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39 VÖLKERRECHTLICHE VERTRÄGENorm
B-VG Art140 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Unzulässigkeit der Anträge eines Nationalratsabgeordneten auf Aufhebung einer bundesverfassungsgesetzlichen Bestimmung sowie auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des ESM-Vertrags mangels Darlegung eines unmittelbaren Eingriffs in die Rechtssphäre des AntragstellersRechtssatz
Zurückweisung des Individualantrags auf Aufhebung des Art23i Abs4 B-VG (betr die Mitwirkung des Nationalrates und des Bundesrates bei bestimmten Beschlüssen des Europäischen Rates) sowie des Antrags auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Vertrags zur Einrichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM-Vertrag, im Folgenden: ESMV), BGBl III 138/2012.
Hinsichtlich des Antrags auf Aufhebung des Art23i Abs4 B-VG, führt selbst der Antragsteller keinerlei Wirkungen ins Treffen, wie sie Art140 Abs1 letzter Satz B-VG als Voraussetzung für die Antragslegitimation fordert.
Hinsichtlich des ESMV stützt der Antragsteller seine Ausführungen zur Antragslegitimation auf seine Funktion als Nationalratsabgeordneter und auf die Behauptung, durch den ESMV erfolge eine unbillige und unsachliche Einschränkung seiner "Mitwirkungsmöglichkeiten" an der Bundesgesetzgebung, "da angesichts der durch den ESM-Vertrag bewirkten massiven Schmälerung des Bundesbudgets die weitreichenden rechtspolitischen Gestaltungsspielräume des Bundesgesetzgebers beträchtlich eingeschränkt" würden. Damit aber nimmt der Antragsteller nicht auf seine eigene Rechtssphäre, sondern auf seine Organstellung Bezug.
Rechtsvorschriften, die bloß die Ausübung staatlicher Funktionen zum Gegenstand haben, berühren nicht die Rechtssphäre der diese Funktion ausübenden Organwalter (siehe Vorjudikatur). Die den Abgeordneten zum Nationalrat durch verschiedene Bestimmungen des Bundesverfassungsrechts eingeräumte geschützte Rechtsstellung (passives Wahlrecht nach Art26 B-VG, Interpellationsrecht nach Art52 Abs1 B-VG, Grundsatz des freien Mandats nach Art56 Abs1 B-VG, Immunität nach Art57 B-VG) vermittelt nicht die Wahrung der Zuständigkeit des Nationalrates zur Beschlussfassung in bestimmten gesetzlich zu regelnden Angelegenheiten durch den Nationalrat, sondern ein allgemeines Recht auf Teilnahme der Antragsteller an der Gesetzgebung (des Bundes). Nur insoweit kommt eine Berührung der Rechtssphäre von Abgeordneten zum Nationalrat in Betracht.
Ein Eingriff in diese Rechtssphäre wird vom Antragsteller allerdings nicht behauptet. Vielmehr wird in der Bezugnahme auf Rechte des Antragstellers zur Mitwirkung an der Gesetzgebung der Sache nach eine Beschränkung der Zuständigkeit des Organs Nationalrat geltend gemacht, nicht aber, dass der Antragsteller in seiner Rechtssphäre berührt wird.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Staatsverträge, EU-Recht, VfGH / Staatsvertragsprüfung, VfGH / Individualantrag, VfGH / Formerfordernisse, Nationalrat, Organ OrganwalterEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2013:G104.2012Zuletzt aktualisiert am
08.03.2013