TE UVS Wien 2013/03/19 04/G/15/8316/2012

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Veröffentlicht am 19.03.2013
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Dr. Hrdliczka über die Berufung der Frau Jie L. vom 11.6.2012 gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 15. Bezirk, vom 23.5.2012, Zahl MBA 15 - S 85766/10, wegen Übertretung des § 14 Abs. 4 iVm § 13c Abs. 1 Z 3 und Abs. 2 Z 3 Tabakgesetz, entschieden:

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 3 VStG eingestellt. Die Berufungswerberin hat gemäß § 65 VStG keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

Text

Im angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerberin zur Last gelegt, sie habe als unbeschränkt haftende Gesellschafterin und somit als gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen Berufene der Jie L. KG zu verantworten, dass diese Gesellschaft mit Sitz in Wien, N-gürtel als Inhaberin des Gastronomiebetriebes ?M.?

(Gastgewerbe in der Betriebsart Restaurant) in Wien, G.-gasse (Lu.) insofern gegen die Obliegenheiten betreffend den Nichtraucherschutz gemäß § 13c des Tabakgesetzes verstoßen habe, als am 25.6.2010 von 19.55 Uhr bis 20.10 Uhr nicht dafür Sorge getragen worden sei, dass nicht geraucht werde, da im Innenbereich des Lokales Aschenbecher aufgestellt gewesen seien, ein Gast und ein Angestellter geraucht hätten und die Eingangstüre zum Außenbereich des Lokals ständig geöffnet gewesen sei.

Wegen Übertretung des § 14 Abs. 4 iVm § 13c Abs. 1 Z 3 und Abs. 2 Z 3 Tabakgesetz wurde gemäß § 14 Abs. 4 zweiter Strafsatz Tabakgesetz eine Geldstrafe von EUR 2.000,00 (Ersatzfreiheitsstrafe: 1 Woche, 4 Tage und 4 Stunden) verhängt und gemäß § 64 VStG ein erstinstanzlicher Verfahrenskostenbeitrag von EUR 200,00 (= 10 % der verhängten Geldstrafe) vorgeschrieben.

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat auf Grund der gegen das Straferkenntnis rechtzeitig erhobenen und nach einem erteilten Verbesserungsauftrag fristgerecht näher begründeten Berufung erwogen:

Das gegen die Berufungswerberin eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren basierte auf der ?wegen Verstoßes gegen das im Tabakgesetz § 13 verankerte Rauchverbot in Räumen öffentlicher Orte? erstatteten Anzeige einer Privatperson, wonach am 25.6.2010 zwischen 19.55 Uhr und 20.10 Uhr in der Lu. in Bezug auf das Lokal ?M.? Folgendes beobachtet worden sei:

?Im Innenbereich des Lokals waren Aschenbecher aufgestellt und ein Gast und ein Abgestellter haben geraucht. Die Eingangstür zum Außenbereich des Lokals war ständig geöffnet.?

Innerhalb der im § 31 Abs. 2 VStG normierten sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist erging als einzige Verfolgungshandlung das Schreiben der Erstbehörde vom 23.12.2010, mit welchem die Berufungswerberin aufgefordert wurde, sich zu der verbal gleichlautend wie im vorliegenden Straferkenntnis zur Last gelegten Verwaltungsübertretung zu rechtfertigen.

Da die Berufungswerberin binnen der gesetzten Frist nicht reagierte, erließ die Erstbehörde das nunmehr angefochtene Straferkenntnis.

In rechtlicher Hinsicht ergibt sich Nachstehendes:

Gemäß § 1 Z 11 Tabakgesetz idF BGBl. I Nr. 167/2004 gilt im Sinne dieses Bundesgesetzes als ?öffentlicher Ort? jeder Ort, der von einem nicht von vornherein beschränkten Personenkreis ständig oder zu bestimmten Zeiten betreten werden kann, einschließlich der nicht ortsfesten Einrichtungen des öffentlichen und privaten Bus-, Schienen-, Flug- und Schiffsverkehrs.

Nach § 13 Abs. 1 Tabakgesetz idF BGBl. I Nr. 120/2008 gilt unbeschadet arbeitsrechtlicher Bestimmungen und der Regelung des § 12, soweit Abs. 2 und § 13a nicht anderes bestimmen, Rauchverbot in Räumen öffentlicher Orte. Zufolge § 13 Abs. 2 leg. cit. können als Ausnahme vom Verbot des Abs. 1 in jenen von Abs. 1 umfassten Einrichtungen, die über eine ausreichende Anzahl von Räumlichkeiten verfügen, Räume bezeichnet werden, in denen das Rauchen gestattet ist, wenn gewährleistet ist, dass der Tabakrauch nicht in den mit Rauchverbot belegten Bereich dringt und das Rauchverbot dadurch nicht umgegangen wird.

