S4 434.676-1/2013/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Huber als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 23.04.2013, Zahl: 1303377- EAST West, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß §§ 5 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 1 und Abs. 4 AsylG abgewiesen.
Entscheidungsgründe:
I. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Afghanistan und ist über den Iran und die Türkei eigenen Angaben zufolge am 12.4.2010 illegal nach Ungarn gereist, wo er zunächst am selben Tag erkennungsdienstlich behandelt wurde und am 28.4.2010 einen Asylantrag stellte. In der Folge stellte der Beschwerdeführer am 27.10.2010 in Österreich erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid des Bundesasylamts vom 22.11.2010 gemäß §§ 5 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 1 und Abs. 4 AsylG zurückgewiesen und der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Ungarn ausgewiesen wurde. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 07.12.2010, Zl. S4 416.619-1/2010/2E, abgewiesen.
Am 15.03.2013 stellte der Beschwerdeführer im Zuge einer fremdenpolizeilichen Einvernahme gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz wobei er am gleichen Tag vor einem Organ des Polizeianhaltezentrums Salzburg im Rahmen der Erstbefragung im Wesentlichen ausführte, er stelle neuerlich einen Asylantrag, weil er bezüglich seines Asylantrags in Ungarn einen negativen Bescheid erhalten habe. Der Fluchtgrund sei der gleiche wie bei seinem letzten Asylantrag. Ungarn habe ihm - wegen eines Fehlers Österreichs in seinen Daten - vorgeworfen, dass er einmal Afghanistan, ein anderes Mal Pakistan als seinen Geburtsort angegeben habe, dies sei jedoch nicht richtig, er sei in Kabul geboren, jedoch in Pakistan aufgewachsen. Es gebe in Ungarn keine Unterstützung mehr; es gebe dort nur Nudeln zum Essen, viele Leute seien dort verrückt geworden.
Mit E-mail vom 19.03.2013 ersuchte Österreich Ungarn um die Übernahme des Beschwerdeführers. Ungarn hat sich mit Fax vom 27.03.2013 bereit erklärt, den Beschwerdeführer auf der Grundlage des Art. 16 Abs. 1 lit. e der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates (Dublin II) wieder aufzunehmen, seinen Asylantrag zu prüfen und führte an, der Beschwerdeführer habe in Ungarn am 12.04.2010 und 27.04.2012 Asylanträge gestellt, welchen nicht stattgegeben worden sei. Der Beschwerdeführer sei in Ungarn mit dem Nationale XXXX, geb. XXXX, StA. Afghanistan, bekannt.
Anlässlich seiner niederschriftlichen Einvernahme am 10.04.2013 erklärte der Beschwerdeführer nach durchgeführter Rechtsberatung, dass er seit ein paar Tagen an starken Bauchschmerzen leide und deswegen in Salzburg im Spital gewesen sei. Er habe keine in Österreich aufhältige Verwandte und auch sonst keinen Bezug zu Österreich. Ungarn habe ihm mitgeteilt, dass er das Land verlassen solle. Die österreichischen Behörden hätten den ungarischen mitgeteilt, dass er Pakistaner sei. In Ungarn habe man keine Zukunft, junge Asylwerber seien verrückt geworden und hätten sich selbst verletzt. Sonst habe es keine Probleme gegeben. Bei Fieber habe er ärztliche Behandlung benötigt. Er sei drei Jahre in Ungarn gewesen und frage sich, warum es in Ungarn überhaupt Asyl gebe, selbst Leuten mit einer Aufenthaltsgenehmigung gehe es nicht gut.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde gegenständlicher Antrag auf internationalen Schutz gem. § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und wurde Ungarn gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. e der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates (Dublin II) für zuständig erklärt. Gleichzeitig wurde der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Ungarn ausgewiesen.
Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde erhoben und hierbei im Wesentlichen geltend gemacht, er sei in Ungarn trotz Asylantragstellung für fünf bis sechs Monate in Schubhaft genommen worden. Aufgrund der schlechten Erfahrungen in Ungarn sei er weiter nach Österreich geflüchtet. Die ungarischen Behörden hätten ihm mitgeteilt, sie hätten von den österreichischen Behörden erfahren, der Beschwerdeführer stamme aus Pakistan. Wegen dieser von den österreichischen Behörden verursachten Ungereimtheiten hätten die ungarischen Behörden dem Beschwerdeführer keinen Glauben mehr geschenkt und den Asylantrag abgewiesen. Es sei vom Bundesasylamt nicht berücksichtigt worden, dass dem Beschwerdeführer in Österreich während seiner Anhaltung in Schubhaft sehr starke Medikamente verschrieben worden seien, die nach Meinung des Beschwerdeführers wie Drogen gewirkt hätten. Es wäre zu überprüfen gewesen, inwieweit diese Medikamente einer Überstellung entgegenstünden. In diesem Zusammenhang werde beantragt, ein amtsärztliches Gutachten einzuholen, in dem die Frage geklärt werde, inwieweit der weitere Verbleib des Beschwerdeführers in Österreich medizinisch angezeigt sei. Weiters werde beantragt, die Fragen zu klären, welche Garantien die österreichische Bundesregierung von der ungarischen Regierung erhalte, dass der Antragsteller einen angemessenen Schutz erhalte, insbesondere im Hinblick auf die Aufnahme- und Unterbringungsbedingungen in Ungarn, vor allem im Hinblick auf die Vulnerabilität des Antragstellers. Aus zahlreichen Berichten gehe hervor, dass eine Überstellung nach Ungarn mit der Gefahr, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu werden, verbunden sei. In diesem Zusammenhang werde auf eine Entscheidung des UVS Wien vom 30.04.2012, Zl. UVSA 01/50/5371/2012/12 verwiesen, in der die Anhaltung in Schubhaft für rechtswidrig erklärt worden sei, da in einer Überstellung nach Ungarn eine Verletzung von Art. 3 EMRK gesehen worden sei. Es werde auch auf die Rechtsprechung des EuGH verwiesen, wonach die Überstellung in einen Staat mit Art. 4 Grundrechtecharta unvereinbar sei, wenn systematische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylwerber in diesem Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe die Annahme rechtfertigten, dass der Asylwerber tatsächlich Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung oder einer erniedrigenden Bestrafung ausgesetzt zu werden. Eine solche Prüfung sei im gegenständlichen Verfahren in keinster Weise erfolgt.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
Mit 1.7.2008 ist das Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) in Kraft getreten.
Gemäß Abs. 2 leg.cit. sind die Erkenntnisse im Namen der Republik zu verkünden und auszufertigen.
Mit 1.1.2006 ist das Asylgesetz 2005 (AsylG) in Kraft getreten.
§ 61 AsylG 2005 lautet wie folgt:
(1) Der Asylgerichtshof entscheidet in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über
Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und
Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes.
(2) Beschwerden gemäß Abs. 1 Z 2 sind beim Asylgerichtshof einzubringen. Im Fall der Verletzung der Entscheidungspflicht geht die Entscheidung auf den Asylgerichtshof über. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden des Bundesasylamtes zurückzuführen ist.
(3) Der Asylgerichtshof entscheidet durch Einzelrichter über Beschwerden gegen
1. zurückweisende Bescheide
a) wegen Drittstaatssicherheit gemäß § 4;
b) wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5
c) wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG, und
2. die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung
(3a) Der Asylgerichtshof entscheidet weiters durch Einzelrichter über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß § 41a.
(4) Über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde entscheidet der für die Behandlung der Beschwerde zuständige Einzelrichter oder Senatsvorsitzende.
Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG ist ein nicht gemäß § 4 erledigter Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder aufgrund der Dublin - Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist.
Gemäß § 5 Abs. 2 AsylG ist auch nach Abs. 1 vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.
Gemäß § 5 Abs. 3 AsylG ist, sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesasylamt oder beim Asylgerichtshof offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.
Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird.
Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn
1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder
2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden. Dabei ist zu berücksichtigen:
die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war;
das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;
die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;
der Grad der Integration;
die Bindungen zum Herkunftsstaat des Fremden;
die strafgerichtliche Unbescholtenheit;
Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;
die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren.
Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG ist, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.
Gemäß § 10 Abs. 4 AsylG gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs. 1 Z 1 verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.
Gemäß § 10 Abs. 5 AsylG 2005 ist über die Zulässigkeit der Ausweisung jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß § 10 Abs. 2 Z 2 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Ausweisung schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein gemeinschaftsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff NAG) verfügen, unzulässig wäre.
Gemäß § 10 Abs. 6 AsylG 2005 bleiben Ausweisungen nach Abs. 1 binnen 18 Monaten ab einer Ausreise des Fremden aufrecht.
Die Dublin II VO ist eine Verordnung des Gemeinschaftsrechts der Europäischen Union (vgl. Art. 78 AEUV), die Regelungen über die Zuständigkeit zur Prüfung von Asylanträgen von Drittstaatsangehörigen trifft. Sie gilt also nicht für mögliche Asylanträge von EU-Bürgern, ebenso wenig ist sie auf Personen anwendbar, denen bereits der Flüchtlingsstatus zuerkannt wurde. Das wesentliche Grundprinzip ist jenes, dass den Drittstaatsangehörigen in einem der Mitgliedstaaten das Recht auf ein faires, rechtsstaatliches Asylverfahren zukommt, jedoch nur ein Recht auf ein Verfahren in einem Mitgliedstaat, dessen Zuständigkeit sich primär nicht aufgrund des Wunsches des Asylwerbers, sondern aufgrund der in der Verordnung festgesetzten hierarchisch geordneten Zuständigkeitskriterien ergibt.
Ungarn hat auf Grundlage des Art. 16 Abs. 1 lit. e der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates (Dublin II) akzeptiert, den Beschwerdeführer wieder aufzunehmen und seinen Asylantrag zu prüfen und war es dem Beschwerdeführer nachweislich bereits am 12.04.2010 und 27.04.2012 möglich, in Ungarn Asylanträge zu stellen. Zweifel daran, dass der Asylwerber in Ungarn Zugang zu einem Asylverfahren hatte und hat, liegen daher nicht vor.
