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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
ASVG §49 Abs3 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Lehofer und MMag. Maislinger als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde des R H in U, vertreten durch Dr. Christian Purkarthofer, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Radetzkystraße 6, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 8. März 2012, Zl. FA11A-A6126n93/2011-18, betreffend Beitragsnachverrechnung (mitbeteiligte Partei:
Steiermärkische Gebietskrankenkasse in 8010 Graz, Josef-Pongratz-Platz 1), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid verpflichtete die belangte Behörde den Beschwerdeführer als Inhaber eines Transportunternehmens zur Nachentrichtung von allgemeinen Beiträgen, Nebenumlagen, Sonderbeiträgen und Zuschlägen für den Zeitraum 1. Jänner 2004 bis 31. Dezember 2006 in der Höhe von EUR 131.479,88 sowie von Verzugszinsen in der Höhe von EUR 27.227,79.
Begründend führte sie nach der Darstellung des erstinstanzlichen Bescheides, des Einspruchsvorbringens und der maßgeblichen Rechtsvorschriften aus, dass dem im Rahmen einer GPLA-Prüfung ermittelten Nachverrechnungsbetrag festgestellte Abweichungen bei der Überstundenabrechnung, den Reisekosten und vom Dienstgeber übernommenen Verkehrsstrafen zugrunde gelegen seien.
Vom Beschwerdeführer seien die im Fernverkehr eingesetzten LKW-Fahrer "mit durchschnittlich sieben Überstunden pro Woche abgerechnet" worden. Da die für die Überprüfung notwendigen Tachografenscheiben nicht vorgelegt worden seien, seien die Einsatzzeiten der LKW-Fahrer geschätzt worden. Hiefür seien aus den Reparatur- und Servicerechnungen der LKW deren Kilometerstände erfasst worden. Dabei seien anteilsmäßige Kilometerleistungen wegen Ausfalls (auf Grund von Reparaturen oder Fahrzeugprüfungen mehrmals im Monat) hinzugerechnet worden. Im Schnitt habe diese Schätzung pro LKW 19.400 gefahrene Kilometer pro Monat ergeben. Bei einer angenommenen Durchschnittsgeschwindigkeit von 70 km/h habe der Prüfer eine Lenkzeit von 227 Stunden pro Monat (bzw. 64 Stunden pro Woche) errechnet, 7,5 Stunden pro Woche an sonstiger Einsatzzeit hinzuaddiert und so eine Gesamteinsatzzeit von 71,5 Stunden pro Woche als denkmögliche Untergrenze ermittelt.
Bei den Reisekosten habe der Prüfer festgestellt, dass sämtlichen im Fernverkehr eingesetzten LKW-Fahrern für ihre Auslandsfahrten der steuerliche Höchstsatz für Tages- und Nächtigungsgelder gemäß § 26 Z 4 EStG beitragsfrei ausbezahlt worden sei. Belegt worden seien diese Dienstreisen durch Stundenaufstellungen in Form von Excel-Listen, die im Büro des Beschwerdeführers erstellt worden seien. Der Beschwerdeführer habe keine Grundaufzeichnungen durch die Dienstnehmer und auch keine Tachografenscheiben, die die Grundaufzeichnungen ersetzen könnten, vorgelegt. In den Excel-Listen hätten sowohl die Abfahrts- und Ankunftszeiten als auch der Zeitpunkt des Grenzübertritts sowie der Zweck der jeweiligen Reise gefehlt. Festgehalten sei lediglich die Dauer der Fahrt gewesen.
Für die Berechnung der Reisekosten sei der Kollektivvertrag für Güterbeförderung herangezogen worden, der eine Lohn- und Zulagenordnung für Tages- und Nächtigungsgelder im Ausland enthalte. Auf Grund der mangelnden Grundaufzeichnungen sei der beitragspflichtige Anteil der ausbezahlten Tages- und Nächtigungsgelder geschätzt worden. Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse habe zehn Tage pro Jahr als Reise im Sinn der Legaldefinition bei Annahme unterjähriger Wechsel von Fahrtrouten anerkannt, was bei einer Annahme von 268 Arbeitstagen 3,5 % darstelle. Es seien daher 96,5 % der Differenz jener Tages- und Nächtigungsgelder, welche kollektivvertraglich zustünden, und jener Tages- und Nächtigungsgelder, welche tatsächlich ausbezahlt worden seien (steuerliche Höchstgrenze), der Beitragspflicht unterstellt worden.