§ 13a Abs. 1 leg. cit. bestimmt, dass unbeschadet arbeitsrechtlicher Bestimmungen und der §§ 12 und 13 in den der Verabreichung von Speisen oder Getränken an Gäste dienenden Räumen

1. der Betriebe des Gastgewerbes gemäß § 111 Abs. 1 Z 2 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194/1994, in der geltenden Fassung,

2. der Betriebe des Gastgewerbes mit der Berechtigung zur Beherbergung von Gästen gemäß § 111 Abs. 1 Z 1 oder Abs. 2 Z 2 oder 4 der GewO,

3. der Betriebe gemäß § 2 Abs. 9 oder § 111 Abs. 2 Z 3 oder 5 der GewO Rauchverbot gilt.

Entsprechend § 13a Abs. 2 leg. cit. können als Ausnahme vom Verbot des Abs. 1 in Betrieben, die über mehr als eine für die Verabreichung von Speisen oder Getränken an Gäste geeignete Räumlichkeit verfügen, Räume bezeichnet werden, in denen das Rauchen gestattet ist, wenn gewährleistet ist, dass der Tabakrauch nicht in die mit Rauchverbot belegten Räumlichkeiten dringt und das Rauchverbot dadurch nicht umgangen wird. Es muss jedoch der für die Verabreichung von Speisen oder Getränken vorgesehene Hauptraum vom Rauchverbot umfasst sein, und es darf nicht mehr als die Hälfte der für die Verabreichung von Speisen oder Getränken vorgesehenen Verabreichungsplätze in Räumen gelegen sein, in denen das Rauchen gestattet wird. Gemäß § 13a Abs. 3 leg. cit. gilt das Rauchverbot gemäß Abs. 1 ferner nicht, wenn nur ein für die Verabreichung von Speisen oder Getränken an Gäste geeigneter Raum zur Verfügung steht, und

1.

der Raum eine Grundfläche von weniger als 50 m² aufweist, oder,

2.

sofern der Raum eine Grundfläche zwischen 50 m² und 80 m² aufweist, die für eine Teilung des Raumes zur Schaffung eines gesonderten Raumes für den im Abs. 2 genannten Zweck erforderlichen baulichen Maßnahmen aufgrund einer rechtskräftigen Entscheidung der nach den bau-, feuer- oder denkmalschutzrechtlichen Vorschriften zuständigen Behörde nicht zulässig sind.

§ 13a Tabakgesetz bezieht sich erkennbar nur auf diejenigen gastgewerblichen Betriebe, die in abgeschlossenen Räumen untergebracht sind. Anders verlören die Sonderregelungen über geeignete Räumlichkeiten (Abs. 2) und Räume bzw. Haupträume (Abs. 2 bis 5) ihren Sinn (siehe VwGH 21.9.2010, 2009/11/0209). Zufolge § 13c Abs. 1 leg. cit. haben die Inhaber von Räumen eines öffentlichen Ortes gemäß § 13 (Z 2) und von Betrieben gemäß § 13a Abs. 1 (Z 3) für die Einhaltung der Bestimmungen der §§ 12 bis 13b einschließlich einer gemäß § 13b Abs. 4 erlassenen Verordnung Sorge zu tragen.

Laut § 14 Abs. 4 Tabakgesetz idF BGBl. I Nr. 120/2008 begeht, wer als Inhaber gemäß § 13c Abs. 1 gegen eine der in § 13c Abs. 2 festgelegten Obliegenheiten verstößt, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach einer anderen Verwaltungsstrafbestimmung mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 2 000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 10 000 Euro zu bestrafen.

Gemäß § 13 Abs. 1 Tabakgesetz gilt in Räumen öffentlicher Orte - im vorliegenden Fall also im gesamten Einkaufszentrum (vgl. dazu die Materialien zur bereits mit der Novelle BGBl. I Nr. 167/2004 in das Tabakgesetz eingefügten Definition des öffentlichen Ortes in § 1 Z 11 leg. cit., RV 700 BlgNR 22. GP, 3) - grundsätzlich Rauchverbot, soweit § 13 Abs. 2 oder § 13a Tabakgesetz nicht anderes bestimmen. § 13 Abs. 2 Tabakgesetz ermöglicht eine Ausnahme vom Verbot des § 13 Abs. 1 insoweit, als (bei Vorhandensein einer ausreichenden Zahl von Räumlichkeiten) Räume bezeichnet werden können, in denen das Rauchen gestattet ist, wenn gewährleistet ist, dass der Tabakrauch nicht in den mit Rauchverbot belegten Bereich dringt und das Rauchverbot dadurch nicht umgangen wird. In derselben Art und Weise ermöglicht § 13a Abs. 2 Tabakgesetz eine Ausnahme vom Verbot des § 13a Abs. 1, also vom grundsätzlichen Rauchverbot in den der Verabreichung von Speisen oder Getränken an Gäste dienenden Räumen gastronomischer Betriebe.

