitswachebeamten folgt, ist nach Ansicht des erkennenden Senats davon auszugehen, dass die Meldungslegerin (wohl aus Überforderung in der konkreten Situation) in zweifacher Hinsicht nicht rechtmäßig gehandelt hatte. Erstens hätte die Meldungslegerin nämlich (bei Zugrundelegung der Auslegung des § 9 Richtlinien-Verordnung durch den erkennenden Senat) gemäß § 9 Abs. 1 und 2 Richtlinien-Verordnung nicht ohne berechtigten Grund die Herausgabe der Dienstnummernkarte verweigern dürfen. Da nämlich ein Auftrag, ein bestimmtes (konkludent als strafbar eingestuftes) Verhalten einzustellen, als eine Amtshandlung anzusehen ist, war der Berufungswerber berechtigt, die Dienstnummer der Meldungslegerin zu verlangen. Diesfalls wäre die Meldungslegerin aber verpflichtet gewesen, eine Dienstnummernkarte auszuhändigen, was offenkundig nicht erfolgt ist. Zwar ist zu dieser Auslegungsfrage (nämlich ob bzw. wann eine Dienstnummernkarte auszuhändigen ist) bislang keine höchstgerichtliche Judikatur ergangen, doch kann nach Ansicht des erkennenden Senats dem Verordnungsgeber nicht unterstellt werden, dem ersten Satz des § 9 Abs. 2 Richtlinien-Verordnung keinen Verpflichtungscharakter beigemessen zu haben. Schon die Wendung ?ist ? bekanntzugeben? spricht dafür, dass der Gesetzgeber durch diesen Satz die Sicherheitswachebeamten zu einem bestimmten Verhalten verpflichten wollte. Zudem muss aufgrund der im ersten Satz eingefügten Wendung ?in der Regel? angenommen werden, dass der Verordnungsgeber durch den ersten Satz des § 9 Abs. 2 Richtlinien-Verordnung vorschreiben wollte, wie im Falle eines Verlangens auf Bekanntgabe der Dienstnummer in den Fällen, in welchen durch diese Bekanntgabe nicht die Erfüllung der Aufgabe gefährdet ist, grundsätzlich vorzugehen ist. Wenn man nun aber den ersten Satz des § 9 Abs. 2 Richtlinien-Verordnung in diesem Sinn auslegt, kann zwingend dem zweiten Satz des § 9 Abs. 2 Richtlinien-Verordnung nur die Bedeutung beigemessen werden, dass durch diesen Satz nur Konstellationen angesprochen werden, welche vom im ersten Satzes des § 9 Abs. 2 Richtlinien-Verordnung angesprochenen Regelfall abweichen; daher Konstellationen angesprochen werden, in welchen es aus einem bestimmten Grund nicht tunlich oder möglich ist, der die Dienstnummer verlangenden Person eine Dienstnummernkarten i. S.d. des ersten Satzes des § 9 Abs. 2 Richtlinien-Verordnung auszuhändigen. So gesehen ist dem zweiten Satz des § 9 Abs. 2 Richtlinien-Verordnung nicht der Sinn beizumessen, dass durch diesen Satz es dem Belieben eines Sicherheitswachebeamten freigestellt wird, die Vorgabe des ersten Satzes des § 9 Abs. 2 Richtlinien-Verordnung zu befolgen oder nicht zu befolgen.
Wollte man nämlich aus dem zweiten Satz des § 9 Abs. 2 Richtlinien-Verordnung ableiten, dass es dem Belieben eines Sicherheitswachebeamten freigestellt wird, die Vorgabe des ersten Satzes des § 9 Abs. 2 Richtlinien-Verordnung zu befolgen oder nicht zu befolgen, würde der zweite Satz des § 9 Abs. 2 Richtlinien-Verordnung normieren, dass es dem Belieben des jeweils angesproc