In materiell-rechtlicher Hinsicht ist die Zustimmung zur Rückübernahme des Beschwerdeführers in Art. 13 und Art 3 Abs. 2 Dublin II-VO begründet. Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates lauten wie folgt:
"KAPITEL III
RANGFOLGE DER KRITERIEN
Artikel 5
(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.
(2) Bei der Bestimmung des nach diesen Kriterien zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Asylbewerber seinen Antrag zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.
Artikel 6
Handelt es sich bei dem Asylbewerber um einen unbegleiteten Minderjährigen, so ist der Mitgliedstaat, in dem sich ein Angehöriger seiner Familie rechtmäßig aufhält, für die Prüfung seines Antrags zuständig, sofern dies im Interesse des Minderjährigen liegt.
Ist kein Familienangehöriger anwesend, so ist der Mitgliedstaat, in dem der Minderjährige seinen Asylantrag gestellt hat, zuständig.
Artikel 7
Hat der Asylbewerber einen Familienangehörigen - ungeachtet der Frage, ob die Familie bereits im Herkunftsland bestanden hat -, dem das Recht auf Aufenthalt in einem Mitgliedstaat in seiner Eigenschaft als Flüchtling gewährt wurde, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylantrags zuständig, sofern die betroffenen Personen dies wünschen.
Artikel 8
Hat ein Asylbewerber in einem Mitgliedstaat einen Familienangehörigen, über dessen Asylantrag noch keine erste Sachentscheidung getroffen wurde, so obliegt diesem Mitgliedstaat die Prüfung des Asylantrags, sofern die betroffenen Personen dies wünschen.
Artikel 9
(1) Besitzt der Asylbewerber einen gültigen Aufenthaltstitel, so ist der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel ausgestellt hat, für die Prüfung des Asylantrags zuständig.
(2) Besitzt der Asylbewerber ein gültiges Visum, so ist der Mitgliedstaat, der das Visum erteilt hat, für die Prüfung des Asylantrags zuständig, es sei denn, dass das Visum in Vertretung oder mit schriftlicher Zustimmung eines anderen Mitgliedstaats erteilt wurde. In diesem Fall ist der letztgenannte Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylantrags zuständig. Konsultiert ein Mitgliedstaat insbesondere aus Sicherheitsgründen zuvor die zentralen Behörden eines anderen Mitgliedstaats, so ist dessen Antwort auf die Konsultation nicht gleich bedeutend mit einer schriftlichen Genehmigung im Sinne dieser Bestimmung.
(3) Besitzt der Asylbewerber mehrere gültige Aufenthaltstitel oder Visa verschiedener Mitgliedstaaten, so sind die Mitgliedstaaten für die Prüfung des Asylantrags in folgender Reihenfolge zuständig:
a) der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel mit der längsten Gültigkeitsdauer erteilt hat, oder bei gleicher Gültigkeitsdauer der Mitgliedstaat, der den zuletzt ablaufenden Aufenthaltstitel erteilt hat;
b) der Mitgliedstaat, der das zuletzt ablaufende Visum erteilt hat, wenn es sich um gleichArtige Visa handelt;
c) bei nicht gleichArtigen Visa der Mitgliedstaat, der das Visum mit der längsten Gültigkeitsdauer erteilt hat, oder bei gleicher Gültigkeitsdauer der Mitgliedstaat, der das zuletzt ablaufende Visum erteilt hat.
(4) Besitzt der Asylbewerber nur einen oder mehrere Aufenthaltstitel, die weniger als zwei Jahre zuvor abgelaufen sind, oder ein oder mehrere Visa, die seit weniger als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund deren er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, so sind die Absätze 1, 2 und 3 anwendbar, solange der Antragsteller das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nicht verlassen hat. Besitzt der Asylbewerber einen oder mehrere Aufenthaltstitel, die mehr als zwei Jahre zuvor abgelaufen sind, oder ein oder mehrere Visa, die seit mehr als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund deren er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, und hat er die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten nicht verlassen, so ist der Mitgliedstaat zuständig, in dem der Antrag gestellt wird.
(5) Der Umstand, dass der Aufenthaltstitel oder das Visum aufgrund einer falschen oder missbräuchlich verwendeten Identität oder nach Vorlage von gefälschten, falschen oder ungültigen Dokumenten erteilt wurde, hindert nicht daran, dem Mitgliedstaat, der den Titel oder das Visum erteilt hat, die Zuständigkeit zuzuweisen. Der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel oder das Visum ausgestellt hat, ist nicht zuständig, wenn nachgewiesen werden kann, dass nach Ausstellung des Titels oder des Visums eine betrügerische Handlung vorgenommen wurde.
Artikel 10
(1) Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 18 Absatz 3 genannten Verzeichnissen, einschließlich der Daten nach Kapitel III der Verordnung (EG) Nr. 2725/2000 festgestellt, dass ein Asylbewerber aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylantrags zuständig. Die Zuständigkeit endet zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts.