Die vom Beschwerdeführer zur Zahlung übernommenen Verkehrsstrafen seien vom Prüfer auf alle in Frage kommenden LKW-Fahrer aufgeteilt und der Beitragspflicht unterstellt worden.
Unbestritten sei geblieben, dass die betroffenen LKW-Fahrer Dienstnehmer des Beschwerdeführers seien.
Weiters sei nicht strittig, dass der Beschwerdeführer weder Tachografenscheiben noch Grundaufzeichnungen über die Dienstreisen vorgelegt habe. Er habe auch keine Auskunft darüber erteilt, welcher Dienstnehmer mit welchem LKW gefahren sei, wodurch eine Zuordnung der Verkehrsstrafen zu den einzelnen Fahrern möglich gewesen wäre.
Das Recht zur Schätzung gemäß § 42 Abs. 3 ASVG sei im Hinblick darauf jedenfalls gegeben.
Entgegen dem Einwand des Beschwerdeführers sei die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse auch berechtigt gewesen, die Beitragsabrechnung vom 23. Juni 2008 und den dazugehörigen Prüfbericht zum integrierenden Bestandteil ihres Bescheides zu erklären.
Diesen Unterlagen sei entgegen der Rüge des Beschwerdeführers eine nachvollziehbare Darstellung der Berechnungsgrundlagen zu entnehmen: Im Rahmen des Prüfberichts seien für jeden Dienstnehmer Feststellungen getroffen worden, aus denen die Vorgangsweise der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse bei der Berechnung der Beiträge für Überstundenentgelt sowie Aufwandsentschädigung (Strafen und Tagesdiäten) hervorgehe. In der dazugehörigen Aufstellung "Beitragsdifferenzen SV und BMVG" seien für jeden Mitarbeiter für die jeweiligen Zeiträume gesondert die Beiträge für Überstundenentgelt und Aufwandsentschädigung aufgelistet. Die jeweils angeführte Beitragsgrundlage ergebe sich aus einer Addition der für diesen Dienstnehmer nachzuverrechnenden Überstunden, Reisekosten und Strafen. Durch die Addition all dieser Nachverrechnungsbeträge ergebe sich der Gesamtbetrag von EUR 131.479,88. Die Höhe der Verzugszinsen von EUR 27.227,79 sei auf Basis des § 59 Abs. 1 ASVG automationsunterstützt errechnet worden.
Was die Verkehrsstrafen betreffe, seien sie unbestritten vom Beschwerdeführer seinen Dienstnehmern ersetzt worden. Da er sich geweigert habe, bekanntzugeben, welcher Fahrer mit welchem LKW gefahren sei, habe die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse die ersetzten Strafbeträge auf die im Fernverkehr eingesetzten LKW-Fahrer aliquot aufgeteilt. Es habe sich größtenteils um Strafen wegen überhöhter Geschwindigkeit, mangelhafter Beleuchtung oder nicht vorschriftsmäßiger Beladung gehandelt, somit um solche, die der jeweilige Lenker selbst zu verantworten habe und deren Ersatz durch den Dienstgeber als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu werten und damit bei der Bildung der Beitragsgrundlage zu berücksichtigen sei. Der Beschwerdeführer habe in seinem Einspruch zwar bemängelt, dass nicht zwischen Fahrerstrafen und Unternehmerstrafen unterschieden worden sei, aber keine Behauptungen dahingehend aufgestellt, dass einzelne Strafen tatsächlich als Unternehmerstrafen zu werten gewesen wären.
