Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §6;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Kleiser und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde des Konvents der X in Y, vertreten durch Mag. Michael Schuszter, Rechtsanwalt in 7000 Eisenstadt, Thomas A. Edison Straße 2, TechLab, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend vom 4. Mai 2012, Zl. BMWFJ-96.103/0005-I/11/2012, betreffend eine Angelegenheit nach dem Maß- und Eichgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Eichamtes E. vom 27. Mai 2011 wurde über 630 näher bezeichnete Weinflaschen im Klosterkeller der beschwerdeführenden Partei eine Verwendungssperre gemäß § 52 Abs. 1 des Maß- und Eichgesetzes verhängt.
Die dagegen erhobene Berufung der beschwerdeführenden Partei wies das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen mit Bescheid vom 28. September 2011 ab. Die gegen diesen Bescheid erhobene weitere Berufung der beschwerdeführenden Partei vom 10. Oktober 2011 wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid als verspätet zurück.
Begründend führte sie im Wesentlichen aus, der Bescheid des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen vom 28. September 2011 sei der beschwerdeführenden Partei am 30. September 2011 zugestellt worden; die zweiwöchige Berufungsfrist habe deshalb am 14. Oktober 2011 geendet. Dass die Berufung enthaltende Kuvert sei jedoch erst am 20. Oktober 2011 mit einem Eingangsstempel des Eichamtes E. versehen worden. Da der Postkasten des "BEV-Gebäudes" in Eisenstadt zweimal pro Woche entleert werde, die Entleerungen in der fraglichen Zeit laut Auskunft des Leiters des Eichamtes E. am 10., 11., 13., 17. und 20. Oktober 2011 stattgefunden hätten, und die eingelangten Poststücke am Kuvert von der Kanzlei einen Eingangsstempel mit dem Datum der Entnahme aus dem Postkasten erhielten, könne angenommen werden, dass die Berufungsfrist im gegenständlichen Fall am 20. Oktober 2011 bereits abgelaufen gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte, die Beschwerde abzuweisen und ihr Aufwandersatz für die Aktenvorlage zuzuerkennen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die Beschwerde macht geltend, ihr sei von der belangten Behörde zur Frage der Rechtzeitigkeit der Berufung kein Parteiengehör eingeräumt worden. Wäre ein solches gewährt worden, so hätte die beschwerdeführende Partei vorbringen und unter Beweis stellen können, dass die Berufung gar nicht in den Postkasten eingeworfen, sondern per Boten am 12. Oktober 2011 einem Mitarbeiter des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen übergeben worden sei und dieser Mitarbeiter die Berufungsschrift auch entgegengenommen habe, sodass die Berufung ungeachtet des "fälschlich mit '20.10.2011' angebrachten Datumsstempels am Kuvert" am 12. Oktober 2011 fristgerecht eingebracht worden sei.
Dieses Vorbringen führt die Beschwerde nicht zum Erfolg:
Nach der Aktenlage hatte die beschwerdeführende Partei vor Erlassung des angefochtenen Bescheides zwar keine Gelegenheit, zur Frage der Rechtzeitigkeit der Berufung vom 12. Oktober 2011 Stellung zu nehmen, weshalb ihr Beschwerdevorbringen nicht dem Neuerungsverbot im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unterliegt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 13. Juni 2012, Zl. 2011/06/0051).
Dem behaupteten Verfahrensmangel fehlt jedoch die notwendige Relevanz:
Gemäß § 63 Abs. 5 AVG ist die Berufung bei jener Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Dies gilt auch für Berufungen, die - wie im gegenständlichen Fall (§ 32 iVm § 52 Maß- und Eichgesetz) - bei einem dreigliedrigen Instanzenzug gegen Bescheide der zweiten Instanz erhoben werden und über die die Behörde dritter Instanz zu entscheiden hat. Bei der Behörde zweiter Instanz kann die Berufung in diesem Fall nicht rechtswirksam eingebracht werden, und zwar auch nicht unter Heranziehung des gesetzlichen Vermutung des § 63 Abs. 5 letzter Satz AVG. Abweichendes gilt nur bei fehlerhafter Rechtsmittelbelehrung oder bei rechtzeitiger Weiterleitung gemäß § 6 AVG (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 2012, Zl. 2011/08/0220).
Nach dem Beschwerdevorbringen wurde die Berufung gegen den Bescheid des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen vom 28. September 2011 - entgegen seiner korrekten Rechtsmittelbelehrung - "per Boten am 12.10.2011 einem Mitarbeiter des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen", also der zweitinstanzlichen Behörde, übergeben. Anders als die beschwerdeführende Partei vermeint, war die Berufung damit nicht "fristgerecht eingebracht", sondern sie musste selbst unter Zugrundelegung des Beschwerdevorbringens erst auf Gefahr des Berufungswerbers an die Behörde erster Instanz weitergeleitet werden. Dass diese Weiterleitung noch innerhalb der Berufungsfrist und damit rechtzeitig erfolgt war, lässt sich weder dem Beschwerdevorbringen noch den Verwaltungsakten entnehmen, die für den behaupteten Geschehensablauf überhaupt keinen Beleg bieten.
Ausgehend davon legt die Beschwerde aber nicht ausreichend dar, dass bei Berücksichtigung ihres neuen Vorbringens ein anderes, für sie günstigeres Verfahrensergebnis erreicht werden hätte können.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 9. April 2013
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2013:2012040076.X00Im RIS seit
10.05.2013Zuletzt aktualisiert am
03.07.2014