(2) Ist ein Mitgliedstaat nicht oder gemäß Absatz 1 nicht länger zuständig und wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 18 Absatz 3 genannten Verzeichnissen festgestellt, dass der Asylbewerber - der illegal in die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten eingereist ist oder bei dem die Umstände der Einreise nicht festgestellt werden können - sich zum Zeitpunkt der Antragstellung zuvor während eines ununterbrochenen Zeitraums von mindestens fünf Monaten in einem Mitgliedstaat aufgehalten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylantrags zuständig. Hat der Asylbewerber sich für Zeiträume von mindestens fünf Monaten in verschiedenen Mitgliedstaaten aufgehalten, so ist der Mitgliedstaat, wo dies zuletzt der Fall war, für die Prüfung des Asylantrags zuständig.
Artikel 11
(1) Reist ein Drittstaatsangehöriger in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats ein, in dem für ihn kein Visumzwang besteht, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylantrags zuständig.
(2) Der Grundsatz nach Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Drittstaatsangehörige seinen Asylantrag in einem anderen Mitgliedstaat stellt, in dem er ebenfalls kein Einreisevisum vorweisen muss. In diesem Fall ist der letztgenannte Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylantrags zuständig.
Artikel 12
Stellt ein Drittstaatsangehöriger einen Asylantrag im internationalen Transitbereich eines Flughafens eines Mitgliedstaats, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylantrags zuständig.
Artikel 13
Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung nicht bestimmen, welchem Mitgliedstaat die Prüfung des Asylantrags obliegt, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Asylantrag gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.
Artikel 2 lit i leg.cit. lautet wie folgt:
Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck
i) "Familienangehörige" die folgenden im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten anwesenden Mitglieder der Familie des Antragstellers, sofern die Familie bereits im Herkunftsland bestanden hat:
i) den Ehegatten des Asylbewerbers oder der nicht verheiratete Partner des Asylbewerbers, der mit diesem eine dauerhafte Beziehung führt, sofern gemäß den Rechtsvorschriften oder den Gepflogenheiten des betreffenden Mitgliedstaats nichtverheiratete Paare nach dessen Ausländerrecht ähnlich behandelt werden wie verheiratete Paare;
ii) die minderjährigen Kinder von in Ziffer i) genannten Paaren oder des Antragstellers, sofern diese ledig und unterhaltsberechtigt sind, gleichgültig, ob es sich nach dem einzelstaatlichen Recht um eheliche oder außerehelich geborene oder adoptierte Kinder handelt;
iii) bei unverheirateten minderjährigen Antragstellern oder Flüchtlingen den Vater, die Mutter oder den Vormund;
Gemäß Art. 5 Abs. 2 Dublin II-VO ist bei der Bestimmung des nach diesen Kriterien zuständigen Mitgliedstaats von der Situation auszugehen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Asylbewerber seinen Antrag zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt ("Versteinerungszeitpunkt"). Dies ist in casu laut Mitteilung der ungarischen Behörden der 12.04.2010, an dem der Beschwerdeführer seinen ersten Asylantrag in Ungarn gestellt hat, sodass - vor dem Hintergrund, dass es sich bei dem Beschwerdeführer nicht um einen unbegleiteten Minderjährigen handelt (vgl. Art. 6 Dublin II-VO), er in keinem Mitgliedstaat Familienangehörige hat (Art. 2 lit. i iVm Art. 7, 8 Dublin II-VO), er weder im Besitz eines von einem Mitgliedstaat ausgestellten gültigen Aufenthaltstitels noch eines gültigen Visums (gewesen) ist (Art. 9 Dublin II-VO), seine Einreiseroute nicht bekannt ist, sodass Art. 10 Dublin II-VO ausscheidet und auch die Tatbestände der Art. 11 und 12 Dublin II-VO nicht gegeben sind - gem. Art. 13 Dublin II-VO Ungarn als jenes Land, in dem er (nach der Versteinerungsregel: erstmals) einen Asylantrag gestellt hat, zur Prüfung seines Antrages zuständig ist.
Zudem hat Ungarn ausdrücklich seine eigene Verantwortlichkeit zur Prüfung des Antrages des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bekundet und hat in der Folge bereits ein diesbezügliches Verfahren durchgeführt. Dies bedeutete jedenfalls einen Selbsteintritt Ungarns gem. Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO und wurde Ungarn nach dem Wortlaut dieser Bestimmung jedenfalls "dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat im Sinne dieser Verordnung und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen."
Auch aus Art. 15 Dublin II-VO (humanitäre Klausel) ergibt sich mangels eines familiären Anknüpfungspunktes im Bundesgebiet keine österreichische Zuständigkeit zur Prüfung des Antrages des Beschwerdeführers.