Eine exakte Zuordnung der bezahlten Strafen auf die einzelnen Fahrer sei nicht möglich gewesen, weil auf den Strafbelegen die Namen der Mitarbeiter nicht angeführt gewesen seien. Die Behauptung im Einspruch, dass sämtliche Kuverts, die die Strafbelege enthalten hätten, mit den Namen der Mitarbeiter versehen gewesen wären, habe nicht verifiziert werden können, weil der Beschwerdeführer einer Aufforderung zur Vorlage dieser Belege bzw. Kuverts nicht nachgekommen sei. Auch der Aufforderung, Kopien des Aufwandskontos "Strafen" sowie die entsprechenden Buchungsbelege und sämtliche Spesenabrechnungen vorzulegen, habe der Beschwerdeführer nicht entsprochen. Durch umfangreiche Erhebungen eine genaue Zuordnung der Strafen vorzunehmen, würde in Anbetracht der mangelnden Mitwirkung und Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt des Beschwerdeführers nicht im Interesse der Zweckmäßigkeit und Kostenersparnis liegen und damit nicht dem Grundsatz der Verfahrensökonomie entsprechen. Überdies sei die Sinnhaftigkeit der Forderung nach der exakten Zuordnung der einzelnen Strafen auf die einzelnen Fahrer nicht zu erkennen, weil dies nichts an der Höhe der Beitragsnachverrechnung ändern würde.
Hinsichtlich der Reisekosten seien die angebotenen Stundenlisten mangelhaft (dies insbesondere deshalb, weil sie weder Ziel und Zweck der Reisen noch den Zeitpunkt des Grenzübertritts enthielten). Die gemäß § 26 Abs. 3 AZG ausnahmsweise zulässige Saldenaufzeichnung reiche nicht für die Steuer- bzw. Beitragsfreiheit von Tages- und Nächtigungsgeldern. Die Vorgangsweise, die Differenz zwischen den im Kollektivvertrag vorgesehenen Tages- und Nächtigungsgeldern und "jenen des § 26 EStG" insofern der Beitragspflicht zu unterstellen, als das tatsächliche Vorliegen von Auslandsfahrten im Sinn des § 26 EStG für zehn Tage pro Jahr (3,5 % unter der Annahme von 286 Arbeitstagen) bei Annahme unterjähriger Wechsel von Fahrtrouten anerkannt und die Nachverrechnung im Ausmaß von 96,5 % der Differenzbeträge festgesetzt worden sei, sei daher "nicht unschlüssig" und nachvollziehbar. Es werde auch auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, wonach steuerfreie und damit auch sozialversicherungsbeitragsfreie Tagesgelder dann nicht mehr zustehen, wenn durch das wiederholte bzw. wiederkehrende Aufsuchen eines bestimmten Einsatzortes ein weiterer Mittelpunkt der Tätigkeit begründet wird.
Hinsichtlich der Überstundenberechnung kritisiere der Beschwerdeführer, dass die angeführten Kilometerleistungen unrichtig seien und das Zurechnen von anteilsmäßigen Kilometerleistungen wegen Ausfalls den logischen Denkgesetzen widerspreche. Die Zurechnungen seien aber darin begründet, dass die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse aus einer Reihe von LKW-Reparaturrechnungen, die aus Pannen während der Tour resultierten und aus den unterschiedlichsten Städten und Ländern stammten, und andererseits aus der Verwendung einer Reihe von Mietfahrzeugen geschlossen habe, dass die jeweiligen LKW-Fahrer diese Mietfahrzeuge während kurzfristiger Ausfälle verwendet hätten, weshalb die Gesamtkilometeranzahl der firmeneigenen Fahrzeuge zu erhöhen gewesen sei.
Die Durchschnittsgeschwindigkeit von 70 km/h sei realistisch und nachvollziehbar, zumal auch der Fachverband Güterbeförderung der Bundeswirtschaftskammer für Lastkraftwagen, die hauptsächlich auf Autobahnen unterwegs seien, eine durchschnittliche Lenkgeschwindigkeit von 65 bis 70 km/h angegeben habe. Dividiere man die von der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse ermittelten
19.400 gefahrenen Kilometer pro LKW pro Monat durch 70, so ergebe dies eine durchschnittliche Lenkzeit von 277,14 Stunden im Monat bzw. 64 Stunden pro Woche. Rechne man zu dieser Lenkzeit noch 7,5 Stunden an sonstiger Einsatzzeit (während der die Mitarbeiter am Fahrzeug anwesend sein müssen) hinzu, so ergebe dies eine gesamte Einsatzzeit von 71,5 Stunden pro Woche.