Zum Begriffsverständnis des Wortes "Raum" für die Zwecke des Tabakgesetzes hat sich der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 15.7.2011, 2011/11/0059, geäußert und ist dabei - auch unter Rückgriff auf die Gesetzesmaterialien (RV 610 BlgNR 23. GP, 6: "außer beim kurzen Durchschreiten der Eingangstür") - zum Ergebnis gekommen, dass unter diesem Begriff nur ein Raum zu verstehen ist, "der allseitig, von der Decke bis zum Boden von festen Wänden (sei es auch aus Glas) umschlossen ist und mit einer Türe geschlossen werden kann?.

Aus den zitierten Gesetzesmaterialien ergibt sich überdies, dass der vom Gesetzgeber intendierte Nichtraucherschutz möglichst lückenlos bestehen und nur durch das kurze Öffnen und Schließen einer Tür beim Wechsel zwischen Raucherraum und Nichtraucherbereich unterbrochen werden soll. Eine den Raucherraum mit dem übrigen Gastronomiebetrieb verbindende Tür ist daher außer zum kurzen Durchschreiten geschlossen zu halten.

Angesichts des Ziels, einen möglichst lückenlosen Nichtraucherschutz zu erreichen, kann aber nichts anderes für die Frage gelten, unter welchen Voraussetzungen die Sonderbestimmungen über den Nichtraucherschutz in Räumen der Gastronomie im Verhältnis zu den allgemeinen Nichtraucherschutzregeln für Räume öffentlicher Orte anzuwenden sind. Wie der Verwaltungsgerichtshof im (ebenfalls einen Gastronomiebetrieb in einem Einkaufszentrum betreffenden) Erkenntnis vom 21.9. 010, 2009/11/0209, klarstellte, bezieht sich § 13a Tabakgesetz "nur auf diejenigen gastgewerblichen Betriebe, die in abgeschlossenen Räumen untergebracht sind", also in Räumen, die mit einer Tür - außer zum kurzen Durchschreiten - verschlossen sind. Fehlt eine dem entsprechende Abtrennung, so bleibt es bei der Grundregel des § 13 Abs. 1 Tabakgesetz, sodass im gesamten Gastronomiebetrieb (als Teil eines öffentlichen Ortes nach § 13 Abs. 1 Tabakgesetz) nicht geraucht werden darf (vgl. dazu auch VwGH 10.1.2012, 2009/11/0198). Aus der Zusammenschau der §§ 13 und 13a mit den Bestimmungen des § 18 Abs. 6 und 7 Tabakgesetz ergibt sich nach den bisherigen Darlegungen, dass auch die letztgenannte Übergangsbestimmung und die darin für den Übergangszeitraum umschriebene Ausnahme vom Rauchverbot nur für Räume im Sinne des § 13a Tabakgesetz gilt. Da ein derartiger Raum im Hinblick auf die laut Anzeige ständige geöffnete Eingangstüre im Tatzeitraum nicht vorlag, kann sich die Berufungswerberin - obwohl ihr die Tat im Übergangszeitraum vorgeworfen wurde - somit nicht auf § 18 Abs. 6 und 7 Tabakgesetz berufen.

Dennoch hat die Berufung Erfolg.

Im gegenständlichen Fall galt im angelasteten Tatzeitraum, weil die Eingangstür - nicht nur zum kurzen Durchschreiten - offen stand, sowohl im Einkaufszentrum Lu. als öffentlichem Ort als auch im Innenbereich des Gastgewerbebetriebes als Teil dieses öffentlichen Ortes das Rauchverbot gemäß § 13 Abs. 1 Tabakgesetz. Das für die Ahndung einer Verwaltungsübertretung nach § 13c Abs. 2 Z 3 Tabakgesetz wesentliche Tatbestandselement, dass trotz Rauchverbots in einem Raum eines öffentlichen Ortes (sic!) geraucht wurde, wurde der Berufungswerberin jedoch weder in der als einziger Verfolgungshandlung ergangenen Aufforderung zur Rechtfertigung vom 23.12.2010 noch im angefochtenen Straferkenntnis vom 23.5.2012 angelastet, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Zuletzt aktualisiert am
24.04.2013
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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