Es sind auch aus der Aktenlage keine Hinweise ersichtlich, wonach die Führung der Konsultationen im gegenständlichen Fall derart fehlerhaft erfolgt wäre, sodass von Willkür im Rechtssinn zu sprechen wäre und die Zuständigkeitserklärung des zuständigen Mitgliedstaates wegen Verletzung der gemeinschaftsrechtlichen Verfahrensgrundsätze aus diesem Grund ausnahmsweise keinen Bestand haben könnte (Filzwieser, Subjektiver Rechtsschutz und Vollziehung der Dublin II VO - Gemeinschaftsrecht und Menschenrechte, migraLex, 1/2007, 22ff; vgl auch das Gebot der Transparenz im "Dublin-Verfahren", VwGH 23.11.2006, Zl. 2005/20/0444). Das Konsultationsverfahren erfolgte mängelfrei.
Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, er sei in Kabul/Afghanistan geboren, Österreich habe (im ersten Verfahren) jedoch durch falsche Protokollierung seines Geburtsortes einen Fehler gemacht, und Ungarn werfe ihm nun deshalb vor, einmal Pakistan und einmal Afghanistan als seinen Geburtsort angegeben zu haben, bleibt zu entgegnen, dass der Beschwerdeführer bei seiner niederschriftlichen Einvernahme am 27.10.2010 in der "Datengruppe 1; persönliche Daten" als Geburtsort ausdrücklich "Peschawar/Pakistan" angegeben hat, sowie in der "Datengruppe 9" ausdrücklich und wörtlich bekräftigt hat: "Ich bin in Peschawar geboren und aufgewachsen." Vor diesem Hintergrund ist ein Missverständnis in den Angaben des Beschwerdeführers auszuschließen, da an zwei verschiedenen Stellen des Protokolls jeweils Peschawar als Geburtsort protokolliert worden ist. Zudem wurde die Niederschrift damals rückübersetzt und hat der Beschwerdeführer keine Beanstandungen vorgenommen. Eine fehlerhafte Protokollierung liegt daher erkennbar nicht vor, vielmehr hat der Beschwerdeführer divergierende Angaben zu seinem Geburtsort erstattet, wie er auch hinsichtlich seines Geburtsdatums 3 verschiedene Varianten in Österreich und Ungarn vorgebracht hat.
Das Bundesasylamt hat ferner von der Möglichkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II VO keinen Gebrauch gemacht. Es war daher noch zu prüfen, ob von diesem Selbsteintrittsrecht im gegenständlichen Verfahren ausnahmsweise zur Vermeidung einer Verletzung der EMRK zwingend Gebrauch zu machen gewesen wäre.
Der VfGH hat mit Erkenntnis vom 17.06.2005, Zl. B 336/05-11 festgehalten, die Mitgliedstaaten hätten kraft Gemeinschaftsrecht nicht nachzuprüfen, ob ein anderer Mitgliedstaat generell sicher sei, da eine entsprechende normative Vergewisserung durch die Verabschiedung der Dublin II VO erfolgt sei, dabei aber gleichzeitig ebenso ausgeführt, dass eine Nachprüfung der grundrechtlichen Auswirkungen einer Überstellung im Einzelfall gemeinschaftsrechtlich zulässig und bejahendenfalls das Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs 2 Dublin II VO zwingend geboten sei.
Die Judikatur des VwGH zu den Determinanten dieser Nachprüfung lehnt sich richtigerweise an die Rechtsprechung des EGMR an und lässt sich wie folgt zusammenfassen: Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben werden soll, genügt nicht, um die Abschiebung des Fremden in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen. Wenn keine Gruppenverfolgung oder sonstige amtswegig zu berücksichtigende notorische Umstände grober Menschenrechtsverletzungen in Mitgliedstaaten der EU in Bezug auf Art. 3 EMRK vorliegen (VwGH 27.09.2005, Zl. 2005/01/0313), bedarf es zur Glaubhaftmachung der genannten Bedrohung oder Gefährdung konkreter auf den betreffenden Fremden bezogener Umstände, die gerade in seinem Fall eine solche Bedrohung oder Gefährdung im Fall seiner Abschiebung als wahrscheinlich erscheinen lassen (VwGH 26.11.1999, Zl 96/21/0499, VwGH 09.05.2003, Zl. 98/18/0317; vgl auch VwGH 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059): "Davon abgesehen liegt es aber beim Asylwerber, besondere Gründe, die für die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, vorzubringen und glaubhaft zu machen. Dazu wird es erforderlich sein, dass der Asylwerber ein ausreichend konkretes Vorbringen erstattet, warum die Verbringung in den zuständigen Mitgliedstaat gerade für ihn die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes, insbesondere einer Verletzung von Art 3 EMRK, nach sich ziehen könnte, und er die Asylbehörden davon überzeugt, dass der behauptete Sachverhalt (zumindest) wahrscheinlich ist." (VwGH 23.01.2007, Zl. 2006/01/0949).
