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L72004 Beschaffung Vergabe Oberösterreich;Norm
BVergG 2006 §319 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Grünstäudl, Dr. Kleiser, Mag. Nedwed und Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde der Stadt Wien, Wiener Wohnen, vertreten durch Schwartz Huber-Medek & Partner Rechtsanwälte OG in 1010 Wien, Stubenring 2, gegen den Bescheid des Vergabekontrollsenates Wien vom 22. April 2010, Zl. VKS - 2838/10, betreffend vergaberechtliche Nachprüfung (weitere Partei: Wiener Landesregierung; mitbeteiligte Partei:
X GmbH & Co KG in Y), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Antrag der belangten Behörde auf Zuerkennung von Aufwandersatz wird abgewiesen.
Begründung
Mit Spruchpunkt 4. des Bescheides des Vergabekontrollsenates Wien vom 22. April 2010 wurde gemäß § 19 Abs. 1 WVRG 2007 ausgesprochen, dass die Beschwerdeführerin (als Antragsgegnerin im Nachprüfungsverfahren) schuldig sei, der mitbeteiligten Partei (als Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren) die von dieser entrichteten Pauschalgebühren von EUR 7.782,00 binnen 14 Tagen zu ersetzen.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde - soweit vorliegend wesentlich - aus, die mitbeteiligte Partei habe am 3. März 2010 einen Nachprüfungsantrag bei der belangten Behörde betreffend eine Ausschreibung der Beschwerdeführerin (zum Abschluss eines Rahmenvertrages zur Durchführung von Anstreicher-, Maler-, Bodenlegerarbeiten sowie zur Durchführung von Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereinigerleistungen in städtischen Wohnhausanlagen der Beschwerdeführerin in allen 23 Wiener Bezirken) eingebracht.
Der Antrag auf Nichtigerklärung der mitbeteiligten Partei sei nicht berechtigt gewesen: Zum einen sei die angefochtene Mitteilung der Beschwerdeführerin, die Ausschreibungsunterlagen nicht inhaltlich zu berichtigen, keine gesondert anfechtbare Entscheidung (im Sinne des § 2 Z. 6 lit. a sublit. aa BVergG 2006) gewesen, weil es sich um eine bloße Information und nicht um eine Festlegung eines Verfahrensschrittes gehandelt habe. Zum anderen sei die Anfechtung der Festlegung in der Ausschreibung, dass die ÖNORM B 2111, Ausgabe 1. Mai 2000, anzuwenden sei, ins Leere gegangen, weil diese Festlegung bereits mit öffentlich verkündetem Bescheid der belangten Behörde am 14. Jänner 2010 für nichtig erklärt und seitdem nicht mehr Bestand der Ausschreibungsunterlagen gewesen sei.
Dennoch sei der Antrag der mitbeteiligten Partei auf Gebührenersatz im Ergebnis berechtigt: Der mitbeteiligten Partei sei im Zeitpunkt der Antragstellung der Umstand, dass die von ihr angefochtene Festlegung bereits für nichtig erklärt worden sei, nicht bekannt gewesen. Sie habe sich daher zur Wahrung ihrer Rechte genötigt gesehen, die Anfechtung der Ausschreibungsunterlagen vorzunehmen. Daher sei die Einbringung des Nachprüfungsantrages zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung dienlich gewesen. Die mitbeteiligte Partei sei erst durch die (in Reaktion auf die Nichtigerklärung) erfolgte siebente Berichtigung der Ausschreibung durch die Beschwerdeführerin am 8. März 2010 klaglos gestellt worden. Deshalb sei der Beschwerdeführerin gemäß § 19 Abs. 1 WVRG 2007 der Ersatz der von der mitbeteiligten Partei entrichteten Pauschalgebühren aufzutragen gewesen.