Zum Einwand, dass bezüglich der Durchschnittsgeschwindigkeit nicht zwischen Kleintransportern und LKW-Zügen, Sattelauflegern, LKW-Zugfahrzeugen unterschieden worden sei, werde angeführt, dass es sich bei jenen 16 LKW, die die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse für ihre Schätzung herangezogen habe, durchwegs um Sattelfahrzeuge mit einem Gewicht von 18 Tonnen gehandelt habe. Im Rahmen der Schätzung seien auch lediglich Fahrten im Langstreckenverkehr (ausgeführt mit Sattelfahrzeugen) berücksichtigt worden, was sich anhand der im Akt befindlichen Service- und Reparaturrechnungen nachvollziehen lasse. Die Mitarbeiteraufstellung, auf die der Beschwerdeführer hinweise und aus der hervorgehen sollte, welche Mitarbeiter Kleintransporter benutzt hätten, beinhalte lediglich die Namen der jeweiligen Fahrer, deren Eintritt sowie für die Jahre 2004/2005 und 2006 die diversen Reiserouten und Reiseziele. Aus diesen Aufzeichnungen könne nicht entnommen werden, welche Mitarbeiter welche Fahrzeuge benutzt hätten.
Wenn der Beschwerdeführer den Rundkurs England - Italien und retour ins Treffen führe und angebe, dass mit einer Wochenarbeitszeit von ca. 45 Stunden das Auslangen gefunden werden könne, seien die Überlegungen der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse im Parallelverfahren mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. April 2011, Zl. 2007/08/0126, als ausreichend erachtet worden.
Die vom Beschwerdeführer behauptete maximale Einsatzzeit seiner im Fernverkehr eingesetzten LKW von lediglich 52,2 Stunden pro Woche habe von ihm nicht nachgewiesen werden können, weil er die Vorlage der entsprechenden Tachografenscheiben verweigert habe.
Zum Einwand, dass für jene Mitarbeiter, die mit Klein-LKW gefahren seien, andere kollektivvertragliche Bestimmungen anzuwenden gewesen seien, werde angeführt, dass es sich bei allen Lastkraftwagen, die für die Schätzung herangezogen worden seien, um Sattelfahrzeuge mit einem Gewicht von 18 Tonnen gehandelt habe, wofür richtigerweise der Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe herangezogen worden sei. Der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Kollektivvertrag für das Kleintransportgewerbe gelte nur für Kraftfahrzeuge unter einem Gesamtgesicht von 3,5 Tonnen.
Im verfahrensrelevanten Zeitraum - den Jahren 2004 bis 2006 - seien laut Auskunft aus der Zulassungsevidenz folgende Fahrzeuge auf den Beschwerdeführer zugelassen gewesen (Darstellung im angefochtenen Bescheid in Form einer Tabelle): im Jahr 2004 neun LKW ganzjährig (im Einzelnen: sechs ganzjährig, acht teilweise während insgesamt ca. 38 Monaten), zwei Kleintransporter ganzjährig und zwei PKW; im Jahr 2005 zehn LKW ganzjährig (im Einzelnen: sieben ganzjährig, sechs teilweise während insgesamt ca. 39 Monaten), ein Kleintransporter ganzjährig und 1,5 PKW; im Jahr 2006 sieben LKW ganzjährig (im Einzelnen: fünf ganzjährig, vier teilweise während insgesamt ca. 29 Monaten), 0,8 Kleintransporter und ein PKW.
In Anbetracht dieser Größenverhältnisse und der Weigerung des Beschwerdeführers, aussagekräftige Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitszeiten bzw. darüber, welcher Dienstnehmer mit welchem Fahrzeug unterwegs gewesen sei, vorzulegen, habe keine Verpflichtung der Behörden bestanden, ein umfangreiches Ermittlungsverfahren darüber durchzuführen, welche Fahrer wann und wie oft mit Kleintransportern unterwegs gewesen seien.