Die Vorlage allgemeiner Berichte ersetzt dieses Erfordernis in der Regel nicht (vgl VwGH 17.02.1998, Zl. 96/18/0379; EGMR Mamatkulov & Askarov v Türkei, Rs 46827, 46951/99, 71-77), eine geringe Anerkennungsquote, eine mögliche Festnahme im Falle einer Überstellung ebenso eine allfällige Unterschreitung des verfahrensrechtlichen Standards des Art. 13 EMRK sind für sich genommen nicht ausreichend, die Wahrscheinlichkeit einer hier relevanten Menschenrechtsverletzung darzutun. Relevant wäre dagegen etwa das Vertreten von mit der GFK unvertretbaren rechtlichen Sonderpositionen in einem Mitgliedstaat oder das Vorliegen einer massiv rechtswidrigen Verfahrensgestaltung im individuellen Fall, wenn der Asylantrag im zuständigen Mitgliedstaat bereits abgewiesen wurde (Art. 16 Abs 1 lit. e Dublin II VO). Eine ausdrückliche Übernahmeerklärung des anderen Mitgliedstaates hat in die Abwägung einzufließen (VwGH 31.03.2005, Zl. 2002/20/0582, VwGH 31.05.2005, Zl. 2005/20/0025, VwGH 25.04.2006, Zl. 2006/19/0673), ebenso andere Zusicherungen der europäischen Partnerstaaten Österreichs (zur Bedeutung solcher Sachverhalte Filzwieser/Sprung, Dublin II VO, K13. zu Art 19 Dublin II VO).
Weiterhin hatte der Asylgerichtshof folgende Umstände zu berücksichtigen:
Bei entsprechender Häufung von Fällen, in denen in Folge Ausübung des Selbsteintrittsrechts die gemeinschaftsrechtliche Zuständigkeit nicht effektuiert werden kann, kann eine Gefährdung des "effet utile" Grundsatzes des Gemeinschaftsrechts entstehen.
Zur effektiven Umsetzung des Gemeinschaftsrechts sind alle staatlichen Organe kraft Gemeinschaftsrechts verpflichtet.
Der Verordnungsgeber der Dublin II VO, offenbar im Glauben, dass sich alle Mitgliedstaaten untereinander als "sicher" ansehen können, wodurch auch eine Überstellung vom einen in den anderen Mitgliedstaat keine realen Risken von Menschenrechtsverletzungen bewirken könnte (vgl. insbesondere den 2. Erwägungsgrund der Präambel der Dublin II VO), hat keine eindeutigen verfahrens- oder materiellrechtlichen Vorgaben für solche Fälle getroffen hat, diesbezüglich lässt sich aber aus dem Gebot der menschenrechtskonformen Auslegung des Gemeinschaftsrechts und aus Beachtung der gemeinschaftsrechtlichen Verfahrensgrundrechte ableiten, dass bei ausnahmsweiser Verletzung der EMRK bei Überstellung in einen anderen Mitgliedstaat eine Überstellung nicht stattfinden darf. Die Beachtung des Effizienzgebots (das etwa eine pauschale Anwendung des Selbsteintrittsrechts oder eine innerstaatliche Verfahrensgestaltung, die Verfahren nach der Dublin II VO umfangreicher gestaltet als materielle Verfahren verbietet) und die Einhaltung der Gebote der EMRK stehen daher bei richtiger Anwendung nicht in Widerspruch (Filzwieser, migraLex, 1/2007, 18ff, Filzwieser/Sprung, Dublin II VO³, K8-K13. zu Art. 19).
Die allfällige Rechtswidrigkeit von Gemeinschaftsrecht kann nur von den zuständigen gemeinschaftsrechtlichen Organen, nicht aber von Organen der Mitgliedstaaten rechtsgültig festgestellt werden. Der EGMR hat jüngst festgestellt, dass die Rechtsschutz des Gemeinschaftsrechts regelmäßig den Anforderungen der EMRK entspricht (30.06.2005, Bosphorus Airlines v Irland, Rs 45036/98).
Es bedarf sohin europarechtlich eines im besonderen Maße substantiierten Vorbringens und des Vorliegens besonderer vom Antragsteller bescheinigter außergewöhnlicher Umstände, um die grundsätzliche europarechtlich gebotene Annahme der "Sicherheit" der Partnerstaaten der Europäischen Union als einer Gemeinschaft des Rechts im individuellen Fall erschüttern zu können. Diesem Grundsatz entspricht auch die durch das AsylG 2005 eingeführte gesetzliche Klarstellung des § 5 Abs 3 AsylG, die Elemente einer Beweislastumkehr enthält. Es trifft zwar ohne Zweifel zu, dass Asylwerber in ihrer besonderen Situation häufig keine Möglichkeit haben, Beweismittel vorzulegen (wobei dem durch das Institut des Rechtsberaters begegnet werden kann), und dies mitzubeachten ist (VwGH, 23.01.2007, Zl. 2006/01/0949), dies kann aber nicht pauschal dazu führen, die vom Gesetzgeber - im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht - vorgenommene Wertung des § 5 Abs 3 AsylG überhaupt für unbeachtlich zu erklären (dementsprechend in ihrer Undifferenziertheit verfehlt, Feßl/Holzschuster, AsylG 2005, 225ff). Eine Rechtsprechung, die in Bezug auf Mitgliedstaaten der EU faktisch höhere Anforderungen entwickelte, als jene des EGMR in Bezug auf Drittstaaten wäre jedenfalls gemeinschaftsrechtswidrig.