Gegen Spruchpunkt 4. des Bescheides vom 22. April 2010 richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, diesen Spruchpunkt wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben und das Land Wien als Rechtsträger der belangten Behörde zum Kostenersatz zu verpflichten.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 19 Abs. 1 zweiter Satz Wiener Vergaberechtsschutzgesetz 2007, LGBl. Nr. 65/2006 in der Fassung LGBl. Nr. 18/2010 (WVRG 2007), hat der Antragsteller oder die Antragstellerin Anspruch auf Ersatz seiner oder ihrer gemäß § 18 entrichteten Gebühren durch den Auftraggeber oder die Auftraggeberin, wenn er oder sie während des anhängigen Verfahrens klaglos gestellt (§ 21 Abs. 4) wird.
Gemäß § 21 Abs. 4 WVRG 2007 ist der Antrag, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Antragsteller oder die Antragstellerin klaglos gestellt wurde, und wenn der Antrag nicht zurückgezogen wird oder als zurückgezogen gilt (Abs. 3), nach Anhörung des Antragstellers oder der Antragstellerin in nichtöffentlicher Sitzung mit Bescheid als gegenstandslos zu erklären und das Verfahren einzustellen.
2. Der Verwaltungsgerichtshof hat zur Rechtslage des § 23 Abs. 1 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 und des § 319 Abs. 1 BVergG 2006 festgehalten, für den Anspruch auf Ersatz der entrichteten Gebühren wegen Klaglosstellung komme es darauf an, dass der Nachprüfungsantrag für die Klaglosstellung ursächlich und die Entrichtung der Pauschalgebühr zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig gewesen sei (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. November 2010, Zl. 2008/04/0023, und das hg. Erkenntnis vom 2. Oktober 2012, Zl. 2008/04/0132). Diese Rechtsprechung kann auf die inhaltsgleiche Regelung des § 19 Abs. 1 zweiter Satz WVRG 2007 übertragen werden.
3. Der Nachprüfungsantrag der mitbeteiligten Partei richtete sich gegen die Festlegung in der Ausschreibung der Beschwerdeführerin, dass die ÖNORM B 2111, Ausgabe 1. Mai 2000, anzuwenden sei.
Diese Festlegung wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 14. Jänner 2010, Zl. VKS - 8100/09, für nichtig erklärt. Jedoch wurde dieser Bescheid mit Bescheid der belangten Behörde vom 24. Juni 2010 gemäß § 62 Abs. 4 AVG dahingehend berichtigt, dass die Anführung der "ÖNORM B 2111/2000" (in der Nichtigerklärung) zu entfallen habe (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 6. März 2013, Zl. 2010/04/0037, in dem der Verwaltungsgerichtshof seiner Prüfung die berichtigte Fassung des Bescheides der belangten Behörde vom 14. Jänner 2010 zu Grunde legte).
Der unangefochten gebliebene Berichtigungsbescheid wirkt auf den berichtigten Bescheid zum Zeitpunkt der Erlassung des berichtigten Bescheides zurück und bildet mit dem berichtigten Bescheid eine Einheit (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. März 2006, Zl. 2002/17/0023, mwN).
Aus diesem Grund durfte die belangte Behörde im Beschwerdefall die siebente Berichtigung der Ausschreibung durch die Beschwerdeführerin als Klaglosstellung nach § 19 Abs. 1 zweiter Satz WVRG 2007 ansehen, da die mit Bescheid der belangten Behörde vom 14. Jänner 2010 in der berichtigten Fassung erfolgte Nichtigerklärung die von der mitbeteiligten Partei angefochtene ÖNORM B 2111/2000 nicht erfasste. Somit war die siebente Berichtigung der Ausschreibung durch die Beschwerdeführerin ursächlich für die Abweisung des Nachprüfungsantrages der mitbeteiligten Partei, sodass von einer Klaglosstellung während des anhängigen Verfahrens im Sinn des § 19 Abs. 1 zweiter Satz WVRG 2007 gesprochen werden kann.
4.
Daher war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
5.
Dem Antrag der belangten Behörde auf Aufwandersatz war nicht stattzugeben, da Land und Stadt Wien eine einzige Gebietskörperschaft sind und somit die Beschwerdeführerin zugleich Rechtsträgerin der belangten Behörde ist (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 22. November 2011, Zl. 2006/04/0056, mwN). Wien, am 9. April 2013
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2013:2010040105.X00Im RIS seit
10.05.2013Zuletzt aktualisiert am
28.05.2013