Wenn der Beschwerdeführer überhöhte Berechnungen der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse rüge, übersehe er Teile der Beitragsnachverrechnung, nämlich die Positionen "Tagesgelder" und "Verkehrsstrafen".
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und - ebenso wie die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse - eine Gegenschrift erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Hinsichtlich der Beschwerdeausführungen zur Zustellung an den Beschwerdeführer statt an die H. GmbH wird auf Punkt 1. der Entscheidungsgründe des ebenfalls gegenüber dem Beschwerdeführer ergangenen hg. Erkenntnisses vom heutigen Tag, Zl. 2012/08/0093, verwiesen. Auch in den hier zu beurteilenden Beitragszeiträumen - 1. Jänner 2004 bis 31. Dezember 2006 - war der Beschwerdeführer und nicht die H. GmbH Dienstgeber und daher Beitragsschuldner.
2. Der Beschwerdeführer macht weiters geltend, dass man im Hinblick auf das länger als sechs Monate dauernde erstinstanzliche Verfahren und das fast dreijährige Einspruchsverfahren von einem "schleppenden bzw. verzögerten Verfahren" sprechen könne, wobei "in diesem Zusammenhang auf die Verjährungsbestimmungen des § 68 ASVG verwiesen" werde.
Der Eintritt der Feststellungs- oder Einforderungsverjährung wird mit diesem Vorbringen nicht behauptet und ist angesichts der wegen der Meldepflichtverletzungen anzunehmenden fünfjährigen Feststellungsverjährungsfrist und deren Unterbrechung spätestens mit der im Juni 2008 beendeten Beitragsprüfung und der neuerlichen Unterbrechung spätestens mit der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides am 8. April 2009 auch nicht ersichtlich.
3. In der Sache rügt der Beschwerdeführer zunächst, dass für ihn weder die Berechnungsgrundlagen für die Beitragsnachverrechnung noch die Höhe der Verzugszinsen nachvollziehbar seien, zumal die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse ihm drei unterschiedliche Berechnungsgrundlagen vorgelegt habe und nicht erkennbar gewesen sei, welche der Beitragsnachverrechnung zugrunde gelegt worden sei.
Aus dem - dem Beschwerdeführer übermittelten und einen integrierenden Bestandteil des Nachverrechnungsbescheides bildenden - Prüfbericht der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse geht aber eindeutig hervor, von welchen Beitragsgrundlagen sie ausgegangen ist und wie sie sich zusammensetzen.
Was die Verzugszinsen betrifft, so ergibt sich deren Höhe aus § 59 Abs. 1 ASVG in Verbindung mit der jeweils im Oktober des vorangegangenen Jahres geltenden Sekundärmarktrendite für Bundesanleihen (seit der Novelle BGBl. I Nr. 111/2010: Basiszinssatz). Der belangten Behörde kann angesichts dieser gesetzlichen Determinierung und des Umstands, dass der Beschwerdeführer gegen die bereits im erstinstanzlichen Bescheid ziffernmäßig ausgewiesenen Verzugszinsen keine Einwände erhoben hat, nicht entgegen getreten werden, wenn sie eine Aufschlüsselung der Berechnung im Einzelnen unterlassen hat.
