RS Vwgh 2013/3/21 2012/09/0069

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 21.03.2013
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Index

E1P
E1T
E6J
001 Verwaltungsrecht allgemein
19/05 Menschenrechte
40/01 Verwaltungsverfahren
59/04 EU - EWR
60/04 Arbeitsrecht allgemein
62 Arbeitsmarktverwaltung

Norm

12003TN10/01 Beitrittsvertrag Ungarn - 1/Freizügigkeit;
12003TN12/02 Beitrittsvertrag Polen - 2/Freizügigkeit;
12003TN14/01 Beitrittsvertrag Slowakei - 1/Freizügigkeit;
12010P/TXT Grundrechte Charta Art49 Abs1;
62002CJ0387 Berlusconi VORAB;
62005CJ0142 Aklagaren VORAB;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
AuslBG §32a idF 2011/I/025;
MRK Art7 Abs1;
VStG §1 Abs1;
VStG §1 Abs2;
VwRallg;

Hinweis auf Stammrechtssatz

GRS wie 2012/09/0105 E 6. September 2012 RS 3(Hier: polnische Staatsangehörige)

Stammrechtssatz

Nach der (neueren) Rechtsprechung des EGMR enthält Art 7 Abs 1 MRK nicht nur das Verbot der rückwirkenden Anwendung strengerer Strafbestimmungen, sondern implizit auch das Prinzip der Rückwirkung milderer Strafgesetze auf frühere Taten (EGMR 17.9.2009, Fall Scoppola (Nr. 2), Appl. 10249/03). In seinen Erwägungen zur Entwicklung eines Grundsatzes der Rückwirkung milderer Strafgesetze im Fall Scoppola zieht der EGMR ua Art 49 Abs 1 Grundrechte-Charta heran, wonach bei Einführung einer milderen Strafe nach Begehung einer Straftat diese zu verhängen ist, und er weist insbesondere auf dessen sich von Art 7 MRK unterscheidenden Wortlaut hin. Im selben Sinn hat der EuGH bereits vor Inkrafttreten der Grundrechte-Charta ausgesprochen, dass es ein Grundsatz des Gemeinschaftsrechts ist, je nach Fall die günstigere Strafvorschrift und die leichtere Strafe rückwirkend anzuwenden, und dass dieser Grundsatz zu den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten gehört (EuGH 3.5.2005, verb. Rs. C-387/02 ua, Berlusconi ua, Slg. 2005, I- 03565; EuGH 4.6.2009, Rs. C-142/05, Åklagaren, Slg. 2009, I- 04273). Der VfGH geht damit in seinem E vom 8. März 2012, B 1003/11 ua, von jenem Inhalt des Art 7 MRK aus, den der EGMR diesem zuletzt beigelegt hat. Im Lichte dessen gebietet es Art 7 MRK zwar, bei Änderung der Rechtslage nach der Begehung der Straftat die für den Beschuldigten mildere Strafe zu verhängen. Es ist jedoch auch mit Blick auf Art 49 Abs 1 Grundrechte-Charta nicht geboten, von der Verhängung einer Strafe im Fall eines Verstoßes gegen eine konkrete Verhaltenspflicht, der zur Zeit seiner Begehung strafbar war, dessen Strafbarkeit nach Begehung der Tat, aber noch vor der Verhängung der Strafe weggefallen ist, abzusehen. Der VwGH teilt diese Beurteilung, sie trifft auch im Fall, dass die Beschäftigung von slowakischen Staatsangehörigen vor dem 1. Mai 2011 und auch der Bescheid der Behörde erster Instanz vor diesem Datum erlassen wurde, zu. Die Strafbarkeit der bewilligungslosen Beschäftigung von dem Anwendungsbereich des AuslBG unterliegenden Ausländern ist auch nicht im Allgemeinen weggefallen, im Hinblick auf das Auslaufen der Übergangsfrist ist nur hinsichtlich der Strafbarkeit der bewilligungslosen Beschäftigung von Staatsangehörigen der am 1. Mai 2004 beigetretenen Mitgliedstaaten der Europäischen Union außer Malta und Zypern eine Änderung eingetreten.

Gerichtsentscheidung

EuGH 62002CJ0387 Berlusconi VORAB
EuGH 62005CJ0142 Aklagaren VORAB

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2013:2012090069.X01

Im RIS seit

17.04.2013

Zuletzt aktualisiert am

18.04.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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