TE Vwgh Erkenntnis 2000/11/21 2000/11/0155

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Veröffentlicht am 21.11.2000
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
44 Zivildienst;

Norm

VwRallg;
ZDG 1986 §13 Abs1;
ZDG 1986 §8 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und Senatspräsident Dr. Bernard und Hofrat Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des C in G, vertreten durch Dr. Jürgen Daichendt, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Sterneckstraße 55, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 3. März 2000, Zl. 189017/5-IV/10/00, betreffend Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der im Jahr 1973 geborene Beschwerdeführer wurde im Jahr 1991 der Stellung unterzogen. Mit Einbringung der mängelfreien Zivildiensterklärung vom 23. März 1994 wurde er zivildienstpflichtig.

Mit Schreiben vom 15. Februar 1995 beantragte er seine Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des Zivildienstes und begründete dies damit, dass er das Tischlereiunternehmen seines Vaters habe übernehmen müssen, weil sich dieser im Herbst 1994 einer schweren Operation habe unterziehen müssen und seitdem nicht mehr arbeitsfähig sei. In der Tischlerei seien außer zwei Lehrlingen keine Mitarbeiter beschäftigt. Der betriebliche Erfolg hänge davon ab, dass er in den kommenden Jahren seine ganze Arbeitskraft einsetzen könne. Kreditfinanzierte Investitionen hätten monatliche Rückzahlungsraten in erheblichem Ausmaß zur Folge.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 1. Juni 1995 wurde der Beschwerdeführer aus besonders rücksichtswürdigen wirtschaftlichen Interessen von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes längstens bis 31. Dezember 1998 befreit. In der Begründung dieses Bescheides wurde ausgeführt, die Übernahme des Unternehmens durch den Beschwerdeführer sei infolge der unvorhergesehenen Verschlechterung des Gesundheitszustandes seines Vaters notwendig geworden. Der gewährte Befreiungszeitraum sei ausreichend, um finanzielle Verbindlichkeiten abzubauen, die weitere Ausbildung der Lehrlinge bis zum Lehrzeitende durchzuführen sowie durch entsprechende personelle oder sonstige geeignete Vorsorgemaßnahmen für die Vertretung während der Zivildienstleistung ab 1. Februar 1999 zu sorgen.

Mit Schreiben an die belangte Behörde vom 2. September 1999 beantragte der Beschwerdeführer der Sache nach die Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes, weil er auf Grund der Übernahme des Tischlereiunternehmens nicht in der Lage sei "zusätzlich den Zivildienst ableisten zu können".

Mit Schreiben vom 9. September 1999 forderte die belangte Behörde den Beschwerdeführer u.a. auf mitzuteilen, welche personellen oder sonstigen Vorsorgemaßnahmen er für seine Vertretung während der Zivildienstzeit getroffen habe.

Der Beschwerdeführer legte mit Schreiben vom 28. September 1999 eine Reihe von Unterlagen, insbesondere Kopien der Umsatzsteuervoranmeldungen für die Zeit vom August 1998 bis Juli 1999 vor und führte aus, er habe das "Unternehmensentwicklungsprogramm für Tischler" von Jänner bis Juli 1996 samt Konzepterstellung absolviert. Das Ziel seien qualifizierte Mitarbeiter und positive Betriebsergebnisse gewesen, damit eine qualifizierte Vertretung für die Dauer der Zivildienstleistung möglich sei. Für 1998 habe sich ein negatives Betriebsergebnis ergeben, damals beschäftigte Mitarbeiter hätten zu einer besser bezahlten Arbeitsstelle gewechselt. Zurzeit arbeite er mit einem Lehrling im dritten Lehrjahr und einer "50 %- Fachkraft" in der Werkstätte. Er sehe sich derzeit finanziell nicht in der Lage, eine qualifizierte Vertretung für den Betrieb anzustellen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag vom 2. September 1999 gemäß § 13 Abs. 1 Z. 2 Zivildienstgesetz - ZDG ab und führte begründend im Wesentlichen aus, dem Beschwerdeführer sei die befristete Befreiung mit Bescheid vom 1. Juni 1995 gewährt worden, damit er seiner Harmonisierungspflicht im Sinne des § 13 ZDG entsprechen könne. Die vom Beschwerdeführer getroffenen Vorsorgemaßnahmen seien zwar eingeleitet worden, jedoch nicht zielführend gewesen. Auf Grund der den Beschwerdeführer treffenden Harmonisierungspflicht sei es an ihm gelegen gewesen, geeignete Maßnahmen (nicht nur einmal in fünf Jahren) zu treffen, um seiner Verpflichtung zur Leistung des Zivildienstes nachkommen zu können. Die Notwendigkeit der Reaktion auf Personalfluktuationen bestehe für jeden Unternehmer. Weiters sei davon auszugehen, dass die Zuteilung von Krediten durch Banken von einem angemessenen Verhältnis der Einnahmen und Ausgaben abhängig sei und die (allfällige gestaffelte) Rückzahlung bei Laufzeiten von insgesamt 15 Jahren auch nach geleistetem Zivildienst zugemutet werden könne. Auf Grund der Rahmenbedingungen des Zivildienstes und der Beschäftigung von Mitarbeitern sei davon auszugehen, dass während der Leistung des ordentlichen Zivildienstes eine - zumindest eingeschränkte - Fortführung des Betriebes möglich sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:

Gemäß § 13 Abs. 1 Z. 2 ZDG hat der Bundesminister für Inneres den Zivildienstpflichtigen auf seinen Antrag von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes zu befreien, wenn und so lange es besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche oder familiäre Interessen erfordern.