4. Der Beschwerdeführer wendet sich auch gegen die Aufteilung der von ihm bezahlten Verkehrsstrafen als Lohnbestandteil auf alle in Betracht kommenden Dienstnehmer. Er bekämpft zwar nicht die - auch vom Verwaltungsgerichtshof geteilte - Ansicht der belangten Behörde, dass derartige Zuwendungen grundsätzlich als Entgelt im Sinn des § 49 Abs. 1 ASVG zu behandeln sind (vgl. - zur Zurechnung zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit nach dem EStG 1988
-
das auch von der belangten Behörde zitierte hg. Erkenntnis vom 25. Februar 1997, Zl. 96/14/0022, VwSlg 7166 F, mwN), behauptet aber, dass eine exakte Zuordnung zu den einzelnen Fahrern möglich gewesen wäre. In diesem Zusammenhang verweist er jedoch nur auf die Namen der Mitarbeiter auf den Kuverts, welche die Reiseauslagenabrechnungen beinhaltet hätten, ohne darzutun, dass diese Kuverts samt Inhalt der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse oder der belangten Behörde zur Verfügung gestanden wären. Wenn der Beschwerdeführer rügt, dass die belangte Behörde keine "Detailaufstellung der zugerechneten Strafen" übermittelt habe, die ihm eine exakte Zuordnung ermöglicht hätte, übersieht er, dass es an ihm gelegen wäre, schon aus Anlass der Auszahlung diese Zuordnung vorzunehmen und zu dokumentieren. Soweit er die Herausrechnung von "Unternehmerstrafen" verlangt, unterlässt er es darzulegen, um welche - nicht von den Lenkern, sondern von ihm selbst begangene - Übertretungen es sich gehandelt haben konnte.
Da der belangten Behörde nach dem Gesagten keine Unterlagen zur Verfügung standen, die ihr eine Zuordnung der bezahlten Verkehrsstrafen zu den einzelnen Dienstnehmern ermöglicht hätten, war sie berechtigt, gemäß § 42 Abs. 3 ASVG vorzugehen. Auch die dabei angewendete Methode, mangels gegenläufiger Anhaltspunkte eine gleichmäßige Verteilung auf alle in Frage kommenden Lenker vorzunehmen, begegnet keinen Bedenken. Im Übrigen ist auch nicht ersichtlich, inwieweit der Beschwerdeführer durch diese Verteilung
-
die an der Gesamtbeitragsschuld nur im Fall einer sonst nicht vorliegenden Über- oder Unterschreitung der Höchstbeitragsgrundlage etwas ändern würde - in Rechten verletzt werden hätte können.
5. Hinsichtlich der Reisekosten wendet sich die Beschwerde gegen die Auffassung der belangten Behörde, dass die vom Beschwerdeführer vorgelegten Aufzeichnungen mangelhaft waren. Aus dem in diesem Zusammenhang ins Treffen geführten § 26 Abs. 3 AZG lässt sich für ihn aber schon deswegen nichts gewinnen, weil diese Bestimmung zwar unter bestimmten Voraussetzungen eine Erleichterung für Arbeitszeitaufzeichnungen enthält, aber keine Regelung darüber trifft, wie ein die Beitragsfreiheit von Tages- und Nächtigungsgeldern rechtfertigender Reiseaufwand zu belegen ist.
Insofern ist die belangte Behörde - unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 21. April 2004, Zl. 2001/08/0147 - richtig davon ausgegangen, dass es zur Frage, inwieweit Vergütungen des Dienstgebers an den Dienstnehmer gemäß § 49 Abs. 3 Z 1 zweiter Halbsatz ASVG als beitragsfrei zu behandeln sind, entsprechender Feststellungen bzw. insbesondere eines überprüfbaren Nachweises darüber bedarf, in welchem Umfang ein Dienstnehmer In- und Auslandsdienstreisen vorgenommen hat. Den Dienstgeber trifft diesbezüglich eine qualifizierte Mitwirkungspflicht, die ihn dazu verhält, konkrete Behauptungen aufzustellen und dafür geeignete Beweisangebote zu machen. Die in § 49 Abs. 3 Z 1 ASVG verwiesene Bestimmung des § 26 Z 4 EStG 1988 bezieht sich nämlich lediglich auf Leistungen, die anlässlich von Dienstreisen erbracht werden. Die Steuer- bzw. Beitragsfreiheit von Nächtigungsgeldern setzt zudem tatsächliche Nächtigungen, die durch einwandfreie Nachweise zu belegen sind, voraus. Unter dem vom Dienstgeber zu erbringenden Nachweis dem Grunde nach ist der Nachweis zu verstehen, dass im Einzelnen nach der Definition des § 26 Z 4 EStG 1988 eine Dienstreise vorliegt und die dafür gewährten pauschalen Tagesgelder die je nach Dauer der Dienstreise bemessenen Tagesgelder des § 26 Z 4 EStG 1988 nicht überschreiten. Dies ist zumindest durch das Datum, die Dauer, das Ziel und den Zweck der einzelnen Dienstreise darzulegen und durch entsprechende Aufzeichnungen zu belegen (vgl. zu § 26 Z 4 EStG 1988 etwa das hg. Erkenntnis vom 28. Mai 2008, Zl. 2006/15/0280, mwN).
