RS Vfgh 2012/12/12 B450/11

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Veröffentlicht am 12.12.2012
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8200 Bauordnung

Norm

B-VG Art83 Abs2
EMRK Art6 Abs1 / Tribunal
EMRK Art6 Abs1 / civil rights
Nö BauO 1996 §8, §12

Leitsatz

Verletzung in den Rechten auf ein Verfahren vor einem unabhängigen und unparteiischen Tribunal und auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch eine inhaltliche Entscheidung über einen Entschädigungsanspruch für eine Grundabtretung in das öffentliche Gut

Rechtssatz

Der Ausspruch des Stadtrats der Stadtgemeinde Baden als Berufungsbehörde, dass der Berufung (gegen die verfügte kostenlose Grundabtretung für Verkehrsflächen) keine Folge gegeben werde, stellt der Sache nach eine Entscheidung über einen Entschädigungsanspruch dar. Die belangte Behörde hat die Berufung gegen diesen Bescheid ua mit der Begründung abgewiesen, dass der Entschädigungstatbestand des §12 Abs3 Nö BauO 1996 nicht verwirklicht worden sei.

Weder der Stadtrat der Stadtgemeinde Baden noch die belangte Behörde (Nö Landesregierung) sind als "Tribunal" iSd Art6 EMRK eingerichtet. Der Beschwerdeführer wendet sich somit gegen eine inhaltliche Entscheidung über einen Entschädigungsanspruch gemäß §12 Abs3 NÖ BauO 1996, die nicht in einem Verfahren getroffen wurde, das den Anforderungen des Art6 EMRK entspricht.

Der Wortlaut des §8 Nö BauO 1996 sieht für Entschädigungsansprüche gemäß §12 Abs3 Nö BauO 1996 eine sukzessive Zuständigkeit des örtlich zuständigen Landesgerichts vor, wobei das Gericht sowohl über die Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde nach als auch über die Zulässigkeit der Höhe des geforderten Betrags entscheidet. Die Höhe der Entschädigung umfasst auch die in der Abweisung des Entschädigungsbegehrens ihren Ausdruck findende "Null-Festsetzung" als Entscheidung dem Grunde nach.

Entsprechend dem Berufungsvorbringen hat die Behörde nur über die Frage der Entschädigung dem Grunde und der Höhe nach abzusprechen gehabt. Gemäß §8 Abs1 Nö BauO 1996 ist in der Frage der Entschädigung nach §12 Abs3 Nö BauO 1996 aber kein Rechtsmittel gegen erstinstanzliche Bescheide zulässig, es entscheidet in dieser Frage gemäß §8 Abs2 Nö BauO 1996 das örtlich zuständige Landesgericht in sukzessiver Kompetenz. Der Stadtrat der Stadtgemeinde Baden war daher nicht zuständig, über den Entschädigungsanspruch des Beschwerdeführers als Berufungsbehörde zu entscheiden. Die belangte Behörde hätte die Unzuständigkeit der Berufungsbehörde wahrnehmen und deren Bescheid aufheben müssen.

Entscheidungstexte

  • B 450/11
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 12.12.2012 B 450/11

Schlagworte

Baurecht, Entschädigung, Kompetenz sukzessive, Tribunal, civil rights, Behördenzuständigkeit, Gericht Zuständigkeit - Abgrenzung von Verwaltung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2012:B450.2011

Zuletzt aktualisiert am

12.02.2013
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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