Sohin ist zu prüfen, ob der Beschwerdeführer im Falle der Zurückweisung seines Antrages auf internationalen Schutz und seiner Ausweisung nach Ungarn gemäß §§ 5 und 10 AsylG - unter Bezugnahme auf seine persönliche Situation - in seinen Rechten gemäß Art. 3 (eine Verletzung seiner Rechte gem. Art. 8 EMRK wurde seitens des Antragstellers nicht behauptet und liegen auch keinerlei Anhaltspunkte hiefür vor, da er zum einen keine Familienangehörigen in Österreich hat und hier auch keine familiäre Lebensgemeinschaft führt, und er zum anderen erst sehr kurz im Bundesgebiet aufhältig ist) werden würde, wobei der Maßstab des "real risk" anzulegen ist.
Soweit die Beschwerde ausführt, eine Überstellung nach Ungarn wäre mit einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK geschützten Rechte des Beschwerdeführers verbunden und diesbezüglich auf zuvor genannte Entscheidung des UVS Wien hinweist, ist anzumerken, aus einer Gesamtschau des Vorbringens ergibt sich für den Asylgerichtshof nicht, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Ungarn für ihn unzumutbar und unerträglich war, er bemängelte zwar die Unterkunftsbedingungen in Ungarn, führte jedoch auch aus, es habe sonst keine Probleme gegeben. Aus seinen Ausführungen im Verfahren geht auch hervor, dass er Ungarn verlassen hat, weil er einen negativen Asylbescheid erhalten hat. Dass er aufgrund der "schlechten Erfahrungen" in Ungarn von diesem Land weiter nach Österreich geflüchtet ist, wird erst in der Beschwerde behauptet, ohne diese angeblichen Erfahrungen näher zu präzisieren. Darüber hinaus hat das Bundesasylamt im angefochtenen Bescheid neben Ausführungen zur Versorgungslage vom Asylwerbern in Ungarn auch Feststellungen zur ungarischen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf Rückkehrer gem. der Dublin II-VO) samt dem dortigen jeweiligen Rechtsschutz im Rechtsmittelwege getroffen. So wurde etwa konkret ausgeführt, dass Dublin II-Rückkehrer die Möglichkeit erhalten, jedenfalls einen Asylantrag zu stellen unabhängig davon, ob bereits vormals in Ungarn ein Asylverfahren betrieben wurde oder nicht, wobei ein Folgeantrag als unzulässig zu qualifizieren ist, wenn zuvor bereits eine ablehnende inhaltliche Entscheidung getroffen worden und keine Sachlagenänderung eingetreten ist.
Schon vor dem Hintergrund der erstinstanzlichen Feststellungen kann nicht erkannt werden, dass im Hinblick auf Asylwerber, die von Österreich im Rahmen der Dublin II-VO nach Ungarn rücküberstellt werden, aufgrund der ungarischen Rechtslage und/oder Vollzugspraxis in Ungarn systematische Verletzungen von Rechten gem. der EMRK erfolgen würden, oder dass diesbezüglich eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit im Sinne eines "real risk" für den Einzelnen bestehen würde. Eine wie in der Entscheidung des EGMR vom 21.01.2011 im Fall MSS in Bezug auf Griechenland beschriebene Situation systematischer Mängel im Asylverfahren in Verbindung mit schweren Mängeln bei der Aufnahme von Asylwerbern kann somit nicht erkannt werden und vermögen einzelne Grundrechtsverletzungen, respektive Verstöße gegen Asylrichtlinien die Anwendung der Dublin II VO demgegenüber unionsrechtlich nicht zu hindern, respektive bedingen keinen zwingenden, von der Beschwerdeinstanz wahrzunehmenden, Selbsteintritt (EuGH 21.12.2012, Rs. 411/10, C 493/10).
Dem sinngemäßen Einwand, dass Österreich Ungarn fälschlich mitgeteilt habe, dass der Beschwerdeführer aus Pakistan stamme und nunmehr die ungarischen Behörden ihm - wegen dieser von Österreich verursachter Ungereimtheit - keinen Glauben mehr schenken würden, ist - wie bereits oben ausgeführt - zu entgegnen, dass der Beschwerdeführer selbst an zweimaliger Stelle des Protokolls der Erstbefragung im Jahr 2010 erklärt hat, dass er in Peschawar geboren worden sei. Weiters hat der Beschwerdeführer auch die Alias-Geburtsdaten, unter welchen er in Ungarn und Österreich aufgetreten ist, nämlich XXXX alias XXXX alias XXXX, selbst zu verantworten, sodass der Einwand, dass Österreich die Ungereimtheiten, die dazu führten, dass man ihm in Ungarn keinen Glauben schenke, verursacht habe, nicht nachvollzogen werden kann.
Es liegen weiters keine Indizien dahingehend vor, dass die Asylverfahren afghanischer Staatsbürger in Ungarn unzumutbar lange dauern würden oder den unionsrechtlichen Anforderungen in einer qualifizierten Form nicht genügten (etwa im Sinne einer Verweigerung eines Asylverfahrens nach der GFK), dies auch in Bezug auf die Aufnahmerichtlinie.