Der Beschwerdeführer begründet die besondere Rücksichtswürdigkeit seiner wirtschaftlichen Interessen damit, dass nach dem Berufsausbildungsgesetz ein Lehrling nur unter entsprechend qualifizierter Aufsicht beschäftigt werden dürfe und ein Lehrverhältnis nur unter den in diesem Gesetz genannten Voraussetzungen aufgelöst werden könne.

Diesen Ausführungen ist entgegenzuhalten, dass der Beschwerdeführer seit dem Bescheid vom 1. Juni 1995 damit rechnen musste, nach Ablauf der Befristung für die Dauer der Zivildienstleistung nicht als Ausbilder zur Verfügung zu stehen. Er hätte daher kein neues Lehrverhältnis begründen dürfen, wenn die Erfüllung der Pflichten als Lehrberechtigter nicht sichergestellt ist. Wenn er dies trotzdem getan hat, hat der die ihn treffende Harmonisierungspflicht, d.h. die Pflicht, in seinen wirtschaftlichen Angelegenheiten so zu disponieren, dass bei Leistung des Zivildienstes vorhersehbare Schwierigkeiten vermieden werden, verletzt. Insoweit sind demnach die geltend gemachten wirtschaftlichen Interessen nicht besonders rücksichtswürdig.

Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid, der ihm am 17. Mai 2000 zugestellt wurde, auch deshalb für rechtswidrig, weil im vorliegenden Fall § 8 Abs. 2 ZDG analog anzuwenden gewesen wäre mit der Folge, dass der angefochtene Bescheid spätestens sechs Wochen vor dem Tag des voraussichtlichen Dienstantrittes - der Beschwerdeführer wurde mit dem (zu hg. Zl. 2000/11/0154 angefochtenen) Bescheid der belangten Behörde vom 18. April 2000 einer näher bezeichneten Einrichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes ab 5. Juni 2000 zugewiesen - hätte genehmigt und unverzüglich zugestellt werden müssen.

Diesem Vorbringen ist zu erwidern, dass kein Grund für eine analoge Anwendung des § 8 Abs. 2 ZDG auf solche Bescheide, mit denen über Anträge auf Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des Zivildienstes abgesprochen wird, erkennbar ist. Von einer Regelungslücke kann keine Rede sein, ist doch schon aus dem Wortlaut des § 13 Abs. 1 ZDG, im Besonderen aus der Parenthese "gleichgültig ob er bereits Zivildienst leistet oder noch nicht", eindeutig erkennbar, dass ein Bescheid, mit dem über einen Befreiungsantrag abgesprochen wird, nicht in einem zeitlichen Mindestabstand vor dem Tag des Dienstantrittes ergehen muss.

Im Rahmen der Verfahrensrüge wirft der Beschwerdeführer der belangten Behörde vor, sie habe nicht ausreichend begründet, welche konkreten kaufmännischen Sorgfaltspflichten er verletzt habe und welche konkreten Maßnahmen er hätte setzen müssen.

Dazu ist zunächst festzuhalten, dass die belangte Behörde im Bescheid vom 1. Juni 1995, mit dem der Beschwerdeführer befristet bis 31. Dezember 1998 befreit wurde, davon ausgegangen ist, dass bis Ende 1998 entsprechende Dispositionen möglich sind. Der Beschwerdeführer ließ damals den Befristungsausspruch unbekämpft. In seinem Antrag vom 2. September 1999 hat der Beschwerdeführer keine Angaben darüber gemacht, welche Maßnahmen er ergriffen habe, um nach Ablauf der Frist seiner Zivildienstpflicht nachkommen zu können. Über Vorhalt der belangten Behörde vom 9. September 1995 erbrachte er lediglich den Nachweis dafür, in der Zeit von Jänner bis Juli 1996 an dem genannten "Unternehmensentwicklungsprogramm" teilgenommen zu haben. Diese Teilnahme stellt für sich allein offenbar keine geeignete Maßnahme dar, um drei Jahre später während der Zeit der Zivildienstleistung den Betrieb fortführen zu können. Auf Grund des mangelnden Vorbringens und Beweisanbotes des Beschwerdeführers konnte die belangte Behörde nicht davon ausgehen, er habe alles ihm Zumutbare unternommen, um für die Zeit seiner zivildienstbedingten Abwesenheit für eine entsprechend qualifizierte Vertretung als Unternehmensleiter zu sorgen oder während dieser Zeit den Betrieb, allenfalls in eingeschränktem Umfang, selbst mit entsprechendem Personal weiterführen zu können. Mangels konkreten Vorbringens des Beschwerdeführers bestand für die belangte Behörde kein Grund, von sich aus Überlegungen zur Finanzierung einer Vertretungskraft anzustellen. Auch die Verfahrensrüge erweist sich somit als unbegründet.

Aus den dargelegten Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 21. November 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:2000110155.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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