RS Vfgh 2013/3/1 WI-4/12 - WI-8/12, WI-33/12, WI-38/12

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Veröffentlicht am 01.03.2013
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Index

50 GEWERBERECHT
50/05 Kammern der gewerblichen Wirtschaft

Norm

B-VG Art141 Abs1 lita
EGVG ArtI Abs4 Z4
VfGG §67 Abs2, §68 Abs1
WirtschaftskammerG 1998 §88 Abs5, §89 Abs2, §98
Wirtschaftskammer-WahlO §19

Leitsatz

Keine Stattgabe der Anfechtung der Urwahl in einen Fachgruppenausschuss der Wirtschaftskammer Wien im Hinblick auf die Nichtveröffentlichung des Wahlvorschlages der Anfechtungswerberin wegen fehlender Unterstützungserklärungen; im Übrigen Zurückweisung der Wahlanfechtung

Rechtssatz

Keine Stattgabe der Anfechtung der Urwahl in den Ausschuss der Fachgruppe 508 - Fachgruppe Wien der Garagen-, Tankstellen- und Servicestationsunternehmungen der Wirtschaftskammer Wien, soweit sie sich gegen die Nichtveröffentlichung des Wahlvorschlages der Anfechtungswerberin richtet.

Wählergruppen, deren Wahlvorschläge als nicht eingebracht erklärt oder als unzulässig zurückgewiesen wurden, steht es frei, diesen Teilakt des Wahlverfahrens im Weg einer Wahlanfechtung gemäß Art141 B-VG mit der Behauptung zu bekämpfen, dass die (ihre Vorschläge behandelnde) Entscheidung der Wahlbehörde rechtswidrig ergangen sei. Halten diese Vorwürfe im verfassungsgerichtlichen Wahlanfechtungsverfahren nicht stand, sind die - von der Teilnahme an der Wahl rechtmäßig ausgeschlossenen - Wählergruppen darüber hinaus zur Anfechtung der Wahl nicht befugt (vgl VfSlg 11995/1989 mwH).

§98 WirtschaftskammerG 1998 (in der Folge: WKG) sieht einen Instanzenzug - nämlich den Einspruch gegen die Ermittlung und das Wahlergebnis - iSd §68 Abs1 VfGG vor. Die Wahlanfechtung wurde rechtzeitig - binnen vier Wochen nach Zustellung des in letzter Instanz ergangenen Bescheides - eingebracht.

Die behauptete Rechtswidrigkeit in Bezug auf die Streichung eines Bewerbers wegen Doppelkandidatur durch Nichtdurchführung eines Verfahrens gemäß §88 Abs5 WKG könnte im vorliegenden Fall - läge sie auch tatsächlich vor - nichts an der Unzulässigkeit des Wahlvorschlages ändern, weil die Nichtzulassung des Wahlvorschlags von der Wahlbehörde nicht nur auf das Fehlen eines wählbaren Bewerbers auf dem Wahlvorschlag, sondern darüber hinaus auch auf das Fehlen der erforderlichen Zahl von Unterstützungserklärungen gestützt wurde. Das Fehlen ausreichender Unterstützungserklärungen führt für sich schon zur Nichtzulassung des Wahlvorschlages der Anfechtungswerberin (§89 Abs2 WKG). Diese hat in der vorliegenden Anfechtungsschrift nicht behauptet, dass auch die Nichtzulassung des Wahlvorschlages wegen des Fehlens ausreichender Unterstützungserklärungen rechtswidrig erfolgt wäre; dem VfGH ist es aber verwehrt, über das Anfechtungsvorbringen hinaus die Gesetzmäßigkeit des Wahlverfahrens von Amts wegen einer weiteren Überprüfung zu unterziehen, sodass die Unterlassung der Kundmachung des Wahlvorschlages der Anfechtungswerberin durch die Hauptwahlkommission im Ergebnis nicht rechtswidrig erfolgte.

Auch das Vorbringen der Anfechtungswerberin betr die rechtswidrige Verweigerung der Akteneinsicht geht ins Leere. Ein (über die Einsicht in die Niederschrift der Wahl- und Hauptwahlkommission gemäß §19 Abs1 Wirtschaftskammer-WahlO hinausgehendes) Recht auf Akteneinsicht ist im Hinblick auf die Urwahlen in die Ausschüsse der Fachgruppen der Wirtschaftskammern nicht vorgesehen; auch aus anderen Verfahrensbestimmungen kann ein solches für den vorliegenden Fall nicht abgeleitet werden: Wie der VfGH bereits in seinem Erkenntnis VfSlg 13420/1993 ausgesprochen hat, findet das AVG in Wahlangelegenheiten nach ArtII Abs6 Z2 (jetzt: ArtI Abs4 Z4) EGVG keine Anwendung. Zwar sind in einem solchen Verfahren die in den Verwaltungsverfahrensgesetzen zum Ausdruck kommenden allgemeinen Rechtsgrundsätze heranzuziehen, jedoch ist zu bemerken, dass auch das AVG kein unbeschränktes Recht auf Akteneinsicht vorsieht. Im vorliegenden Fall kann daher schon im Hinblick auf die tatsächlich gewährte Akteneinsicht - von der im hier relevanten Zusammenhang nur die Zustimmungs- und Unterstützungserklärungen der Kandidaten der anderen Wählergruppen ausgenommen waren - in Bezug auf die Prüfung des eigenen Wahlvorschlages eine Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens nicht erblickt werden.

Ebenso unter Hinweis auf die vorliegende Entscheidung WI-4/12:

WI-8/12 (Fachgruppe 602 - Fachgruppe Hotellerie Wien), WI-33/12 (Fachgruppe 301 - Landesgremium Wien des Lebensmittelhandels), WI-38/12 (Fachgruppe 103 - Landesinnung Wien der Dachdecker, Glaser und Spengler), alle E v 13.03.13.

Entscheidungstexte

  • W I-4/12
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 01.03.2013 W I-4/12
  • W I-8/12
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 13.03.2013 W I-8/12
  • W I-33/12
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 13.03.2013 W I-33/12
  • W I-38/12
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 13.03.2013 W I-38/12

Schlagworte

VfGH / Wahlanfechtung, Wahlen, berufliche Vertretungen, Wirtschaftskammern, Wahlvorschlag, Wahlanfechtung administrative, Verwaltungsverfahren, Anwendbarkeit AVG, Akteneinsicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2013:WI4.2012

Zuletzt aktualisiert am

28.03.2013
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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