Hinsichtlich vom Beschwerdeführer behaupteten gesundheitlichen Beeinträchtigung seiner Person, er stehe unter starkem Medikamenteneinfluss und sei daher besonders vulnerabel, ist jedenfalls auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (VfGH vom 06.03.2008, Zl: B 2400/07-9) zu verweisen, welches die aktuelle Rechtsprechung des EGMR zur Frage der Vereinbarkeit der Abschiebung Kranker in einen anderen Staat mit Art. 3 EMRK festhält (D. v. the United Kingdom, EGMR 02.05.1997, Appl. 30.240/96, newsletter 1997,93; Bensaid, EGMR 06.02.2001, Appl. 44.599/98, newsletter 2001,26; Ndangoya, EGMR 22.06.2004, Appl. 17.868/03; Salkic and others, EGMR 29.06.2004, Appl. 7702/04; Ovdienko, EGMR 31.05.2005, Appl. 1383/04; Hukic, EGMR 29.09.2005, Appl. 17.416/05; EGMR Ayegh, 07.11.2006; Appl. 4701/05; EGMR Goncharova & Alekseytsev, 03.05.2007, Appl. 31.246/06).
Zusammenfassend führt der VfGH aus, das sich aus den erwähnten Entscheidungen des EGMR ergibt, dass im Allgemeinen kein Fremder ein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaates gibt. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung in Art. 3 EMRK. Solche liegen etwa vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben (Fall D. v. the United Kingdom).
Vor dem Hintergrund dieser strengen Judikatur des EGMR kann - im Hinblick auf die geltend gemachten Beschwerden: Bauchschmerzen und Verabreichung von offensichtlich beruhigenden Medikamenten während der Schubhaft (bis XXXX) in Österreich - jedenfalls nicht erkannt werden, dass eine Überstellung des Beschwerdeführers nach Ungarn eine Verletzung seiner Rechte gem. Art. 3 EMRK darstellen würde, da aktuell bei ihm offensichtlich nicht das Endstadium einer tödlichen Krankheit gegeben ist und in Ungarn, einem Mitgliedstaat der EU alle Krankheiten (sofern diese grundsätzlich einer medizinischen Behandlung zugänglich sind), inklusive psychische Krankheiten, behandelbar sind, Asylwerber in Ungarn Zugang zu medizinischer Versorgung haben und grundsätzlich unerlässliche medizinische Versorgung für Asylwerber kostenlos ist. Ausgehend von den Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides liegen letztlich auch keine Hinweise dafür vor, dass dem Beschwerdeführer in Bezug auf allfällige gesundheitliche Beschwerden nicht die nötige medizinische Betreuung in Ungarn bzw. bereits im Rahmen der Überstellung gewährt werden könnte. Der mentale Stress bei einer Abschiebung selbst ist ebenfalls kein ausreichendes "real risk" und kann daher - nach dem Maßstab der Judikatur des EGMR - eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit einer Verletzung seiner Rechte gem. Art. 3 EMRK nicht erkannt werden. Dies noch umso weniger, als nicht etwa die Abschiebung in ein krisengeschütteltes Herkunftsland, sondern in einen Mitgliedstaat der EU (!), in dem funktionierende rechtsstaatliche Strukturen und rechtsstaatliches Verwaltungshandeln selbstverständlich gegeben sind, verfügt wird.
Umstände, die darauf schließen ließen, dass der Asylwerber in Ungarn selbst einer unmenschlichen Behandlung iSd Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre, sind vor dem Hintergrund der erstinstanzlichen Feststellungen somit aber ebenso wenig vorhanden wie dass ihm Ungarn entsprechenden Schutz versagen würde, sofern ihm im Heimatland unmenschliche Behandlung drohen würde.
Das Bundesasylamt hat daher zu Recht keinen Gebrauch vom Selbsteintrittsrecht gem. Art. 3 Abs. 2 Dublin II VO gemacht. Spruchpunkt I der erstinstanzlichen Entscheidung war sohin bei Übernahme der Beweisergebnisse der Erstbehörde mit obiger näherer Begründung zu bestätigen.
Hinsichtlich der vom Beschwerdeführer bekämpften Ausweisung ist festzuhalten, dass zum einen das Vorliegen eines Familienlebens in Österreich schon mangels jeglicher familiärer Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet nicht erkannt werden kann, und zum anderen schon aufgrund der Kürze seines Aufenthaltes im Bundesgebiet kein schützenswertes Privatleben vorliegt, das Bundesasylamt daher eine korrekte Interessensabwägung im Sinne der Rechtsprechung vorgenommen hat. Den Ausführungen zu Spruchpunkt II des erstinstanzlichen Bescheides ist seitens des Asylgerichtshofes für den konkreten Fall somit ebenfalls zuzustimmen.
Gemäß § 41 Abs. 4 AsylG konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden. Eine gesonderte Erwägung bezüglich einer allfälligen Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konnte angesichts des Spruchinhaltes entfallen. Zumal dem Asylgerichtshof der Sachverhalt in ausreichender Weise geklärt erscheint, war den in der Beschwerde gestellten Anträgen nicht Folge zu leisten.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.