Der Beschwerdeführer hat im Verfahren keine derartigen Nachweise, sondern - unbestritten - lediglich Stundenlisten in Form von Excel-Tabellen vorgelegt, in denen zum einen nur die Gesamtdauer der jeweiligen Reisen - aber insbesondere nicht der Beginn und das Ende, der Zweck und der bei Auslandsdienstreisen ebenfalls maßgebliche Zeitpunkt des Grenzübertritts - angegeben war und die sich zum anderen für sich genommen auch deswegen nicht als Nachweis des Reiseaufwands dem Grunde nach eignen, weil sie in einer technischen Form erstellt wurden, die spätere Änderungen zulässt, ohne dass diese nachvollziehbar sind.
Im Übrigen hat die belangte Behörde ohnedies 3,5 % der als Reisevergütungen bezahlten Beträge zur Gänze und von den übrigen 96,5 % jeweils den kollektivvertraglich vorgesehenen Teil als beitragsfreie Aufwandsentschädigungen behandelt, Letzteres offenbar auf Grund des § 49 Abs. 3 Z 1 ASVG iVm § 26 Z 4 vierter Satz EStG 1988 idF vor der Aufhebung dieses Satzes durch den Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 22. Juni 2006, G 147/05 ua (mit Wirkung vom 31. Dezember 2007) bzw. der Neuregelung durch die Novelle BGBl. I Nr. 45/2007.
6. Hinsichtlich der Schätzung der Überstunden wendet sich der Beschwerdeführer zunächst dagegen, dass überhaupt eine Schätzung vorgenommen worden sei, weil er "sämtliche Dienstverträge und Dienstzettel bzw. auch die Reisekostenabrechnungen" vollständig vorgelegt habe. Die Vorlage von Arbeitszeitaufzeichnungen (nach §§ 17 und 26 AZG sowie der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85) wird damit aber nicht einmal behauptet. Es wird auch nicht dargelegt, inwieweit die Dienstverträge, Dienstzettel und Reisekostenabrechnungen für den Zweck der Ermittlung tatsächlich geleisteter Überstunden einen Ersatz für die fehlenden Arbeitszeitaufzeichnungen bieten konnten. Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse war daher zur Schätzung gemäß § 42 Abs. 3 ASVG berechtigt, und auch die dabei angewendete Methode begegnet keinen Bedenken (vgl. schon die den Beschwerdeführer - hinsichtlich des Zeitraums Oktober 1998 bis Dezember 2003 - betreffenden hg. Erkenntnisse vom 27. April 2011, Zl. 2007/08/0126, und vom heutigen Tag, Zl. 2012/08/0093). Schlüssig ist insbesondere auch die Argumentation der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse und der belangten Behörde hinsichtlich der Zurechnung von Kilometern zu den jeweiligen Kilometerständen der Fahrzeuge, weil davon ausgegangen werden durfte, dass die Fahrer während des reparaturbedingten Ausfalls dieser Fahrzeuge in - im Unternehmen des Beschwerdeführers unstrittig zum Einsatz kommenden - Mietfahrzeugen unterwegs waren.
Zum Einwand des Beschwerdeführers, dass bei der Ermittlung der Durchschnittsgeschwindigkeit nicht zwischen LKW und Kleintransportern unterschieden worden sei, hat die belangte Behörde bereits im angefochtenen Bescheid darauf hingewiesen, dass die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse bei ihrer Schätzung lediglich die vom Beschwerdeführer im Fernverkehr eingesetzten Sattelfahrzeuge mit einem Gewicht von 18 Tonnen herangezogen hat; die Kilometerstände anderer Fahrzeuge des Beschwerdeführers sind bei der Berechnung der Überstunden außer Betracht geblieben.
Soweit die Beschwerde rügt, dass die belangte Behörde die im angefochtenen Bescheid zunächst tabellarisch wiedergegebene Auskunft aus der Zulassungsevidenz auf der folgenden Seite mit (insbesondere hinsichtlich der Gesamtsummen der Zulassungsmonate) abweichenden Zahlen zusammengefasst habe, hat die belangte Behörde in der Gegenschrift eingeräumt, dass offenbar ein "Zahlensturz" passiert sei. Ein wesentlicher Begründungsmangel kann darin nicht erblickt werden, zumal der Beschwerdeführer die Richtigkeit der in der Tabelle angegebenenen Daten nicht bestreitet und auch in der zusammenfassenden Darstellung die Zahl der pro Jahr insgesamt zugelassenen Fahrzeuge sowie das Verhältnis von LKW zu Kleinfahrzeugen richtig sind.
7. Auch dem Einwand des Beschwerdeführers, auf die mit Kleintransportern (unter 3,5 Tonnen) fahrenden Dienstnehmer wäre nicht der Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe, sondern "andere kollektivvertragliche Bestimmungen … (Güterbeförderungsgewerbe mit Kleinstfahrzeugen)" anzuwenden gewesen, kommt keine Berechtigung zu, weil im Betrieb des Beschwerdeführers offensichtlich der Güterbeförderung mit LKW über 3,5 Tonnen - und nicht der Güterbeförderung mit den nur in ganz untergeordnetem Maß vorhandenen Kleintransportern - die maßgebliche wirtschaftliche Bedeutung im Sinn des § 9 Abs. 3 ArbVG zugekommen ist.
8. Schließlich führt der Beschwerdeführer Folgendes aus:
"Nach Ansicht des Beschwerdeführers ist … die Steiermärkische Gebietskrankenkasse zu Unrecht von einer überhöhten Berechnung ausgegangen, zumal durch die Zurechnung des Aufwandersatzes bei den Nachverrechnungen zu einem höheren beitragspflichtigen Entgelt, als dieses durch Berechnung des kollektivvertraglichen Mindestentgeltes (Grundlohn und Überstunden) zustehen würde.
Die Mitarbeiter des Beschwerdeführers haben nur Anspruch auf das kollektivvertragliche Mindestentgelt und würde eine nochmalige Erhöhung des Mindestentgeltes um diese Aufwandersätze das kollektivvertragliche Mindestentgelt überschreiten. Maximale Beitragsgrundlage für die Gebietskrankenkassenbeiträge kann somit nur das Grundentgelt zuzüglich Überstundengrundlohn und Überstundenzuschlag sein, eine Erhöhung des kollektivvertraglichen Mindestentgeltes um weitere Beträge (aus welchem Titel diese auch immer bezahlt werden) ist rechtswidrig."
Der Beschwerdeführer ist also offenbar der Ansicht, dass an die Dienstnehmer bezahlte Geldbeträge, die über das kollektivvertragliche Mindestentgelt zuzüglich des Überstundentgelts hinausgehen, nicht der Beitragspflicht nach dem ASVG unterliegen. Dies trifft aber nicht zu, weil unter Entgelt gemäß § 49 Abs. 1 ASVG alle Geld- und Sachleistungen zu verstehen sind, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienstverhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält. Unter diesen Entgeltbegriff fallen daher auch die vom Beschwerdeführer seinen Dienstnehmern in Form der Übernahme von Strafzahlungen und Auszahlung von Reisevergütungen gewährten Leistungen, wobei die belangte Behörde - wie oben ausgeführt - richtig davon ausgegangen ist, dass die Reisevergütungen nur teilweise gemäß § 49 Abs. 3 Z 1 ASVG iVm § 26 Z 4 EStG 1988 als beitragsfrei gelten konnten.
9. Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 10. April 2013
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2013:2012080092.X00Im RIS seit
29.04.2013Zuletzt aktualisiert am
23.08.2013